Bischöfe mahnen Politik zu Respekt gegenüber Religionen

Erklärung zum Abschluss der Bischofskonferenz in Mariazell: „Auch in der politischen Auseinandersetzung ist ein Mindestmaß an Respekt und Wertschätzung gegenüber Religionen und gläubigen Menschen immer einzuhalten“ – Bischöfe drängen Regierung, wieder Flüchtlinge aufzunehmen – Unterstützung für Klimavolksbegehren – Einsatz für umfassenden Lebensschutz

Wien (KAP) – „Auch in der politischen Auseinandersetzung ist ein Mindestmaß an Respekt und Wertschätzung gegenüber Religionen und gläubigen Menschen immer einzuhalten.“ – Das mahnen die heimischen Bischöfe in ihrer Erklärung zum Abschluss der Vollversammlung der Bischofskonferenz in Mariazell ein. In der Erklärung fordern sie weiters die österreichische Bundesregierung auf, wieder Flüchtlinge aufzunehmen, sie unterstützen das Klimavolksbegehren und bekräftigen einmal mehr ihren Appell zum umfassenden Lebensschutz.

Die Bischöfe stellen ihre Forderung in den Kontext ihres Aufrufs zu umfassenden Reformen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Die nötigen Veränderungen könnten nur im „Geist der Wertschätzung und Lernbereitschaft“ erkannt und umgesetzt werden, schreiben die Bischöfe.

Das Gegenteil von Wertschätzung und Dankbarkeit sei ein permanenter Ungeist der Empörung, der Verdächtigung, des Vernaderns. „Für diesen Ungeist darf weder in den persönlichen zwischenmenschlichen Beziehungen noch in der politischen Debatte Platz sein“, heißt es in der Erklärung wörtlich. Statt Polarisierung brauche Österreich einen „Wettlauf der konstruktiven Ideen“.

Solidarität in Österreich und in Europa

Internationale Solidarität liegt den Bischöfen besonders am Herzen. Wörtlich halten sie fest: „Österreich liegt im Herzen Europas. Wir brauchen eine leidenschaftliche Zusammenarbeit in Europa und ganz sicher kein Virus des Nationalismus. Wenn es unseren europäischen Nachbarn gut geht, geht es auch uns gut. Dasselbe gilt über unseren Kontinent hinaus für die große Menschheitsfamilie.“

„Als einen Ausdruck gelebter Solidarität erachten wir es als dringend notwendig, ein faires Kontingent an Asylsuchenden und Vertriebenen in absehbarer Zeit aufzunehmen und zu versorgen“, heißt es wörtlich in der Erklärung.

Solidarität und Nachbarschaftshilfe hätten in der Coronakrise ein Comeback gefeiert, trotzdem drohen viele Menschen in Armut abzugleiten, die Zahl der Arbeitslosen ist noch immer dramatisch hoch, zeigen sich die Bischöfe weiters besorgt. Österreich brauche deshalb „Strukturen und Netze, die verhindern, dass immer mehr Bedürftige an den Wegrändern einer wohlhabenden Gesellschaft ums Überleben kämpfen müssen“. Die jüngst auf der Regierungsklausur beschlossenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Armut bezeichnen die Bischöfe in diesem Zusammenhang als „begrüßenswertes Signal“. Nur mit Zuversicht und Zusammenhalt werde es gelingen, Armut und Perspektivenlosigkeit zu überwinden.

Bischöfe stehen hinter Klimavolksbegehren

Die heimischen Bischöfe unterstützen auch das anstehende Klimavolksbegehren. Wörtlich halten die Bischöfe fest: „Die Folgen des globalen Klimawandels werden längerfristig weitaus verheerender ausfallen als jene der aktuellen Pandemie.“ Die Bischöfe verweisen auf Papst Franziskus. Dieser habe schon vor fünf Jahren im programmatischen Dokument „Laudato si“ dargelegt, wie die ökologischen und sozialen Krisen durch eine persönliche Umkehr hin zu einem nachhaltigen und verantwortungsvollen Lebensstil überwunden werden können. Damit verbunden brauche es verbindliche Regeln für eine ökologische und soziale Wirtschaft, die dem Menschen dient.

Mit der gegenwärtigen Wiederbelebung der Wirtschaft würden sich Möglichkeiten ergeben, emissionsarme und klimasensible Wirtschaftskreisläufe zu schaffen, zeigen sich die Bischöfe zuversichtlich. Zugleich halten sie fest: „Eine lebendige, florierende Wirtschaft muss keine maßlos wachsende Wirtschaft sein.“ Und das gelte auch für den Konsum: „Konsum ja, aber mit Maß und Ziel. Das heillose Immer-Mehr zerstört das Leben. Vor diesem Hintergrund würden die Bischöfe das anstehende Klimavolksbegehren unterstützen. -Die Eintragungswoche für das Klimavolksbegehren ist österreichweit von 22. bis 29. Juni.

Unterstützung für Kirche in Brasilien

In ihrer Erklärung erinnern die Bischöfe auch an die im Oktober 2019 stattgefundene Amazonien-Synode. Diese habe die Not der Indigenen, die Bedrohung des Regenwaldes und die damit verbundenen globalen Auswirkungen anschaulich vor Augen geführt. Durch die Pandemie habe sich die Situation nun dramatisch verschärft. Wie Bischof Erwin Kräutler berichtet, seien Indigene durch das Coronavirus besonders gefährdet. Durch das illegale Eindringen von Holzfällern oder Goldsuchern könnten ganze Völker dem Virus zum Opfer fallen.

Die politische Führung in Brasilien sei dafür allerdings „blind und fördert sogar die Abholzung des Regenwaldes und die Ausbeutung von Rohstoffen in Amazonien“. Die katholischen Bischöfe in Brasilien hätten dagegen entschieden Stellung bezogen „und sie benötigen dafür auch unsere Unterstützung und Solidarität“, so die heimischen Bischöfe.

„Geistvoll erneuerte Normalität“

Angesichts der gravierenden Folgen der Corona-Pandemie plädieren die österreichischen Bischöfe „für eine geistvoll erneuerte Normalität“. In ihrer Erklärung greifen sie damit ihr eigenes gleichnamiges pfingstliches Hirtenwort auf und halten wörtlich fest: „Wir Bischöfe sind überzeugt: Die Krise kann in Österreich und weltweit nur dann etwas Positives bewirken, wenn sie zu konkreten und grundlegenden Lebensstiländerungen führt, damit die Menschheitsfamilie in Frieden und Gerechtigkeit im gemeinsamen Haus der von Gott geschenkten Schöpfung gut leben kann.“ Ein wesentlicher Aspekt dieser neuen Normalität müsse auch der umfassende Lebensschutz sein: „Jedes Leben, ob ungeboren oder geboren, ist zu schützen und zu fördern.“ Dem entspreche ein breiter gesellschaftlicher Konsens in Österreich, der gegen eine Freigabe der Tötung auf Verlangen und der Beihilfe zur Selbsttötung ist und stattdessen auf einen Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung setzt.

Für die von den Bischöfen propagierte „geistvoll erneuerte Normalität“ seien Grundhaltungen nötig, die die Bischöfe gleichsam als sieben Gaben des Heiligen Geistes erbitten und als Kirche gemeinsam mit allen Menschen guten Willens leben wollen. Diese Grundhaltung sind der „Geist der Dankbarkeit und Demut“, der „Geist der Verbundenheit und Versöhnung“, der „Geist der Aufmerksamkeit und Solidarität“, „Geist der Wertschätzung und Lernbereitschaft“, der „Geist der Achtsamkeit und Entschlossenheit“, der „Geist der Lebensfreude und Geduld“ sowie der „Geist des Vertrauens und der Zuversicht“.

Hinsichtlich der „Lebensfreude“ plädieren die Bischöfe für eine gesamtgesellschaftliche Entschleunigung, „damit wir nicht als Getriebene und Gehetzte zugrunde gehen“. Ganz wesentlich seien dafür der freie Sonntag und eine entsprechende Sonntags-Kultur.

„Schatz des christlichen Glaubens“

Zur Überwindung von Krisensituationen seien Besonnenheit, Klugheit und entschlossene Tatkraft notwendig. „Dabei möchten wir den Schatz des christlichen Glaubens gerne mit allen teilen“, so die Bischöfe:
„Dieser Glaube wischt keine Probleme weg, verleiht aber eine unerwartete Trotzdem-Kraft in aller Not, einen langen Atem sowie Geduld und Ausdauer. Wer glaubt, lebt von Gottes Zusage, immer neu beginnen zu dürfen und die dafür notwendigen Anschubhilfen des Heiligen Geistes zu erhalten.“

Die erhoffte geistvolle Erneuerung betreffe die Gesellschaft wie auch die Kirche selbst, so die Bischöfe abschließend. Sie wollten sich daher weiterhin „für eine lern- und erneuerungsbereite Kirche einsetzen“.

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