6. Wiener Gemeinderat (2)

Aktuelle Stunde

Wien (OTS/RK) – Das Thema der Aktuellen Stunde hatte diesmal die ÖVP eingebracht, es lautete: „Zur Stärkung des Standorts und zur Entlastung der Wiener Bevölkerung – Wien braucht mutige und zukunftsweisende Verkehrsprojekte!“

GR Wolfgang Kieslich (ÖVP) eröffnete die Aktuelle Stunde mit einem Plädoyer für den Bau des Lobautunnels: „Es ist doch peinlich, dass sich der Transitverkehr jeden Tag durch die Stadt staut – jedes Dorf im Waldviertel hat eine eigene Umfahrung, nur Wien nicht.“ Der Lobautunnel sei „alternativlos“ – er bringe eine Wertschöpfung in Milliardenhöhe und sichere 25.000 Arbeitsplätze, so Kieslich. „Wir brauchen den baldigen Baubeginn, natürlich unter Rücksichtnahme auf alle Umweltauflagen“, forderte er. Neben dem Lobautunnel vermisste Kieslich auch „klare Ansagen zu U3 und U4. Bei der U-Bahn U2 und U5 wird ja nur herumgedoktert“.

GR Anton Mahdalik (FPÖ) erinnerte daran, dass die Freiheitlichen die „erste Fraktion im Haus waren, die die Nordostumfahrung gefordert haben“, und wollte der ÖVP „nicht das Federl auf den Hut setzen“ bei der Themenwahl der Aktuellen Stunde. Mahdalik erinnerte an die verschiedenen Planungsvarianten, von der „Innenvariante“ über das Seestädter Flugfeld bis zur „Außenvariante Richtung Hainburg“ -letztlich hätte sich „die Vernunft der Freiheitlichen“ durchgesetzt; die SPÖ werde vielleicht jetzt, „ohne Bremse durch die Grünen“, in die Gänge kommen, so Mahdalik.

GRin Mag.a Angelika Pipal-Leixner, MBA (NEOS) entgegnete: Die rot-pinke Fortschrittskoalition investiere in „kluge, nachhaltige Verkehrslösungen“ – so gebe es 600 Millionen Euro insgesamt für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, mit mehr Bims und Bussen und dem U-Bahn-Ausbau. Auch die Radwege baue die Stadt Wien aus. „Das bringt mehr Wertschöpfung als Sie glauben“, sagte Pipal-Leixner Richtung ÖVP, „hätten Sie lieber eine Autobahn durch jeden Bezirk?“ Rot-Pink wiederum habe sich einen Modal-Split von 80 Prozent im „Umweltverbund“ als Ziel gesetzt, also 8 von 10 Verkehrswegen mit den Öffis, auf dem Rad oder zu Fuß zurückzulegen.

GRin Mag.a Heidemarie Sequenz (Grüne) kritisierte die Stadtregierung: „Sie holen sich die Förderungen des Bundes nicht ab!“, dabei gebe es Mittel für die Attraktivierung der Verkehrswege. Stichwort Praterstraße, so Sequenz, wo ein mutiges grünes Verkehrsprojekt gestoppt wurde. „Auch der Lobautunnel hat keinen umweltpolitischen Impact“, sagte Sequenz – „sogar die ASFINAG sagt, dass die neue Nordostumfahrung S1 mehr Verkehr nach Wien schleusen wird“. Das sei doch „genau das Gegenteil“ dessen, was ein attraktiver Wirtschaftsstandort wie Wien brauche. „Sie pflötzen Betonbänder durch wertvollen Acker; Sie sorgen für Wirtschaftsabfluss nach Niederösterreich“, war Sequenz überzeugt – „wer Straßen baut, wird Verkehr ernten. Diese Autobahn braucht weder die Bevölkerung noch der Wirtschaftsstandort Wien.“

GR Ericht Valentin (SPÖ) wiederholte die „engagierten Ziele der Fortschrittskoalition“ aus SPÖ und NEOS. Wien plane eine Stadt, „die nicht für die Autos gebaut wird, sondern für die Menschen“. Gerade deswegen brauche es die Umfahrungsstraße, sagte Valentin, weil diese das Einströmen in die Stadt verhindere. „Das macht Sinn“, erklärte Valentin die Ziele Wiens: Öffis auszubauen, neue Straßenbahnkorridore und U-Bahn-Trassen zu planen, um die Pendlerinnen und Pendler abzufangen. Das bringe weniger Durchzugsverkehr in der Stadt; gleichzeitig liege Wien im Herzen Europas und sei Verkehrs- und Güterknotenpunkt. Da sei es logisch, den Verkehr auf sinnvollen Trassen um die Stadt zu lenken. „Diesen Wiener Mut vermisse ich auf Bundesebene“, schloss Valentin.

GR Stefan Berger (FPÖ) griff zunächst die ÖVP an: Ausgerechnet die Volkspartei bringe das Thema ein, wo doch in Niederösterreich „eine Nebenbahn nach der anderen schließt, und damit strukturschwache Regionen weiter schwächt“. Aber, ja, auch in Wien laufe „einiges falsch“, sagte Berger. Die linke Stadtpolitik habe ein „massives Bevölkerungswachstum befeuert“ – der Ausbau der kommunalen Infrastruktur habe damit nicht mithalten können. „Zehntausende Bewohner und tausende Arbeitsplätze“ gebe es nun in der „Wienerberg City“ und der „Biotope City“ entlang der Triester Straße, erinnerte Berger, der einen Anschluss an hochrangige Verkehrsmittel im Grätzl vermisste.

GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) nannte die Forderungen der ÖVP nach mehr Straßen und dem Lobautunnel „so etwas von rückschrittlich“. Diese „neue, zusätzliche Transitachse“ sei höchst bedenklich – „schauen Sie nur Richtung Brenner und zu Ihrem Landeschef-Parteifreund Platter“, sagte Gara Richtung ÖVP. Gara zitierte aktuelle Zahlen: Mehr als 90 Prozent des Verkehrs auf der A23 („Südosttangente“) sei Indivdualverkehr. Es brauche also nicht Alternativen für LKW, sondern neue attraktive Verkehrsvarianten für Einpendler, sagte Gara: etwa mehr Schnellbahnen; Anbindung an die ÖBB. „Der Lobautunnel würde frühestens 2030 fertig“, sagte Gara, „und was machen wir bis dahin?“. Auch wirtschaftspolitisch sei der Tunnel „sinnlos“, weil er letztlich zu mehr Shopping-Zentren am Stadtrand führe – „schaffen wir doch lieber Jobs im innerstädtischen Bereich, in zukunftsträchtigen Branchen“, sagte Gara. Er plädierte – Richtung wirtschaftspolitischer Maßnahmen – auf die Wirtschaftslogistik: mehr Radwege, mehr Öffis.

GR Kilian Stark (Grüne) sagte: Studien, welche den Autobahnbau (vulgo Lobautunnel) als Wirtschaftsmotor sähen, seien aus der Zeit gefallen. Aktuelle Trends gingen Richtung „sanfter Reform“, Stark nannte den Ausbau der Begegnungszonen als Beispiel. Und natürlich sei seine Fraktion, die Grünen, jederzeit für den Ausbau der Öffis zu haben. Auch Stark zitierte Studien, wonach „96 Prozent des Verkehrs über den Lobautunnel in die Stadt“ hineinkomme; „und dafür bauen wir eine Straße unter einem Naturschutzgebiet?“, fragte Stark. „Tatsächlich zukunftsweisend“ seien internationale Beispiele wie Paris: Dort sollen „die Hälfte der Parkplätze gestrichen werden, für mehr Begrünung und Platz für Menschen im öffentlichen Raum“. Stark forcierte die Idee der „Viertelstunden-Stadt“ – alles zum Leben Benötigte solle innerhalb von 15 Minuten erreichbar sein. Dazu zählten neue Fahrrad-Highways und „ein generelles Tempo 30 im dicht verbauten Gebiet“, sagte Stark.

StRin Mag.a Isabelle Jungnickel (ÖVP) erinnerte an die „direkten positiven ökonomischen Auswirkungen“ von Investitionen in die Infrastruktur. Dieses Instrument müsse gerade jetzt in die „nachhaltige Verkehrsinfrastruktur“ fließen – Jungnickel begrüßte den Ausbau der U-Bahn-Linien U2 und U5. „Das schafft Jobs und verbessert den Wirtschaftsstandort Wien.“ Natürlich hätten derlei Großprojekte eine lange Planungs- und Umsetzungsphase, das sei verständlich. Anders der Lobautunnel: „Da bauen wir nicht für Generationen, da planen wir seit Generationen.“ Dabei könne das Projekt Lobautunnel eine Wertschöpfung von 4 Milliarden Euro für Wien auslösen, und 15.000 neue Arbeitsplätze zu schaffen, argumentierte Jungnickel, „und damit entlasten wir die Bewohnerinnen und Bewohner in der Donaustadt“.

GR Ernst Holzmann (SPÖ) nannte Wien „ausgezeichnet vorbereitet für die Mobilität der Zukunft“, etwa mit einem der „weltweit besten Öffi-Netze zu einem vernünftigen Preis. Holzmann wollte da auch den Grünen seinen Dank aussprechen für das gemeinsame Umsetzen des 365-Euro-Jahres-Tickets. Die Zukunft bringe mehr U-Bahn-Verbindungen mit U2 und U5, was – abgesehen vom Trassenbau – mehr als 15.000 Arbeitsplätze langfristig sichern werde. Holzmann zur geplanten Nordostumfahrung S1: „Es braucht diese Umfahrung, es braucht diese Entlastung.“ So würden die Donaustädterinnen und Donaustädter mit weniger Verkehrslärm rechnen können – alleine auf der Breitenleer Straße sei mit 30 Prozent weniger Verkehr zu rechnen. Entgegen den Vorwürfen der Opposition plane die SPÖ nicht nur mit neuen Straßen -neben Großprojekten wie dem Bim-Ausbau in den Nordosten werde die Innenstadt mit neuen „XL-Bäumen“ und ihren großen Baumkronen gekühlt; auch auf der Thaliastraße würden neue Bäume und Sitzbankerln gesetzt; und die Zollergasse stehe ebenfalls vor einer umweltfreundlichen Umgestaltung. (Forts.) esl

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