Nationalrat beschließt Vereinfachung des Zulassungssystems für neuartige Tabakprodukte

Abwicklung der Investitionsprämie bis Ende 2029, Klarstellungen im Preisauszeichnungsgesetz

Als Vereinfachung des Zulassungssystems für neuartige Tabakerzeugnisse soll in Österreich künftig statt des bisherigen Zulassungsverfahrens eine Meldeverpflichtung eingeführt werden. Der Nationalrat hat die entsprechenden Änderungen des Tabak- und Nichtraucherschutzgesetzes in der heutigen Sitzung mit Stimmenmehrheit angenommen. Der ÖVP zufolge geht es etwa um die Möglichkeit, neuere Tabakprodukte zum Erhitzen, die in den Nachbarländern überall verfügbar seien, auch in Österreich verkaufen zu können, was auch steuerliche Einnahmen brächte. Ein Antrag der FPÖ, die Materie zur weiteren Debatte nochmals an den Ausschuss zuzuweisen, blieb in der Minderheit.

Einstimmig sprachen sich die Abgeordneten dafür aus, die Abwicklung der Investitionsprämie bis Ende 2029 zu ermöglichen. Mit Klarstellungen im Preisauszeichnungsgesetz – die trotz Kritik der Opposition ebenso einstimmig beschlossen wurde – sollen außerdem Schriftgrößen und Bezugsgrößen für die Preisangaben etwa bei Lebensmitteln definiert werden. Das sogenannte „Anti-Mogelpackungs-Gesetz“ zur Bekämpfung von „Shrinkflation“ soll wegen der notwendigen EU-Notifizierung hingegen erst im Frühjahr 2026 im Plenum behandelt werden.

In Umsetzung von EU-Vorgaben zielen zwei Regierungsvorlagen auf die Ausweitung der Rechte anerkannter NGOs in Zusammenhang mit der Genehmigung von Abfallbehandlungsanlagen und sogenannter IPPC-Anlagen ab. Ein von den Grünen im Laufe der Sitzung eingebrachter Abänderungsantrag zum Mineralrohstoffgesetz, der einen Abbau von rechtlichen Barrieren im Hinblick auf die Nutzung von Geothermie zum Inhalt hatte, blieb in der Minderheit.

MELDEVERPFLICHTUNG STATT ZULASSUNG FÜR NEUARTIGE TABAKERZEUGNISSE

Der Initiativantrag der Koalitionsparteien zur Änderung des Tabak- und Nichtraucherschutzgesetzes enthielt vorerst nur redaktionelle Anpassungen. ÖVP, SPÖ und NEOS brachten in der Sitzung dazu einen Abänderungsantrag ein, mit dem für neuartige Tabakerzeugnisse statt des bisherigen Zulassungsverfahrens eine Meldeverpflichtung eingeführt und damit das Zulassungssystem vereinfacht werden soll. Die entsprechende Meldung soll mindestens sechs Monate vor dem beabsichtigten Inverkehrbringen erfolgen, samt detaillierter Beschreibung des betreffenden Tabakerzeugnisses, der Gebrauchsanweisung sowie Informationen über Inhaltsstoffe und Emissionen. Die Maßnahme ziele unter anderem auf Verwaltungsvereinfachung und Bürokratieabbau ab.

Inhaltlich könne er die Maßnahme zwar nachvollziehen, so Gerhard Kaniak (FPÖ). Er kritisierte allerdings die Vorgehensweise. So würden von der Koalition Gesundheitsthemen in andere Ausschüsse verschoben und der Abänderungsantrag sei in letzter Minute zur „Trägerrakete“ dazugekommen. Eine weitere Novelle sei bisher nur zur Begutachtung angekündigt und damit das Problem auf die lange Bank geschoben worden.

Es gehe um neuere „Heet“-Produkte, die in allen Ländern rund um Österreich erlaubt seien, so Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP). Daher sei es heute keine Gesundheitsdebatte, sondern eine Steuerdebatte. Künftig sollen diese Produkte ihr zufolge eben auch in Österreich verkauft werden können. Alle Auflagen und Richtlinien wie etwa das beschlossene Aromenverbot würden aber beibehalten, so Jeitler-Cincelli. Zudem würde Bürokratie abgeschafft und Millionen nach Österreich zurückgeholt, wenn Konsumenten nicht mehr ins Ausland fahren müssen, um diese Produkte zu kaufen. Eine weitere Novelle mit weitreichendem Schutz für Kinder und Jugendliche sei außerdem in Begutachtung, ergänzte Petra Tanzler (SPÖ). Der heutige Antrag ziele auf Vereinfachungen in der Verwaltung sowie darauf ab, diese neueren Tabakprodukte über bestehende Vertriebswege in Österreich verkaufen zu können, womit auch die Steuern dafür in Österreich bezahlt würden. Christoph Pramhofer (NEOS) meinte unter anderem, das neue System erwärme den Tabak mit Induktion. Es sei rund um Österreich verfügbar, sich dagegen zu verwehren bringe nichts außer Steuerentgang. Schritte im Nichtraucherschutz seien außerdem in Begutachtung gebracht worden.

Als „billig“, diese Debatte als eine steuerrechtliche zu „framen“, bezeichnete es demgegenüber Ralph Schallmeiner (Grüne). Der bisherige Weg zur Zulassung werde verlassen und durch eine Meldung ersetzt, nach der man nach der sechsmonatigen Wartefrist keine Möglichkeit mehr habe, das Produkt zu unterbinden. Er bezeichnete das als einen Paradigmenwechsel, der jedenfalls eine Gesundheitsdebatte darstelle, die aus seiner Sicht umgangen werde.

Mit der vorliegenden Regelung zur Meldepflicht schaffe man weniger Bürokratie und klare Spielregeln, zeigte sich Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig überzeugt. Darüber hinaus gehe eine Novelle in Begutachtung, um den Schutz junger Menschen weiter zu verstärken. Der Nikotinmarkt habe sich vollkommen verändert, daher sollen rechtlich etwa Nikotinbeutel und E-Liquids klassischen Tabakprodukten gleichgesetzt werden, samt Alterskontrollen, Werbeverbot und klarer Besteuerung. Zudem sollen mit der späteren Novelle etwa Einweg-E-Zigaretten verboten werden, kündigte die Staatssekretärin an.

MEHR PREISTRANSPARENZ IM HANDEL

Mit Änderungen im Preisauszeichnungsgesetz sollen Klarstellungen zur Schriftgröße von Preisangaben im Handel getroffen sowie Vorgaben zu Bezugsgrößen festgelegt werden. Die leichte Lesbarkeit der Preisauszeichnung sei demnach in Regalen in Selbstbedienungsbetrieben anzunehmen, wenn der Verkaufspreis einer Schriftgröße von 8 Millimetern und der Grundpreis einer Schriftgröße von 4 Millimetern entspreche. Bei digitaler Preisauszeichnung liege die leichte Lesbarkeit des Grundpreises bei einer Schriftgröße von 3,5 Millimetern. Die Bestimmungen seien als „Vermutungsregelung“ ausgestaltet, da die leichte Lesbarkeit in Einzelfällen auch bei geringerer Schriftgröße – nach Einzelfallprüfung – gegeben sein kann, so die Erläuterungen. Bei einer Schriftgröße des Verkaufspreises über 8 Millimeter habe die Schriftgröße des Grundpreises 50 % der Schriftgröße des Verkaufspreises zu betragen. Um den Konsumentinnen und Konsumenten eine leichte Vergleichbarkeit der Preise zu ermöglichen, wird außerdem vorgesehen, dass die Bezugsgrößen wie etwa Kilo oder Liter innerhalb einer Betriebsstätte bei den jeweiligen Produktgruppen einheitlich auszuweisen sein sollen.

Axel Kassegger (FPÖ) ortete „lauter Gesetze auf Mikroebene“, die keinerlei „Boost“ für die Wirtschaft darstellen und keinen Bürokratieabbau erkennen lassen. Auch Barbara Kolm (FPÖ) warnte vor Überregulierung, die letztlich die Konsumentinnen und Konsumenten bezahlen müssten. Außerdem würden die Ursachen für die Inflation nicht bekämpft, er sehe nichts, was Österreich nach vorne bringe, so Peter Wurm (FPÖ).

Mit den Regelungen würde der Konsumentenschutz gestärkt, klare Regelungen, Transparenz und Rechtssicherheit geschaffen, zeigte sich Christoph Stark (ÖVP) überzeugt. Damit man die Preise über den Grundpreis vergleichen könne, sei es wichtig, dass diese klar leserlich und korrekt angebracht seien, sagte auch Andreas Kühberger (ÖVP). Es sei wichtig, hier klare und praxistaugliche Regelungen zu schaffen. Auch Julia Elisabeth Herr (SPÖ) zeigte sich überzeugt, dass die vorliegenden Nachschärfungen für klare und lesbare Grundpreise ein weiterer kleiner Schritt auf dem Weg zu transparenten und damit niedrigeren Lebensmittelpreisen darstellen. Melanie Erasim (SPÖ) betonte, die Bundesregierung setze an verschiedenen Hebeln an, um die Inflation zu senken, die Konjunktur anzukurbeln und das Leben leistbarer zu machen. Die vorlegende Novelle soll den Konsumenten helfen, mit einheitlichen Standards selbst entscheiden zu können, welches Produkt sie kaufen, so Ines Holzegger (NEOS). Es sei aber nur ein Baustein im Kampf gegen die Teuerung, für den es ihres Erachtens nach etwa auch einen echten Wettbewerb im Lebensmittelhandel brauche.

Statt des angekündigten „Anti-Shrinkflation-Gesetzes“ gebe es jetzt nur ein „kleines Preisauszeichnungsgesetzerl“, bemängelte Alma Zadić (Grüne). Es sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber beide Gesetze würden keinerlei Preise in Österreich senken. Die wichtigen Hebel, um die Inflation zu bremsen, bleiben aus ihrer Sicht unberührt. Es gebe im Übrigen die Vereinheitlichungen, die heute beschlossen werden, schon lange als freiwillige Vereinbarung im Handel, meinte Elisabeth Götze (Grüne). Sie ortete außerdem einige Unklarheiten in der Vorlage und hätte sich größere Schriftgrößen als Vorgabe gewünscht.

Auch wenn es für das Anti-Mogelpackungs-Gesetz noch eine Notifizierung brauche, soll mit den beiden Gesetzen zusammen die Eigenverantwortung der Konsumenten gestärkt werden, hielt Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer fest. Heute werde die Verpflichtung beschlossen, dass Grundpreise mindestens halb so groß aufscheinen müssen wie der Verkaufspreis. Gegen die Inflation sei für ihn auch entscheidend, die Lohn-Preis-Spirale zu durchbrechen. Aber auch im Bereich Energie wies er auf die diesbezüglichen Maßnahmen der Bundesregierung hin.

ABWICKLUNG DER INVESTITIONSPRÄMIE BIS ENDE 2029

Auf einhellige Zustimmung stieß die Verlängerung der in der Coronazeit eingeführten Investitionsprämie für Unternehmen bis 31. Dezember 2029. In der Begründung der Novelle wurde unter anderem auf Prüf- und Berichtspflichten, die mit der Abwicklung der EU-Aufbau- und Resilienzfazilität einhergehen, sowie auf die Kontrolle der Behaltefrist der geförderten Vermögensgegenstände von zumindest drei Jahren verwiesen. Die Investitionsprämie sei ein zentraler Bestandteil des größten Konjunkturbelebungsprogramms der letzten Jahrzehnte gewesen, hob Laurenz Pöttinger (ÖVP) hervor. Die Maßnahme wurde sehr gut angenommen; insgesamt seien rund 250.000 Anträge gestellt worden. Damit konnte ein Investitionsvolumen in der Höhe von 8 Mrd. Ꞓ ausgelöst werden. Allein 25 % der Gelder seien in Projekte für den Klimaschutz, Photovoltaik, Stromspeicher und E-Mobilität geflossen. Auch sein Fraktionskollege Johann Höfinger lobte die Fördermaßnahme, die in schwierigen Zeiten einen „Rieseninvestitionsschub“ ermöglicht habe. Ihre Fraktion stimme dem Gesetz zu, da es sachlich gerechtfertigt sei, konstatierte Barbara Kolm (FPÖ).

ÄNDERUNGEN BEI BESCHWERDEMÖGLICHKEITEN VON NICHTREGIERUNGSORGANISATIONEN

Um einem EU-Vertragsverletzungsverfahren entgegen zu wirken, hat die Bundesregierung eine Sammelnovelle vorgelegt, die Änderungen in der Gewerbeordnung und im Emissionsschutzgesetz für Kesselanlagen umfasst. Ein zentraler Punkt darin ist, dass anerkannte NGOs ein Beschwerderecht bei Genehmigungsverfahren für Abfallbehandlungsanlagen nach der Gewerbeordnung erhalten sollen. Weiters werden für den Bereich des Industrieunfallrechts die von der Europäischen Kommission beanstandeten Regelungen wortgetreu aus der Seveso III-Richtlinie übernommen.

Ein EU-Vertragsverletzungsfahren soll auch durch eine weitere Regierungsvorlage abgewendet werden, bei der es um besonders umweltrelevante Industrie-, Tierhaltungs- und Abfallbehandlungsanlagen (IPPC-Anlagen), die unter das Mineralrohstoffgesetz fallen, geht. Auch in diesem Bereich werden die Beschwerdemöglichkeiten von Umweltorganisationen erweitert. Diese sollen auch dann Beschwerde gegen die Bewilligung einer IPPC-Anlage erheben können, wenn sie sich nicht am erstinstanzlichen Verfahren beteiligt haben.

Laurenz Pöttinger (ÖVP) sprach von notwendigen Veränderungen, um drohenden EU-Vertragsverletzungsverfahren entgegenzuwirken. Mit den Gesetzesänderungen werde Klarheit und Rechtssicherheit geschaffen, unterstrich Bernhard Höfler (SPÖ). Es sei Aufgabe der Politik, rechtzeitig zu reagieren und etwaige EU-Vertragsverletzungsverfahren hintanzuhalten. Es handle sich um „kleine Novellen“, die auf Basis der europäischen Normen weiterentwickelt werden, merkte auch Michael Bernhard (NEOS) an, wobei Entbürokratisierung sowie ein höherer Schutz für die Bevölkerung im Mittelpunkt stünden. Beispielsweise werde darin festgelegt, dass die Betriebe bei gewissen Verfahren gefährliche Stoffe genauer identifizieren müssen. Auch würde missbräuchlichen Einwendungen durch NGOs ein Riegel vorgeschoben, führte Bernhard ins Treffen.

Es handle sich um Regierungsvorlagen, die für den Wirtschaftsstandort Österreich und die Investitionsbereitschaft der Unternehmen von zentraler Bedeutung seien, urteilte Barbara Kolm (FPÖ). Aus diesem Grund lehne ihre Partei die Regelungen für die Kesselanliegen entschieden ab, da sie zu noch mehr Bürokratie und noch längeren Verfahren führen werden. Wieder einmal würden nämlich die Beschwerderechte für die NGOs und die Umweltorganisationen ausgeweitet. Ähnliches gelte für die Änderungen im Mineralrohstoffgesetz. Mit all diesen Maßnahmen „schieße sich die EU“, die sich ohnehin auf dem Weg der Deindustrialisierung befinde, „ins eigene Knie“. Axel Kassegger (FPÖ) schloss sich diesen Argumenten an und gab weiters zu bedenken, dass NGOs sogar dann Beschwerderechte eingeräumt würden, wenn sie vorher gar keine Parteistellung gehabt haben.

Geothermie berge ein enormes Potenzial für eine klimafreundliche, leistbare und vor allem importunabhängige Versorgung mit Wärme und Kälte, zeigte sich Lukas Hammer von den Grünen überzeugt. Er bemängelte daher, dass mit den vorliegenden Novellen nicht auch gleich Regelungen zur Tiefengeothermie umgesetzt würden. Insbesondere müssten die bestehenden gesetzlichen Barrieren sowie die Benachteiligungen gegenüber Öl und Gas beseitigt werden, forderte Hammer im Rahmen eines Abänderungsantrags zum Mineralrohstoffgesetz. Dieser sieht im Konkreten vor, dass die jeweiligen Liegenschaftseigentümer die „Errichtung und den Betrieb von Bohrungen und Sonden für Zwecke der Tiefengeothermie“ nach Vorlage aller umweltrechtlichen Bewilligungen ab einer Tiefe von 700 Metern „entschädigungslos zu dulden“ haben.

Mit den zur Debatte stehenden Vorlagen versuche man lediglich alles zu tun, um nicht mit einem EU-Vertragsverletzungsverfahren oder Strafzahlungen konfrontiert zu werden, so Bundesminister Wolfgang Hattmannsdorfer. Und von einem Gold-Plating könne überhaupt keine Rede sein, betonte der Ressortchef. Hattmannsdorfer kündigte zugleich eine „große Gewerbereform“ an, die ein wichtiger Eckpunkt des Entbürokratisierungspakets der Regierung sein werde. Insbesondere im Bereich des Anlagenrechts sollen Unternehmen umfassend unterstützt werden. Ein entsprechender Entwurf soll in den nächsten Tagen in Begutachtung gehen, informierte er.

Beide Vorlagen wurden mehrheitlich angenommen; der Abänderungsantrag der Grünen fand keine Mehrheit. (Fortsetzung Nationalrat) mbu/sue

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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