Universität für angewandte Kunst Wien: “The weather is uncertain tonight, as is my soul” wird morgen Mittwoch eröffnet

Bouchra Khalili bringt neue, internationale Künstler:innen nach Wien und in die Universitätsgalerie der Angewandten

Wenn morgen – Mittwoch – Abend die Ausstellung _The weather is uncertain tonight, as is my soul_ in der Universitätsgalerie der Angewandten im Heiligenkreuzerhof eröffnet wird, sind Arbeiten von Künstlerinnen und Künstlern zu sehen, die in Österreich bisher kaum oder gar keine Aufmerksamkeit fanden. International reüssieren oder reüssierten Etel Adnan, Yto Barrada, Yael Bartana, Bettina, Rossella Biscotti, Sharon Hayes, Leslie Hewitt, Lamia Joreige, Otobong Nkanga, Laure Prouvost und Wu Tsang hingegen sehr wohl. Die Ausstellung _The weather is uncertain tonight, as is my soul _wurde von Bouchra Khalili, bildende Künstlerin, Professorin und Leiterin der Abteilung Artistic Strategies an der Universität für angewandte Kunst Wien mittels einer kollaborativ-kuratorischen Plattform aus Studierenden und Lehrenden initiiert. Die Schau beschäftigt sich mit Fragen zu Ökologie, Gender, unterdrückter Geschichte, kollektivem Gedächtnis, Beständigkeit und der Macht des Erzählens. Die elf Künstler:innen manifestieren diese Überlegungen in ihren ausgewählten Arbeiten und laden zur lebhaften und lebendigen Vorstellung anderer möglicher Welten ein.

An einem Novemberabend im Jahr 1990 schrieb Etel Adnan: “The weather is uncertain tonight, as is my soul.”(1) In dem Buch _Of Cities & Women_ _(Letters to Fawwaz)_ sucht Adnan nach den Fragmenten ihrer pluralen Identitäten. In Briefen an Fawwaz Traboulsi (Historikerin und Herausgeberin von _Zawaya_ und Adnans Auftraggeberin für einen feministischen Essay für eine Sonderausgabe von _Arab Women_) antwortete Adnan mit Beobachtungen während einer Reise, die sie nach Barcelona, Aix-en-Provence, Skopelos, Murcia, Amsterdam, Berlin, Rom und Beirut führte. In ihren ergreifenden Briefen vertieft sich Adnan in ihre Gedanken zu Gender, Geografie, Kultur, Krieg und Tod. Ihre Überlegungen führen dazu, die eigene Positionierung als Künstlerin zu reflektieren, die sie in den intimen und existenziellen Fragen “Wer bin ich, wozu bin ich gut, in welche Art von Ordnung passe ich, zu welchem Zweck handle ich, welchen Weg muss ich gehen?” zum Ausdruck bringt.

Die Ausstellung _The weather is uncertain tonight, as is my soul_ versammelt in Reaktion auf Adnans Fragen mehrere Positionen von YAEL BARTANAS _Two Minutes to Midnight_ und ihrem Pre-Enactment einer fiktiven Nation unter der Führung von Frauen bis hin zu SHARON HAYES' Untersuchung zur Pluralität der Geschlechter. Diese Arbeiten lassen das Spektrum erkennen, in dem Geschlecht und Sexualität oszillieren. LAURE PROUVOST‘s verspielte Videoskulpturen und Wandteppiche laden diskret dazu ein, in das Geschichtenerzählen als Methode der kollektiven Fabulierung und Welterschaffung einzutauchen. OTOBONG NGANKA und ROSSELLA BISCOTTI ermutigen dazu, sich mit der kolonialen Genealogie der Ausbeutung natürlicher Ressourcen und ihrer gegenwärtigen Auslöschung auseinanderzusetzen und fragen nach unserer kollektiven Zukunft.  

YTO BARRADA untersucht die erzählerische Kraft des Spiels, der Poesie und des Humors, um sich selbst neu zu erfinden, wobei sie die Teilnahme ihrer Mutter Mounira an der vom _African Youth Leadership Program_ organisierten Tour durch die Vereinigten Staaten im Jahr 1966 als Ausgangspunkt nimmt; eine Zeit, die auf Entkolonialisierung und eine vielversprechende Gleichberechtigung im kulturellen Austausch hoffte. LAMIA JOREIGE befasst sich ebenfalls mit der Macht der Erzählung, hier allerdings in Bezug auf die Geschichte und die unmögliche Konstruktion einer kollektiven Erinnerung an die Bürgerkriege im Libanon (1975-1990).

Es ist die Suche nach Antworten, die die künstlerischen Strategien von LESLIE HEWITT in ihrer Fotografie bestimmen und sie sie anwenden und fortsetzen lässt, wobei ihr konzeptioneller Ansatz erlaubt, innerhalb des Paradigmas der Skulptur zu operieren, um über die Beziehung zwischen schwarzer Geschichte und persönlichen Erinnerungen nachzudenken. Diese Suche spiegelt sich auch in WU TSANG‘s Erzähltechniken in ihren Filmen, wo fantastische Umwege einen unnachgiebigen Zugang zum Imaginären verschaffen und in verborgene und weniger bekannte Geschichten eintauchen.

Schließlich vermittelt die Ausstellung eine generationenübergreifende Konversation in der Präsenz der Werke von ETEL ADNAN und BETTINA, die beide im November 2021 verstorben sind und die Gleichgültigkeit und Indifferenz der Kunstwelt für ihre lebenslange künstlerische Praxis erfahren mussten. Adnan – obwohl als Dichterin gefeiert – erlangte erst ab 2012 mit ihrer Teilnahme an der dOCUMENTA(13) internationale Anerkennung als Malerin. Bettina arbeitete als höchst produktive bildende Künstlerin mit Skulptur, Fotografie und Film, jedoch fast fünfzig Jahre lang isoliert in ihrem Zimmer im Chelsea Hotel in New York City. Ihre erste institutionelle Ausstellung hatte sie 2019 gemeinsam mit Yto Barrada: _The Power of Two Suns_ im LMCC Arts Center auf Governors Island. _The weather is uncertain tonight, as is my soul_ umfasst fünf Skulpturen von Bettina, Teile eines viel größeren Werks, das ihre visuelle Grammatik verkörpert: streng, selbstreferenziell, gleichzeitig zerbrechlich und doch stolz. Etel Adnans Werk ist mit einem ihrer Leporellos vertreten, einer Übung aus Zeichnung und Schrift, die die wesentliche Verbindung von visueller Form, Poesie und Schrift in ihrem Werk verdeutlicht. Ein Video von Lamia Joreige in Zusammenarbeit mit Etel Adnan zeugt von den wertvollen generationen-übergreifenden Inspirationen und dem Austausch, der die Ausstellung durchdringt.

Bildungseinrichtungen sind ebenso Räume für den generationenübergreifenden Dialog und Zusammenarbeit wie auch für die Produktion und den Austausch von Wissen. Jede Arbeit in dieser Ausstellung erforscht Formen und Praktiken der Wissensproduktion und Wissensverbreitung und widersetzt, ergänzt, durchkreuzt und unterläuft vorherrschende Praktiken. Jede einzelne Position setzt auf Vielfalt und Polyphonie, um die unsichtbar gemachte Vergangenheit zu reparieren, sich eine lebenswertere Zukunft vorzustellen und sich für Solidarität in der Gegenwart einzusetzen.
(1) Etel Adnan, “Of Cities and Women: Letters to Fawwaz”, (The Post-Appollo Press, 1993).

Universität für angewandte Kunst Wien
Andrea Danmayr
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