Welttierschutztag: Offener Brief an Bundeskanzler Nehammer sowie die Minister Rauch und Totschnig

Angekündigte EU-Tierschutzreformen stehen auf der Kippe

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Nehammer!

Sehr geehrter Herr Bundesminister Rauch!

Sehr geehrter Herr Bundesminister Totschnig!

Im Vorfeld der Informellen Tagung der europäischen Staats- und Regierungschefs am 6. Oktober 2023 wenden wir uns mit einem dringenden Anliegen an Sie.

Die EU-Kommission hat in den letzten Jahren im Rahmen des „Green Deals“ und im Speziellen der „Farm to Fork“-Strategie Tierschutz explizit als Priorität eingestuft. Die Rede zur Lage der Union von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am 13. September 2023 war daher eine herbe Enttäuschung: Längst überfällige Vorhaben der Union zur Verbesserung des Tierwohls wurden von ihr völlig ausgeklammert. Und das, obwohl Millionen von Tieren in der EU täglich unsägliches Leid erfahren – sei es durch die industrielle Massentierhaltung, die tierquälerischen Lebendtiertransporte oder gängige Praktiken der Schlachtung, bei der sie am Ende ihres kurzen Lebens systematisch misshandelt werden.

Die Kommission selbst hat sich das Ziel gesetzt, die Richtlinien für die Haltung, den Transport, die Schlachtung und die Kennzeichnung tierischer Lebensmittel zu überarbeiten. Die Abkehr von diesem Vorhaben ist nicht nur aus Tierschutzsicht ein katastrophaler Rückschlag, sie ist auch eine Missachtung der zentralen Anliegen der europäischen Bürgerinnen und Bürger. Millionen von Menschen haben in den vergangenen Jahren zwei wichtige Europäische Bürgerinitiativen unterschrieben, zum einen „End the Cage Age“ mit dem Ziel, die verbreitete Käfighaltung in der EU zu beenden, zum anderen „Fur Free Europe“, die ein Verbot der EU-weiten Haltung und Tötung von Tieren zur Pelzgewinnung fordert.

Auch die Österreicherinnen und Österreicher haben ihren Willen zu einer Verbesserung des Tierschutzes in der Europäischen Union klar bekundet. So hat sich in einer Online-Umfrage, die VIER PFOTEN Anfang des Jahres 2023 zum Thema Lebendtiertransporte durchführte, eine überwältigende Mehrheit von 93 Prozent der Bevölkerung in Österreich für eine Überarbeitung des gesetzlichen Status Quo in der Europäischen Union ausgesprochen.

Darüber hinaus haben EU-Bürgerinnen und -Bürger das Recht auf eine transparente und einheitliche Kennzeichnung von tierischen Lebensmitteln. 73 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher wünscht sich eine solche Kennzeichnung nicht nur nach der Herkunft, sondern auch nach der Haltungsform der Tiere, wie eine 2019 von VIER PFOTEN in Auftrag gegebene Integral-Studie ergab.

Angesichts dieser klaren Forderungen der europäischen Bevölkerung und im Hinblick auf die derzeit völlig unzureichenden EU Richtlinien, die fühlende Lebewesen auf unmenschliche Weise zur reinen Ware degradieren, fordern wir Sie mit diesem Schreiben auf, sich sowohl bei der Informellen Tagung der europäischen Staats- und Regierungschefs am 6. Oktober 2023 als auch im Rahmen Ihrer Kompetenzen als Bundeskanzler und zuständige Minister auf EU-Ebene für die Anliegen der Tiere sowie der Konsumentinnen und Konsumenten stark zu machen.

Denn noch gibt es die Chance, dass die EU-Kommission trotz der fehlenden Ankündigung die konkreten Gesetzesvorhaben dem EU-Parlament und dem Rat der EU vorlegt, die danach eine genaue Prüfung vornehmen und letztlich abstimmen werden. Umso wichtiger ist es, dass die Mitgliedsstaaten jetzt eine klare Aufforderung an die Europäische Kommission aussprechen.

Es steht viel auf dem Spiel. Die EU hat es in der Hand, das Leben von Millionen Tieren zu verbessern. Sie hat es ebenso in der Hand, den Willen der europäischen Bevölkerung zu berücksichtigen. Und nicht zuletzt geht es um die Glaubwürdigkeit der gesamten Union: Denn sollte die Reform der Tierschutz-Richtlinien nicht wie angekündigt umgesetzt werden, bedeutet dies einen Bruch des Versprechens, das im Rahmen des „Green Deal“und der „Farm to Fork“ Strategie  gegeben wurde.

Tiere haben ein Recht, von uns mit Respekt, Mitgefühl und Verständnis begegnet zu werden. Wenn die Politik nicht endlich handelt, um dem alltäglichen systematischen Quälen von Tieren einen Riegel vorzuschieben, haben wir als Staatengemeinschaft kläglich versagt. Wir fordern Sie daher dringend auf, eine längst überfällige Reform der entsprechenden EU-Richtlinien aktiv zu unterstützen!

Mit freundlichen Grüßen,

Eva Rosenberg

Direktorin VIER PFOTEN Österreich

Mag. Elisabeth Penz
Press Office Austria
VIER PFOTEN – Stiftung für Tierschutz
Linke Wienzeile 236, 1150 Wien

Tel: + 43 (0)1 895 02 02 – 66
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