Finanzpolizei-Ermittlungen bei Amazon-Partnern: 2.416 Dienstnehmer bei 133 Amazon-Dienstleistern kontrolliert – 987 Beanstandungen

Ermittlungsergebnisse legen Firmengeflecht aus zahlreichen Sub- und Sub-Subunternehmen offen

Wien (OTS) – Mitte Februar 2020 kontrollierten rund 60 Finanzpolizistinnen und Finanzpolizisten im Amazon-Verteilzentrum in Großebersdorf bei Wien Dienstnehmer von Subunternehmen, die für den Onlineversandhändler tätig waren. Bei den kontrollierten Firmen handelte es sich um Paketlieferanten, die für Amazon im Großraum Wien die Sendungen zustellen.

Bereits vor Ort konnten damals unmittelbar Verstöße gegen das Arbeitsrecht festgestellt werden, unter anderem gegen das Lohn- und Sozialdumpinggesetz und das Ausländerbeschäftigungsgesetz. Für weitere detaillierte Erhebungen wurden zahlreiche Unterlagen und Aufzeichnungen, insbesondere Fahrerlisten und Auftragsbücher sichergestellt und von den Finanzpolizistinnen und Finanzpolizisten in akribischer Ermittlungsarbeit gesichtet, verglichen, geprüft und beurteilt. „Grundsätzlich müssen sich alle Unternehmen in Österreich an die Regeln halten und die überwiegende Mehrheit tut das auch. Klar ist auch, dass die unternehmerische Verantwortung nicht bei der Laderampe endet, das betrifft auch die korrekte Geschäftstätigkeit von Partnern und Lieferanten. Wir gehen vehement gegen systemische Versuche vor, die darauf abzielen den fairen Wettbewerb auszuhebeln. Unser Kontrolldruck soll einerseits zu einem Umdenken bei fragwürdigen Geschäftspraktiken führen und gleichzeitig den heimischen Handel schützen. Wir wollen die redlichen Unternehmen stärken und die schwarzen Schafe aus dem Verkehr ziehen“, kommentiert Finanzminister Gernot Blümel den Ermittlungserfolg.

In Summe wurden 76.605 übermittelte Datensätze ausgewertet. Das Finanzpolizei-Team Hollabrunn, das in dem Fall von der detaillierten Aufarbeitung bis zum Legen der Anzeigen ermittelte, kann nunmehr eine beeindruckende Bilanz über die Ermittlungsergebnisse ziehen. Insgesamt wurden seit Mitte Februar 2.416 Dienstnehmer bei 96 Subfirmen und weiteren 24 Sub-Subfirmen durch die Finanzpolizei kontrolliert. Direkte Vertragspartner unterhält Amazon Österreich dagegen nur 13, wie die Entwirrung des Geflechts aus Unternehmen, Sub- und weiterer Sub-Sub-Unternehmen bisher ergab. 1.188 der kontrollierten Personen waren EU-Bürgerinnen und Bürger, 1.228 Drittstaatsangehörige. 687 waren Teilzeit beschäftigt, 237 als geringfügig beschäftigt gemeldet.

987 Beanstandungen – Finanzpolizei beantragte Strafen von 767.440 Euro, 325.192 Euro Forderungspfändungen, 88.421 Euro Sicherstellungen

Konkret stellte die Finanzpolizei folgende zahlreiche Vergehen fest:
– 468 Übertretungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (finanzpolizeilich beantragte Gesamtstrafhöhe 752.440 Euro),
– 144 Übertretungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz,
– 12 Übertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (finanzpolizeilich beantragte Gesamtstrafhöhe 12.000 Euro)
– 3 Übertretungen nach dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (finanzpolizeilich beantragte Gesamtstrafhöhe 3.000 Euro)
sowie
– 1 Übertretung der Gewerbeordnung.

Darüber hinaus wurde in 96 Fällen Sozialleistungsbetrug zur Anzeige gebracht.

Es ergingen weiters

* 195 Kontrollmeldungen an das Arbeitsmarktservice (AMS),

* 68 Kontrollmeldungen an die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) sowie

* 18 Anregungen auf Durchführung von Betriebsprüfungen.

Bislang wurden seitens der Finanzpolizei 7 Forderungspfändungen in Höhe von 325.193 Euro und Sicherstellungsaufträge in Höhe von 88.421 Euro erstellt. „Ich kann mich an keine Kontrolle erinnern, bei der wir auf derartig viele Gesetzesübertretungen gestoßen sind. Das ist einmalig. Bei einem korrekten Beschäftigungsverhältnis geht sich die Kalkulation fast nicht aus“, fasst der Leiter der Finanzpolizei im BMF, Wilfried Lehner, zusammen.

189.003 Euro Transferleistungen und Grundversorgung zu Unrecht bezogen

Von den insgesamt 350 im Umfeld der Amazon-Dienstleister überprüften Asylberechtigten bzw. subsidiär Schutzberechtigten wurde bei 93 Personen eine Überschneidung aus dem Leistungsbezug der Grundversorgung und ihrer Tätigkeit im Amazon-Umfeld festgestellt. Diese 93 Personen wurden als Verdachtsfälle dem Bundesministerium für Inneres (BMI) gemeldet. Vom Arbeitsmarktservice (AMS) wurden für Wien 163.773 Euro und für Niederösterreich 21.989 Euro an zu Unrecht bezogenen Transferleistungen (Arbeitslosengeld und Notstandshilfe) rückgemeldet.

„Klein strukturierte Sub- und Sub-Subunternehmen ermöglichen Onlinehändlern nicht nur Flexibilität in der Bewältigung steigender Sendungsvolumina, sondern stellen deren Auftraggeber auch vor Herausforderungen hinsichtlich der Vereinbarung unternehmerischer Verantwortung und wirtschaftlicher Interessen. Aufgrund des großen Drucks kommt es in diesem Bereich immer wieder zu Verfehlungen“, so Blümel abschließend.

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