Betriebliche Berufsausbildung in der Land- und Forstwirtschaft soll bundeseinheitlich geregelt werden

Landwirtschaftsausschuss diskutiert EU-Vorhaben für 2024

Der Landwirtschaftsausschuss hat sich heute mit breiter Mehrheit für die bundesweite Vereinheitlichung der betrieblichen Berufsausbildung in der Land- und Forstwirtschaft ausgesprochen. Weitere Aspekte betreffen den Entfall der Gebühren für Meisterprüfungen, die Eintragungsfähigkeit des Meistertitels in amtliche Urkunden sowie die Etablierung des neuen Lehrberufs “Berufsjagdwirtschaft”. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig sprach von einem “Meilenstein” in der Berufsausbildung. Kritik kam von der FPÖ, die eine Mitsprache der Parlamentsfraktionen bei der Zusammensetzung des den Landwirtschaftsminister beratenden Berufsausbildungsbeirates einforderte.

Einhellige Zustimmung gab es zur Verlegung des Sitzes der Internationalen Organisation für Rebe und Wein von Paris nach Dijon. Zudem diskutierten die Abgeordneten die EU-Jahresvorschau des Landwirtschaftsministers für 2024, die über die wichtigsten Vorhaben auf europäischer Ebene in seinem Arbeitsbereich berichtet.

BUNDESEINHEITLICHE REGELUNG ZUR BERUFSAUSBILDUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT

Da derzeit eine unübersichtliche Rechtslage bestehe, soll mit dem neuen Land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetz der gesamte Bereich der betrieblichen Berufsausbildung in der Land- und Forstwirtschaft erstmals bundeseinheitlich geregelt und die in diesem Bereich bestehenden Bundes- und Landesregelungen ersetzt werden. Die entsprechende Regierungsvorlage (2446 d.B.) wurde heute unter Einbeziehung eines von den Koalitionsfraktionen eingebrachten Abänderungsantrags mit redaktionellen Änderungen durch ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS mehrheitlich beschlossen.

Die Neuregelung soll für alle Personen, die an land- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsmaßnahmen teilnehmen gelten und alle Ausbildungsebenen (Facharbeiter:innen, Meister:innen) abdecken. Ausbildungen in Schulen, an Fachhochschulen, Hochschulen und Universitäten sind von der Neuregelung nicht umfasst. Zur koordinierten und laufenden Beratung des Landwirtschaftsministers ist die Einrichtung eines “Land- und Forstwirtschaftlichen Bundes-Berufsausbildungsbeirates” geplant. In der Minderheit blieb ein dazu von der FPÖ eingebrachter Abänderungsantrag, in dem vorgeschlagen wird, dass alle im Hauptausschuss des Nationalrats vertretenen Parteien ein fachkundiges Mitglied des Beirates nominieren können sollten.

Weitere Aspekte des Gesetzesvorhabens betreffen den Entfall der Gebühren für Meisterprüfungen sowie die Eintragungsfähigkeit des Meistertitels in amtliche Urkunden. Zudem wird mit der Schaffung des neuen Lehrberufs “Berufsjagdwirtschaft”, erstmals eine bundesweit einheitliche Ausbildung in einem derartigen Beruf ermöglicht. Zudem stärke die Eintragung von Berufstitel das Selbstbild in der Landwirtschaft.

Klaus Lindinger (ÖVP) begrüßte die angestrebte einheitliche österreichweite Regelung der vormals neun unterschiedlichen Landesbestimmungen. Lindinger dankte den anderen Fraktionen für die “gute Zusammenarbeit” bei dieser Materie. Dem schloss sich Olga Voglauer (Grüne) an. Es sei gut, dass auch der Bio-Bereich mit der Schwerpunktausbildung “Biologische Landwirtschaft” eingebunden sei. Was die Berufsjagd betrifft, hoffte die Grünen-Mandatarin auf großes Interesse bei Frauen.

Eine gut funktionierende Landwirtschaft brauche gut ausgebildete Fachkräfte, betonte Alois Stöger (SPÖ), der von einem großen Schritt sprach. Die gemeinsame österreichweite Ausbildung der 5.000 Lehrlinge in diesem Bereich sei arbeitsmarktpolitisch zu begrüßen.

Die FPÖ sei mit ihren Argumenten bei den Verhandlungen nicht durchgekommen, weshalb man mit dem von ihr vorgelegten Abänderungsantrag, den Beirat entpolitisieren und auf “faire Beine stellen” wollte, hielt Peter Schmiedlechner (FPÖ) fest. Im Gegensatz zur angedachten Regierunsvorlage habe die FPÖ klare Richtlinien für die Fachexpert:innen des Beirats festlegen wollen. Der Vorschlag der FPÖ sei das Gegenteil einer Entpolitisierung, weshalb man diesen abgelehnt habe, erwiderte Klaus Lindinger (ÖVP).

Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig sprach von einem “Meilenstein in der Berufsausbildung”. Die Änderungen seien aufgrund einer Kompetenzverschiebung in der Verfassung notwendig geworden. Die Gesetzgebung in der Berufsausbildung sei künftig Bundessache, der Vollzug bleibe Sache der Länder. Was den Beirat betrifft, so sei dies der “übliche Prozess”, um die notwendige Expertise für die Berufsausbildung aus der Praxis zu bekommen, so Totschnig gegenüber Karin Doppelbauer (NEOS).

EU-JAHRESVORSCHAU: START DES STRATEGISCHEN DIALOGS ZUR ZUKUNFT DER LANDWIRTSCHAFT

Ende Jänner 2024 sei der offizielle Auftakt des von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen initiierten Strategischen Dialogs zur Zukunft der Landwirtschaft erfolgt, heißt es in der von ÖVP, Grünen und NEOS mehrheitlich zur Kenntnis genommenen EU-Jahresvorschau, in der der Landwirtschaftsminister über die Schwerpunkte und Vorhaben auf europäischer Ebene aus seinem Zuständigkeitsbereich berichtet (III-1113 d.B.). Bis zum Sommer 2024 soll dazu eine Vision für den grünen Übergang der Landwirtschaft auf faire, praktikable und integrative Weise erarbeitet und dabei die Einbindung aller Akteure entlang der Lebensmittelkette sichergestellt werden. Beim nationalen GAP-Strategieplan soll 2024 eine Anpassung vorgenommen werden, wobei es dabei in erster Linie um die Integration des “Impulsprogramms für die Landwirtschaft” geht. Bis 2027 sollen zusätzliche 360 Mio. € an nationalen Mitteln für das Agrarumweltprogramm ÖPUL, für die Unterstützung der Berg- und benachteiligten Gebiete sowie für die Investitionsförderung zur Verfügung gestellt werden, informierte Landwirtschaftsminister Totschnig im Ausschuss.

Laut dem Vorhabenbericht kann für den EU-Agrarmarkt insgesamt festgestellt werden, dass die Lebensmittelversorgung trotz der vergangenen Krisenjahre bisher nie gefährdet war. Die massiv gestiegenen Produktionskosten der Landwirtschaft hätten allerdings nur teilweise durch gestiegene Verbraucherpreise und Abfederungsmaßnahmen kompensiert werden können. Totschnig sprach der Ukraine weiterhin “volle Solidarität” zu, die Maßnahmen dürften jedoch nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Was die bilateralen Handelsgespräche etwa mit Australien, Mexico und den Mercosur-Staaten betrifft, habe eine Fortführung sowohl für die EK als auch für die EU-Präsidentschaft Priorität. Er setze sich jedoch weiterhin auf allen Ebenen gegen das Mercosur-Abkommen ein, betonte der Landwirtschaftsminister. Im Forstbereich plane der belgische Ratsvorsitz Vorschläge zu einem europäischen Waldmonitoring vorzulegen, für Totschnig liegt aber die Kompetenz in diesem Bereich weiterhin bei den Mitgliedstaaten.

Er stehe zu den Zielen des Green Deals und zu einer “grünen Wachstumsstrategie”, betonte der Landwirtschaftsminister in der Diskussion mit den Abgeordneten gegenüber Peter Schmiedlechner (FPÖ), Olga Voglauer (Grüne), Johannes Schmuckenschlager (ÖVP) und Michael Seemayer (SPÖ). Für Totschnig braucht es eine “Kurskorrektur”, da die aktuelle “Verbotspolitik” der EU-Kommission große Herausforderungen für die Bauern und Bäuerinnen mit sich bringe. Besser sei die in Österreich gewählte “praxisnahe Anreizpolitik”. Für Österreich gehe es etwa um die Verringerung des Kontrollaufwandes, um angemessene Einkommen und eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung. Schmuckenschlager hatte die europaweit stattfindenden Bauernproteste auf den Unmut über die Umsetzung der gemeinsamen Agrarpolitik sowie des Green Deals zurückgeführt. Schmiedlechner sprach von “massiven Auswirkungen” auf die Betriebe, die die Bauern und Bäuerinnen “in die Knie zwingen” würden. Im Gegensatz dazu wollte Grünen-Mandatarin Voglauer “eine Lanze für den Green Deal brechen”. Speziell die österreichische Landwirtschaft habe viele Vorleistungen mit dem Agrarumweltprogramm ÖPUL dazu erbracht und könne ein Best-Practice-Beispiel für andere EU-Länder sein. Laut Seemayer kommt es seit längerem zur Aushöhlung des Green Deals.

Von Astrid Rössler (Grüne) auf seine Position zu den Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Flächen (GLÖZ-Standards) im Rahmen der GAP angesprochen, hielt Totschnig fest, dass die EU-Kommission unter dem Eindruck der Bauernproteste Änderungen zum Bürokratieabbau und zur Verwaltungsvereinfachung für die Bauern und Bäuerinnen angekündigt habe. Grundsätzliches Ziel der Kommission sei ein Bürokratieabbau um 25 %.

Johann Weber (ÖVP) und Gerald Hauser (FPÖ) brachten das Thema Laborfleisch zur Sprache. Laborfleisch stehe im Widerspruch zur bäuerlichen Lebensmittelproduktion und sei eine Gefahr für die Landwirtschaft, betonte der Minister. Fleischimitate seien aber auf dem Vormarsch, weshalb es nur eine Frage der Zeit sei, bis es erste Zulassungsanträge in der EU geben werde. Totschnig forderte deshalb eine breite und faktenbasierte Diskussion über die Folgen einer Zulassung.

Für Karin Doppelbauer braucht es eine “rasche Trendumkehr” bei der Wertschöpfungssteigerung für die Landwirtschaft, da die durchschnittlichen Einkommen pro Arbeitskraft in der heimischen Landwirtschaft im EU-Vergleich niedrig seien. Wertschöpfung sei gerade für eine kleine Volkswirtschaft wie Österreich wichtig, weshalb man in der landwirtschaftlichen Produktion auf Qualität und gut ausgebildete Betriebe setzen müsse, so der Landwirtschaftsminister. Dazu bedürfe es attraktiver Prämien im Agrarumweltprogramm ÖPUL.

Elisabeth Feichtinger und Petra Tanzler (beide SPÖ) sahen die Zurückziehung des Vorschlags zu einer verbindlichen Pestizidreduktion durch die EU-Kommission kritisch. Auch ohne Pestizidverordnung habe bereits eine Reduktion der Wirkstoffe stattgefunden, antwortete der Minister. Dies habe aber auch negative Auswirkungen auf die Vielfalt der Kulturpflanzen, etwa bei Raps. Laut Totschnig will sich die nach den EU-Parlamentswahlen neu zusammengesetzte Kommission wieder damit beschäftigen.

Petra Tanzler (SPÖ) fragte auch nach der Position des Ministers zur im Rahmen der GAP beschlossenen sozialen Konditionalität. Diese sei Bestandteil der GAP, er strebe hier keine Veränderungen an, versicherte Totschnig.

Katharina Werner (NEOS) sprach sich für den Abschluss des Mercosur-Abkommens aus. So könne man europäische Standards in anderen Ländern durchsetzen. Dem widersprach Totschnig. Beim Mercosur-Abkommen handle es sich um ein “Freihandelsabkommen im Stile der 1990er-Jahre”, in dem etwa keine Nachhaltigkeitskriterien festgelegt seien.

Was den Freihandel mit der Ukraine betrifft, vertrete Österreich die Position, dass die Stabilität auf dem europäischen Markt gewährleistet bleiben müsse, betonte der Landwirtschaftsminister gegenüber Peter Schmiedlechner (FPÖ) und Nikolaus Berlakovich (ÖVP). Die Kommission plane die Verlängerung des Aussetzens von EU-Agrarmarktschutzmaßnahmen für bestimmte Agrarprodukte der Ukraine für ein weiteres Jahr bis Juni 2025, wobei für Geflügelfleisch, Eier und Zucker zollfreie Kontingente festgelegt würden. Schmiedlechner hatte nach nationalen Regeln zur Verhinderung von “ukrainischen Importschwemmen” auf dem heimischen Markt gefragt. Für Berlakovich ist der russische Angriffskrieg der Auslöser für die Probleme in der Landwirtschaft. Nach der Einführung sogenannter “Solidarity Lanes” zum Agrarexport für die Ukraine, steuere die EU nun mit der Kontingentierung von Produkten aus der Ukraine gegen.

SITZ DER INTERNATIONALEN ORGANISATION FÜR REBE UND WEIN SOLL VERLEGT WERDEN

Um den Sitz der Internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV) von Paris nach Dijon (Frankreich) zu verlegen, bedarf es einer Änderung des Gründungsabkommens. Nach einem umfassenden Prüfungsprozess habe sich der Ort Dijon gegenüber anderen Regionen in Frankreich durchgesetzt. Die Adaptierungsarbeiten sowie die jährlichen Betriebskosten der entsprechenden Liegenschaft in Dijon würden von Frankreich getragen werden, heißt es in der einstimmig angenommenen Regierungsvorlage (2434 d.B.). (Fortsetzung Landwirtschaftsausschuss) med

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