Dritter Nationalratspräsident Norbert Hofer lud zum Dinghofer-Symposium ins Parlament

Medienpreis für den Attersee-Report

Der Stellenwert und die Bedrohungen der Grund- und Freiheitsrechte speziell in Krisenzeiten standen gestern Abend im thematischen Zentrum des Dinghofer-Symposiums. Dritter Nationalratspräsident Norbert Hofer und das Dinghofer-Institut luden dazu ins Parlament im Palais Epstein. Auf Hofers Eröffnungsworte und die Begrüßung durch Martin Graf, dem Präsidenten des Dinghofer-Instituts, folgte eine Keynote von Michael Geistlinger von der Universität Salzburg, in der er über die Entfremdung zwischen Bevölkerung und Politik referierte. Christian Neschwara vom Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte an der Universität Wien ging näher auf die Person Franz Dinghofers und ihre historische Rezeption ein. Der Abend schloss mit der Vergabe des Dinghofer-Medienpreises an den Attersee-Report-Herausgeber Norbert Nemeth. Die Laudatio hielt der ehemalige Verteidigungsminister Helmut Krünes.

HOFER: INNOVATIVE LÖSUNGEN STATT DENKVERBOTE ZUM ERHALT DER FREIHEIT

In seinen Eröffnungsworten drückte Dritter Nationalratspräsident Norbert Hofer seine Freude darüber aus, dass das Dinghofer-Symposium nach dreijähriger Pause wieder stattfinden kann. Die Corona-Maßnahmen hätten es unmöglich gemacht, die Veranstaltung in einem würdigen Rahmen abhalten zu können. Derartige Maßnahmen seien vor der Pandemie nicht denkbar gewesen und verfassungsrechtlich “mehr als fragwürdig”. Hofer spannte den Bogen zum Thema des Symposiums und konstatierte, dass diese “Aushöhlung der Grund- und Freiheitsrechte” angesichts der gegenwärtigen multiplen Krisen nicht der Vergangenheit angehöre. Durch Ukraine-, Teuerungs- und Energiekrise pflanze sie sich fort und verlange nach innovativen Lösungen, um weitere Einschränkungen der individuellen Freiheiten zu verhindern. So berge Österreich viele “Schätze”, wenn es um die Erzeugung erneuerbarer Energien gehe, verfüge aber auch über Gasreserven. Zudem benötige es laut Hofer eine “Renaissance des Bergbaus”, wie er mit Verweis auf die Montanuniversität Leoben als “Vorbild in der ganzen Welt” auf ihrem Gebiet ausführte, sowie die Realisierung neuer Technologien, wie beispielsweise Thorium-Reaktoren. So könne die Entwicklung in Richtung Energieautarkie und somit zu mehr Freiheit, auch für jeden Einzelnen, gelingen. Als kontraproduktiv für diesen Weg betrachtete Hofer Verbote – sowohl jene, die den Einzelnen in seiner Freiheit, etwa ein Eigenheim zu bauen oder Auto zu fahren, beschneiden als auch Denkverbote. Ebenso brauche es weiterhin Stimmen, die sich “dem Zeitgeist kritisch entgegenstellen”, wie Hofer mit Hinblick auf den Medienpreisträger des Abends erklärte.

MICHAEL GEISTLINGER ÜBER DIE ENTFREMDUNG VON VOLK UND POLITIK

Eine multiple Krise, bestehend aus dem Ersten Weltkrieg, dem Zusammenbruch der Donaumonarchie und wirtschaftlichen Verwerfungen,  habe es bereits zu Zeiten Franz Dinghofers zu bewältigen gegolten, führte der außerordentliche Professor für Völkerrecht an der Universität Salzburg Michael Geistlinger aus. Dies sei damals gelungen, da die Ansichten und Werte der damaligen politischen Klasse in hohem Maße mit jenen der Bevölkerung konvergierten. Gänzlich anders verhalte es sich heute. Verfassungsrechtlich argumentierend handelte Geistlinger so alle Krisenerscheinungen der letzten Jahre ab, um die aus seiner Sicht voranschreitende Entfremdung zwischen Bevölkerung und Politikern zu demonstrieren. So habe die Regierung etwa während der Flüchtlingskrise 2015 – die laut Geistlinger eher eine Migrationskrise dargestellt habe – völlig entgegen den Willen eines Großteils der Bevölkerung gehandelt, die niemals zur Aufnahme der Flüchtlinge bzw. Migrant:innen befragt worden sei.

Zu einem weiteren Auseinanderklaffen zwischen Volk und Politik habe die COVID-19-Krise geführt. Es sei dabei ein rechtliches “Minenfeld” geschaffen worden, in das jede/r Bürger:in etwa bei den Lockdowns hätte hineintreten können. Die Impfpflicht sei ein besonders schwerer Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper und wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen gewesen. Sowohl die Medien als auch die darin aufgetretenen Expert:innen hätten gänzlich “gleichgeschaltete” Ansichten vertreten, und nicht die Pluralität der bestehenden Meinungen abgebildet, so Geistlinger.

Den aktuellen Umgang der Bundesregierung mit der Ukraine-Krise bezeichnete Geistlinger als “friedensgefährdend” und ortete Verletzungen der Neutralitätsverpflichtungen. Österreich stelle sein Territorium für Waffenlieferungen zur Verfügung und habe Bereitschaft für Ausbildungsmissionen zu Gunsten der Ukraine signalisiert. Mit der Unterstützung des Sanktionsregimes gegen Russland mache sich Österreich zudem zum “Beitragstäter” und jede/r Bürger:in bekomme den Krieg früher oder später zu spüren. Um dies abzuwenden, müsse eine Vermittlungspolitik nach dem Vorbild Bruno Kreiskys ermöglicht werden. Nur eine Rückbesinnung auf die Grund- und Freiheitsrechte sowie der Dialog über einen auf die Bedürfnisse der Bürger:innen angepassten Grundrechtekatalog könne helfen, “Volk und Eliten wieder miteinander zu versöhnen”.

MARTIN GRAF UND CHRISTIAN NESCHWARA ZUR PERSON UND REZEPTION VON FRANZ DINGHOFER

Richter, Bürgermeister von Linz, Dritter Nationalratspräsident, Justizminister, Vizekanzler, Präsident des Obersten Gerichtshofs: Franz Seraph Dinghofer habe zu den prägendsten Protagonisten österreichischer Zeitgeschichte gezählt, wie Martin Graf, Nationalratsabgeordneter und Präsident des Dinghofer-Instituts ausführte. Nicht zuletzt durch seine Rolle als “Ausrufer” der Ersten Republik hätte er sich einen festen Platz in den “offiziellen Geschichtsbüchern” verdient. Doch darin sei eher wenig über Dinghofer und andere einflussreiche Repräsentant:innen des deutschnationalen bzw. nationalliberalen Lagers zu lesen, wie Graf bemängelte. Das Dinghofer-Institut habe es sich zur Aufgabe gemacht, diesen zu jenem Stellenwert zu verhelfen, der ihnen gebühre.

Sowohl Martin Graf als auch Christian Neschwara vom Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte an der Universität Wien illustrierten die Bemühungen politischer Gegner:innen, Dinghofer posthum zu diffamieren und laut Graf aus parteipolitischem Kalkül “bar jeder Faktenlage das tendenziöse Bild eines habgierigen Ariseurs und Antisemiten” zu zeichnen. Dinghofers NSDAP-Mitgliedschaft habe auf rein “taktischen Überlegungen” in Bezug auf den Erhalt des familiären Vermögens beruht, da er nach dem “Anschluss” Österreichs von den Nationalsozialisten als “unzuverlässig” eingestuft worden sei und seinen Posten als Präsident des Obersten Gerichtshofs habe räumen müssen.

In den vorhandenen Quellen, wie seinem Briefverkehr, sei “keine Spur von rassistischem Antisemitismus” zu erkennen, wie Neschwara, der bei der Veranstaltung sein Buch “100 Jahre Verfassung – 10 Jahre Dinghofer-Institut” vorstellte, berichtete. Trotz seiner deutschnationalen Gesinnung sei Dinghofer im Vergleich zu manchen Sozialist:innen jener Zeit in Fragen des “Anschlusses” geradezu zurückhaltend aufgetreten. Als “pflichtbewusster Patriot” (Neschwara) und Repräsentant eines “Typus der politischen Mitte” (Graf) sei Dinghofer zum Mentor freiheitlicher Politik prädestiniert, zeigten sich beide einig.

DINGHOFER-MEDIENPREIS FÜR DEN ATTERSEE-REPORT

Den Abschluss des Abends bildete die Überreichung des Dinghofer-Medienpreises an den Herausgeber des Attersee-Reportes und Präsidenten des Attersee-Kreises Norbert Nemeth. Die Laudatio hielt der ehemalige Verteidigungsminister und Mitglied des Attersee-Kreises Helmut Krünes, der auf die Wurzeln des Gesprächskreises in studentischen Diskussionsgruppen einging. Er sprach von einer “lebendigen Gruppe”, die sich 1970 zum ersten Mal am Attersee zusammenfand, um sich mit nationalliberalem Gedankengut und philosophischen Grundfragen zu befassen, die etwa das hinter Ideologien steckende Menschenbild betrafen. Es seien lebhafte Diskussionen entstanden, die niemals zu einer “Einheitsmeinung” geführt hätten und immer vom Verständnis für andere Ansichten getragen gewesen seien, so Krünes. Diese Grundhaltung müsse bewahrt werden, da andere politische Richtungen sie bereits aufgegeben hätten. (Schluss) wit

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie auf der Website des Parlaments.

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