
TIROLER TAGESZEITUNG „Leitartikel“ vom 11. April 2022 von Manfred Mitterwachauer „Ab jetzt regiert der Wahlkampf“
Innsbruck (OTS) – Personelle Weichenstellungen für die Landtagswahl 2023 stehen an. Die FPÖ hat schon, die Grünen und alle anderen folgen Schlag auf Schlag. Die nächsten Monate in Tirol werden im Zeichen parteitaktischer Manöver stehen, nicht der Sachpolitik.
Für die Tiroler Grünen wird es diese Woche spannend. Wer folgt der scheidenden LHStv. Ingrid Felipe als Spitzenkandidatin für die Landtagswahl im März 2023: Soziallandesrätin Gabriele Fischer oder Klubobmann Gebi Mair? Oder beide im Duett? Die Bewerbungsfrist läuft am Ostersonntag ab, gewählt wird im Juni. Die FPÖ hat ihren Frontmann Markus Abwerzger am Donnerstag bereits einzementiert – heute sollen weitere personelle Weichen gestellt werden. Grüne und Blaue bringen damit die schon seit Wochen am Start liegende Wahlkampfkugel endgültig ins Rollen. Aufhalten wird sie keiner mehr. Die Sachpolitik droht überrollt zu werden. Wie immer in (Vor-)Wahlkampfzeiten verengt sich der Fokus der Akteure auf den eigenen politischen Vorteil.
Dass Günther Platter Landeshauptmann bleiben will, hat er im Zuge der schwarzen Regierungsrochade vor einem Jahr verkündet. Damit beendete Platter vorerst alle Debatten um seine Person und jene des sich aufdrängenden Nachfolgers, Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser. Walsers Chancen sind trotzdem weiter intakt. Wenn nicht 2023, dann halt 2025. Zur Halbzeit einer möglichen neuen Platter-Regierung. Eine weitere volle Amtszeit auszudienen – das wird selbst Platter parteiintern nicht mehr gelingen. Viel hängt davon ab, ob und wie Platter den Tirolerinnen und Tirolern einen Neustart schmackhaft machen kann. Der Lack der Tiroler Schwarzen hat massiv gelitten. Durch die Skandale der Türkisen im Bund, durch die Pandemie und ein Regierungs- wie Landtagsteam, das geradezu nach einer Verjüngung schreit.
Den Grünen als Koalitionspartner stehen ebenso schwere Wochen bevor. Parteiintern geht die Angst vor einem überharten Ausscheidungsrennen um die Spitzenkandidatur um. Vorwahlen bergen per se die Gefahr, des internen Schmutzwäsche-Waschens. Schlag nach bei den Innsbrucker Grünen 2018.
All das wird die politische Alltagsarbeit in den kommenden Monaten überlagern, wenn nicht gar lähmen. Die Regierung wird versuchen, den Schein zu wahren, und Projekte und Reformen auf den Weg bringen. Einiges davon dürfte Überschriften-Politik bleiben.
Und der Rest? Hier ein Image-wandelnder SP-Chef Georg Dornauer, der endlich den Bürgermeistersessel gegen einen Regierungssitz eintauschen will. Da Liste Fritz und FPÖ als Ultra-Opposition, die nichts lieber sähen als die ÖVP auf ihrem Platz. Und NEOS, die sich mit ihrem Mantra einer „konstruktiven“ Oppositionsrolle im politischen Niemandsland zu verirren drohen.
Vielleicht wären vorgezogene Neuwahlen im Herbst nicht die schlechteste Alternative für das Land.
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