
Möglichkeiten zur digitalen Erledigung von Behördenwegen werdenstark ausgebaut
Weitere Themen: Wahlen zur Wirtschaftskammer, besserer Schutz für Versicherungsnehmer und unlauterer Wettbewerb
Wien (PK) – Am Schluss des heutigen Plenartages gab der Nationalrat
grünes Licht für vier unterschiedliche Materien, die das Plenum teils
einstimmig, teils mehrheitlich passierten. Dabei handelt es sich um
die Vereinfachung digitaler Amtswege, um eine Novelle zur
Versicherungsvermittlung, ferner um neue Bestimmungen für die
Wirtschaftskammerwahlen und schließlich um eine UWG-Novelle, mit der
EU-Vorgaben zu Geschäftsgeheimnissen umgesetzt werden.
Am Ende der Sitzung wurde noch ein Fristsetzungsantrag der NEOS
abgelehnt. Sie wollten dem Verfassungsausschuss zur Beratung des
Antrags, wonach die Valorisierung der Parteienförderung ausgesetzt
werden soll, ein Frist bis zum 29. Jänner 2019 setzen.
Neue Plattform soll digitale Amtswege einfacher machen
Die Zustimmung aller erhielt die Novelle zum E-Government-Gesetz und
weiterer Gesetze, womit unter anderem die rechtliche Basis für die
Plattform oesterreich.gv.at geschaffen werden soll. Darauf sollen
nicht nur bestehende Dienste, sondern auch neue angeboten werden. So
soll die Anwendungsmöglichkeiten der Bürgerkarte auf An- und
Ummeldungen im Zentralen Melderegister ausgedehnt werden. Durch die
Neuerungen werden überdies die Behördenwege nach der Geburt eines
Kindes durch die Einführung eines sogenannten digitalen Babypoints
vereinfacht. Vorgesehen ist auch ein Erinnerungsservice über den
bevorstehenden Ablauf der Gültigkeitsdauer eines Reisepasses. Weitere
Punkte der Regierungsvorlage sind die Abgabe von Namenserklärungen
unter Inanspruchnahme der Bürgerkarte sowie die Schaffung von
Abfragemöglichkeiten im Zentralen Personenstandsregister.
Eva-Maria Himmelbauer und Maria Theresia Niss (beide ÖVP) betonten,
dass man damit den Menschen einen einfachen und unkomplizierten
Zugang zu Behördenleitungen anbieten wolle, und zwar im Form eines
24-Stunden-Service, unabhängig von Öffnungszeiten. Es gehe auch um
eine bessere Vernetzung der einzelnen Datenbanken. Damit seien auch
drei Prinzipien erfüllt, sagte Niss, nämlich Bürgerorientierung,
Bürokratieabbau und Effizienzsteigerung. Himmelbauer sprach zudem von
Benutzerfreundlichkeit und zeitlicher sowie finanzieller Ersparnis.
Christian Höbarth von den Freiheitlichen sah die Maßnahmen auch als
wesentliche Schritte zur Verwaltungsreform.
Auch Konrad Antoni von der SPÖ äußerte sich positiv zu dieser
Gesetzesvorlage, machte aber darauf aufmerksam, dass noch nicht alle
BürgerInnen, vor allem im ländlichen Raum, digital erreichbar sind.
Es sei daher wichtig, dass auch in Zukunft die Möglichkeit bestehen
bleibt, Amtswege persönlich zu erledigen. Wirtschaftsministerin
Margarete Schramböck, sicherte daraufhin zu, dass für sie die
Wahlfreiheit ganz oben stehe.
Für Christoph Stark (ÖVP) bietet die Digitalisierung große Chancen,
er räumte aber ein, dass diesbezüglich noch viele Ängste bestehen.
Daher hält er es für wichtig, den BürgerInnen Mut zu machen und sie
in die Welt der Digitalisierung hereinzuholen. In diesem Sinne
begrüßte er diesbezügliche Angebote der Wirtschaftsministerin.
Schutz der VersicherungsnehmerInnen soll verbessert werden
Durch die Umsetzung der Versicherungsvertriebsrichtlinie der EU soll
der Schutz der VersicherungsnehmerInnen verbessert werden. Die vom
Wirtschaftsausschuss an das Plenum weitergeleitete
Versicherungsvermittlungsnovelle betrifft in diesem Sinn den
Versicherungsvertrieb durch selbständige Versicherungsvermittler – so
etwa die Berufsgruppen der Versicherungsagenten, der
Versicherungsmakler, der gewerblichen Vermögensberater, der
Kreditinstitute sowie der Vermittler in Nebentätigkeit und regelt im
Einzelnen die beruflichen und organisatorischen Anforderungen der
Branche. Man erwartet sich durch die Umsetzung der Richtlinie eine
Hebung der Qualität bei Aus- und Fortbildung und damit einen besseren
Schutz für die VersicherungsnehmerInnen.
Die Vorlage passierte unter Berücksichtigung eines
ÖVP-FPÖ-Abänderungsantrags das Plenum mehrheitlich. Die Änderungen
betreffen einerseits Klarstellungen in Bezug auf die Schulungen durch
die zuständigen Fachorganisationen der Wirtschaftskammer,
andererseits versucht man durch Präzisierungen Rechtssicherheit im
Falle von Spätschäden zu schaffen, etwa wie lange eine Nachdeckung
für einen Verstoß während aufrechter Versicherung besteht. Außerdem
werden Übergangsregelungen für Versicherungsvermittler geschaffen,
die ein Jahr Zeit haben sollen, allfällige unzulässig
nachdeckungsbeschränkte Versicherungsverträge anzupassen.
Ein Abänderungsantrag der SPÖ erhielt nicht die erforderliche
Unterstützung. Die SozialdemokratInnen kritisierten, dass EMAS
Betriebe nun gänzlich von der regelmäßigen Überprüfung ausgeschlossen
werden sollen. EMAS ist ein freiwilliges Instrument der Europäischen
Union, das Unternehmen und Organisationen jeder Größe und Branche
dabei unterstützt, ihre Umweltleistung kontinuierlich zu verbessern.
Die SPÖ stimmte schlussendlich der Gesetzesvorlage nicht zu, auch
wenn, wie Maximilian Unterrainer festhielt, die EU-Richtlinie in die
richtige Richtung, nämlich die Stärkung des Konsumentenschutzes,
gehe. Ihm ist die Umsetzung jedoch zu wenig präzise, als Beispiel
nannte er die Schulungsmaßnahmen. Offen bleibt für ihn auch die
Provisionsfrage.
Seitens der Koalitionsparteien wurde die Vorlage jedoch begrüßt. Sie
ziele auf den stärkeren Schutz der VersicherungsnehmerInnen ab,
machten Peter Haubner und Andreas Kühberger (beide ÖVP) geltend. Dies
sei insbesondere im Hinblick auf Versicherungsanlageprodukte wichtig,
weil man dadurch vermeidbare Beschwerdeverfahren reduzieren könne.
Das Gesetz sei mit den Praktikern gut vorbereitet worden, sagte
Haubner. Wolfgang Klinger (FPÖ) führte die verstärkte Transparenz ins
Treffen.
Novelle zum Wirtschaftskammergesetz verabschiedet
Mit Änderungen im Wirtschaftskammergesetz (WKG) haben die
Regierungsparteien eine Klarstellung hinsichtlich der Wahlen zur
Wirtschaftskammer vorgenommen. Die Zahl der bei der Einreichung eines
Wahlvorschlags notwendigen Unterstützungserklärungen wird mit dem
Ziel der Entbürokratisierung von derzeit zehn auf maximal sieben
reduziert. Bei den Wahlkartenkuverts hat man sich an der für den Bund
geltenden Lösung orientiert und für die Reihung von strittigen
Listenplätzen eine Regelung vorgenommen. Eine Bestimmung betreffend
die gemeinschaftliche Wahrnehmung von Aufgaben innerhalb der
Wirtschaftskammerorganisation verfolgt den Zweck, Synergien im
Binnenbereich der Kammer zu nutzen.
Es handle sich um eine technische Novelle, die von einer breiten
Mehrheit des Wirtschaftskammerparlaments getragen wurde, sagte
ÖVP-Wirtschaftssprecher Peter Haubner. Die Änderungen schaffen
rechtliche Klarstellung hinsichtlich der Listenreihung von
Wählergruppen und wirken entbürokratisierend, somit seien sie ein
Schritt in die richtige Richtung, meinte Christian Pewny (FPÖ).
Mittels eines kurzfristigen Abänderungsantrags stellten Haubner (ÖVP)
und Wolfgang Klinger (FPÖ) zudem sicher, dass die Landeskammern gemäß
dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP-G) im übertragenen
Wirkungsbereich als Standortanwalt tätig werden können, wenn Vorhaben
Auswirkungen auf das jeweilige Bundesland als Wirtschaftsstandort
haben. Haubner sieht darin einen Vorteil, weil dadurch kein eigener
Apparat nötig sei und die Aufgabe des Standortsanwalts in
eigenverantwortlicher Selbstverwaltung von der Kammer erledigt werden
kann. Damit will man auch kleinen Unternehmen entgegenkommen,
ergänzte Klinger.
Das kurzfristige Einbringen des Abänderungsantrag bezeichnete Bruno
Rossmann (JETZT) als „Politik mit dem Brecheisen“. Die Novellierung
des Wirtschaftskammergesetzes sei somit nur eine „Trägerrakete“, um
einen weiteren Schritt zur Demontage des Umweltschutzes einzuleiten.
Dass nun künftig Wirtschaftslobbyisten Umweltinteressen vertreten
sollen, werde vor dem Verfassungsgericht nicht halten, meinte er.
Doris Magreiter (SPÖ) kritisierte die Symbol- und Parteipolitik der
Regierung, da kleinen Unternehmen nicht der notwendige Stellenwert
zukommen würde. Auch sollte man ihrer Ansicht nach besser zur
Vereinfachung und Entbürokratisierung beitragen, etwa indem man
Wahlkarten automatisch zukommen lässt. Die SPÖ-Abgeordnete ortete
einen Bedarf technischer Anpassungen im Gesetz. Personen, über deren
Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet ist, sollten von der
Wählbarkeit ausgeschlossen sein, meinte die Abgeordnete. Außerdem
sollte die Wahrung des Wahlgeheimnisses gesetzlich gewährleistet
sein. Im Wirtschaftskammergesetz wollte sie außerdem festmachen, dass
die Hauptwahlkommission der Bundeskammer das bundesweite Wahlergebnis
zu verlautbaren hat, die Landeskammern die auf die Wählergruppen
entfallenden Stimmen und Mandate. Der Abänderungsantrag zur
Konkretisierung des Wirtschaftskammerwahlrechts wurde allerdings
abgelehnt.
Umfassende Kritikpunkte äußerte auch NEOS-Wirtschaftssprecher Josef
Schellhorn. Das System zur Zusammensetzung der Wirtschaftsparlamente
mittels Hochrechnung der Fachorganisationsmandate sei seiner Ansicht
nach komplex und veraltet. Er kritisierte auch die Intransparenz bei
der Parteienförderung durch die Bundes- und Landeskammern in
Millionenhöhe. Die Wirtschaftskammerwahl sei demnach undemokratisch
und undurchsichtig, daher forderte er eine Reform des Wahlsystems im
Sinne direkter Demokratie und Transparenz. Der Entschließungsantrag
fand keine Mehrheit im Plenum. Andreas Ottenschläger (ÖVP)
kritisierte den NEOS-Abgeordneten daraufhin für die Verknüpfung
zweiter Materien, „die nichts miteinander zu tun haben“.
UWG-Novelle setzt EU-Richtlinie um
Mit einer Novelle des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ( UWG)
wird einer Richtlinie der Europäischen Union über den Schutz
vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen vor
rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung
nachgekommen. Ziel ist Verbesserung des verfahrensrechtlichen
Schutzes. Dem Gesetz, in dem vor allem begriffliche Klarstellungen in
Bezug auf Geschäftsgeheimnisse getroffen werden, wurde mehrheitlich
zugestimmt.
Andreas Kühberger (ÖVP) zeigte sich erfreut, dass das Know-how,
intellektuelles Kapital und die Geschäftsgeheimnisse österreichischer
Unternehmer nun „noch besser geschützt werden können“. Österreich sei
ein Vorreiter bei neuen Technologien. Um diese Rolle in der EU und
den guten Wirtschafstandort zu erhalten, brauche es mutige
Unternehmerinnen mit innovativen Ideen. Dafür schaffe man nun
wichtige Rahmenbedingungen, so Kühberger. Christian Pewny (FPÖ)
stimmte dem zu und sagte, Österreich habe seinen Aufschwung
innovativen, modernen und leistungsstarken Unternehmern zu verdanken.
Gegen kriminelle Methoden des Cyber-Engineerings und
Wirtschaftsspionage müsse man sich also entschieden wehren. Ein
effektiver Schutz der Geschäftsgeheimnisse und Produktideen sei nicht
nur im Interesse der Unternehmer, sondern auch im Interesse des
Wirtschaftsstandorts zum Schutz von Arbeitsplätzen, so Pewny.
Mit dem Gesetz werde der Informationsfluss in den
Belegschaftsvertretungen nun noch schwieriger gestaltet, daher könne
man der Regierungsvorlage nicht zustimmen, meinte Rainer Wimmer
(SPÖ). Für JETZT-Klubobmann Bruno Rossmann greift der Schutz von
Whistleblowern in der Gesetzesnovelle zu kurz. Man müsste die
Beweislastumkehr diskutieren, wie er am Beispiel der Aufdeckung der
Cum-Ex-Geschäfte verdeutlichte. Es handle sich dabei um einen der
größten Steuerbetrugsskandale in der EU in den letzten Jahrzehnten
mit einer Schadensumme von 55 Mrd. €. Die an dem Recherchenetzwerk
beteiligten Whistleblower müsste man besser schützen, meinte
Rossmann. (Schluss Nationalrat) jan/fan
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