12. Wiener Gemeinderat: Rechnungsabschluss 2020 (21)

Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen

Wien (OTS/RK) – GRin Veronika Matiasek (FPÖ) sagte, „Corona und Gewalt“ beherrschten jüngst das Thema Frauenpolitik. Die Pandemie habe „Frauen zu stillen Verliererinnen“ gemacht und sie psychisch massiv belastet – etwa durch soziale Isolation, Depressionen, Schlafstörungen und Angstzustände; das hätten Umfragen und klinische Studien belegt. „Da schrillen die Alarmglocken“, sagte Matiasek und appellierte, die „richtigen Schlüsse daraus zu ziehen“. Die Medienberichterstattung und politische Aussagen wie „jeder wird Tote kennen“ habe diese Angst geschürt, anstatt die Bevölkerung zu ermutigen. Auch brauche es zusätzliche Therapie-Angebote und –Plätze, forderte Matiasek: „Wer diese Behandlung versäumt, schleppt die Belastung für sein Leben mit.“ Was Gewalt und Gewaltschutz betrifft, meinte Matiasek: „Wir können nicht wegleugnen, dass ein Teil der verantwortlichen Täter aus einem fremden Kulturkreis stammt und diese Einstellungen von dort mitnimmt.“ Asyl-, Einwanderungs- und Integrationspolitik hätten versagt, wenn alleine in Österreich bis zu 8.000 Frauen von Genitalverstümmelung betroffen seien. „Ausländische Straftäter werden nicht abgeschoben, es fehlen die Konsequenzen“, kritisierte Matiasek, „der Opferschutz muss vor den Täterschutz gestellt werden“. Dem Gewaltschutzpaket der Stadt habe die FPÖ entsprechend bereitwillig zugestimmt.

GRin Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS) pflichtete bei: „Wir haben in der Gleichstellungs- und Frauenpolitik einen massiven Backlash durch Corona erfahren.“ Frauen stünden seit Pandemieausbruch vor „immensen Herausforderungen“. Alleine im Netz steige die Aggressivität gegen Frauen, sie selbst sei zuletzt von Cybermobbing und Hassnachrichten betroffen gewesen, sagte Bakos. Die Stadt helfe mit einer Anlaufstelle für Cybermobbing „schnell und unbürokratisch, weil Mädchen oft nicht wissen, wohin sie sich wenden sollen“. Sie erinnerte an das 10 Millionen Euro schwere Gewaltschutzpaket, das auch Männerberatung und Jugendarbeit beinhalte. Ebenso zum Gewaltschutz trage das Jugendlichen-Projekt „Respekt – gemeinsam stärker“ bei. Der waff (Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds) wiederum unterstütze Frauen beim Wiedereinstieg in den Beruf – etwa nach der Babypause – mit bis zu jeweils 5.000 Euro. Sie lobte den Wiener Töchtertag, der einen – coronabedingt – erfolgreichen Umstieg in den Online-Bereich geschafft habe: „Außergewöhnliche Zeiten lassen uns außergewöhnliche Versuche starten.“

GRin Viktoria Spielmann, BA (Grüne) wollte die Aussagen der FPÖ „so nicht stehen lassen“: Zum Thema Gewaltschutz hätten die Freiheitlichen „nur dann etwas zu sagen, wenn sie es rassistisch ausschlachten können“. Fraktionsübergreifend herrsche immerhin Einigkeit: Corona habe Frauen massiv belastet. Spielmann zählte prekäre Beschäftigungsverhältnisse von „Systemerhalterinnen“ auf, und erinnerte an die Mehrfachbelastung durch Home Schooling und Beruf. Zum Thema Femizide bedauerte Spielmann: „Anstatt, dass wir hier darüber reden, wie Frauen besser leben können, sprechen wir darüber, wie sie über-leben können“, angesichts der alleine 15 Mädchen- und Frauenmorde in diesem Jahr. Frauen würden im Patriachat – gesellschaftsschicht-übergreifend – als Eigentum des Mannes behandelt: „Der Besitzanspruch des Mannes am Frauenkörper, diese toxische Männlichkeit, ist die Wurzel des Problems“, sagte Spielmann. Sie forderte mehr Initiativen zur Gewaltprävention, etwa das Projekt „STOP“ – „Stadtteile ohne Partnergewalt“ – wobei „STOP“ von den Grünen eingebracht wurde und seither im zuständigen Frauenausschuss liege: „Worauf wartet die Stadt, dieses Projekt endlich zu finanzieren?“ In einem Antrag forderte Spielmann die Erhöhung der Basisförderung für Frauen- und Mädchenvereine um „mindestens 20 Prozent“.

GRin Mag. Laura Sachslehner, BA (ÖVP) antworte ihrer Grünen-Vorrednerin Spielmann, die „nicht müde wird, das Patriachat der ÖVP“ zu erwähnen: „Das 25-Millionen-Euro-Gewaltschutzpaket kommt von einer türkisen Frauenministerin und einem türkisen Finanzminister.“ Dann kam Sachslehner auf den Gemeindebau zu sprechen – konkret auf „Vandalismus, Gewalt und illegale Graffiti im Gemeindebau“. Im dritten oder sechsten Bezirk sei die Anzahl illegaler Graffiti zuletzt um mehr als das Doppelte gestiegen: „Das können Sie (SPÖ, Anm.) nicht weglächeln. Es ist nicht okay, in einer Straße zu wohnen mit Gewaltaufrufen und „antisemitischen Schmierereien“ an den Hauswänden. Die Stadtregierung bzw. Wiener Wohnen blieben untätig – es „gibt ja nicht einmal eine Meldestelle bei der Stadt“.

GRin Martina Ludwig-Faymann (SPÖ) antwortete: Anstatt über Frauengewalt und den „furchtbar tragischen 15. Femizid“ zu sprechen, „reden Sie (ÖVP-Sachslehner, Anm.) über Graffiti im Gemeindebau. Ihre Sorgen möchte ich haben“, konterte Ludwig-Faymann scharf. Was Corona betreffe: Als Stadt insgesamt habe Wien die Krise gut überstanden – „was aber leider nicht auf jeden einzelnen Menschen in der Stadt zutrifft“. Krisen wie die Pandemie zeigten, wie ein System Stadt funktionieren könne. „Ich verneige mich vor den vielen Tausend Frauen, was sie im vergangenen Jahr geleistet haben – weil die Worte ‚Doppel-, Mehrfach- und Vielfachbelastung‘ sind leicht ausgesprochen.“ Zum Weltfrauentag 2020 – „als der Wahnsinn der Krise voll auf uns zugerollt kam“ habe die ÖVP-Frauenministerin Raab „sich vehement geweigert, sich als Feministin zu bezeichnen. In Europa, im Jahr 2020.“ Wie sich das für die Grünen in der Bundeskoalition wohl anfühle, fragte Ludwig-Faymann ins Plenum. Sie zählt beispielhaft Maßnahmen der Stadt für die Frauenförderung auf: etwa die Koppelung von Frauenförderung an die städtische Auftragsvergabe; 10 Millionen Euro über den waff für Berufsförderung; neue Wohnmodelle für Alleinerzieherinnen; Initiativen für Mädchen- und Frauenvereine im Volumen von 10 Millionen Euro; sowie weitere 10 Millionen Euro für den Gewaltschutz. Was den Gewalt- und Opferschutz betreffe, sei Wien das einzige Bundesland, das die Ziele der Istanbul-Konvention erfülle. „Feminismus ist nicht nur ein Begriff. Es zählen die Taten, nicht die Worte“ – etwa, dass die Stadt demnächst das fünfte Frauenhaus eröffnen werde. Das „beste Mittel“ gegen Gewalt an Frauen sei die „tatsächliche Gleichstellung“ – davon sei die Gesellschaft mit ihren Rollenbildern aber leider „noch weit entfernt“.

GRin Sabine Schwarz (ÖVP) sprach den Allparteien-Antrag des Gemeinderats betreffend weiblicher Genitalverstümmelung (FGM – „female genital mutilation“). „Es ist ein wichtiges Zeichen, gegen diese menschenunwürdige Praxis vorzugehen. Finden wir mit NGOs und der Kinder- und Jugendanwaltschaft Wege, diese Gräuel zu verhindern“, brachte Schwarz den Antrag ein. Dann erwiderte sie den Vorwürfen „der Linken“, die ÖVP sei nicht feministisch – „wir hängen es bloß nicht an die große Glocke“. Überhaupt wolle der „linke Feminismus“ vorschreiben, welches weibliche Lebensmodell „das einzig richtige“ sei. Hausfrauen und Mütter würden von linker Seite oft belächelt – dabei entschieden sich Frauen oft „sehr bewusst für das Modell Familie“. Es gelte nicht, Frauen ihr Leben „feministisch vorzuschreiben“ – sondern ihnen einen Werkzeugkasten zur Verfügung zu stellen, um sich ihren Lebensweg selbstständig auszuwählen, so Schwarz. Dazu brachte sie einen Antrag ein. Abschließend antwortete Schwarz auf die Inhalte ihrer Vorrednerinnen. Der Grünen-Mandatarin Spielmann entgegnete sie: „Bei Gewalt an Frauen müssen wir offen reden dürfen. Nur weil es Ihnen (Spielmann, Anm.) nicht gefällt, muss man aussprechen dürfen, dass die Täter Afghanen waren“, so Schwarz. Die beiden mutmaßlichen Mörder der 13-jährigen Leonie „kommen aus einem Land, in dem die Frau nichts zählt. Diese Einstellung geben sie an der Grenze nicht ab.“ Abschiebungen nach Afghanistan müssten entsprechend konsequent umgesetzt werden, sagte Schwarz. „Erstaunt“ zeigte sich Schwarz, dass – im Vergleich zum Budget-Voranschlag – im vorliegenden Rechnungsabschluss rund eine Million Euro an veranschlagten Gewaltpräventions-Maßnahmen „gar nicht abgeholt und ausgeschöpft“ worden seien. Stattdessen kritisiere die SPÖ den Bund – „obwohl der die Stadt sehr wohl unterstützt“. Zu den in ihrer Rede angesprochenen Punkten brachte Schwarz eine Reihe von Anträgen ein. (Forts.) esl

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