5. Wiener Landtag (3)

Tätigkeitsbericht 2020 der Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien

Wien (OTS/RK) – LAbg. Stefan Berger (FPÖ) dankte den beiden im Festsaal des Rathauses anwesenden AnwältInnen DSAin Dunja Gharwal und Mag. Ercan Nik Nafs sowie deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für deren wertvolle Tätigkeit. Positiv fand Berger im vorgelegten Bericht den Beitrag über die Heimopferentschädigungen. Wien habe vor eineinhalb Jahrzehnten die gesonderte Anlaufstelle für psychologische Betreuung geschlossen, „bedauerlicherweise“ habe es die Stadtregierung vor wenigen Wochen abgelehnt, diese Stelle wieder zu öffnen. Zu Corona meinte Berger: Leider hätten es die Verantwortlichen in der Stadt versäumt auf die speziellen Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen während der Pandemie einzugehen. Dies habe dazu geführt, dass es insbesondere in Familien zu angespannten Situationen gekommen sei. Vor allem mit der Umstellung auf Home Schooling während der Pandemie hätten die Spannungen zugenommen – „Familien sind geradezu ausgebrannt, Kinder wurden aufgrund des hohen Arbeitseinsatzes der Eltern und der oft beengten Wohnsituationen in der Großstadt trotz Lockdowns in die Schule geschickt“, erklärte Berger. Verärgert zeigte sich Berger über die beiden damaligen Regierungsfraktionen, weil die Schulen „sehr schnell, trotz gegenteiligen Versprechens auf Wahlplakaten, geschlossen worden sind“. Den Bericht zu den gewalttätigen Ausschreitungen in Favoriten befand Berger „an der Wirklichkeit vorbei“. Es seien türkische Hooligans gewesen, die schlägernd und pöbelnd durch Favoriten gezogen seien, das sei im Bericht euphemistisch umschrieben worden – „Sie verschließen die Augen vor der Wirklichkeit“. Das Thema politischer Islam fehle im Bericht völlig. Eine Vielzahl von Studien würde zeigen, „dass migrantischer Antisemitismus in Europa mittlerweile die dominierende Variante ist“, so Berger. „Hier gibt es einiges an Aufholbedarf und Manches zum Nachziehen.“ Beim Thema Gewalt fehlt Berger im Bericht eine Aufschlüsselung über die Herkunft der jugendlichen Täter. Überhaupt vermisst Berger eine zahlenbasierte Datenlage im Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft. Am „sauersten aufgestoßen“ sei ihm der Untertitel im Kapitel über die Polizeiarbeit: „Die Polizei – immer dein Freund und Helfer?“ Denn die Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien habe nicht die Aufgabe, Zweifel an der Tätigkeit der Exekutive zu streuen.

LAbg. Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS) stellte ebenfalls den Dank an die Kinder- und Jugendanwaltschaft an den Beginn ihrer Rede. Besondere Herausforderungen habe „natürlich“ die Pandemie für die Anwaltschaft gebracht. Für den sozialen Frieden sei es notwendig, dass alle Menschen mitbestimmen können, forderte Bakos. Denn Partizipation wirke sich positiv auf die Gesellschaft aus, vor allem im Sinne der Gewaltprävention. Ein eigenes Kinder- und Jugendparlament werde diese Ansätze weiterentwickeln, ebenso „wichtig“ sei Ethikunterricht für alle Kinder und Jugendliche. „Mobbing ist kein Randphänomen, sondern ein ständiger Begleiter für die Kinder und Jugendliche“, sagte Bakos, denn mehr als 40 Prozent der Schülerinnen und Schüler hätten Mobbing wenigsten einmal erlebt. Der Bericht der Anwaltschaft zeige, wo es noch Verbesserungspotenzial für die Kinder und Jugendlichen geben würde.

LAbg. Ömer Öztas (Grüne) sprach ebenfalls Dank an das gesamte Team der Anwaltschaft an. Öztas sprach drei Punkte an: Durch Partizipation – wie etwa in Favoriten – würde die „Demokratiefeindlichkeit abnehmen“, den Jugendliche würden dadurch ein Sprachrohr bekommen. Zweitens: Diskriminierung an Schulen sei ein großes Thema, Öztas selbst musste durch einen Schullehrer Diskriminierung erfahren. „Sorgen wir dafür, dass in Wien Diskriminierung jeglicher Art keinen Platz hat.“ Das dritte Thema sei die Deradikalisierung, „junge Menschen in ihrer Selbstfindungsphase müssen wieder in die Gesellschaft zurückgeholt werden“. Dafür seien auch Hilfen für das Familienumfeld notwendig, nicht nur für die Jugendlichen selbst. Öztas verlangte, dass „präventive Jugendarbeit wie verpflichtender Demokratieunterricht im Wirkungsbereich der Stadt Wien eingeführt wird“. Den Bericht der Anwaltschaft bezeichnete Öztas als Signal und Arbeitsaufforderung an die Politikerinnen und Politiker für eine Kinder- und Jugendfreundliche Stadt Wien.

LAbg. Harald Zierfuß (ÖVP) sagte, die Kenntnisnahme des Berichts fiele ihm nicht leicht, „weil dieser leider doch ideologisch eingefärbt ist“. Dies zeige sich „deutlich“ in der Passage über die Deutschförderklassen, „weil es bei Sprachkenntnissen vor allem in der Mittelschule immer noch enorme Probleme gibt“. Er persönlich sei froh darüber, dass die Bundesregierung Deutschförderklassen eingeführt habe. Ein weiterer Kritikpunkt im Bereich der Integration: „Die Stadtregierung hat lange geschlafen und schläft immer noch, wenn es um Islamismus in der Stadt geht.“ Der Bericht erwähnt auch die Probleme mit Corona, mit den Impfungen werde das Leben der Kinder und Jugendlichen aber wieder „normaler“. Zierfuß brachte einen Antrag ein, in dem er eine offizielle Entschuldigungs-Zeremonie der Stadt für betroffene Heimopfer verlangte.

LAbg. Marina Hanke, BA (SPÖ) sagte, Kinder und Jugendliche seien besonders von der Pandemie betroffen gewesen. Beispielsweise durch „Polizeistrafen, Home Schooling oder verstärkte Jugendarbeitslosigkeit“, die die Probleme massiv verstärkt hätten. Die Kinder- und Jugendanwaltschaft habe in dieser Zeit große Hilfen zur Verfügung gestellt. Damit Menschenrechtsverletzungen an Kinder und Jugendlichen bald der Vergangenheit angehören werden, dazu diene auch die Arbeit der Anwaltschaft etwa zum Thema Missbrauch und Gewalt im Sportbereich. Thema Heimopfer: Eine genaue historische Aufarbeitung von ExpertInnen sei in Wien bereits erfolgt, 52 Millionen Euro seien für Hilfen ausgeschüttet worden, und damit mehr als in allen anderen Bundesländern. Es habe bereits eine Zeremonie im Parlament gegeben, „aber das alles ist keine Entschädigung für die passierten Gräueltaten“. Eine Aufgabe der Kinder- und Jugendanwaltschaft sei es herauszuarbeiten, „welche Maßnahmen zum Schutz und der Unterstützung der Kinder und Jugendlichen auf politischer Ebene noch notwendig sind“. Dass die Opposition einzelne Punkte inhaltlich „nicht gefallen“ würden, zeige, dass unabhängige Stellen wie die Anwaltschaft „nicht ernst genommen werden; vielleicht sollten Sie über Ihre eigene Einstellung nachdenken, anstatt nur zu kritisieren“, so Hanke. Gewalt habe „in Wien keinen Platz, also kümmert sich die Stadt um jene, die glauben, Konflikte mit Gewalt lösen zu müssen“. Abschließend sprach auch Hanke ihren Dank für die Arbeit der Anwaltschaft aus.

LAbg. Mag. Ursula Berner, MA (Grüne) betonte zu Beginn ihres Debattenbeitrags die „wichtige Arbeit der Kinder- und Jugendanwaltschaft für unsere Stadt“ und sprach dafür ihren Dank aus. Das Thema Nummer eins unter den Kindern und Jugendlichen sei deren Zukunft, vor allem was Arbeit, aber auch das Umweltthema betreffe. Traurig stimme sie, „dass hier im Haus bei der Vergabe von 460 Millionen Euro für eine Autobahn nicht an die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen in einer intakten Umwelt gedacht wird“. Viele Wiener Polizistinnen und Polizisten würden sich um einen sensiblen Umgang mit Jugendlichen bemühen, doch der Bericht der Anwaltschaft habe auch die Aufgabe, „aufgetretene Probleme deutlich beim Namen zu benennen“. Deutschklassen in Wien zu fordern – wie es ihr Vorvorredner von der ÖVP getan hat – „ist genauso ideologisch, wie sie nicht zu fordern“, so Berner. Zum Thema der ehemaligen Heimkinder sagte Berner, dass sich die Grünen dem Antrag der ÖVP auf Abhaltung einer eigenen Zeremonie in Wien anschließen werden, um das „wichtige“ Thema weiterhin präsent zu halten. „Denn im Zusammenhang mit Corona ist die Überbelegung in den Krisenzentren der Stadt deutlich geworden, verstärkt etwa durch Krankheiten des Personals.“ So seien bereits 2019 1.900 Überstunden in städtischen Krisenzentren geleistet worden, auch wurde dort die Belegung von acht auf 14 Kinder erhöht. Berner forderte eine kontinuierliche Begleitung der Kinder und Jugendlichen bis ins Erwachsenalter über das 18. Lebensjahr hinaus. Berner verlangte auch den Ausbau von Präventionen und „Frühen Hilfen“, „um Familien aus der Armutsspirale und der Gewalt zu holen“. Zum Ausbau der frühen Hilfen brachte Berner einen Antrag ein. (Forts.) nic

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