Rotes Kreuz: Jeder zweite Mensch in Afghanistan ist auf humanitäre Hilfe angewiesen

Das verheerende Erdbeben verschärft die ohnehin schon katastrophale humanitäre Lage des Landes. Rund 23 Millionen Menschen leiden unter akuter Nahrungsmittelknappheit.

Wien (OTS) – Der Konflikt in der Ukraine fordert aktuell unsere Aufmerksamkeit, doch weltweit leiden Millionen Menschen unter den schwerwiegenden Auswirkungen humanitärer Katastrophen. Afghanistan gehört zu den ärmsten Ländern der Welt und hat seit Jahrzehnten mit multiplen Krisen zu kämpfen.

Multiple Krisen treffen Afghanistan
Das verheerende Erdbeben vom vergangenen Mittwoch ist eine weitere Tragödie, die zwar ein kleineres Gebiet des Landes betrifft, doch kurz- und mittelfristig erheblichen Bedarf an humanitärer Hilfe fordern wird. „Der jahrzehntelange Konflikt im Land führte dazu, dass Hunderttausende Menschen ihre Heimat verlassen mussten. Eine langanhaltende Dürre sowie weitere, klimabedingte Katastrophen wie Überflutungen und harte Winter haben einen extremen Nahrungsmittelmangel zur Folge – Millionen Menschen leiden Hunger. Hinzu kommen die Auswirkungen der Covid-19 Pandemie, ein zerrüttetes Gesundheitssystem, hohe Arbeitslosigkeit und der Zusammenbruch der Banken und Finanzinstitute“, erklärt Michael Opriesnig, Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes.
Weiters appelliert Opriesnig: „Angesichts des Konflikts in der Ukraine, der die Menschen in Europa aufgrund der geografischen Nähe vielleicht mehr betroffen macht, dürfen wir nicht auf jene Menschen vergessen, die ebenso massiv von den Folgen humanitärer Krisen betroffen sind und Not leiden. Hier dürfen wir keinen Unterschied machen!“

Dramatische Hungersnot
Eine der schlimmsten Dürreperioden der vergangenen Jahrzehnte fordert in Afghanistan ihr Tribut: Jüngsten Berichten zufolge sind rund 22,8 Millionen Menschen (Quelle: [UN]
(https://news.un.org/en/story/2021/10/1103932)) von akuter
Nahrungsmittelknappheit betroffen – also mehr als jeder zweite Mensch in Afghanistan. 3,2 Millionen Kinder unter fünf Jahren leiden an Unterernährung. Die Vereinten Nationen schätzen, dass im Dezember 2021 95 Prozent der Bevölkerung täglich nicht genug zu essen hatten. Die Dürre hat die wirtschaftliche Situation in einem Land verschärft, in dem die Landwirtschaft für den Lebensunterhalt der Menschen entscheidend ist. Mehr als 70 Prozent der Bevölkerung leben in ländlichen Gebieten und etwa 80 Prozent des Lebensunterhalts hängen von der Landwirtschaft und Viehzucht ab. Betroffene Familien haben ihre Häuser verlassen und suchen in Notlagern nach Nahrung und Unterkunft. Die Situation hat sich in den vergangenen Monaten dramatisch verschlimmert: In diesem Jahr wurden fast 700.000 Menschen vertrieben, die dringend Hilfe benötigen – darunter etwa 80 Prozent Frauen und Kinder (Quelle: [UNHCR]
(https://www.unhcr.org/en-au/news/briefing/2021/10/6177b8834/unhcr-we
lcomes-steps-ease-movement-pakistan-afghanistan-border.html)).
Damit hat sich die Gesamtzahl der Binnenvertriebenen auf 3,5 Millionen Menschen erhöht. Schätzungen nach suchten bereits vor den jüngsten Entwicklungen 1,4 Millionen Menschen Zuflucht im benachbarten Pakistan (Quelle: [UNHCR]
(https://data.unhcr.org/en/country/pak)).

Langfristige Unterstützung notwendig
Die Internationale Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung unterstützt den Afghanischen Roten Halbmond bereits seit mehr als 30 Jahren bei der Erfüllung seiner humanitären Aufgaben. Der Rote Halbmond stellt betroffenen Gemeinden wichtige Gesundheitsdienste zur Verfügung und versorgt Familien unter anderem mit Hilfsgütern oder Ausfallshilfen für entgangene Ernten. „Die Lage in Afghanistan ist dramatisch und verschärft sich zunehmend – dazu kam am Mittwoch noch ein verheerendes Erdbeben. Die Menschen sind langfristig auf Unterstützung angewiesen und die finanziellen Mittel für dringend benötigte humanitäre Hilfe müssen aufgestockt werden“, so Opriesnig.

Zu den aktuellen Geschehnissen
Am Mittwoch, 22.06., ereignete sich in der afghanisch-pakistanischen Grenzregion ein schweres Erdbeben der Stärke 5,9 auf der Richterskala – am schwersten betroffen sind die Provinzen Khost und Paktika. Ersten Berichten nach sind bei dem Beben 1.000 Menschen ums Leben gekommen. Rund 1.400 Menschen sind verletzt und die Zahl der Opfer dürfte noch weiter steigen. Mitarbeiter:innen und Freiwillige des Afghanischen Roten Halbmonds sind im Einsatz und helfen. Lastwägen mit Hilfsgütern, Krankenwägen sowie sechs mobile Gesundheitsteams wurden bereits in die betroffenen Gebiete entsandt, um den unmittelbaren Bedarf zu decken. Zusätzliche medizinische Hilfsgüter werden von Kabul aus mobilisiert.

Im Rahmen ihrer laufenden Unterstützung hat die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) ihren Hilfsaufruf auf über 89 Millionen Euro erhöht. Mit den Mitteln kann der Afghanische Rote Halbmond 560.000 Menschen in jenen 16 Provinzen Not- und Wiederaufbauhilfe geben, die am stärksten von den Mehrfachbelastungen betroffen sind. Davon werden 10 Millionen Euro für rasche erste Hilfsmaßnahmen und den Wiederaufbau für vom Erdbeben betroffene Familien zur Verfügung gestellt. Der Hilfsaufruf ist massiv unterfinanziert und das Rote Kreuz ersucht dringend um Spenden.

Spendenmöglichkeit:
Österreichisches Rotes Kreuz
IBAN: AT57 2011 1400 1440 0144
BIC: GIBAATWWXXX
Erste Bank: BLZ: 20.111
Kennwort: Katastrophenhilfe

Oder unter: [Link]
(https://participate.roteskreuz.at/erdbeben_afghanistan/)

Bildmaterial: [Link]
(https://medien.roteskreuz.at/?c=10715&k=77edb7168d)

Österreichisches Rotes Kreuz
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