30 Jahre nach dem Mauerfall / Hanns-Seidel-Stiftung beleuchtet historische Situation im Grenzland mit Experten aus Thüringen und Bayern

Bad Staffelstein (ots) – 30 Jahre nach dem Mauerfall hat die Hanns-Seidel-Stiftung die Ereignisse an der damaligen innerdeutschen Grenze mit Zeitzeugen von 1989 beleuchtet. Tagungsort war das Bildungszentrum Kloster Banz, im oberfränkischen Landkreis Lichtenfels, das sich damals schnell zu einem Zentrum für politische Bildung für Menschen aus Thüringen und Sachsen entwickelte. Neben Kommunalpolitkern saßen am vergangenen Sonntag (8.12.2019) die frühere Ministerpräsidentin Thüringens, Christine Lieberknecht, und der damalige CSU-Sprecher Peter Hausmann mit am Podium.

Eine positive Bilanz von Mauerfall und innerdeutscher Grenzöffnung zogen Zeitzeugen bei einer Podiumsdiskussion der Hanns-Seidel-Stiftung in Kloster Banz am vergangenen Wochenende. So überraschend der 9. November 1989 zu einem historischen Tag wurde, so hätte auch alles anders kommen können, urteilten Politiker und Historiker. Schnelles Handeln war angezeigt. Die Grenzöffnung hatte auch enorme Folgen vor allem für die Grenzregionen.Die Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung, Prof. Ursula Männle, erinnerte in ihrer Begrüßung daran, dass sich Kloster Banz schon sehr früh zu einem Zentrum der politischen Bildung für die Bürger vor allem aus Thüringen und Sachsen entwickelt hat. Infolge entwickelte das Bildungszentrum Strahlkraft auf ganz Deutschland.

Reinhard Zehner, Altbürgermeister von Schalkau in Thüringen, erinnerte an die Emotionen seines ersten offiziellen Besuchs in Bayern, wo er von Gerhard Preß, damals Bürgermeister von Rödental, mit einer Blaskapelle empfangen wurde, die “Nun danket Gott” spielte. Am meisten überrascht habe ihn, so Zehner, der vorher nie im Westen war, dass die Menschen in Rödental genau dieselbe Sprache sprechen wie er.

Schwierigkeiten im Grenzland

Die Diskutanten sprachen unisono von der Freude und den Emotionen, aber auch von den großen Schwierigkeiten, die insbesondere im Grenzland zunächst zu überwinden waren. Dies reichte von der Auszahlung des Begrüßungsgeldes über den Aufbau der Infrastruktur bis zum Umbau der wirtschaftlichen Basis und dem Zusammenbruch von Industrien in der ehemaligen DDR. Die Nähe zu Bayern hatte aber auch seine Vorteile, weil viele Thüringer leichter Arbeitsplätze jenseits der Grenze finden konnten.

Heute, das bestätigte der Landrat von Coburg, Sebastian Straubel, gibt es zahlreiche Ansätze Regionen übergreifender Zusammenarbeit, z.B. einen Klinikverbund, Gemeindepartnerschaften, aber auch private Kontakte von Menschen aus Ost und West.

“Glück des Mauerfalls”

Christine Lieberknecht, ehemalige Ministerpräsidentin und CDU-Vorsitzende in Thüringen, betonte ebenfalls die Gemeinsamkeiten. Die Zusammenarbeit über die Grenze hinweg sei umso erfolgreicher geworden, je konkreter die Projekte waren. Die gelegentlich beschworene “Mauer in den Köpfen” existiere eher dort, wo die Beobachter weit weg waren und wurde auch im Westen oft von Politikern beschworen, die selbst das SED-Regime hofiert hatten. Bei ihnen wie bei alten DDR-Eliten habe der Mauerfall eine “Schockstarre” ausgelöst, die einige Jahre angehalten habe. Heute gebe es aber wieder Literatur, die den Zusammenbruch der DDR als “Übernahme” durch den Westen darstelle. Daher sei es wichtig, an das “Glück des Mauerfalls” zu erinnern und die Rahmenbedingungen der deutschen und internationalen Politik dieser Tage zu verdeutlichen. Noch Anfang 1990 war bei vielen Akteuren des demokratischen Umbruchs durchaus die Angst vorhanden, dass die Entwicklung wieder zurückgedreht werden könnte.

DDR-Bürger drängten auf Wiedervereinigung

Die entscheidende Rolle spielte im Herbst 1989 die Bevölkerung in der DDR, die entschiedener als viele Politiker auf eine Vereinigung mit der Bundesrepublik drängten. Prof. Dominik Geppert, Historiker in Potsdam, unterstrich, unter welchem Zeitdruck die Akteure standen. Die Destabilisierung der DDR beschleunigte sich, gleichzeitig mussten mit wenig Personal neue politische Strukturen aufgebaut werden. Die Tatsache, dass die Volkskammerwahl auf den 18. März 1990 vorgezogen wurde, verschärfte dies noch.

Auch Peter Hausmann, damals Sprecher der CSU und später Regierungssprecher bei Helmut Kohl, unterstrich dies. Die Politik war damals die Getriebene, nicht der Taktgeber. Auch Helmut Kohls 10 Punkte Plan vom Dezember 1989 enthielt nicht die Forderung nach Einheit, sondern nach einer Konföderation beider deutscher Staaten. Es war anfangs noch keineswegs klar, dass es zur deutschen Einheit kommt. Aber die Besuche in der DDR, bei denen Hausmann mit CSU-Politikern unterwegs war, und deren enorme Resonanz bei Auftritten bayerischer Politiker dort machten deutlich, dass die Bevölkerung der DDR in ihrer großen Mehrheit einen Beitritt zur Bundesrepublik und eine Wirtschafts- und Währungsunion wollten.

Fazit: Gemeinsamkeiten größer als Trennendes

Alle Podiumsteilnehmer waren sich einig in der Einschätzung, dass die Entwicklung der letzten 30 Jahre ein großer Erfolg war. Die Gemeinsamkeiten waren damals schon größer als das Trennende. Darauf lässt sich in einem vereinten Deutschland in einem weiter zusammenwachsenden Europa aufbauen.

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