
1. Wiener Gemeinderat (4)
Konstituierende Sitzung; Erklärung des Bürgermeisters
Im Anschluss an die Wahl der Amtsführenden Stadträtinnen und Stadträte trat der frisch wieder bestellte Wiener Bürgermeister Michael Ludwig vor das Stadtparlament, um eine Erklärung abzugeben.
Bürgermeister Ludwig gratulierte allen Mitgliedern der Stadtregierung zur erfolgten Wahl und wünschte allen Mitgliedern des nunmehr konstituierten Gemeinderats viel Erfolg für ihre kommende Arbeit. Wien sei in vielen Rankings die lebenswerteste Stadt und ein Wirtschaftsmotor im Land. Es sei gelungen, einen kurzen Wahlkampf zu führen und eine tragfähige Regierung noch vor dem Sommer zu bilden. Diese Regierung stehe für Stabilität und gleichzeitig den Mut und Willen zur Veränderung. Ludwig betonte die Bedeutung der Kooperation in Wien über alle Parteigrenzen hinweg. Damit sei Wien ein Vorbild.
Wien sei nach dem zweiten Weltkrieg eine „völlig zerstörte Stadt“ gewesen. Dennoch gelang es mit viel Mut und Zuversicht, vor etwas mehr als 80 Jahren die Republik neu zu gründen. Dabei wurde gezeigt, wie wichtig die Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinweg sei.
Für Gewalt sei in unserer Gesellschaft kein Platz, so Ludwig. Er zeigte sich sehr betroffen von den Toten beim heutigen Amoklauf an einer Grazer Schule. Es sei schwierig, angesichts eines solchen Ereignisses zur Tagesordnung überzugehen. Es werde in den nächsten Tagen zu analysieren sein, wie ein solches Ereignis geschehen konnte und allen betroffenen Familien die bestmögliche Unterstützung zukommen zu lassen. Zudem werde das Rathaus werde schwarz beflaggt werden.
Ludwig betonte erneut das Miteinander „über alle ideologischen Grenzen hinweg“. Es gebe nämlich zahlreiche Herausforderungen vor denen die Stadt stehe. Eine davon sei die angespannte budgetäre Situation, vor der alle Gebietskörperschaften der Republik stünden – Bund, Länder und Gemeinden. In Wien befinde man sich im Mittelfeld aller Länder. Der Anteil Wiens am Gesamtbudgetdefizit sei jedoch von 0,2 auf 0,3 Prozent gestiegen. Es werde in allen Bereichen Sparmaßnahmen brauchen, aber ohne „das zarte Pflänzchen der Konjunktur“ abzuwürgen.
Es habe auch Auswirkungen auf Wien, wie sich die internationale Politik entwickle. So sei im Rahmen des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine der Energiepreis stark gestiegen. Auch die Zollpolitik des US-Präsidenten Trump sei ein Thema. „Es hängt von uns ab“, dafür zu sorgen, dass Wien auch künftig der Wirtschaftsmotor des Landes bleibe. Dazu trage auch die Zusammenarbeit öffentlicher Stellen mit jenen der Wirtschaft bei. Zukunftsweisend seien hier insbesondere künstliche Intelligenz, Quantencomputing und Cybersicherheit. Wien werde sich dafür einsetzen, eine Gigafactory in die Stadt zu bringen. Diese werde dazu beitragen, dass Wien auch in Zukunft einer der wichtigsten Wirtschaftsstandorte bleiben werde. Als möglichen Standort für das in diesem Zusammenhang geplante „urbane Gewerbezentrum“ nannte Ludwig die ehemalige Opel-Fabrik in der Donaustadt. Er zeigte sich zuversichtlich, für diese milliardenschwere Investition den Zuschlag erhalten zu können.
Wien sei nicht nur ein wichtiger Universitätsstandort mit 200.000 Student*innen, sondern auch im dualen Ausbildungssystem sehr gut aufgestellt. In Aspern werde die größte und modernste Berufsschule entstehen. Er betonte auch den Stellenwert der Klein- und Mittelbetriebe in der Stadt. Diese sollen durch aktive Maßnahmen zur Belebung der lokalen Wirtschaft, zur Reduktion von Leerstand und zur Förderung kultureller Angebote in den Bezirken gestärkt werden. Ein Mittel zum Zweck wird eine digitale Leerstandsdatenbank sein, als Grundlage für ein vorausschauendes Leerstandsmanagement.
Wien habe bereits bewiesen, dass es Impulse in zukunftsweisenden Feldern zu setzen – etwa im Bereich der Life Sciences, die 49.000 Arbeitsplätze in Wien geschaffen haben. Dass Wien eine Wissenschafts- und Forschungsstadt sei, werde auch der modernste Universitätscampus Europas im Otto Wagner Areal unterstreichen. Geplant sei unter anderem die Ansiedlung der MUK – Musik und Privatuniversität der Stadt Wien, weiterer Forschungseinrichtungen und Kulturinstitutionen wie beispielsweise dem neuen Atelierhaus der Stadt, das rund 100 Künstler*innen Arbeitsräume, Ausstellungsflächen und Residencies bieten werde. Zusätzlich werde sich die Stadt verstärkt darum bemühen, die besten internationalen Fachkräfte und Forscher*innen aus dem Ausland nach Wien zu holen.
Es gebe in Wien den höchsten Beschäftigungsstand in der Geschichte der Stadt. Das dürfe jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es Gruppen gebe, die Unterstützung bräuchten, im Arbeitsleben Fuß zu fassen. Dazu gehörten etwa die Joboffensive für Jugendliche und die Förderung von Frauen in einer neuen „Frauenarbeitsstiftung Wien“, etwa beim Wiedereinstieg nach der Karenz. Es freue ihn sehr, so Ludwig, dass es in Wien mit dem Wiener ArbeitnehmerInnenförderungsfonds (waff) eine einzigartige Institution gebe, die vielen Menschen die Möglichkeit gegeben habe, am Arbeitsmarkt zu reüssieren.
Ein weiterer florierender Wirtschaftszweig sei der Tourismus. Es sei das Ziel der kommenden Stadtregierung den Tourismus in Richtung Qualität zu lenken und Overtourism zu verhindern. Insbesondere gelte das für den Konferenz- und Kongresstourismus. Es habe im letzten Jahr in Wien die meisten Kongresse und Konferenzen weltweit gegebn. Dies habe sich mit 1,32 Milliarden Euro Wertschöpfung positiv auf die Entwicklung der Wirtschaft ausgewirkt. Auch die Austragung des ESC 2026 nannte Ludwig als Ziel. Dies sei eine Riesenchance, Wien abermals als lebenswerteste Stadt der Welt zu präsentieren – und kräftige Impulse für unseren Wirtschaftsstandort zu setzen.
Solidarität unter den Bundesländern sei für ihn selbstverständlich, so Ludwig. Dies gelte etwa für den Stabilitätspakt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Er werde darauf achten, Budgetdisziplin und soziale Verantwortung gleichermaßen wahrzunehmen. Dies werde alle Bereiche betreffen, auch die mehrfach diskutierte Sozialhilfe und Mindestsicherung. Alle im arbeitsfähigen Alter sollten die Mindestsicherung über das AMS erhalten – denn Ziel ist es, arbeitsfähige Mindestsicherungsbezieher*innen so rasch wie möglich in Erwerbstätigkeit zu bringen. Zudem brauche es eine Kindergrundsicherung und eine Residenzpflicht für Mindestsicherungsbezieher*innen, die bundesweit geregelt sei. Auch die Lasten, die etwa auch durch Migration entstünden, seien fair aufzuteilen.
Die Erfüllung der Bedürfnisse der Menschen im Alltag sei ein besonderes Anliegen der Stadtregierung. Dies betreffe insbesondere den Bereich des Gesundheitswesens. Es habe in der Vergangenheit große Fortschritte in der Medizin gegeben – all das müsse allen Menschen zur Verfügung stehen, unabhängig von ihrem sozialen oder finanziellen Hintergrund. Neben der Reparatur- sei auch die Präventionsmedizin ein wichtiges Feld, da sie sowohl individuelles Leid mindere als auch insgesamt die Kosten für die Allgemeinheit senke. Wien habe im Schnitt 20 Prozent Gastpatient*innen aus anderen Bundesländern, was zeige, dass die Stadt durchaus gut aufgestellt sei. Es gelte nun, die bestehenden Institutionen zu modernisieren, erweitern und verbessern. Bis 2030 will man mehr als 100 dezentrale Versorgungseinrichtungen etabliert haben. Dazu gehören: Primärversorgungszentren, Zentren für Kindermedizin, psychosoziale Versorgungsangebote für Kinder und Erwachsene sowie fachmedizinische Zentren, zum Beispiel für Gynäkologie und Diabetes. Es gelte zudem, die digitalen Möglichkeiten auch in den Bereich des Gesundheitswesens zu übertragen – etwa im Bereich der Gesundheitsnummer 1450 oder des geplanten Gesundheitsportals „Wien gesund“. Zudem gebe es in bereits neun Wiener Spitälern Erstaufnahmeambulanzen, die zur Entlastung der Strukturen beitragen.
Im Bildungsbereich setze die Stadtregierung auf multiprofessionelle Teams, die sich ganz gezielt mit den unterschiedlichen Herausforderungen junger Menschen auseinandersetzen. Diese Teams setzten sich aus klinischen Psycholog*innen, Sozialpädagog*innen, Sozialarbeiter*innen und – je nach Bedarf – Ergotherapeut*innen zusammen. Auch das Projekt der School Nurses, werde „schrittweise und bedarfsgerecht“ ausgebaut. Weiters sei die Deutschförderung ein wesentlicher Bestandteil der Schulstrategie der Stadt – es sei wichtig zu verstehen und verstanden zu werden, um die Teilhabe an einer demokratischen Gesellschaft zu gewährleisten. Hierzu werde es eine Koordinationsstelle geben.
Seit 25 Jahren gebe es ein Klimaschutzprogramm – zu sehen etwa etwa beim Sonnenstrom, Raus aus Asphalt oder Radweg-Offensive. Allein im Bereich Sonnenstrom sei das Ziel mit 2030 eine Produktion von 800 MWp. Darüber hinaus werde es eine Reihe an neuen und ausgebauten Grün- und Parkanlagen geben – mit insgesamt 400.000 Quadratmetern. Es würden auch „mindestens 20.000 neue Bäume“ gepflanzt werden. Alle Vorhaben stünden im Zeichen der Kreislaufwirtschaft, so Ludwig. Das dazugehörige Schlagworte laute „urban mining“ – dabei sei es das Ziel, auch innerhalb städtischer Bauvorhaben möglichst alle Rohstoffe zu recyclen und weiternutzen zu können.
Die Innenstadt Wiens werde verkehrsberuhigt. Darin befänden sich – anders als in vielen anderen Städten – zahlreiche Schulen, Betriebe, Kultureinrichtungen. Sie beherbergt rund 150.000 Arbeitsplätze und 16.000 Einwohner*innen. Es werde in Kombination mit einem Umbau der Ringstraße zwecks „Entflechtung von Rad- und Fußgängerverkehr“ zu deutlichen Verbesserungen der Lebensqualität in der Inneren Stadt kommen. Nur fünf Städte weltweit hätten ein dichteres Straßenbahnnetz als Wien, betonte Ludwig. Der forcierte Ausbau der Öffis – etwa der U5 – werde die Zahl der beförderten Personen weiterhin erhöhen. Ziel seien 1,3 Milliarden Menschen im Jahr.
Wien sei ein wichtiger Kunst- und Kulturstandort. Es sei gelungen, über die Vienna Film Commission einen attraktiven Drehort für die Filmbranche zu errichten. Dies sei ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, an dem weiter gearbeitet werden wird. Es solle keine wirtschaftlichen Barrieren für das Wiener Kulturangebot geben. Alle sollen sich unabhängig von sozialer oder finanzieller Stellung am kulturellen Leben der Stadt beteiligen können. Als Beispiele hierfür nannte Ludwig Kultursommer, Popfest, Impulstanz, Theater im Park oder Filmfestival. Darüber hinaus werde das Jahr von Johann Strauss mit zahlreichen Veranstaltungen in der ganzen Stadt gefeiert werden. Dies gelte für jedes Alter, wie auch die künftige Eröffnung eines zweiten ZOOM-Kindermuseums.
Es sei kein Zufall, dass viele Frauen aus allen Bundesländern nach Wien kämen. Wien sei eine Stadt der Frauen und habe zahlreiche Maßnahmen getroffen, die eine freie Entscheidung bzgl. Berufstätigkeit und Familie ermöglichen würden. Dazu zählt u.a. die gut ausgebaute Kinderbetreuung. Um die Stellung der Frauen in der Arbeitswelt weiter zu verbessern, werde es eine neue Frauenarbeitsstiftung und etwa auch weitere Verbesserungen im Bereich der „gender Medizin“ geben. „Generell“, unterstrich Ludwig, sei Gewalt gegen Frauen nicht zu akzeptieren, daher werde die Stadt weitere Maßnahmen ergreifen, um die Sicherheit zu erhöhen und Hilfsangebote zu schaffen. Wien beteilige sich auch an Programmen zur Erhöhung der Polizeipräsenz in der Stadt.
Dies alles helfe, allen Bewohner*innen der Stadt die gemeinsamen Spielregeln klarzumachen. Es sei wünschenswert, wenn Wien für die von unterschiedlichen Seiten geforderten Integrationsmaßnahmen auch die benötigte Unterstützung erhalten würde. Diskrimierung welcher Form auch immer habe in Wien keinen Platz: „Wir bekennen uns zum Schutz der Menschenrechte und stellen uns klar gegen jede Form von Antisemitismus und Rassismus.“
Wien sei eine weltoffene Stadt und wolle weiterhin deutlich machen, auch angesichts internationaler Entwicklungen, dass das Miteinander hier besonders wichtig sei. Abschließend sprach Ludwig eine „Einladung“ an alle Anwesenden aus, sich gemeinsam daran zu beteiligen, Wien durch lösungsorientierte Zusammenarbeit auch in Zukunft voranzubringen. (Forts.) jaz
Rathauskorrespondenz
Stadt Wien – Kommunikation und Medien, Diensthabende*r Redakteur*in,
Service für Journalist*innen, Stadtredaktion
Telefon: 01 4000-81081
E-Mail: dr@ma53.wien.gv.at
Website: https://presse.wien.gv.at
OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender