Gesundheitsausschuss beschließt EU-konforme Regelung für klinische Prüfungen von Arzneimitteln

Anträge der Opposition zu Impfungen und COVID-19-Maßnahmen vertagt oder abgelehnt

Wien (PK) – Neben dem Gesetz zur Impfpflicht standen auch eine Reihe von Anträgen der Opposition auf der Tagesordnung des Gesundheitsausschusses. Die SPÖ sieht ein wichtiges Ziel im Erreichen einer 90-prozentigen nationalen Impfquote und schlägt dazu eine breit angelegte Aufklärungs- und Informationsoffensive zur Corona-Schutzimpfung vor. Der Antrag wurde neben der SPÖ nur von den NEOS unterstützt und fand damit keine Mehrheit. Der SPÖ-Vorschlag, allen ÖsterreicherInnen mit der Booster-Impfung nach Erreichung des nationalen Impfziels einen “rot-weiß-roten Impfscheck” in der Höhe von 500 € auszustellen, wurde von den Koalitionsfraktionen vertagt.

Die FPÖ beharrt weiterhin auf einem “Plan B” Corona-Politik und eine Abkehr von den bisherigen Maßnahmen, die sich aus Sicht der Freiheitlichen nicht bewährt hätten. Für den Antrag stimmten nur die Abgeordneten der Freiheitlichen, er blieb damit in der Minderheit.

Eine weitere FPÖ-Forderung ist ein monatlicher Transparenzbericht des Nationalen Impfgremiums, um mögliche Interessenskonflikte erkennen zu können. Dieser Antrag wurde von der Koalition vertagt.

Die NEOS fordern, dass Standardimpfungen auch ApothekerInnen durchgeführt werden können. Sie wollen auch die Festlegung von exakten Standards für Antikörper-Nachweise, um diese auch in den “Grünen Pass” integrieren zu können. Die beiden Anträge wurden vertagt.

Mehrheitlich mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vom Ausschuss beschlossen wurde eine europarechtskonforme Lösung für Genehmigung, Durchführung und Überwachung von klinischen Prüfungen von Arzneimitteln der Humanmedizin.

Ein Initiativantrag von ÖVP und Grünen, der Anpassungen und Leistungsharmonisierungen in diversen Sozialversicherungsgesetzen plant, wurde zu Beginn der Sitzung von der Tagesordnung abgesetzt.

SPÖ fordert Maßnahmen zur Erhöhung der Impfquote

In einem Entschließungsantrag zum Thema tritt die SPÖ für eine breit angelegte, niederschwellige Aufklärungs- und Informationsoffensive zur Corona-Schutzimpfung ein (2147/A(E)). Das Nachhinken Österreichs bei der Impfquote sei auf das politische Versagen der österreichischen Bundesregierung zurückzuführen, meinte Philip Kucher (SPÖ). Dieses habe letztlich Notfallmaßnahmen wie die allgemeine Impfpflicht erst notwendig gemacht. Kucher forderte daher Schritte wie gezielte Diskussionsabende in den Gemeinden, Informationsbusse, in denen ExpertInnen Auskunft erteilten, und Veranstaltungen, die gezielt skeptische Bevölkerungsgruppen ansprechen. Auch NEOS-Abgeordnete Fiona Fiedler schloss sich der Forderung nach einer Aufklärungskampagne an.

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein wies den Vorwurf zurück, dass bisher zu wenig an Aufklärungsarbeit der Bevölkerung geschehen sei. Die deutliche Erhöhung der Zahl der Booster-Impfung, die innerhalb von zwei Monaten erreicht worden sei, zeige den Erfolg der Informationsarbeit der Bundesregierung, meinte er.

Angesichts der sich rasch verbreitenden Corona-Variante Omikron fordern die SozialdemokratInnen von der Bundesregierung stärkere Anreize für die Impfung zu setzen (2148/A(E)). Sie müsse daher in Aussicht stellen, dass bei einer Impfrate von 90% alle BürgerInnen, die den dritten Stich (“Boosterimpfung”) bekommen haben, einen Gutschein in der Höhe von 500 € erhalten, erklärte Philip Kucher. Skeptisch zu diesem Vorschlag äußerten sich Fiona Fiedler (NEOS), Ralph Schallmeiner (Grüne) und Werner Saxinger (ÖVP), die die hohen Kosten einer solchen Maßnahme anführten. Die SPÖ-Abgeordneten Kucher und Mario Lindner zeigten sich enttäuscht über die Vertagung des Antrags durch die Koalitionsparteien. Das stehe im Widerspruch zu den wiederholten Aussagen der Regierung über die Notwendigkeit, die Impfquote zu erhöhen, argumentierten sie.

FPÖ fordert einen “Plan B” Corona-Politik

Bei der Bewältigung der Corona-Pandemie zeige sich, dass ein komplett anderer Weg als der von der Bundesregierung gewählte eingeschlagen werden müsse, sagte Gerhard Kaniak (FPÖ). Die Sinnhaftigkeit der Forderungen eines “Plans B” bestätige sich immer mehr (2149/A(E)). Er solle auf dem Prinzip der Freiwilligkeit, einer flächendeckende Antikörper-Erhebung sowie der frühzeitigen medizinischen Behandlung der infizierten Personen aufbauen. Die Freiheitlichen fordern neben dem Außerkrafttreten des COVID-19-Maßnahmengesetzes und des Lockdowns für Ungeimpfte auch ein ausdrückliches und bindendes Diskriminierungsverbot im Zusammenhang mit dem Corona-Impfstatus. Der Antrag der Freiheitlichen fand keine Unterstützung der anderen Fraktionen.

FPÖ fordert monatlichen Transparenzbericht über das Nationale Impfgremium

Ein kritischer Medienbericht hat die freiheitlichen MandatarInnen bewogen, nach einer Anfrage zur “Offenlegung und Transparenz betreffend Unvereinbarkeiten für die Mitglieder des Nationalen Impfgremiums im Zusammenhang mit Forschungsaufträgen für die Pharmaindustrie und Impfstoffhersteller” an den Gesundheitsminister, in einem Antrag weitere Informationen zu fordern. Sie wollen Auskünfte über Studien, Drittmittelforschungen, Aktienpakete, Aktienoptionen, Beraterverträge, Medienkooperationen der Mitglieder des Gremiums (2152/A(E)). Die Öffentlichkeit und das Parlament hätten ein Recht darauf, zu erfahren, ob und in welcher “Dichte” es Unvereinbarkeiten gebe und wie diese sich auch auf Entscheidungen des Gremiums auswirken würden, sagte FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm. Dazu solle dem Nationalrat monatlich ein Transparenzbericht vorgelegt werden.

Ralph Schallmeiner (Grüne) beantragte die Vertagung des Antrags und wies darauf hin, dass die Mitglieder des Gremiums bereits umfangreiche Offenlegungspflichten hätten. Die Frage, ob weitere mögliche Interessenskonflikte zu berücksichtigen seien, werden derzeit überprüft. Auf eine Nachfrage von Ausschussobmann Gerhard Kaniak (FPÖ) teilte Gesundheitsminister Mückstein mit, dass es bisher keine Abberufungen von Mitgliedern des Gremiums gegeben habe, die Frage möglicher Unvereinbarkeiten aber weiterhin untersucht werde.

NEOS wollen Impfungen in der Apotheke und sehen offene Fragen bei Eintrittstests auf Basis von Antikörper-Nachweisen

Abgeordnete Fiona Fiedler (NEOS) bekräftigte die Forderung eines Entschließungsantrags von NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker, dass Standardimpfungen wie z.B. gegen FSME oder Influenza in Hinkunft auch in Apotheken erlaubt sein sollten (669/A(E)). Sie führte unter anderem ins Treffen, dass diese Maßnahme auch von den GesundheitslandesrätInnen unterstützt werde und in verschiedenen Ländern, wie etwa der Schweiz, bereits gelebte Praxis sei. Werner Saxinger (ÖVP) meinte, dass eine solche Regelung eine Reihe von Fragen von Berechtigungen anderer Berufsgruppen im Gesundheitsbereich aufwerfen würde, und sprach sich für die Vertagung des Antrags aus. Philip Kucher (SPÖ) kritisierte Saxinger für seine Argumentationslinie und meinte, er stelle damit Standesinteressen über die Gesundheitsinteressen der BürgerInnen. Auch sein Fraktionskollege Mario Lindner sowie FPÖ-Abgeordneter Gerard Kaniak unterstützten die NEOS-Forderung.

Die NEOS sehen ein Problem darin, dass Antikörper-Nachweise zwar schon seit einiger Zeit in bestimmten Fällen als Eintrittstests anerkannt werden, nicht aber für den “Grünen Pass” gelten (1564/A(E)). NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker meinte, es brauche daher eine rechtsverbindliche Definition, welche Antikörpertests tatsächlich auch im Rahmen des “Grünen Passes” anerkannt werden könnten.

SPÖ-Abgeordneter Alois Stöger unterstützte die Forderung. Auch Genesene mit Impfung würden im aktuellen System des “Grünen Passes” benachteiligt, selbst wenn sie nachweislich denselben Immunstatus hätten, wie zweimal Geimpfte, argumentierte er. Er verstehe nicht, warum diese Regelungslücke, die betroffenen Personen in ihrer Reisefreiheit einschränke, nicht endlich geschlossen werde. Auch Gerhard Kaniak (FPÖ) merkte an, dass in der Frage des Immunisierungsnachweises Genesene anders behandelt würden als Geimpfte. Das sei eine Ungleichbehandlung von Gleichem, die rechtlich nicht haltbar sei. Ralph Schallmeiner (Grüne) hielt der Kritik der Opposition entgegen, aus wissenschaftlicher Sicht könne noch nicht gesagt werden, welcher Antikörperstatus den ausreichenden Immunschutz biete. Daher könne man auch keine gesetzliche Festlegung für den “Grünen Pass” auf Basis von Antikörpertests vornehmen.

Bundesminister Wolfgang Mückstein bestätigte das und sagte, aufgrund der Neuheit des Virus und der Impfungen seien derzeit keinen ausreichend verlässlichen Aussagen über den Immunstatus auf Basis von Antikörpertests möglich. Das werde in der Zukunft zwar zweifellos möglich sein, bis dahin sei es aber ratsam, sich an die Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums zu halten.

Europarechtskonforme Lösung für Genehmigung, Durchführung und Überwachung von klinischen Prüfungen von Humanarzneimittel n

Mit der Mehrheit von ÖVP und Grünen wurde eine Neuregelung der klinischen Prüfungen von Arzneimitteln der Humanmedizin geschaffen. Hintergrund ist eine europarechtliche Verordnung, also eines in allen Mitgliedstaaten im vollen Umfang umzusetzenden verbindlichen Rechtsaktes in diesem Bereich (1289 d.B.). Für Österreich seien dadurch Anpassungen im Arzneimittelgesetz sowie einzelner damit in Zusammenhang stehender Bestimmungen im Gentechnikgesetz erforderlich geworden, wobei man nationale Gestaltungsspielräume genützt habe, erläuterte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein das Gesetzesvorhaben. Im Zentrum des Gesetzesvorhabens stehe die Etablierung eines effektiven Genehmigungsverfahrens für klinische Arzneimittelprüfungen, um PrüfungsteilnehmerInnen einen raschen Zugang zu innovativen Arzneimitteln zu ermöglichen und zudem einen Beitrag zur Sicherung des Forschungsstandorts Österreich zu leisten.

Die Neuregelung sehe insbesondere neue Bestimmungen hinsichtlich der Gestaltung des Zusammenwirkens der nationalen Arzneimittelbehörde, also des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG), mit den relevanten Ethikkommissionen vor, führte der Gesundheitsminister aus. So solle als neues Gremium eine “Plattform” eingerichtet werden, die aus zumindest einer Vertreterin oder einem Vertreter der anerkannten Ethikkommission besteht. Überdies sollen besondere Schutzvorschriften für bestimmte besonders vulnerable Gruppen als PrüfungsteilnehmerInnen (z.B. nicht einwilligungsfähige Personen sowie Personen, die auf behördliche oder gerichtliche Anordnung angehalten werden) sichergestellt werden. Im Zuge der Änderungen im Gentechnikgesetz komme es bei therapeutischen Anwendungen mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO) zu einer Verfahrensbeschleunigung, da eine öffentliche Anhörung bzw. die Befassung des wissenschaftlichen Ausschusses künftig nicht mehr erforderlich sei. Damit solle der Zugang zu neuartigen Behandlungsmethoden insbesondere für seltene Erkrankungen bei gleichzeitiger Beibehaltung eines hohen Sicherheitsniveaus und des Vorsorgeprinzips rascher möglich sein.

ÖVP-Abgeordneter Josef Smolle sagte, die Neuregelungen sei vor allem technischer Natur, die sich daraus ergeben, dass gentechnische Anwendungen im Medizinbereich nun zur Gänze aus dem Gentechnikgesetz ins Arzneimittelgesetz übertragen worden seien. Am Inhalt der Regelungen selbst und den hohen Sicherheitsstandards ändere sich nichts. Dieser Ansicht widersprachen SPÖ und FPÖ. Alois Stöger (SPÖ) sah eine unsaubere Umsetzung von Regelungen, die zu Problemen beim Patientenschutz führen könnte. Gerhard Kaniak (FPÖ) ortete unter anderem offene Fragen in der Ausgestaltung der Ethikkommission, die aus seiner Sicht nicht die notwendige Transparenz sichere. (Schluss Gesundheitsausschuss) sox

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