25. Wiener Gemeinderat: Rechnungsabschluss 2021 (6)

Beratung der Geschäftsgruppe Finanzen, Wirtschaft, Arbeit, Internationales und Wiener Stadtwerke

Wien (OTS/RK) – GR Wolfgang Seidl (FPÖ) kritisierte die Initiative „Digipol“ des Gemeinderats. Die Digitalisierung der Gemeinderatsakten werde seit drei Jahren angekündigt, sei aber immer noch nicht umgesetzt. Eine Anfrage, wie hoch die Kosten für das Projekt bisher waren, sei nicht beantwortet worden, sagte Seidl. „Das ist vielleicht etwas, wo man ein bissi mehr aufs Tempo drücken sollte“, meinte er in Sachen Digitalisierung. Er sprach außerdem das Thema Mindestsicherung an: Die Stadt Wien würde 1,5 Milliarden Euro in zwei Jahren dafür ausgeben. Der Finanzstadtrat hätte „unglaublich viele Zahlen“ in seiner Rede gebracht, zu diesem Punkt allerdings geschwiegen. Die Ausgaben in anderen Bundesländern lägen für die Mindestsicherung deutlich niedriger – „Oberösterreich käme mit dem, was wir hier ausgeben, über 40 Jahre aus und das Burgenland 200 Jahre“, sagte Seidl. Auch bei der von der Stadtregierung angekündigten Spitäler-Sanierungsoffensive bis 2040 ortete Seidl kolportierte Kosten von „rund um eine Milliarde Euro pro Spitalstandort“. „Das Projekt wird das nächste Krankenhaus Nord“, sagte Seidl. Er brachte mehrere Anträge ein: einen zur Reparatur des Energiebonus; einen weiteren zur Reduktion der Inseratenausgaben und einen zur Beseitigung der Fachkräftemangels im Tourismus.

GR Mag. (FH) Jörg Konrad (NEOS) sprach zum Arbeitsmarkt. Nach einem Einbruch aufgrund der Pandemie befinde sich der Wiener Arbeitsmarkt in einer Wachstumsphase. Derzeit sei im Mai ein historischer Höchststand erreicht, die Beschäftigung wachse in Wien im Bundesländer-Vergleich am schnellsten. die Arbeitslosigkeit seit erstmals seit 2013 unter 10 Prozent gerutscht. Einen Beitrag zum Arbeitsmarkt leiste der waff (Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds) – mit Fortbildungsangeboten und Lehrplätzen für junge Menschen. Das Programm “Job plus Ausbildung” sei auf 3.000 Ausbildungsplätze ausgebaut worden; damit wolle die Stadt die Gewerbebetriebe bei der Fachkräfte-Suche unterstützen. Konrad verwies auf das „umfassende Lehrlingspaket“, das die Stadt geschnürt habe:
Das Paket beinhalte Maßnahmen für die Lehrlinge und die Betriebe, inklusive einer speziellen Unterstützung für Tourismus- und Freizeitbetriebe oder Firmen, die erstmals einen Lehrling aufnehmen. Auch die “Joboffenive 50plus” werde um weitere 100 Plätze „exklusiv für die Privatwirtschaft“ aufgestockt. Mit dem Ausbildungsgeld werde dem Fachkräftemangel in den Gesundheits- und Pflegeberufen sowie in der Kinderbetreuung begegnet, sagte Konrad. Die Stadt unterstütze insbesondere Frauen – unter anderem beim Umstieg in Digi-Berufe über spezielle Förderschienen für einschlägige Ausbildungen an den Fachhochschulen oder mit Programmen für den Wiedereinstieg nach der Karenz.

StRin Mag. Judith Pühringer (Grüne) sah beim Arbeitsmarkt „gute Zahlen, es ist aber noch nicht alles getan“. Wo es so viele offene Stellen gebe, müssten so viele Menschen wie möglich wieder in den Job gebracht werden. Ein wirkungsvolles Instrument sei neben dem waff zur Förderung von Arbeitnehmer*innen die soziale Vergabe von Aufträgen. Sie kritisierte die Stadt Wien dafür, das Projekt der Mähschafe für die Donauinsel mit einem sozialen Projekt, wo langzeitarbeitslose Wiener*innen beschäftigt waren, gekündigt zu haben. Nach einer neuen Ausschreibung sei ein kommerzieller Anbieter zum Zug gekommen, weil die Stadt den Auftrag nach dem Bestbieterprinzip vergeben hätte. Das Vergabegesetz würde aber den Spielraum zulassen, soziale Kriterien anzusetzen, erinnerte Pühringer. Arbeitsmarktpolitik müsse mit innovativer Klimapolitik verknüpft werden, forderte die Grüne. Wien hätte eine „lebendige Szene von sozialen Unternehmer*innen“; es sei besser, diese zu beauftragen und zu beschäftigen und so „vernünftige und gute Arbeit zu finanzieren als Arbeitslosigkeit zu verwalten“, sagte Pühringer.

GR Markus Gstöttner, MSc (ÖVP) forderte eine „präzise und transparente Debatte“ zum Rechnungsabschluss. Er kritisierte eine „Diskrepanz zwischen der Darstellung und den Tatsachen dahinter“ in der Debatte bisher: So sei in den Reden von Stadtrat und Mandatar*innen der Regierungsfraktionen die Reduktion der geplanten Ausgaben im Budget um 600 Millionen Euro hervorgehoben worden; der Anstieg der Einnahmen durch Gebühren um 700 Millionen Euro sei allerdings ausgespart worden, meinte Gstöttner. Er vermisste „klare Investitionsschwerpunkte“ im Budget, die Mehrausgaben und höheres Defizit erklären könnten. Von den insgesamt 1,3 Milliarden Neuverschuldung sei nur ein Bruchteil mit Maßnahmen gegen die Corona-Krise zu erklären, so Gstöttner. Bei den groß angekündigten Vorhaben zur Entbürokratisierung und Abgabenreduktion sei die Stadtregierung ebenfalls wenig vorangekommen, kritisierte er. Wien hätte ein Doppelbudget 2022 und 2023 beschlossen; das bringe mit seiner langen Laufzeit eine gewisse Planungssicherheit, eine Evaluation des Budgets nach einem Jahr durch eine Debatte sei allerdings notwendig. Er brachte dazu einen Antrag ein.

GRin Yvonne Rychly (SPÖ) sprach zu Job-Einstiegsprogrammen vor allem für junge Menschen. So böte die Stadt „maßgeschneiderte“ Angebote für besonders junge Mütter und 25 Jahre für die Fortsetzung der Ausbildung und den Arbeitseinstieg. Als weiteres Programm für junge Frauen nannte Rychly das „Mädchenberufszentrum“, das Praktika und Ausbildungsstellen in Betrieben vermittelt. Weitere Unterstützungsangebote gebe es auch für Frauen nach Krankheit oder Gewalterfahrung mit psychologischer Hilfe und Berufscoaching. „Das sind alles Programme für Frauen, die nicht auf die Butterseite gefallen sind im Leben“, betonte Rychly. Mit „FIT – Frauen in die Technik“ hätten im vergangenen Jahr fast 1.000 Frauen eine Technik-Ausbildung gestartet. Rychly hob das Qualifizierungsprogramm „Digi-Winner“ von waff und AMS Wien mit Förderungen für Arbeitnehmer*innen für Fortbildungen und Job-Umstieg in die IT-Branche hervor. Außerdem würde die Stadt Wien Lehrlinge und Lehrbetrieben unterstützen, damit Lehrlinge in den Job finden und Lehrbetriebe einen Anreiz haben, Lehrlinge auszubilden. Abschließend lobte Rychly die Joboffensive 50plus für ältere Arbeitnehmer*innen – über das Programm könnten Arbeitssuchende über 50 Jahre ihre beruflichen Kompetenzen einsetzten, wovon auch Unternehmen profitieren würden.

GRin Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS) sagte, angesichts der Gräuel im Krieg in der Ukraine seien die Anträge der FPÖ zu diesem Thema „unerträglich“. Putins furchtbarer Aggressionskrieg sei „nicht nur ein Angriff auf die Ukraine, sondern auf unsere Freiheit und die europäische Werteordnung“. Die Ukraine sei ein Teil Europas und könne ihren Platz in der Europäischen Union finden. Österreich müsse sie dabei unterstützen, die Kriterien für den Beitritt zu erfüllen. 91 Prozent der Ukrainer*innen würden sich zum EU-Betritt ihres Landes bekennen; die Ukraine dürfe diesen Krieg nicht verlieren und Putin nicht gewinnen, sagte Bakos. Deshalb sei ein Mittragen der Sanktionspakete gegen Russland „ein Muss“. Die Stadt Wien hätte schon von Anfang an humanitäre Unterstützung wie medizinisches Material oder Einsatzfahrzeuge zur Rettung von Menschen geliefert, erinnerte Bakos. Wien werde auch weiterhin mit der Ukraine und den ukrainischen Vertriebenen solidarisch sein: „Es darf nicht passieren, dass gegenüber dem Krieg, den Opfern, kalte Gleichgültigkeit eintritt“, sagte Bakos.

GR Nikolaus Kunrath (Grüne) meinte, die Zuversicht, dass große Kriege in Europa nicht mehr stattfinden können, sei am 24. Februar „zerbrochen“. Russland unter Putin würde Völkerrecht und internationale Verträge ignorieren. Europa und die EU hätten den Rückfall in die Barbarei verurteilt, Flüchtlinge aufgenommen, Solidarität gezeigt und Schritte gesetzt, um sich aus der Abhängigkeit von russischem Öl und Gas zu befreien, erinnerte Kunrath. Wichtig sei, dass mit der zunehmenden Dauer des Krieges die Solidarität mit der Ukraine nicht nachlassen dürfe, mahnte Kunrath. Er forderte, dass sich Wien der Initiative ukrainischer Städte anschließen solle, die an Städte aus Mittel- und Osteuropa appellieren, Sommercamps für Kinder aus der Ukraine zu organisieren. Er sprach zur im Mai zu Ende gegangenen „Konferenz zur Zukunft Europas“: Kunrath kritisierte das Desinteresse der Stadt an der EU-Initiative. Die Grünen hatten deshalb zu einer eigenen Konferenz eingeladen und die von der Zivilgesellschaft eingebrachten Themen zur Zukunft der Union debattiert. Eines sei die Handlungsfähigkeit der Union und die Überarbeitung des Einstimmigkeitsprinzips in vielen Bereichen der EU, das Blockaden wie zum Beispiel jüngst von Ungarn ermögliche. Ein weiteres Bürger-Anliegen sei eine demokratischere Union mit weitreichenderen Partizipationsmöglichkeiten von EU-Bürger*innen. Er zeigte sich enttäuscht, dass die Stadt Wien diese Inhalte der EU-Zukunftskonferenz nicht unterstützt und breit diskutiert hätte. Abschließend kritisierte der Grüne Ludwig dafür, den Autokraten Erdogan getroffen zu haben. Der Besuch sei „ein Schlag ins Gesicht für die türkische Opposition“ gewesen und hätte die Glaubwürdigkeit der Stadt Wien als Menschenrechtsstadt gefährdet, kritisierte Kunrath.

GRin Margarete Kriz-Zwittkovits (ÖVP) kritisierte die hohen Lohnnebenkosten für Arbeitgeber*innen in Wien. Es gebe „Maßnahmen und Möglichkeiten“, diese Kosten zu senken, zum Beispiel beim „europaweitem Unikum“ der Wiener Dienstgeberabgabe. Laut Rechnungsabschluss würden Einnahmen von 65 Millionen Euro verbucht; die Abschaffung der Abgabe wäre also ein „sehr, sehr wesentlicher Schritt in Richtung Entlastung“ für Wiener Betriebe. Kriz-Zwittkovits brachte einen Antrag zur Abschaffung der Dienstnehmerabgabe ein. Sie brachte einen weiteren Antrag zur Investitionsquote ein. (Forts.) ato

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