Parlament: TOP im Nationalrat am 22. Jänner 2020

Aktuelle Stunde, Europastunde, Bericht der Behindertenanwaltschaft, Freiwilligenbericht, Oppositionsanträge, Erste Lesungen

Wien (PK) – Die erste Nationalratssitzung nach der Vorstellung der neuen Regierung beginnt mit einer Aktuellen Stunde, an die eine Aktuelle Europastunde anschließt. Außerdem werden die Abgeordneten über den Tätigkeitsbericht der Behindertenanwaltschaft, den 3. Freiwilligenbericht und verschiedene sozialpolitische Oppositionsanliegen diskutieren. Ebenso steht eine Vielzahl Erster Lesungen auf der Tagesordnung. Gesetzesbeschlüsse sind keine geplant, auf Empfehlung des Sozialausschusses könnte der Nationalrat aber zwei Entschließungen zum Thema Armutsbekämpfung und zur medizinischen Versorgung von Häftlingen fassen.

Sollte der am Mittwoch vor dem Nationalratsplenum anberaumte Geschäftsordnungsausschuss den Weg für die Einsetzung des Ibiza-Untersuchungsausschusses frei machen, würde der entsprechende Bericht ebenfalls auf die Tagesordnung gesetzt.

Aktuelle Stunde

Die Sitzung beginnt um 10.00 Uhr mit einer Aktuellen Stunde. Unter dem Titel “Grundrechte in Gefahr – Totalitäre Tendenzen an Schulen und Unis stoppen!” will die FPÖ unter anderem jüngste Proteste an Universitäten gegen unliebsame Vortragende thematisieren.

Aktuelle Europastunde

Für die daran anschließende Aktuelle Europastunde hat die SPÖ das Thema “Zeit für mehr Fairness in Europa: Online-Giganten endlich gerecht besteuern” gewählt.

Wahl einer Ordnerin / eines Ordners

Nachdem die neue Klubobfrau der Grünen Sigrid Maurer ihre Funktion als Ordnerin zurückgelegt hat, ist vom Nationalrat eine neue Ordnerin bzw. ein neuer Ordner zu wählen. Nominiert dafür ist Grün-Abgeordneter Jakob Schwarz.

Tätigkeitsbericht der Behindertenanwaltschaft: Weitere Fortschritte im Kampf gegen Diskriminierungen

Im Anschluss an die Wahl setzt sich der Nationalrat mit dem Tätigkeitsbericht der Behindertenanwaltschaft für das Jahr 2018 auseinander. Der seit Mai 2017 amtierende Anwalt für Gleichbehandlungsfragen für Menschen mit Behinderungen, Hansjörg Hofer, weist im Vorwort darauf hin, dass es im Jahr 2018 zu einem großen Fortschritt im Bereich der Rechtsdurchsetzung gekommen ist. Nunmehr können Unternehmen mittels Verbandsklagen wegen einer möglichen Verletzung des Diskriminierungsverbots nach dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz vor Gericht gebracht werden. Als weiteres Highlight führt er die im Zuge der österreichischen Ratspräsidentschaft erstmals abgehaltene Konferenz der Anti-Diskriminierungsstellen aller EU-Mitgliedstaaten in Wien an.

Für das Jahr 2018 wurden insgesamt 644 Fälle registriert, in denen sich Menschen mit Behinderungen, deren Angehörige, Selbsthilfegruppen oder Interessenvertretungen an die Behindertenanwaltschaft gewendet haben. Aus dem breiten Spektrum an Sachverhalten kristallisierten sich vor allem die Themen Bildung, Arbeit, Barrierefreiheit und Wohnen als Schwerpunkte heraus.

Freiwilligenbericht: Organisationen brauchen neue Strategien zur Förderung von Engagierten

3,5 Mio. ÖsterreicherInnen ab 15 Jahren sind in Vereinen, Organisationen, Initiativen oder der Nachbarschaftshilfe freiwillig tätig, so das Ergebnis des 3. Freiwilligenberichts aus dem Jahr 2019. Die Freiwilligentätigkeit reicht von Katastrophenhilfs- und Rettungsdiensten bis hin zu Sport und Kultur, ist aber auch in den Bereichen Umwelt, Soziales und Gesundheit sehr präsent. Allerdings zeigt eine aktuelle Erhebung, dass das Potenzial an Menschen, die für Freiwilligenarbeit zu gewinnen wären, nicht ausgeschöpft ist.

Unter dem Motto “Mehr Zeit für das Wesentliche” stellt das Sozialministerium im Bericht unter anderem die Auswirkungen des stetigen Wandels der Freiwilligenarbeit insbesondere im Hinblick auf die Digitalisierung dar. Diese ermögliche orts- und zeitunabhängige Kommunikation, die gezielt und kostengünstig ablaufen könne. Neue Beteiligungsformate wie Mikro-Engagement, Crowdsourcing sowie Crowdfunding und die Nutzung offener Daten seien entstanden.

Angesichts des demographischen Wandels erkennt das Sozialministerium außerdem steigenden Bedarf an Nachbarschaftshilfe für ältere und hilfsbedürftige Menschen. Beim Potenzial an Menschen, die für Freiwilligenarbeit zu gewinnen wären, gebe es insbesondere bei Jugendlichen und der Gruppe der über 60-Jährigen freie Kapazitäten. Eine Aktivierung dieser Menschen sei notwendig, um den Bedarf an gemeinnütziger Hilfe in Zukunft zu decken. Der damit verbundene persönliche Nutzen für die HelferInnen müsse hervorgehoben und jüngeren Menschen die Vorteile für den Berufseinstieg ins Bewusstsein gerufen werden.

Sozialhilfe: SPÖ fordert Mindestrichtsätze, FPÖ pocht auf Ausführungsgesetze der Länder

Eine lebhafte Diskussion im Plenum ist über die neue Sozialhilfe zu erwarten. Der Verfassungsgerichtshof hat einige Teile des unter Türkis-Blau verabschiedeten Grundsatzgesetzes des Bundes -insbesondere die degressive Kinderstaffelung und automatische Leistungskürzungen bei nicht ausreichenden Deutschkenntnissen -aufgehoben, gleichzeitig haben etliche Länder die bundesweiten Vorgaben noch nicht umgesetzt. Den Abgeordneten liegen dazu zwei konträre Entschließungsanträge von SPÖ und FPÖ vor, die beide vom Sozialausschuss abgelehnt wurden. Zudem steht eine vom Sozialausschuss mit Koalitionsmehrheit gefasste Entschließung zum Thema Armutsbekämpfung mit zur Debatte.

Während es der SPÖ unter anderem um eine armutsvermeidende Leistungshöhe, die Festlegung von Mindestrichtsätzen statt Höchstrichtsätzen und diskriminierungsfreie Kinderzuschläge geht, pocht die FPÖ auf eine Umsetzung der nicht vom Verfassungsgerichtshof beanstandeten bzw. nicht angefochtenen Gesetzesteile durch die Länder.

Konkret nennt die FPÖ in ihrem Antrag unter anderem die niedrigeren Leistungen für subsidiär Schutzberechtigte in Höhe der Grundversorgung, den Ausschluss jeglicher Leistung für Ausreisepflichtige bzw. bloß geduldete Fremde, die Pflicht zur Absolvierung einer Integrationsprüfung mit Deutschniveau B1, den grundsätzlichen Vorrang von Sachleistungen vor Geldleistungen, die verpflichtende 12-monatige Befristung von Bescheiden und die beschlossenen Höchstgrenzen für Erwachsene, die ihrer Meinung nach von den Ländern verpflichtend umzusetzen wären. Hinsichtlich der vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Gesetzesteile mahnt die FPÖ vom Sozialminister die Erarbeitung verfassungskonformer Regelungen ein.

Dass die Länder die nicht aufgehobenen Teile des Grundsatzgesetzes umzusetzen haben, sieht auch die ÖVP so. Im Regierungsprogramm sei jedenfalls nicht vorgesehen, ein neues Grundsatzgesetz zu beschließen, brachte sie im Ausschuss vor. Eine explizite Entschließung hält die ÖVP aber für überflüssig. Die Grünen wiesen auf die Ankündigung von Sozialminister Rudolf Anschober hin, sich das Grundsatzgesetz vor dem Hintergrund des VfGH-Urteils nochmals anzuschauen. Dieser hofft auf eine “vernünftige gemeinsame Vorgangsweise” mit den Ländern.

Die SPÖ argumentierte im Ausschuss, dass es vor einer Umsetzung der Vorgaben durch die Länder eines Ausführungsgesetzes des Bundes bedürfe. Die NEOS forderten eine Zusammenführung von Notstandshilfe und Sozialhilfe sowie flexible Zuverdienstgrenzen.

ÖVP und Grüne nutzten die Ausschussdebatte, um selbst einen Entschließungsantrag einzubringen. Die beiden Parteien ersuchen Sozialminister Anschober, ehestmöglich geeignete Maßnahmen zur Halbierung des Anteils armutsgefährdeter Menschen in Österreich zu setzen. Während die Opposition den Antrag als nichtssagend und sinnlos bewertete, sieht Anschober diesen als Rückenstärkung.

Höheres Pflegegeld für zu Hause gepflegte Personen

Um häusliche Pflege zu honorieren, schlägt die FPÖ vor, Personen, die zu Hause betreut bzw. gepflegt werden, ab der Pflegestufe drei um 50% mehr Pflegegeld zu gewähren. Außerdem soll der Zuschlag für Demenzkranke im Falle einer häuslichen Pflege von 25 auf 30 Stunden erhöht werden. Das Anliegen wurde im Ausschuss von den anderen Fraktionen allerdings abgelehnt. Man habe sich im Rahmen der Koalitionsverhandlungen darauf verständigt, das Thema Pflege gesamtheitlich anzugehen und werde Einzelmaßnahmen daher keine Zustimmung geben, wurde seitens der ÖVP festgehalten. Die SPÖ wies auf die hohen Kosten hin, mit denen man etwa auch Sachleistungen finanzieren könnte.

Regierung soll Einbeziehung von Häftlingen in die gesetzliche Krankenversicherung prüfen

Der Rechnungshof hat bereits vor einigen Jahren Kritik an den hohen Kosten für die medizinische Versorgung von Häftlingen geübt. Da diese nicht krankenversichert sind, übernimmt der Staat die Kosten für deren ärztliche Betreuung und Behandlungen und muss dafür grundsätzlich den Tarif für unversicherte PrivatpatientInnen zahlen. Das soll sich in naher Zukunft ändern. ÖVP und Grüne haben im Sozialausschuss die im Regierungsprogramm verankerte Verbesserung und Effizienzsteigerung der Gesundheitsversorgung im Strafvollzug aufgegriffen und dazu eine Entschließung gefasst. Demnach sollen Justizministerin Alma Zadić und Sozialminister Rudolf Anschober eine Einbeziehung von Gefängnisinsassen in die gesetzliche Krankversicherung bzw. alternative Möglichkeiten zur Sicherung der medizinischen Versorgung von Häftlingen prüfen. Der Beschluss fiel mit den Stimmen von ÖVP und Grünen, ein Entschließungsantrag der FPÖ, der der Debatte zugrunde lag, fand keine Mehrheit.

Die FPÖ spricht sich in ihrem Antrag mit Hinweis auf den 2012 vorgelegten Rechnungshofbericht explizit dafür aus, Gefängnisinsassen in die gesetzliche Krankenversicherung einzubeziehen, um die Kosten für deren medizinische Versorgung zu senken. Das ist zwar auch für ÖVP und Grüne eine Option, sie wollen jedoch auch andere Alternativen wie etwa den Abschluss eines Gesamtvertrags statt vieler teurer Einzelverträge, die Bildung von regionalen Clustern oder eine Kooperation mit dem Bundesheer prüfen. Man wolle kein Husch-Pfusch-Gesetz, sondern die beste Lösung suchen, wurde der eigene Vorstoß begründet.

Die FPÖ hielt dem entgegen, dass man bereits zwei Jahre lang im Justizausschuss über diese Frage diskutiert habe und die jährlichen Kosten von 100 Mio. € einen großen Posten im Budget des Justizministeriums einnehmen. Gar nichts von einer Einbeziehung der Häftlinge in die gesetzliche Krankenversicherung hält hingegen die SPÖ: Sie argumentiert, dass man die Kosten für die medizinische Versorgung von Häftlingen, eine originäre Aufgabe des Staates, nicht zu Lasten der ArbeiterInnen und Angestellten der Sozialversicherung “umhängen” dürfe. Laut ÖVP kommen im Falle einer Einbeziehung von Häftlingen in die Krankenversicherung nur Standardleistungen – ohne Einbeziehung von Angehörigen – in Frage.

FPÖ für Lockerung des Rauchverbots in der Gastronomie

Eine Lockerung des seit November geltenden generellen Rauchverbots in der Gastronomie und Maßnahmen zur Unterstützung von TrafikantInnen sind Inhalt eines umfangreichen Entschließungsantrags der FPÖ. Durch das Rauchverbot drohe ein massiver Kahlschlag bei Trafiken und Gastronomiebetrieben und der Verlust von tausenden Arbeitsplätzen, warnen die AntragstellerInnen.

Unter anderem schlägt die FPÖ vor, Lokale mit bis zu 50 Plätzen vom verpflichtenden Rauchverbot auszunehmen und Shisha-Bars mit einigen Auflagen wieder zu erlauben. In den übrigen Lokalen soll Rauchen zwischen 20.00 Uhr und 06.00 Uhr gestattet sein, sofern der Wirt bzw. die Wirtin dies zulassen. Auch bei geschlossenen Veranstaltungen bzw. der Vermietung ganzer Räume sollen Gäste wieder rauchen dürfen.

Zur Unterstützung von Tabakfachgeschäften fordert die FPÖ die Einführung einer Mindesthandelsspanne von 18% für Zigaretten, die Aufhebung der neuen Trafiknachfolge- und Betriebsablöseregelung sowie eine Jungunternehmerförderung für angehende TrafikantInnen. Auch diese Entschließung blieb im Ausschuss in der Minderheit, keine der anderen Fraktionen stimmte für die Initiative.

Ergänzungsbeitrag zur Familienbeihilfe für Ein-Eltern-Haushalte

Der Debatte über das Rauchverbot folgt eine Reihe Erster Lesungen zu Forderungen der SPÖ und der NEOS. So tritt die SPÖ mit einem Antrag auf Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes für eine bessere finanzielle Unterstützung von Ein-Eltern-Haushalten ein. Im Konkreten sollen alleinstehende Mütter oder Väter, deren Jahreseinkommen 55.000 € nicht übersteigt, einen Ergänzungsbetrag zur Familienbeihilfe erhalten (Unterhaltsgarantie). Damit könne sichergestellt werden, dass mangelnde Unterhaltsleistungen nicht zu einer Schlechterstellung gegenüber Zwei-Eltern-Haushalten führen.

Sechs Wochen Urlaub auch bei Arbeitgeberwechsel

Mit einer Änderung des Urlaubsgesetzes will die SPÖ einen erleichterten Zugang zur sechsten Urlaubswoche erreichen. Sie soll ArbeitnehmerInnen künftig in jedem Fall nach 25 Arbeitsjahren zustehen, unabhängig davon, bei welchem Arbeitgeber die Dienstzeiten erworben wurden. Wobei laut Antrag grundsätzlich auch alle Zeiten einer selbständigen Erwerbstätigkeit sowie bestimmte Schul- und Studienzeiten einzurechnen wären. Einzige weitere Zugangsvoraussetzung wäre das Bestehen des laufenden Arbeitsverhältnisses seit mindestens einem Jahr. Begründet wird der Antrag damit, dass es einen Ausgleich zur verlängerten täglichen und wöchentlichen Höchstarbeitszeit brauche.

Stärkere parlamentarische Kontrolle der österreichischen Nachrichtendienste

Angelehnt an eine Initiative aus der letzten Gesetzgebungsperiode schlägt die SPÖ vor, die Befugnisse der beiden Geheimdienstausschüsse des Parlaments, also der Ständigen Unterausschüsse des Innenausschusses und des Verteidigungsausschusses, auszuweiten und sie gleichzeitig in “Kontrollausschuss Inneres” und “Kontrollausschuss Landesverteidigung” umzubenennen. So sollen die beiden Ausschüsse beispielsweise – nach den Regeln für parlamentarische Untersuchungsausschüsse – Auskunftspersonen befragen können und bereits bei Verlangen eines Viertels der Ausschussmitglieder Akteneinsicht erhalten. Zudem soll es dem Innenminister bzw. dem Verteidigungsminister nicht mehr möglich sein, geforderte Auskünfte mit Hinweis auf eine drohende Gefährdung der nationalen Sicherheit zu verweigern. Die Abgeordneten würden ohnehin einer strengen Geheimhaltungsverpflichtung unterliegen, argumentiert die SPÖ.

Elektronische Einbringung von Bürgerinitiativen

Schon jetzt ist es möglich, im Nationalrat eingebrachte Bürgerinitiativen und Petitionen elektronisch zu unterstützen. Die Initiative selbst muss derzeit allerdings noch in Papierform – unter Beilage von 500 Unterschriften – vorgelegt werden. Die SPÖ fordert mit einem Antrag nun, dass künftig die InitiatorInnen die Wahl haben sollen, ob sie dem Hohen Haus eine Bürgerinitiative in elektronischer Form oder in Papierform vorlegen, wobei die elektronische Unterschriftensammlung auf einer eigenen Plattform – unter Zuhilfenahme des Zentralen Wählerregisters – erfolgen soll. Für die Erreichung der notwendigen 500 elektronischen Signaturen ist eine Frist von einem Jahr vorgesehen. Die Zahl der von einem Erstunterzeichner gestarteten Initiativen soll auf gleichzeitig fünf beschränkt werden.

ErstunterzeichnerInnen von Bürgerinitiativen will die SPÖ überdies das Recht einräumen, zu Beginn der inhaltlichen Behandlung des Anliegens im Petitionsausschuss eine kurze einleitende Stellungnahme abzugeben.

Attraktivere parlamentarische Behandlung von Volksbegehren

Die von der SPÖ vorgelegte Initiative zur parlamentarischen Behandlung von Volksbegehren beruht auf den Ergebnissen einer parlamentarischen Enquete-Kommission, die 2014 und 2015 über Möglichkeiten der Stärkung der Demokratie in Österreich beraten hat. Konkret wird vorgeschlagen, mit eigenen Volksbegehrens-Sitzungen einen neuen Typus von Plenarsitzungen zu schaffen, bei denen es ausschließlich um das jeweilige Bürgeranliegen geht. Eine solche Sitzung ist sowohl bei der Aufnahme der Beratungen über ein Volksbegehren – spätestens vier Wochen nach dessen Einlangen – als auch am Ende des Beratungsprozesses vorgesehen. Außerdem tritt die SPÖ dafür ein, den InitiatorInnen eines Volksbegehrens ein Rederecht im Plenum zu gewähren und ausnahmslos einen eigenen Ausschuss zur Vorberatung eines Bürgerbegehrens einzusetzen.

Um die Bevölkerung besser über alle im Nationalrat eingelangten Volksbegehren zu informieren, plädiert die SPÖ darüber hinaus für die Einrichtung einer eigenen Internet-Plattform des Parlaments. Über diese Plattform soll es den Klubs auch möglich sein, Stellungnahmen zu einem Volksbegehren abzugeben.

Mindestens sechswöchige Begutachtungsfrist für Regierungsvorlagen

Die NEOS schlagen die Verabschiedung eines eigenen Bundesgesetzes vor, um ein einheitliches Begutachtungsverfahren für Ministerialentwürfe der Regierung sicherzustellen. Insbesondere wollen sie festschreiben, dass Entwürfe von Regierungsvorlagen für mindestens sechs Wochen einer öffentlichen Begutachtung zu unterziehen sind und die eingelangten Stellungnahmen veröffentlicht werden müssen. Es gebe zwar diverse Empfehlungen und Vereinbarungen in Bezug auf das Begutachtungsverfahren, immer wieder würden für einzelne Ministerialentwürfe aber kurze Fristen gesetzt, monieren sie. Das mache jede ernsthafte und vertiefte Auseinandersetzung mit der jeweiligen Thematik unmöglich und widerspreche dem Ziel eines transparenten Gesetzgebungsprozesses.

Sollte die Regierung dem Parlament einen Gesetzesvorschlag unter Missachtung der gesetzlichen Vorgaben übermitteln, plädieren die NEOS dafür, die Verhandlung darüber im Nationalrat frühestens sechs Wochen nach Einlangen zu starten.

Organstreitverfahren bei unzureichender Beantwortung schriftlicher Anfragen

Als Mangel sehen die NEOS überdies, dass es in Österreich keine Möglichkeit gibt, Regierungsmitglieder zu zwingen, schriftliche Anfragen von Abgeordneten ordnungsgemäß zu beantworten. Sie schlagen daher die Einführung eines Organstreitverfahrens nach deutschem Vorbild vor und haben eine entsprechende Änderung der Bundesverfassung und des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrats beantragt. Demnach soll der Verfassungsgerichtshof künftig darüber entscheiden, ob die Verweigerung einer gewünschten Auskunft durch das zuständige Regierungsmitglied gerechtfertigt ist. Zuvor sieht der von den NEOS eingebrachte Antrag ein Nachfrageprocedere mit zweiwöchiger Antwortfrist vor.

Eine ähnliche Initiative hatten die NEOS bereits 2016, damals gemeinsam mit den Grünen, eingebracht.

Aufwertung des Petitionsausschusses

Ähnlich wie die SPÖ wollen auch die NEOS BürgerInnen stärker in den politischen Diskussionsprozess einbinden und schlagen in diesem Sinn nicht nur vor, eine elektronische Einbringung von Bürgerinitiativen über eine eigens eingerichtete Plattform zu ermöglichen, sondern auch den Petitionsausschuss des Nationalrats aufzuwerten. Vier Monate sollen die InitiatorInnen demnach Zeit haben, um die notwendigen 500 Unterstützungserklärungen zu sammeln. Gelingt es, mehr als 5.000 Wahlberechtigte für ein Anliegen zu gewinnen, sieht der Antrag ein zwingendes Hearing im Petitionsausschuss vor. Zudem soll für vom Ausschuss eingeholte Stellungnahmen der zuständigen Regierungsmitglieder bzw. der Volksanwaltschaft eine Antwortfrist von acht Wochen festgelegt werden.

Weitere Punkte des Antrags betreffen die Möglichkeit der gemeinsamen Behandlung ähnlicher Petitionen und Bürgerinitiativen in Form eines Leitakts sowie die Information der InitiatorInnen über das Ergebnis der Beratungen durch die Parlamentsdirektion.

Umwandlung einer eingetragenen Partnerschaft in eine Ehe

Ziel eines von den NEOS vorgeschlagenen Ehe-Partnerschafts-Anpassungsgesetzes 2020 ist es, das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs im Zusammenhang mit der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Personen vollständig umzusetzen. Eingetragene PartnerInnen sollen demnach die Möglichkeit erhalten, ihre Partnerschaft als Ehe weitergelten zu lassen, indem sie eine entsprechende gemeinsame Erklärung vor dem zuständigen Standesamt abgeben. Gleiches soll auch für die Umwandlung einer Ehe in eine eingetragene Partnerschaft gelten.

Schutz der Informationsquellen von Abgeordneten

NEOS, SPÖ und FPÖ wollen analog zum Redaktionsgeheimnis auch Informationsquellen von Abgeordneten gesetzlich schützen. Zur Ausübung der parlamentarischen Kontrolltätigkeit seien MandatarInnen unter anderem darauf angewiesen, vertrauliche Informationen von BürgerInnen zu verarbeiten, begründen sie ihre Initiative zur Änderung der Strafprozessordnung. BürgerInnen müssten die Möglichkeit haben, sich vertrauensvoll an Abgeordnete zu wenden, um Missstände in der Verwaltung aufzuzeigen, ohne befürchten zu müssen, dass ihre Identität aufgedeckt wird. Es sei daher notwendig, den Schutz der ungestörten Kommunikation zwischen Abgeordneten und BürgerInnen durch ein gesetzliches Aussageverweigerungsrecht abzusichern, heißt es unter anderem in der Begründung des Drei-Parteien-Antrags.

Die Anträge werden unmittelbar nach der Ersten Lesung den jeweils zuständigen Ausschüssen zugewiesen.

Parlamentarische Versammlung des Europarats

Österreich entsendet je sechs Mitglieder und Ersatzmitglieder in die Parlamentarische Versammlung des Europarats. Sie sind vom Nationalrat bzw. vom Bundesrat zu wählen, wobei die Nominierung nach dem Stärkeverhältnis der Parteien erfolgt. Demnach kommen der ÖVP drei Hauptmitglieder und zwei Ersatzmitglieder, der SPÖ ein Hauptmitglied und zwei Ersatzmitglieder, der FPÖ ein Haupt- und ein Ersatzmitglied, den Grünen ein Hauptmitglied und den NEOS ein Ersatzmitglied zu. (Schluss) mbu/gs/keg

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments unter www.parlament.gv.at/MEDIA/ verfügbar.

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