
Nationalrat beschließt Aus für Bildungskarenz und weitere Maßnahmen zur Budgetsanierung
Energiekrisenbeitrag für Energieunternehmen wird verlängert, gesetzliches Budgetprovisorium 2025 fixiert
Bereits unmittelbar nach der Vorstellung der neuen Bundesregierung der Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS haben die Abgeordneten heute im Nationalrat erste Maßnahmen zur Budgetsanierung beschlossen. Damit soll nicht zuletzt ein EU-Defizitverfahren vermieden werden. Teil des Pakets ist die bereits angekündigte Abschaffung der Bildungskarenz, die heute per Abänderungsantrag von den Koalitionsparteien konkretisiert wurde. Die Bildungskarenz wird demnach mit 31. März 2025 auslaufen, für bestehende Vereinbarungen wurde eine Übergangsregelung verankert. In der Debatte hieß es dazu seitens ÖVP und SPÖ, dass man sich für ein Nachfolgemodell einsetze.
Zum Budgetsanierungspaket zählen unter anderem auch eine höhere Bankenabgabe und das Ende der Umsatzsteuerbefreiung für kleine Photovoltaikanlagen. Ebenfalls per Abänderung der Koalitionsparteien wird der bisherige Energiekrisenbeitrag für Energieerzeuger für fünf Jahre verlängert. Zudem soll etwa die Erlösschwelle, ab der die „Übergewinne“ abgeschöpft werden sollen, für Stromfirmen ab 1. April deutlich sinken und der darüber hinausgehende Betrag höher versteuert werden.
Neben ÖVP, SPÖ und NEOS stimmten die Grünen in Zweiter Lesung für Teile des Budgetpakets, lehnten allerdings in einer getrennten Abstimmung die Änderungen betreffend Photovoltaikanlagen, das Ende der Befreiung betreffend Versicherungssteuer für Elektrofahrzeuge, die Abschaffung der Bildungskarenz sowie die Änderungen zum Energiekrisenbeitrag ab. Sie brachten ihrerseits Anträge ein, die allerdings durchwegs in der Minderheit blieben. So forderten die Grünen die Beibehaltung der Umsatzsteuerbefreiung für kleine Photovoltaikanlagen, eine zielsichere Reform der Bildungskarenz statt deren Abschaffung und eine Erneuerung der Klimaförderungen sowie ein „Schluss mit klimaschädlichen Subventionen“.
Um mehr Flexibilität im Budgetvollzug zu haben, hat der Nationalrat außerdem ein gesetzliches Budgetprovisorium beschlossen. Es ersetzt das automatische Budgetprovisorium und wird solange gelten, bis ein endgültiges Budget für 2025 vorliegt.
Einstimmig haben die Abgeordneten außerdem ein neues Kreditdienstleister- und Kreditverkäufergesetz zur Umsetzung einer EU-Richtlinie verabschiedet.
BILDUNGSKARENZ LÄUFT MIT 31. MÄRZ 2025 AUS
Das Weiterbildungsgeld und das Bildungsteilzeitgeld werden laut dem Abänderungsantrag mit 31. März 2025 auslaufen. Bildungskarenz und Bildungsteilzeit können künftig zwar weiterhin mit dem Arbeitgeber vereinbart werden, eine staatliche Unterstützung für Arbeitnehmer:innen wird es in dieser Zeit allerdings nicht mehr geben. Für bereits begonnene bzw. unmittelbar bevorstehende Bildungskarenzen wurde aber eine Übergangsregelung verankert. Wurde eine Bildungskarenz in Modulen vereinbart, so können offene Module dann absolviert werden, wenn für diese bis Ende März 2025 ein zuerkannter Anspruch vonseiten des Arbeitsmarktservice vorliegt. Ebenso sollen diese Regelungen gelten, wenn bis Ende Februar 2025 eine Vereinbarung abgeschlossen wurde und die Bildungsmaßnahme spätestens am 31. Mai 2025 beginnt.
Evaluierungen würden geringe oder negative Wirkungen einer Bildungskarenz auf Beschäftigung und Einkommen der Teilnehmer:innen zeigen, wird die Maßnahme begründet. Die Gesamtausgaben dafür seien von 236 Mio. Ꞓ (2019) auf 646 Mio. Ꞓ (2024) gestiegen.
ZAHLREICHE WEITERE MASSNAHMEN ZUR BUDGETSANIERUNG
Eingebaut wurde das Aus für die Bildungskarenz in das sogenannte Budgetsanierungsmaßnahmengesetz 2025, das zahlreiche weitere Maßnahmen zur Reduzierung des Budgetdefizits enthält. So müssen etwa Banken und Energieunternehmen durch temporäre Sonderabgaben einen Beitrag zur Budgetsanierung leisten. Auch von verschiedenen Anpassungen im Tabaksteuergesetz, höheren Gebühren für Wetteinsätze und einer Verlängerung des Spitzensteuersatzes erwartet sich die Regierung zusätzliche Budgeteinnahmen.
Konkret sieht das Paket unter anderem vor, die Umsatzsteuerbefreiung für Photovoltaikmodule ab 1. April 2025 aufzuheben, wobei für vor dem 7. März abgeschlossene Verträge eine Übergangsregelung vorgesehen ist. Auch die Befreiung von der motorbezogenen Versicherungssteuer für Elektrofahrzeuge soll ab Anfang April fallen. Allerdings soll laut Erläuterungen zumindest eine gewisse steuerliche Besserstellung der E-Fahrzeuge aufrecht erhalten werden. Befreit sein sollen zukünftig noch Mopeds mit elektrischem Antrieb.
Außerdem wird der Spitzensteuersatz von 55 % um weitere vier Jahre – bis 2029 – verlängert und die Rechtsgeschäftsgebühr für Wetten von 2 % auf 5 % der Wetteinsätze angehoben. Zur Steigerung des Tabaksteueraufkommens wird unter anderem die Mindestverbrauchsteuer auf Zigaretten von 163 Ꞓ auf 175 Ꞓ je 1.000 Stück erhöht. Auch Tabak zum Erhitzen wird stärker besteuert. Banken sollen zum einen durch eine Erhöhung der Stabilitätsabgabe und zum anderen durch Sonderzahlungen in den Jahren 2025 und 2026 in der Höhe von jeweils rund 300 Mio. Ꞓ einen Beitrag zur Budgetsanierung leisten.
Mit der Verlängerung des Energiekrisenbeitrag-Strom (EKB-S) werden für Anlagen, die vor dem 1. April 2025 in Betrieb genommen wurden, Markterlöse (Überschusserlöse), die über 90 Ꞓ je Megawattstunde liegen, zu 95 % abgeschöpft. Für Anlagen, die ab 1. April in Betrieb genommen werden, gilt eine Schwelle von 100 Ꞓ je Megawattstunde. Gelten soll die Maßnahme für fünf Jahre in fünf Erhebungszeiträumen bis 1. April 2030. Wie in der Vergangenheit gibt es einen Absetzbetrag für begünstigte Investitionen. Mit dem EKB-S soll laut Erläuterungen nicht nur ein Beitrag zur Budgetkonsolidierung erbracht werden, sondern dieser soll auch weiterhin der Hintanhaltung überhöhter Preise im Energiesektor dienen.
Für den Energiekrisenbeitrag fossile Energieträger (EKB-F) von 40 % der Bemessungsgrundlage soll der letzte Erhebungszeitraum mit dem Kalenderjahr 2029 enden. Der EKB-F ist für steuerpflichtige Gewinne zu zahlen, die um mehr als 5 % über dem Durchschnittsbetrag liegen.
DEBATTE ÜBER RASCHE MASSNAHMEN DER NEUEN BUNDESREGIERUNG
Die Budgetsanierung stelle eine „riesige Aufgabe“ dar und soll trotz drängender Zeit auf Basis von Daten, Fakten, und wissenschaftlichen Analysen vorgenommen werden, sagte Finanzminister Markus Marterbauer. Er betonte außerdem, dass die Sanierung des Budgets keinen Selbstzweck darstelle, sondern damit Spielräume für Zukunftshemen eröffnet werden sollen. Auch die Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium Elisabeth Zehetner-Piewald sieht herausfordernde Zeiten und Unternehmen unter Druck. Es gehe darum, den Wohlstand in Österreich zu sichern und für eine starke Zukunft zu sorgen. Wichtig sei, dass Energie für die Menschen leistbar bleibe und dass Unternehmen Planungssicherheit haben. Durch den Energiekostenbeitrag würden Einnahmen ins Budget fließen, ohne dass die Energiepreise erhöht würden. Investitionen in erneuerbare Energie würden anrechenbar bleiben, zeigte sich die Staatssekretärin überzeugt, dass die Energiewende nicht gebremst, sondern gestärkt werde.
Schon wenige Tage nach Angelobung der Bundesregierung liege ein Maßnahmenpaket zur Konsolidierung vor, betonte Andreas Hanger (ÖVP), sodass man umgehend die erforderlichen Schritte für Lösungen setze. Klaus Lindinger (ÖVP) zufolge soll als Nachfolge der Bildungskarenz ein neues, treffsicheres Modell aufgestellt werden. Nunmehr sei ein entschlossenes Maßnahmenpaket geschnürt worden, meinte auch Angela Baumgartner (ÖVP). Angesichts der wirtschaftlichen Herausforderungen soll ihr zufolge zeitnah ein Doppelbudget folgen.
Auch Kai Jan Krainer (SPÖ) hob hervor, dass bereits 100 Stunden nach Angelobung der Bundesregierung ein Maßnahmenpaket vorliege, etwa hinsichtlich des Spitzensteuersatzes und der moderaten Einbeziehung der E-Fahrzeuge in die Versicherungssteuer. Was die Bildungskarenz betrifft, werde die Sozialdemokratie alles daran setzen, ein Nachfolgemodell zu schaffen, betonte Barbara Teiber (SPÖ). Es gelte dabei, Weiterbildung auch Personen mit geringer formaler Qualifikation zu ermöglichen.
In kurzer Zeit seien wirksame Maßnahmen zu setzen, weil die EU-Kommission einen Fahrplan erwarte, hielt Karin Doppelbauer (NEOS) fest. Auch für die NEOS gehe es hier um einen Kompromiss. Sie nannte aus den aktuellen Maßnahmen unter anderem den Energiekostenbeitrag. Wenn keine Zeit bleibe, gelte es zu handeln, und das werde nun getan, so Markus Hofer (NEOS). So werde der Bankenbeitrag erhöht und eine motorbezogene Versicherungssteuer auch für die E-Mobilität anwendbar. Johannes Gasser (NEOS) meinte zur Bildungskarenz, dass diese dem Arbeitsmarkt nicht geholfen habe. Zudem wies er auf andere Unterstützungsleistungen wie etwa das Fachkräftestipendium oder das Selbsterhalterstipendium hin.
Warum hinsichtlich des Budgets jetzt die „Scherben“ weggeräumt werden müssten, sieht Arnold Schiefer (FPÖ) zwar nicht ein, will aber dennoch „unterstützen, wo es geht“. Er befürchte allerdings, dass nicht viele Reformen übrig bleiben. Hubert Fuchs (FPÖ) wiederum würde sich Transparenz und eine Wirkungsfolgenabschätzung bei Maßnahmenpaketen erwarten. Das EU-Defizitverfahren zum „größten Budgetloch aller Zeiten“ sei außerdem im ersten Schritt nur durch das tatkräftige Einschreiten der FPÖ verhindert worden. Ähnlich wie Markus Leinfellner (FPÖ) sparte er nicht mit Kritik an der neuen Regierung bzw. der von ihm so bezeichneten „Verliererkoalition“.
Jakob Schwarz (Grüne) bot zwar konstruktive Zusammenarbeit an, hielt aber auch mit seiner Kritik nicht hinter dem Berg, was Kürzungen der Klimaförderungen betrifft. Stattdessen würden klimaschädliche Maßnahmen wiedereingeführt, bemängelte er. So würden Klimaziele nicht erreicht werden können. Auch Nina Tomaselli (Grüne) ortet in den Maßnahmen eine „Anti-Zukunftspolitik“. Markus Koza (Grüne) wiederum kritisierte vor allem die Abschaffung der Bildungskarenz, und bemängelte, dass man künftig reich sein müsse, um sich Weiterbildung zu leisten und dadurch auch Arbeitslosigkeit drohe.
GESETZLICHES BUDGETPROVISORIUM FÜR 2025
Da die Abgeordneten aufgrund der Nationalratswahl im vergangenen Herbst kein Budget für das Jahr 2025 beschlossen haben, ist seitdem ein automatisches Budgetprovisorium in Kraft. Mit diesem wurden die Ausgabenobergrenzen des Bundesfinanzgesetzes 2024 de facto fortgeschrieben, wobei es zusätzlich einen Deckel für Schuldenaufnahmen gibt.
Das heute beschlossene gesetzliche Provisorium soll nun mehr Flexibilität bis zum endgültigen Beschluss des Bundesfinanzgesetzes 2025 bringen. Ein entsprechender Gesetzesantrag der drei Koalitionsparteien hat auch die Zustimmung der Grünen erhalten. Damit wollen die Abgeordneten die fortlaufende Finanzierung des Bundeshaushalts sicherstellen.
Das gesetzliche Provisorium sei wichtig, damit es das automatische ablöse, hielt dazu Finanzminister Marterbauer fest. Das gesetzliche Provisorium diene der finanziellen Stabilität der Republik, so Andreas Hanger (ÖVP). Karin Greiner (SPÖ) ergänzte dazu, dass eine Vorlage für die personelle Ausstattung und zu den budgetären Anpassungen betreffend die neuen Ministerien Ende März erfolgen soll.
EFFIZIENTER SEKUNDÄRMARKT FÜR NOTLEIDENDE KREDITE
Einstimmig hat der Nationalrat ein neues Kreditdienstleister- und Kreditverkäufergesetz beschlossen. Damit setzt Österreich eine EU-Richtlinie um. Ziel ist es, durch einen einheitlichen Rechtsrahmen für Kreditdienstleister und -käufer einen effizienten Sekundärmarkt für „notleidende Kredite“ in Europa zu etablieren. So sollen etwa Kreditinstitute, die viele notleidende Kredite haben und nicht über das Personal oder die Sachkenntnis verfügen, um diese ordnungsgemäß zu verwalten, diese einfacher an einen Kreditkäufer mit der nötigen Risikobereitschaft und Sachkompetenz veräußern können. Die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) soll als zuständige Behörde die notwendigen Aufsichts-, Untersuchungs- und Sanktionsbefugnisse erhalten. (Fortsetzung Nationalrat) mbu/gs
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.
————————-
Pressedienst der Parlamentsdirektion
Parlamentskorrespondenz
Tel. +43 1 40110/2272
pressedienst@parlament.gv.at
http://www.parlament.gv.at
www.facebook.com/OeParl
www.twitter.com/oeparl
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender