TIROLER TAGESZEITUNG “Leitartikel” Montag, 25. Januar 2021, von Nikolaus Paumgartten: “Egoismus als Brennstoff der Pandemie”

Innsbruck (OTS) – Wer bei Feiern, Demos oder im Alltag auf die Lockdown-Regeln und Corona-Vorschriften pfeift, soll empfindlich bestraft werden und nicht mit Milde rechnen dürfen. Denn Gnade zeigt das Virus auch nicht bei denen, die es befällt.

Bar, Musikanlage und Stromgenerator. Perfekt ausgerüstet für die Dutzenden feierwütigen Partyteilnehmer: Der Festwagen am Sportplatz in Innsbruck-Igls präsentiert sich in der Nacht auf Sonntag so, als könnte er sich jeden Moment in Bewegung setzen und am diesjährigen Fasnachtsumzug teilnehmen. Nur dass es heuer weder in Igls noch sonst wo eine Faschingsveranstaltung geben wird und dieses Jahr Masken nicht bei Bällen, sondern in Öffis und Geschäften getragen werden. Dass diese Realität bei vielen immer noch nicht angekommen ist oder sogar bewusst ausgeblendet wird, freut niemanden mehr als das Virus – und geht zu Lasten der Menschen, die sich an die Regeln halten und damit ihren Beitrag in der schwersten Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg leisten.
Denn es ist genau dieser Egoismus einzelner Unverbesserlicher, der die Pandemie immer wieder neu befeuert. Ob nun Großhochzeiten, Saufgelage in Faschingswägen, Versammlungen von Eisstockschützen, Maskenverweigerer bei Demos und in Geschäften oder Corona-Leugner allgemein – wer meint, er stehe über dem Gesetz, sollte genau dieses mit voller Härte zu spüren bekommen. Und zwar nicht, weil sich mit „Law & Order“ so gut Politik machen lässt, sondern weil Recht und Ordnung sowie die Einhaltung von Regeln ein wesentlicher Baustein sind, das Virus endlich zu besiegen.
Die Party im Lockdown – ein Schlag ins Gesicht jener alleinerziehenden Mutter, die sich seit Monaten neben ihren eineinhalb Jobs mit Home-Schooling herumschlägt. Eine Verhöhnung jenes 55-Jährigen, der wegen Corona seine Arbeit verloren hat, seine Rechnungen nicht mehr zahlen kann und vor der Delogierung steht. Zu Recht gepflanzt fühlen dürfen sich auch Schülerinnen und Schüler, die nicht wissen, wie sie heuer die Matura schaffen sollen und was die Zukunft für sie bringt. Oder jene, die immer brav ihre Maske tragen und die vorgeschriebenen Abstände einhalten. Kinder, die ihre Großeltern und Freunde nicht sehen dürfen. Jeder, der den alten Alltag vermisst und hart auf die Impfung wartet. Die Liste ist lang. Keine fünf Kilometer Luftlinie vom Igler Faschingswagen entfernt präsentieren sich Samstagnacht übrigens auch andere gut ausgerüstet:
In Schutzmontur, mit Beatmungsgeräten und EKG-Monitoren kämpften an der Innsbrucker Klinik Ärzte und Pflegepersonal gerade um das Leben von 15 Covid-Intensivpatienten. Doch während die Party in Igls aufgelöst ist, geht der Kampf an der Klinik weiter.

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