Sitzung des NÖ Landtages

Rechnungsabschluss für das Land Niederösterreich für das Jahr 2020

St. Pölten (OTS/NLK) – Der Landtag von Niederösterreich trat heute um 13 Uhr unter dem Vorsitz von Präsident Mag. Karl Wilfing zu einer Sitzung zusammen.

Zu Beginn der Sitzung fanden sämtliche von den Grünen bzw. Neos eingebrachten Anträge nicht die ausreichende Unterstützung.

Die ersten Tagesordnungspunkte wurden bei getrennter Berichterstattung (jeweils Abgeordneter Christoph Kaufmann MAS, VP) und Abstimmung gemeinsam behandelt:
• Rechnungsabschluss des Landes Niederösterreich für das Jahr 2020 sowie Stellungnahme des Landesrechnungshofes Niederösterreich
• Eröffnungsbilanz des Landes Niederösterreich für das Jahr 2020 • Leasingverbindlichkeiten und Schuldeinlösungen (Sonder-finanzierungsmodell Forderungskauf) des Landes sowie Darlehens-aufnahmen der verschiedenen Fonds 2020
• Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf den Vollzug des Landeshaushaltes im Finanzjahr 2021

Landesrat DI Ludwig Schleritzko (VP) betonte als Erstredner, dass die Corona-Pandemie vielen ein Leben lang in Erinnerung bleiben werde, und zollte den großartigen Leistungen u. a. im Gesundheitsbereich größten Respekt. Angesichts der über 1.700 Opfer sprach er allen, die einen Verlust erlitten hätten, seine zutiefst empfundene Anteilnahme aus.
Die Corona-Krise habe aber auch ein ehrliches Für- und Miteinander, großes Engagement der Freiwilligen, Organisationstalent und Erfindergeist zutage treten lassen. Niederösterreich sei dank der politischen Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg erfolgreich durch die Krise gekommen und stehe heute im Vergleich zu anderen Bundesländern gut da. Das im Juni des Vorjahres ausgegebene Motto „Tritt fassen, Sicherheit geben“ sei aufgegangen: Niederösterreich habe heute den zweitkleinsten Zuwachs der Arbeitslosenquote aller Bundesländer und insgesamt 28.000 Arbeitslose weniger als im Vorjahr. Die Prognosen für das Wirtschaftswachstum lägen für heuer bei 3,5 und für nächstes Jahr bei 4,1 Prozent. Die Zeichen der Zeit stünden also auf Erfolg.
Halt gegeben und ein größeres Abrutschen verhindert zu haben, habe aber auch seinen Preis. Insgesamt seien über 2 Milliarden Euro für den Kampf gegen Corona zur Verfügung gestanden. Das Finanz-Ziel für 2020 sollte als letztmaliges Budgetdefizit 76 Millionen Euro betragen, hier habe Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht. Der tatsächliche Abgang habe sich mit 745 Millionen Euro verzehnfacht, sei aber immer noch um 100 Millionen Euro niedriger als erwartet. Neben den sinkenden Einnahmen hätten dabei auch die steigenden Ausgaben – alleine für den Bereich Gesundheit handle es sich um mehr als 143 Millionen Euro an zusätzlichen Mitteln – das Budget belastet.
Corona werde den Landeshaushalt auch weiter belasten, für 2021 würden sich die Ausgaben für Corona-Kosten um weitere 138 Millionen Euro erhöhen.
Derzeit liege das Budgetdefizit für 2021 bei 908 Millionen Euro, so Schleritzko weiter. Die 1,6 Milliarden Euro, welche die Corona-Krise das Land Niederösterreich in den Jahren 2020 und 2021 koste, bedeuteten eine Verzwanzigfachung des Defizits. Das seien historische Summen, die es im Niederösterreichischen Landtag noch nie gegeben habe. Zudem werde der Anstieg der Schulden das Doppel-A-Rating unter Druck bringen. Die Verwertung der Wohnbauförderungsdarlehen in der Höhe von 1,65 Milliarden Euro sei eine kaufmännisch vernünftige Lösung, um einen Großteil der Corona-Kosten durch Eigenmittel abzudecken. Manche werde das nicht überzeugen, er danke daher der SPÖ und FPÖ explizit für das Mitgehen in der Sache. Die Mittel für die Krisenbewältigung seien notwendig und ein massiver Vorgriff auf die finanziellen Ressourcen künftiger Generationen gewesen. Nach der Krise werde man wieder in den Nachhaltigkeits-Modus wechseln. Mittel-bis langfristig wolle man wieder ein Nulldefizit erreichen. Denn mit dem Ende der Krise verlasse man den Krisenmodus, stehe den Landsleuten aber weiter zur Seite. Zudem lege man erstmals einen Vollzugsbericht vor und gehe damit einen Weg der Transparenz.

Abgeordneter Mag. Helmut Hofer-Gruber (Neos) beurteilte es als sehr gut, dass man den Rechnungsabschluss nicht gemeinsam mit dem Voranschlag behandle. Der Rechnungsabschluss räume mit etlichen Märchen auf. Der Schuldenberg sei 2020 gewachsen und entgegen den Aussagen der ÖVP sei das Land nicht vermögend. Das zweite „Märchen“ sei, dass Corona an allem schuld sei. Die Coronakrise habe die Situation zwar verschlimmert, die Probleme seien aber schon vorher dagewesen. Das nächste Märchen sei, dass das Land in die Zukunft investiere. Die Realität sei, dass bis auf wenige Straßenprojekte alle Projekte über Leasingfinanzierung errichtet worden seien. Und dass man ohne Corona die schwarze Null erreicht hätte, sei ebenfalls ein Märchen. Man stehe vor einem „Scherbenhaufen“.

Abgeordnete Dr. Helga Krismer–Huber (Grüne) sagte, der Rechnungsabschluss sei einer, mit dem man nicht zufrieden sein könne. Das Land sei eine öffentliche Körperschaft, die in Generationen zu denken habe. Daher ziehe sie andere Schlüsse als der Landesrat und die ÖVP. Denn eine Konsolidierung sei dringend notwendig. Man habe immer dieselbe Situation in Niederösterreich: Man habe sehr viel Vermögen, das bewirtschaftet werden müsse. Das zu erhalten, was die vorige Generation aufgebaut habe, sei wichtig. Der öffentliche Schuldenstand in Höhe von 9,1 Milliarden Euro sei ihrer Meinung nach der Krise geschuldet. Der Landtag werde durch den Vollzugsbericht ordentlich informiert. Sie kündigte an, dass ihre Fraktion dem Vollzugsbericht die Zustimmung gebe werde. Den Gemeinden wären krisenbedingt 25 Millionen Euro an Bedarfszuweisungen vorenthalten worden. Zudem dürfe nicht mit öffentlichen Geldern spekuliert und erinnerte an die in den Nullerjahren gestartete Veranlagung von Wohnbau-Förderungsdarlehen. In diesem Zusammenhang forderte sie beim Tagesordnungspunkt 4 (Bericht der Landesregierung betreffend Leasingverbindlichkeiten und Schuldeinlösungen -Sonderfinanzierungsmodell Forderungskauf – des Landes sowie Darlehensaufnahmen der verschiedenen Fonds 2020) eine getrennte Abstimmung. Darüber hinaus vermisse sie bei der Errichtung von Wohnbauten eine entsprechende Baukultur. Es gehe nur darum, Wohnraum zu schaffen, und diese ziehe auch einen hohen Bodenverbrauch nach sich. In diesem Zusammenhang forderte sie ebenfalls eine getrennte Abstimmung.

Klubobmann Udo Landbauer, MA (FP) sagte, dass die Corona-Politik Niederösterreich allein im Jahr 2021 908 Millionen Euro kosten werde. Ins Auge stechen würden unter anderem die Mehrausgaben für die Gratis-Tests, die von der öffentlichen Hand und damit letztlich vom Steuerzahler bezahlt werden. Er bezifferte die Ausgaben dafür mit 212 Millionen Euro. Für „zielgerichtete Unterstützungen“ am Arbeitsmarkt, für Lehrlinge und des medizinischen Personals bringe er sehr wohl Verständnis auf. Der Bund müsse Niederösterreich dafür jedoch einen entsprechenden Kostenersatz erstatten, das sei man „den Landleuten schuldig“. Mit der Verwertung der Wohnbau-Förderungsdarlehen habe er zwar keine Freude. Angesichts des hohen Finanzbedarfs in Niederösterreichs sei es notwendig, diesen Schritt zu setzen. Mit der Zweckbindung solle auch mehr leistbarer Wohnbau ermöglicht werden. Die Mehrausgaben wären zwar überwiegend der Corona-Krise geschuldet, auch ausgabenseitig müsse jedoch gespart werden.

Klubobmann Reinhard Hundsmüller (SP) begrüßte die Möglichkeit der „intensiven Auseinandersetzung“ mit dem Rechnungsabschluss und betonte, dass seine Fraktion der Vorlage, nicht aber dem Inhalt zugestimmt habe. Wichtig sei, sich auch mit der Budgetkonsolidierung auseinanderzusetzen. Diese dürfe nicht zu Lasten der arbeitenden Bevölkerung, dem Mittelstand und den Schwächsten in der Gesellschaft gehen. Er forderte in diesem Zusammenhang eine Solidarabgabe von Millionären und bei Erbschaften. Auch der Verkauf der Forderungen aus den Wohnbauförderungsdarlehen werde Geld für das Budget bringen. Zudem forderte er eine Zweckbindung der Wohnbauförderung. Die zur Verfügung gestellten Gelder müssten in leistbares Wohnen fließen. Die Sozialdemokratie sei für einen konstruktiven Pfad der Budgetsanierung. Es sei auch eine Stimulierung des Arbeitsmarktes und der Wirtschaft notwendig.

Klubobmann Mag. Klaus Schneeberger (VP) bedankte sich bei den Regierungsfraktionen des Landtages, weil sie bei einer Verfassungsänderung mitgestimmt haben, um ein Doppelbudget für 2022/2023 im Herbst zu beschließen. Dadurch bekomme man eine Basis, um seriös über budgetäre Vorgaben diskutieren zu können. Heute gehe es um die Eröffnungsbilanz, um den Rechnungsabschluss 2020, um den Covid-Bericht und dessen Auswirkungen sowie um die Verwertung der Wohnbauförderdarlehen. Durch die Eröffnungsbilanz werde das Vermögen des Landes Niederösterreich systematisch erfasst, bewertet und nach kaufmännischen Gesichtspunkten dargestellt. Wenn man heute durch das Land fahre, dann könne man stolz darauf sein, was alles an Substanz errichtet wurde. Das reiche von der Gesundheitspolitik über die Wissenschaftspolitik bis zur Kulturpolitik. Gerade im Vergleich mit den anderen Bundesländern könne man sehen, was in den letzten Jahren und Jahrzehnten positives geschehen sei. Zum Rechnungsabschluss meinte er, die letzten eineinhalb Jahre seien unvorhersehbar gewesen. Jede Gemeinde habe alles gemacht, um der Bevölkerung diese Testungen möglich zu machen. Der Schulterschluss in diesem Land sei gerade auch in der Pandemie spürbar und greifbar gewesen sei. Die Verwertung der Wohnbauförderungsdarlehen seien schon öfters gemacht worden. Der Kreditnehmer spüre davon nichts und sei damit überhaupt nicht konfrontiert.

Abgeordneter Martin Schuster (VP) sagte, die öffentlichen Körperschaften hätten garantierte Förderungen in Milliardenhöhe aus dem Steueraufkommen des Bundes. Diese könnten hier nicht geltend gemacht werden. Es gebe als Resultat dieses negative Nettovermögen, weil diese Forderungen im Budget nicht aufgenommen werden können. Niederösterreich sei jenes Bundesland, das bei der Eröffnungsbilanz größtmögliche Transparenz zeige. Die Verpflichtungen seien in der Bilanz eingestellt, es gebe ein hohes Maß an Sicherheit und man brauche mit keinem anderen Bundesland den Vergleich scheuen.

Abgeordneter Mag. Helmut Hofer-Gruber (Neos) betonte, auf Kosten der Jungen sei eine „Fassade auf Pump“ aufgebaut worden, die nur dem Machterhalt diene. Die ganzen Vermögenswerte seien alle geleast.

Abgeordneter Ing. Mag. Reinhard Teufel (FP) hielt fest, der Rechnungsabschluss zeige tiefe Spuren der Corona-Politik der Bundesregierung. Im Frühjahr hätten alle einen „symmetrischen Schock“ erlebt, sowohl auf der Produktionsseite als auch auf der Konsumentenseite. Die Folgen dieser Politik sehe man auch am Arbeitsmarkt.

Abgeordnete Mag. Kerstin Suchan–Mayr (SP) meinte zum Rechnungsabschluss, man sehe, dass trotz des Nachtragsvoranschlages große Abweichungen zwischen dem Plan und dem Soll eingetreten seien. Der Weg des Nulldefizits musste aufgegeben werden. Wichtig sei die Unterstützung der Gemeinden, diese seien es, die investieren und die Wirtschaft ankurbeln. Mit der neuen VRV sei auch die Erstellung einer Eröffnungsbilanz verbunden. Diese sei eine „Inventur des Landesvermögens“. Ihre Fraktion werde trotz der großen Überschreitungen dem Rechnungsabschluss zustimmen.

Abgeordneter Dieter Dorner (FP) sagte, das Budget sei die „in Zahlen gegossene Politik“. Im Rechnungsabschluss werde Rechenschaft abgelegt über die finanzielle Gebarung des letzten Haushaltsjahres. Er beantworte die Frage, ob die Politik die Projekte durchgeführt habe, die sie sich vorgenommen habe. Der Rechnungsabschluss trenne zwischen operativer und investiver Gebarung. Bei einem gesunden Haushalt gebe es einen Überschuss in der operativen Gebarung – der gesamte Haushalt 2020 sei aber „nicht gesund“ gewesen, meinte er. Eine nachhaltige Konsolidierung des Budgets sei „ferner denn je“. Das Land Niederösterreich wirtschafte auf Kosten künftiger Generationen.

Abgeordneter Ing. Martin Huber (fraktionslos) hielt fest, Niederösterreich könne stolz auf die Leistungen der Landsleute sein. Im Zusammenhang mit dem Rechnungsabschluss und der Eröffnungsbilanz meinte er, man lebe in einem Bundesland, in dem es nicht möglich sei, EDV-lesbare Budgetdaten zu liefern. Er sprach von einer „Showpolitik“. Mit dem Verkauf von Wohnbaudarlehen werde nur ein Budgetloch gestopft, es würden keine Rücklagen gebildet. Er appellierte, die Sommermonate zu nutzen, um im Herbst ein zukunftsträchtiges Budget beschließen zu können.

Abgeordnete Michaela Hinterholzer (VP) betonte, bei Betrachtung des Rechnungsabschlusses 2020 müsse man sich vor Augen führen, unter welchen Rahmenbedingungen dieser zu sehen sei. Die Pandemie habe nicht nur zu einer massiven Gesundheitskrise geführt, sondern auch in anderen Bereichen zu erheblichen Auswirkungen geführt. Es habe sich gezeigt, dass die Kapazitäten in den Kliniken zwar ausgelastet, aber nicht überlastet gewesen seien, es sei hier Großartiges geleistet worden. Die Wirtschaft sei eingebrochen, aber die befürchtete Insolvenzwelle habe man verhindern können. Mit dem Wirtschaftseinbruch gehe auch der Einbruch der Ertragsanteile einher, dies schlage sich im Netto-Finanzierungssaldo negativ zu Buche. Jetzt gelte es, nach vorne zu schauen.

Der Rechnungsabschluss wurde ohne getrennte Abstimmung mit der Mehrheit von VP, SP und FP beschlossen. Der Bericht zur Eröffnungsbilanz wurde mit der Mehrheit von VP, SP, FP, Neos und des fraktionslosen Abgeordneten, jener zu den Leasingverbindlichkeiten mit der Mehrheit von VP, SP, FP und Neos sowie jener zum Vollzug des Landeshaushalts mit der Mehrheit von VP, SP, FP, Grünen und Neos zur Kenntnis genommen.

(Forts.)

Amt der Niederösterreichischen Landesregierung
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Mag. Franz Klingenbrunner
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