
Nationalrat: Zugang zu Kunst und Kultur für breite Bevölkerungattraktiver machen
Abgeordnete thematisieren Eintrittskarten für Bundesmuseen und ÖNB, Kulturdialog mit den Ländern, Museumsorganisation und Weltkulturerbe
Wien (PK) – Nach dem Kulturausschuss behandelte heute auch das Plenum
des Nationalrat s eine Reihe von Anträgen der Regierungsparteien und
der Opposition, die. Die Regierungsparteien lehnten allerdings die
Entschließungsanträge der Fraktion JETZT zu preislich attraktiven
Jahreskarten und freien Eintritte für Studierende und Lehrlinge in
Bundesmuseen ab. Auch die von dieser Partei geforderten Maßnahmen zur
Förderung der Attraktivität von Kunst und Kultur in Österreich fanden
keine Mehrheit. So hat JETZT etwa einen Antrag auf Schaffung eines
Kulturschecks in der Höhe von 100 € für jede Staatsbürgerin und jeden
Staatsbürger nach ihrem bzw. seinem 18. Geburtstag gestellt und
erhebt die Forderung nach Einrichtung eines „Hauses der Kulturen“
sowie der Umwandlung des Leopold-Museums in ein Bundesmuseum.
Grundsätzlich sprechen sich die Koalitionsparteien für eine
gemeinsame Eintrittsmöglichkeit in Bundesmuseen und Österreichischer
Nationalbibliothek (ÖNB) aus. Sie unterstreichen das mit einem Antrag
an Kulturminister Gernot Blümel. In einem weiteren Antrag der
Regierungsfraktionen an den Minister formulieren sie das Anliegen,
die Koordination zwischen den LandeskulturreferentInnen und dem Bund
auf politischer und auf Beamtenebene in Form eines „Kulturdialogs“
voranzutreiben.
Die NEOS fordern, die Auswirkungen der Buchpreisbindung zu
evaluieren. Dieser Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt. Genauso
erging es zwei Anträgen der Fraktion JETZT, in denen die
Bundesregierung aufgefordert wird, zum Schutz des Weltkulturerbes
Wiener Innenstadt in die Gestaltung des Wiener Flächenwidmungsplans
einzugreifen.
Vergünstigte Eintrittsmöglichkeiten in Bundesmuseen und
Nationalbibliothek
Eine Ausweitung des Angebots an vergünstigten Eintritten in die
Bundesmuseen und die Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB) ist
sowohl den Abgeordneten der Koalition als auch der der Fraktion JETZT
ein Anliegen. Das Plenum des Nationalrats debattierte über
verschiedene Zugänge zu dieser Frage. Eine Mehrheit fand dabei nur
der Entschließungsantrag der Koalitionsparteien. Die Abgeordneten
Maria Großbauer (ÖVP) und Walter Rosenkranz (FPÖ) treten für eine
gemeinsame Eintrittskarte für Bundesmuseen und ÖNB ein. Das Ziel sei
ein ergänzendes Angebot zu bestehenden Zutrittsmodellen. Die
Abgeordneten der Koalition zeigten sich erfreut darüber, dass der
Kulturminister bereits eine gemeinsame Eintrittskarte für sieben
Bundesmuseen und die ÖNB um 59 € vorgestellt hat, die Opposition
kritisierte, er habe dieses Projekt nicht im Kulturausschuss
präsentiert.
JETZT-Kultursprecher Wolfgang Zinggl will ebenfalls einen
niederschwelligen Zugang zum musealen Angebot, vor allem für weniger
kaufkräftiges Publikum. Seine Entschließungsanträge dazu blieben
jedoch in der Minderheit. Zinggl sprach sich etwa für eine gemeinsame
Jahreskarte der Bundesmuseen und der Österreichischen
Nationalbibliothek aus. Ein weiterer Vorschlag Zinggls zielt auf
einen “ Kulturpass “ für alle ÖsterreicherInnen ab. Er verwies dazu
auf den Erfolg der Aktion „Hunger auf Kunst & Kultur“. Aufbauend
darauf könnte man einen vergleichbaren Kulturpass für alle nicht
Anspruchsberechtigten zu einem Pauschalpreis von etwa 99 € pro Jahr
anbieten. Zinggl spricht sich außerdem für den freien Eintritt für
Studierende sowie in einem weiteren Antrag für den freien Eintritt
für Lehrlinge in die Bundesmuseen aus.
SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda zog eine negative Bilanz der
Tätigkeit des Kulturministers im vergangenen Jahr. Einmal mehr habe
die Koalition im Kulturausschuss eine Reihe von Themen vertagt und
der Minister keine Maßnahmen gesetzt. Drozda nannte unter anderem die
Reorganisation der Bundesmuseen, den freien Eintritt in den
Bundesmuseen, die Förderung von Frauen in der Filmindustrie,
Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung im Kulturbereich und die Reform
des Bundesdenkmalamts. Der Antrag der Koalition sei von
Kulturminister Blümel bereits mit einer gemeinsamen Eintrittskarte um
59 € für die Bundesmuseen und die ÖNB beantwortet worden. Dieses
Modell ist aus der Sicht von Drozda aber bei weitem nicht
ausreichend. Nicht nur, dass bessere Vorschläge bereits vorliegen
würden, der Kulturminister habe auch den Kulturausschuss nicht über
die Pläne informiert. Die Vorgangsweise sei eine Verhöhnung des
Parlaments und der Minister sollte sich für dieses Vorgehen
entschuldigen, forderte Drozda.
ÖVP-Kultursprecherin Maria Großbauer wies die Vorwürfe von
Abgeordnetem Drozda zurück. Kulturminister Blümel habe effizient
gehandelt und mit den DirektorInnen der beteiligten Institute bereits
ein Modell für eine gemeinsame Eintrittskarte ausgehandelt, während
frühere SPÖ-KulturministerInnen hier nur angekündigt, aber nichts
getan hätten. Die neue Karte stelle ein neues, attraktives Angebot
dar, das zu acht Eintritten innerhalb eines Jahres in den beteiligten
Institutionen berechtige. Sie ergänze damit das bereits vorhandene
Angebot in idealer Weise. Martina Diesner-Wais (ÖVP) zeigt sich
ebenfalls erfreut über das neue Angebot, mit dem es mehr Menschen
möglich sein werde, das reiche kulturelle Erbe Österreichs zu einem
erschwinglichen Preis zu erleben.
Die vom Kulturminister angekündigte Jahreskarte sei bestenfalls eine
Streifenkarte, die am besten von TouristInnen genützt werden könne,
sagte Wolfgang Zinggl (JETZT). In Deutschland und der Schweiz gebe es
tatsächliche Jahreskarten zu günstigen Preisen, an diesen Modellen
sollte man sich orientieren, forderte der Abgeordnete. Er selbst habe
bereits seit längerem praktikable Vorschläge gemacht, die jedoch
unverständlicherweise bisher alle abgelehnt wurden. Der
Bundesminister habe zudem den Kulturausschuss über die Pläne in Bezug
auf die neue Karte nicht zeitgerecht informiert, kritisierte er.
Aus seiner Sicht sei es eine Frage der Wertschätzung, dass man für
Kunst und Kultur auch etwas bezahle, meinte Werner Neubauer (FPÖ).
Schließlich koste auch der Erhalt der wertvollen Sammlungen etwas.
Zudem gebe es bereits ein sehr breites Angebot an freiem Eintritt,
auch für Jugendliche, die Kritik von Seiten der SPÖ und der Fraktion
JETZT laufe damit ins Leere.
Josef Schellhorn (NEOS) widersprach der negativen Einschätzung der
vorgestellten gemeinsamen Eintrittskarte für die Bundesmuseen. Aus
seiner Sicht sei das neue Angebot vom Ansatz her durchaus richtig,
weshalb die NEOS ihm auch zustimmen würden. Allerdings zeigte sich
auch der NEOS-Kultursprecher nicht zufrieden damit, wie der
Kulturminister die neue Karte präsentiert hatte. Auch er fühle sich
durch das Vorgehen, dem Kulturausschuss die Pläne in dieser Richtung
zu verschweigen, „demokratiepolitisch veräppelt“.
Kulturminister Gernot Blümel ging in seiner Stellungnahme auf die
Kritik der Opposition ein und sagte, die Bundesregierung habe im
vergangenen Jahr sehr viel für Kunst und Kultur getan. Trotz der
allgemeinen Sparpolitik liege das Kunst- und Kulturbudget so hoch wie
noch nie. Als Minister habe er zudem viele „offene Baustellen“
übernehmen müssen, etwa die Sicherung des Budgets für die Renovierung
des Volkstheaters oder die Reform des Bundesdenkmalamts. Er habe
bereits einen guten Dialog mit der UNESCO eingeleitet und hoffe, dass
der Status des Weltkulturerbes für die Wiener Innenstadt erhalten
bleibe. Das Haus der Geschichte sei von ihm ausreichend budgetiert
worden, sodass es im kommenden Jahr zu keinen Entlassungen komme. Der
Minister wies auch darauf hin, dass er die Koordination mit den
Bundesländern verstärkt habe. Die Zusammenarbeit funktioniere sehr
gut. Ein Ergebnis der Gespräche sei ein gemeinsamer Call für
Kunstprojekte zum Thema „Kunst im digitalen Raum“, zu dem der Bund
die Hälfte der Fördermittel beitragen werde. Was die neue Karte für
die Bundesmuseen und die Nationalbibliothek betreffe, so habe es
selbstverständlich bereits vorbereitende Arbeiten gegeben. Er habe es
aber für besser gehalten, erst mit einem abgeschlossenen Projekt und
nicht mit unfertigen Plänen an die Öffentlichkeit zu gehen. Unter
anderem sei es ihm wichtig gewesen, dass die neue Karte nicht
bestehende Angebote verdrängt, sondern sie ergänzt. Das sei nun
gelungen.
Leopold-Museum als Bundesmuseum und „Haus der Kulturen“: Liste JETZT
blitzt mit Anträgen ab
Zwei weitere Anträge von JETZT fanden keine Mehrheit im Plenum. Das
betrifft zunächst den Vorstoß, dem Leopold-Museum den Status eines
Bundesmuseums zu geben. Die derzeitige Konstruktion der „Leopold
Museum-Privatstiftung“ schaffe insbesondere Probleme beim Umgang mit
NS-Raubkunst, da das Kunstrückgabegesetz auf die Sammlung nicht
angewendet werden könne, so unter anderem die Begründung.
In der weiteren Initiative, ein „Haus der Kulturen“ zu gründen,
moniert die Liste JETZT, dass angesichts einer globalisierten Welt
und eines von Binnenmigration geprägten Europas dringender Bedarf an
einer solchen Einrichtung besteht. Ausgestattet werden könnte diese
Einrichtung aus Beständen anderer Bundesmuseen.
Die SPÖ sehe keinen Mehrwert für BesucherInnen, das Leopold-Museum in
ein Bundesmuseum umzuwandeln, zudem laufe die derzeitige
Organisationsstruktur gut und erfolgreich, sagte Katharina
Kucharowits (SPÖ). Sie sieht außerdem die Gefahr, damit ein Präjudiz
für andere Stiftungen zu schaffen. Den Vorschlag für ein
eigenständiges „Haus der Kulturen“ mit einem niederschwelligen Zugang
hält die SPÖ „in der heutigen Zeit“ allerdings für unterstützenswert.
„Wir wollen nicht Politik mit der Kunst und Kultur machen, sondern
dafür“, so Martin Engelberg (ÖVP). Er begründete die Ablehnung seiner
Fraktion hinsichtlich einer Umwandlung des Leopold-Museums damit, die
gut funktionierende Stiftung nicht in den Einflussbereich der Politik
ziehen zu wollen, sondern das unabhängige Mäzenatentum zu fördern.
Werner Neubauer (FPÖ) machte wiederum geltend, dass die Behauptung,
das Leopold-Museum kümmere sich nicht ausreichend um Fragen der
Restitution oder Provenienz, eine Fehleinschätzung sei.
Wolfgang Zinggl (JETZT) kritisierte, dass sämtliche Kulturminister
der letzten Jahre der Ansicht gewesen seien, dass bei den Museen
Reformbedarf bestehe, allerdings nichts passieren würde. Höchst an
der Zeit ist aus seiner Sicht, Synergien in der Verwaltung sowie
handlungsfähige Aufsichtsräte zu schaffen und die „elende
Vermischung“ der Aufgaben aller Bundesmuseen zu beenden. Zudem gebe
es zwar vier Bundesmuseen in Österreich, aber kein eigenständiges
„Haus der Kulturen“ mit kulturvergleichenden Präsentationen.
Kunst- und Kulturminister Gernot Blümel entgegnete darauf, dass er
erst die Ergebnisse der internen Evaluierung mit wirtschaftlichen
Kennzahlen abwarten wolle, bevor Entscheidungen getroffen werden.
Klar sei, dass es mehr Geld für die Kernaufgaben der Bundesmuseen
geben müsse, ohne dabei das Budget zusätzlich zu belasten. Außerdem
will er auch weiterhin eine inhaltliche Einmischung in die
wissenschaftliche Arbeit der Bundesmuseen verhindern.
„Kultur-Dialog“ mit Bundesländern
Heftig debattiert wurde ein Entschließungsantrag von ÖVP- und
FPÖ-Abgeordneten. Letztlich wurde ihm mehrheitlich zugestimmt.
Demnach wird Kulturminister Gernot Blümel aufgefordert, den
„Kultur-Dialog“ sowohl auf politischer als auch auf Beamten-Ebene
voranzutreiben und zu institutionalisieren. Der Kultur-Dialog wurde
im Mai 2018 in einem Treffen der LandeskulturreferentInnen der Länder
initiiert und im September 2018 auf Beamtenebene gestartet. Dabei
geht es darum, durch einen Informationsaustausch Kunst- und
Kulturförderungen gezielt zwischen den Ländern und auch zwischen Bund
und Ländern besser abzustimmen. Dadurch sollen Synergien gewonnen
werden.
Wolfgang Zinggl (JETZT) bezeichnete den Antrag, der seiner Meinung
nach einen „No-na-Antrag“ darstelle, als „Verhöhnung“. Christoph
Stark (ÖVP) entgegnete, der Ausdruck „No-na-Antrag“ spiegle Zinggls
„zentralistisches Wien-Denken“ wider. Für Zinggl jedoch gibt es
nichts Selbstverständlicheres als, „dass ein Minister den Austausch
mit den Bundesländern pflegt“. Sandra Wassermann (FPÖ) verteidigte
Blümel und führte die vielen Länderinitiativen ins Treffen, von denen
der Bund gar nichts wisse. Kulturminister Gernot Blümel wies darauf
hin, dass die Einrichtung des „Kultur-Dialogs“ etwas völlig Neues sei
– damit könne der Austausch nicht selbstverständlich sein. Vorbild
für seine Initiative war eine Bündelung sämtlicher Projekte zum
Gedenk- und Erinnerungsjahr 2018 unter dem Vorsitz des früheren
Bundespräsidenten Heinz Fischer. „Es hat gezeigt, dass man mit
Förderungen in einem solchen Rahmen vor allem auch mit kleineren
Geldbeträgen viel bewirken kann“, sagte Blümel. Es habe sich auch
gezeigt, dass sich Initiativen auf diese Weise gut koordinieren
lassen. Daher werde als nächstes Projekt in diese Richtung das Thema
„Kunst im digitalen Raum“ zusammengefasst.
Auch für SPÖ-Abgeordnete Sonja Hammerschmid (SPÖ) geht der
ÖVP-FPÖ-Antrag zu wenig weit. Für sie ist er „skurril“. Hammerschmid
verwies auf die vielen offenen Baustellen, wie die schlechte soziale
Absicherung von Kunst- und Kulturschaffenden, was etwa ihre Stellung
beim Abschluss von Verträgen oder ihre Einkommenssituation betreffe.
Sie erinnerte die Regierung daran, dass der Rechnungshof die
Förderlandschaft als zu uneinheitlich kritisiert habe. Auch die
Frauenförderung liege in der Kunst und Kultur im Argen.
NEOS wollen Auswirkung der Buchpreisbindung evaluieren
Kein Gehör fanden die NEOS mit ihrem Antrag auf Erstellung einer
Studie zur Evaluierung der Wirkung der Buchpreisbindung. Eine Analyse
der deutschen Monopolkommission habe durchaus ambivalente
Auswirkungen dieses Markteingriffs festgestellt, gab Josef Schellhorn
zu bedenken. Ein EuGH-Urteil könnte schon bald die Buchpreisbindung
als mit der europäischen Warenverkehrsfreiheit unvereinbar erklären.
Aus diesem Grund seien eine Folgenabschätzung einer solchen
Entscheidung sowie eine konkrete Definition des Schutzzieles
„Kulturgut Buch“ für entsprechende politische Entscheidungen
notwendig, meinte er.
Es gehe nicht um die Abschaffung der Buchpreisbindung, sondern
vielmehr um eine Evaluierung, wie dies auch in zahlreichen anderen
Bereichen üblich ist, stellte Schellhorn klar. Der NEOS-Mandatar
appellierte an die Abgeordneten, gemeinsam daran zu arbeiten, das
Buch als Kulturgut abzusichern – und zwar auch bei einem drohenden
EuGH-Urteil.
Maria Smodics-Neumann (ÖVP) bekannte sich zur Buchpreisbindung und
brach eine Lanze für die kleinen Buchhandlungen in Österreich.
Angesichts der großen Marktmacht der Online-Konzerne sei es wichtig,
in diesem Bereich mit Vorsicht vorzugehen, drückte sie ihre Skepsis
über den Antrag der NEOS aus.
Die Buchpreisbindung fördere das Netz der Buchhandlungen im ganzen
Land, bestätigte auch Sabine Schatz namens der SPÖ. Warnendes
Beispiel sei die Schweiz, wo nach der Aufhebung der Buchpreisbindung
zahlreiche kleine Buchhandlungen schließen mussten. „Die
Buchpreisbindung schützt den österreichischen Buchhandel“, pflichtete
ihr FPÖ-Angeordneter Werner Neubauer bei, der den NEOS vorwarf, mit
ihrem Antrag ein falsc
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