Nationalrat: Haft in der Heimat soll forciert werden

Moser will auf Bekenntnis der EU-Länder zu angemessenen Standards in Haftanstalten hinarbeiten

Wien (PK) – In einem Auftrag an die Regierung haben sich die
Parlamentsfraktionen heute im Nationalrat einstimmig dafür
ausgesprochen, das Konzept “ Haft in der Heimat “ zu forcieren.
Gleichzeitig wird die Regierung ersucht, dieses Thema auch auf
EU-Ebene stärker in den Fokus zu rücken und sich dabei auch für
menschenrechtskonforme Haftbedingungen in den EU-Staaten und in
Drittländern einzusetzen.

„Die österreichischen Gefängnisse sind an ihrer Kapazitätsgrenze“,
begründete Gudrun Kugler (ÖVP) den Vorstoß des
Menschenrechtsausschusses. Von den 9.000 Gefangenen in Österreich
seien 54% keine österreichischen Staatsbürger, davon 1/3 aus
EU-Ländern. Zudem wolle man ausländische Straffällige unterstützen,
da Haft in der Heimat zur Resozialisierung beitrage. Der Antrag ziele
aber auch darauf ab, die Haftbedingungen in osteuropäischen Ländern
sowie Drittstaaten zu verbessern. Dies würde etwa die Zellengröße,
medizinische Versorgung oder Hygiene betreffen. „Hier wird sich
Österreich für Menschenrechtsstandards in anderen Ländern einsetzen“,
so Kugler. Der Antrag sei in Zusammenhang mit
Menschenrechtsstandards, der Situation in Österreichs Gefängnissen
sowie unter dem Gesichtspunkt der Entwicklungszusammenarbeit wichtig
und richtig, sagte ebenfalls Martin Engelberg (ÖVP).

Auch die FPÖ setze sich für eine Verbesserung von Haftbedingungen in
Drittstaaten ein, allerdings seien Standards etwa im arabischen Raum
angesichts „unserer verweichlichten westeuropäischen Maßstäbe“
schnell einmal erniedrigend und unmenschlich, meinte Susanne Fürst
(FPÖ). Die hohe Anzahl an ausländischen Häftlingen sei die Folge der
Masseneinwanderung und damit zusammenhängenden Kriminalitätswelle in
Österreich. Die Delikte unter Einsatz von Hieb und Stichwaffen hätten
sich seit 2008 vervierfacht. Davor müsse man BürgerInnen schützen,
waren sich Fürst und ihr Fraktionskollege Hannes Amesbauer (FPÖ)
einig.

Als eine gute Sache bezeichnete Irmgard Griss (NEOS) die Verbüßung
von Haftstrafen im Heimatland. Sie hoffe, dass es gelingt, alle
notwendigen Abkommen zu schließen und sicherzustellen, dass die Haft
in der Heimat nicht einer vorzeitigen Entlassung gleichkommt.

SPÖ-Abgeordneter Harald Troch verwies darauf, dass es sich beim
Konzept „Haft in der Heimat“ um einen EU-Rahmenbeschluss aus dem Jahr
2008 handelt, das Rad werde demnach nicht neu erfunden. Nun müssten
endlich Voraussetzungen geschaffen werden, damit Rückführungen auch
möglich gemacht werden können. Kritisch verwies Troch dabei auf die
230 nicht besetzen Planstellen bei den JustizwachebeamtInnen. „Es
gibt eine riesen Lücke bei der Justiz“, so Troch, man werde die Haft
in der Heimat damit nicht auf den Weg bringen können.

Haft bringe keinen Luxus mit sich, menschenrechtskonforme Standards
seien aber ein Muss, sagte Renate Gruber (SPÖ). Haft in der Heimat
werde nur funktionieren, wenn es EU-weit durchführbare Regelungen
gebe. „Es ist Zeit, in das Tun und Handeln zu kommen“, sagte Robert
Laimer (SPÖ), der auch daran erinnerte, dass das höchste Gut der
Demokratie die Würde des Einzelnen ist. Kritik äußerte er dabei
gegenüber dem Nein Österreichs zum UNO-Migrationspakt.

Warum der EU-Rahmenbeschluss aus dem Jahr 2008 auf EU-Ebene nicht
realisiert worden sei, liege an den Versäumnissen mancher
Mitgliedsstaaten, wenn es um Rechtsvorschriften oder die Europäische
Menschenrechtskonvention geht, räumte Justizminister Josef Moser ein.
Deswegen habe er das Thema Rechtsstaatlichkeit auch zu einem
Schwerpunkt während des österreichischen EU-Ratsvorsitzes gemacht. Er
will in diesem Sinn auf ein gemeinsames Bekenntnis der EU-Länder zu
angemessenen Standards in Haftanstalten hinarbeiten. Was die Bedenken
der SPÖ betrifft, sagte Moser, dass bereits Überstellungsfahrzeuge
angeschafft worden seien, außerdem laufe seit diesem Jahre eine große
Rekrutierungsoffensive für Justizwachebeamte.

Er finde es schade, dass etwa Rumänien, also jenes Land, das als
nächstes den EU-Ratsvorsitz übernimmt, hinsichtlich der Standards im
Justizsystem stets in der Kritik stehe, sagte Reinhold Lopatka (ÖVP).
Er werde dieses Thema bei den nächsten interparlamentarischen
Konferenzen ansprechen. Es sei auch eine Aufgabe der Parlamente, dass
multinationale Verträge auch umgesetzt werden.

Efgani Dönmez (o.F.) unterstützte das Vorhaben, machte aber darauf
aufmerksam, dass Herkunftsländer von Häftlingen kein Interesse daran
haben, diese wieder aufzunehmen. Es stelle sich die Frage, wieviel
Kosten durch Überstellungen verursacht werden. In den laufenden
EU-Beitrittsverhandlungen mit dem Westbalkan dürfe man nicht mehr den
gleichen Fehler wie in der Vergangenheit machen, Mindeststandards an
Rechtsstaatlichkeit oder Menschenrechten müssten eingehalten werden.
(Fortsetzung Nationalrat) keg

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