Sozialausschuss gibt grünes Licht für gestaffelte Pensionserhöhung2019

Abschaffung des Pflegeregresses wird Bund heuer bis zu 340 Mio. € kosten

Wien (PK) – Die von der Regierung vorgeschlagene gestaffelte
Pensionserhöhung für 2019 ist auf Schiene. Der Sozialausschuss des
Nationalrats billigte heute mit den Stimmen der Koalitionsparteien
einen entsprechenden Gesetzentwurf. Kleine und mittlere Pensionen
werden im kommenden Jahr demnach um bis zu 2,6% erhöht, während
BezieherInnen hoher Pensionen lediglich einen Pauschalbetrag unter
der Inflationsrate von 2% erhalten. Damit will man dem Umstand
Rechnung tragen, dass BezieherInnen kleinerer und mittlerer Einkommen
proportional stärker von überdurchschnittlich steigenden
Lebensmittelpreisen und Wohnungskosten betroffen sind. SPÖ und Liste
Pilz sind allerdings unzufrieden, ihnen geht die Erhöhung niedriger
Pensionen nicht weit genug. Auch die NEOS vermissen soziale
Treffsicherheit.

Grünes Licht gab der Ausschuss außerdem für einen Zweckzuschuss des
Bundes an die Länder zur Abdeckung entstandener Zusatzkosten in Folge
der Abschaffung des Pflegeregresses. Bis zu 340 Mio. € will die
Regierung heuer insgesamt dafür locker machen. Allerdings ist die
Aufteilung des Mittel zwischen den Bundesländern nicht unumstritten.
Die SPÖ hat außerdem Zweifel, dass die Gelder bei den Gemeinden
ankommen.

Mindestpensionen werden um 2,6% erhöht

Konkret sieht das Pensionsanpassungsgesetz 2019 ( 293 d.B. ) vor,
Pensionen bis 1.115 € um 2,6% zu erhöhen. Das gilt auch für die
Ausgleichszulagenrichtsätze. Danach sinkt der Anpassungsfaktor bis zu
einer Pension von 1.500 € linear auf 2% ab. Wer zwischen 1.500 € und
3.402 € bezieht, erhält exakt die Inflation abgegolten. Für Pensionen
über der ASVG-Höchstpension ist ein Pauschalbetrag von 68 €
vorgesehen. Die Anpassung von 2,6% wird darüber hinaus auch für
Opferrenten, etwa nach dem Opferfürsorgegesetz, dem
Verbrechensopfergesetz und dem Heimopferrentengesetz, wirksam. Bei
der Abstimmung im Ausschuss wurde auch ein Abänderungsantrag
berücksichtigt, der jedoch lediglich gesetzestechnische Korrekturen
enthält.

Gemäß den Erläuterungen zur Regierungsvorlage werden im Bereich der
gesetzlichen Pensionsversicherung (ASVG, BSVG, GSVG) 1,33 Millionen
BezieherInnen von der gestaffelten Pensionserhöhung profitieren. Für
760.000 BezieherInnen ändert sich gegenüber der gesetzlichen
Automatik (Inflationsanpassung) nichts. Vom Deckel betroffen sind
insbesondere BeamtInnen, die einen Ruhebezug über der
ASVG-Höchstpension erhalten. In diesem Sinn bringt das Paket im
Bereich der Beamtenpensionen auch Einsparungen in der Höhe von 13,1
Mio. €, während für den Bereich der gesetzlichen Pensionsversicherung
Mehrausgaben von 68,8 Mio. € erwartet werden.

Ausdrücklich begrüßt wurde die gestaffelte Pensionserhöhung von den
Abgeordneten Werner Neubauer (FPÖ) und Michael Hammer (ÖVP). Es
handle sich um eine der höchsten Anpassungen der letzten Jahre, sagte
Neubauer. Zudem habe man die Kaufkraft berücksichtigt. Auch Hammer
sieht die soziale Treffsicherheit gegeben. Die Erhöhung zeige die
Wertschätzung gegenüber älteren BürgerInnen.

Kritik kam hingegen von der Opposition. Dietmar Keck (SPÖ) rechnete
vor, dass bei einer Pension von 1.115 € über die Inflationsabgeltung
hinaus lediglich ein monatliches Plus von 6,69 € bzw. 21 Cent pro Tag
übrig bleibe. Und das, obwohl die Inflation für den Mini-Warenkorb
3,9% und jene für den Mikro-Warenkorb 4,4% beträgt. Auch Daniela
Holzinger-Vogtenhuber (PILZ) verwies auf Kaufkraftverluste. Den
BezieherInnen von Niedrigpensionen bleibe nach allen Abzügen
lediglich eine Nettoerhöhung von 1,7%, kritisierte sie.

NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker sieht es vor allem als problematisch
an, dass nicht alle Pensionen zusammengerechnet werden. Das habe zur
Folge, dass etwa im Ausland lebende Personen, die zusätzlich zur
niedrigen österreichischen Pension eine hohe Pension in ihrem
Heimatland beziehen, eine Pensionserhöhung von 2,6% bekommen. Auch
Ruhebezüge von LandesbeamtInnen oder etwaige Sonderpensionen würden
nicht mitgerechnet. Damit gehe die soziale Treffsicherheit der
Staffelung verloren, monierte er. Ein von Loacker eingebrachter
Abänderungsantrag, der darauf abzielte, bei der Berechnung des
Gesamtpensionseinkommens neben den gesetzlichen Pensionen sämtliche
Pensionen nach dem Sonderpensionsbegrenzungsgesetz zu addieren, fand
bei der Abstimmung allerdings keine Mehrheit.

Laut Sozialministerin Beate Hartinger-Klein werden für die Berechnung
der Pensionshöhe die gesetzlichen Pensionen zusammengezählt.

ÖVP, FPÖ und Liste Pilz billigen Kostenersatz für Abschaffung des
Pflegeregresses

Unterschiedliche Auffassungen gab es im Ausschuss auch, was den
vorgesehenen Kostenersatz für die Abschaffung des Pflegeregresses
betrifft. Zusätzlich zu den im ASVG verankerten und bereits
ausgezahlten 100 Mio. € will der Bund den Ländern heuer weitere 240
Mio. € überweisen. Details dazu sind in einem eigenen Bundesgesetz (
327 d.B. ) geregelt, das den Sozialausschuss mit den Stimmen der
Koalitionsparteien und der Liste Pilz passierte.

Die 240 Mio. € sollen aus den Umsatzsteueranteilen des Bundes kommen
und noch im Dezember an die Länder fließen. Diese haben die Mittel
„transparent und zeitnah“ an die betroffenen Gemeinden, Städte,
Sozialfonds und Sozialhilfeverbände zu verteilen. Die Endabrechnung
ist erst im Nachhinein für 2019 – auf Basis von verpflichtenden
Kostennachweisen – vorgesehen. Länder, die zu viel Geld erhalten
haben, müssen die gewährten Mittel zurückzahlen.

Die vorläufige Aufteilung des Zweckzuschusses auf die einzelnen
Bundesländer erfolgt gemäß den Erläuterungen zum Gesetzentwurf auf
Basis der von den Ländern erwarteten Mehrkosten, wobei sich die
jeweilige Gesamtsumme aus drei Kostenelementen (Einnahmenausfall
aufgrund des untersagten Vermögenszugriffs, Mehrkosten durch den
Umstieg von SelbstzahlerInnen auf Sozialhilfe,
Betreuungseinrichtungen für behinderte Menschen) zusammensetzt. Der
größte Anteil der 340 Mio. € soll demnach in die Steiermark (17,83%)
und nach Oberösterreich (17,33%) fließen. Erst dahinter folgen die
weitaus bevölkerungsstärkeren Bundesländer Niederösterreich (16,65%)
und Wien (16,61%). Schlusslichter der Aufstellung sind das Burgenland
(2,81%) und Kärnten (3,85%), auch sie bekommen deutlich weniger
Mittel, als es ihrem Anteil an der Wohnbevölkerung entspricht. Im
Zuge der Endabrechnung kann es den Erläuterungen zufolge allerdings
noch zu Verschiebungen innerhalb der drei Töpfe kommen, sollten die
Bundesländer die ihnen vorläufig zugewiesenen Mittel nicht
ausschöpfen.

SPÖ und NEOS orten etliche Unklarheiten

SPÖ-Abgeordneter Alois Stöger begründete die Ablehnung des Gesetzes
durch seine Fraktion unter anderem mit Zweifeln daran, dass das an
die Länder überwiesene Geld tatsächlich bei den Gemeinden ankommt.
Das sei im Gesetz nur „kryptisch“ geregelt. Zudem zeigte er sich über
den Aufteilungsschlüssel „überrascht“. Dieser entspreche weder der
Wohnbevölkerung noch sonst gängigen Schlüsseln, meinte er. Als
problematisch sieht Stöger überdies, dass der Nationalrat die
vorläufige Zuteilung von Mitteln an die Bundesländer beschließt, ohne
in irgendeiner Form in die tatsächliche Endabrechnung eingebunden zu
sein.

Gar von einem „Blindflug in Sachen Pflege“ sprach NEOS-Abgeordneter
Gerald Loacker. Es sei nicht einmal klar, ob es sich bei den 340 Mio.
€ um einen Höchstbetrag handle, wie der Finanzminister sage, oder ob
eventuell noch einmal nachzubessern sei, wie das die Länder sehen.
Seine Fraktion könne den Beschluss in dieser Form jedenfalls nicht
mittragen. Loacker erinnerte auch daran, dass die Kosten für die
Abschaffung des Pflegeregresses seinerzeit auf 100 Mio. € geschätzt
wurden, da sei offenbar ein massiver Rechenfehler passiert.

Es handle sich um einen dringend notwendigen Beschluss, meinte
demgegenüber ÖVP-Abgeordneter Ernst Gödl. Durch die ursprünglich
falsche Kostenschätzung sei eine Finanzierungslücke entstanden, die
geschlossen werden müsse. Die von SPÖ-Abgeordnetem Stöger geäußerte
Befürchtung, dass die Länder die Gemeinden im Stich lassen könnten,
hegt er nicht. Das sei nicht logisch. Zum Aufteilungsschlüssel merkte
Gödl an, dass etwa die Steiermark mehr Pflegebetten habe als andere
Bundesländer.

Zustimmung zum Gesetz kam auch von der Liste Pilz. Sie verstehe das
Gesetz so, dass die Mittel nach dem vorhandenen Bedarf aufgeteilt
werden, hielt Daniela Holzinger-Vogtenhuber fest und bekräftigte in
diesem Zusammenhang nochmals die Richtigkeit, den Pflegeregress
abzuschaffen. Sie habe nie verstanden, warum der Staat einspringen
solle, wenn jemand sein Leben in Saus und Braus geführt habe, während
er gleichzeitig auf das Vermögen jener zugreife, die sich mühevoll
etwas für sich und ihre Enkeln zusammengespart hätten.

SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch machte geltend, dass die SPÖ von
Anfang an mit höheren Kosten als den im ASVG verankerten 100 Mio. €
gerechnet habe. Ein höherer Ersatzbetrag sei aber an der ÖVP
gescheitert. Für Muchitsch ist außerdem klar, dass die Länder die 340
Mio. € als Akonto-Zahlung sehen und nicht als Obergrenze.

Der Zweckzuschuss von 240 Mio. € wird laut Sozialministerin Beate
Hartinger-Klein in der Budget-Untergliederung 16 (öffentliche
Abgaben) budgetiert. Der Pflegefonds sei lediglich ein Durchläufer,
teilte sie auf eine Frage von SPÖ-Abgeordnetem Stöger mit. Den
vorgesehenen Aufteilungsschlüssel begründete die Ministerin mit
unterschiedlichen Heimstrukturen, Pflegesätzen und der
unterschiedlichen Zahl von SelbstzahlerInnen in den Ländern.

Basis für den Kostenersatz 2019 und die folgenden Jahre wird laut
Hartinger-Klein die endgültige Aufteilung der Mittel 2018 sein. In
Richtung FPÖ-Angeordnetem Hannes Amesbauer hielt die Ministerin fest,
die vom Sozialministerium stets vertretene Meinung, wonach mit der
Abschaffung des Pflegeregresses auch zurückliegende Ersatzansprüche
erloschen sind, sei sowohl vom Obersten Gerichtshof als auch vom
Verfassungsgerichtshof bestätigt worden. (Fortsetzung
Sozialausschuss) gs

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