„kulturMontag“ am 23. Jänner: Diskussionsrunde zum Fall Teichtmeister, Ausstellung „Ende der Zeitzeugenschaft“

Außerdem: Dokumentation „Petro-Melancholie – Das Erdölzeitalter im Spiegel der Kunst“

Wien (OTS) – Der von Clarissa Stadler präsentierte „kulturMontag“ am 23. Jänner 2023 um 22.30 Uhr in ORF 2 beschäftigt sich u. a. mit dem Fall Teichtmeister und diskutiert dazu live in der Sendung mit Supervisorin und Soziologin Meike Lauggas von der Anlauf- und Beratungsstelle „#we_do“, der renommierten Psychiaterin Heidi Kastner sowie mit Filmproduzent und Bundesobmann des Fachverbands der Film-und Musikwirtschaft Alexander Dumreicher-Ivanceanu. Weiters widmet sich das Magazin der neuen Ausstellung „Das Ende der Zeitzeugenschaft“ im Haus der Geschichte Österreich und der Frage, wie in Zukunft verantwortungsvoll mit den Erinnerungen an die Shoah umzugehen ist – wenn es keine Überlebenden mehr gibt. Anschließend steht die Dokumentation „Petro-Melancholie – Das Erdölzeitalter im Spiegel der Kunst“ (23.15 Uhr) auf dem Programm.

Causa Teichtmeister – Live im Studio: Soziologin Lauggas, Psychiaterin Kastner und Filmproduzent Dumreicher-Ivanceanu

Florian Teichtmeisters erfolgreiche Schauspielkarriere scheint seit vergangenem Freitag beendet. Der Kriminalfall erschüttert Österreich und sorgt auch international für heftige Debatten. Seit dem Bekanntwerden tauchen nahezu täglich neue Details in den Medien auf und die aktuelle Causa prima wird in den sozialen Netzwerken minutiös sowie oft drastisch kommentiert. Der Skandal zieht weitreichende Kreise, wurde der ehemalige Publikumsliebling doch als Ensemblemitglied des Burgtheaters sofort entlassen, der ORF nahm umgehend Abstand von Ausstrahlung und Herstellung von Produktionen mit Teichtmeister. Sogar die US-amerikanische Oscar-Academy muss sich aktuell damit befassen, ist doch Marie Kreutzers Sisi-Film „Corsage“, in dem der Schauspieler den Kaiser gab, möglicherweise im Rennen um den Auslands-Oscar.
Gerüchte zur Causa tauchten schon im Herbst 2021 auf. Sowohl das Wiener Burgtheater als auch die Produzenten von „Corsage“ gingen der Sache umgehend nach. Glaubhaft habe Teichtmeister beiden versichert, es handle sich dabei um Verleumdung. Filmemacherin Marie Kreutzer wie auch der Anwalt des Burgtheaters Bernhard Hainz nehmen im „kulturMontag“-Interview Stellung. Was war schiefgelaufen? Hätte man früher Konsequenzen ziehen müssen? Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer kündigte eine Prüfung durch externe Beobachter an.
Wurde bei Kinderschutz und Missbrauchsvorwürfen zu lange weggeschaut? Was hat sich seit der #meToo-Bewegung verändert? Welche Gratwanderung zwischen Vertrauen, genau hinschauen und Aufklärung müssen Arbeitgeber/innen eingehen? Wie können Opfer geschützt werden? Wo liegen die strukturellen Probleme, welche Warnsignale gibt es, welche Maßnahmen können ergriffen werden und welche Folgen haben Übergriffe und Machtmissbrauch für eine Branche wie eine ganze Gesellschaft? Darüber diskutiert Clarissa Stadler mit einer prominenten Runde: Live zu Gast sind die Supervisorin und Soziologin Meike Lauggas von der Anlauf- und Beratungsstelle „#we_do“, Psychiaterin Heidi Kastner sowie Filmproduzent und Bundesobmann des Fachverbands der Film- und Musikwirtschaft Alexander Dumreicher-Ivanceanu.

Erinnerungen an die Shoa – „Das Ende der Zeitzeugenschaft“ im Haus der Geschichte Österreich

Nur noch wenige Menschen weltweit können aus eigener Erfahrung und mit eigenen Worten berichten, wie sie die NS-Herrschaft erlebt haben. Die letzten Zeitzeugen des Zweiten Weltkriegs sind hochbetagt, nur wenige von ihnen geben noch Interviews oder besuchen Schulklassen, um mit ihren persönlichen Erinnerungen gegen das Vergessen einzutreten. Doch: Wer berichtet über die Shoa, wenn es keine Überlebenden mehr gibt? Was bleibt, sind die Erinnerungen in historischen Filmdokumenten, Briefen, literarischen Zeugnissen, Videointerviews – und die Frage, wie in Zukunft verantwortungsvoll mit dieser Erbschaft umzugehen ist. Vor rund vier Jahren konzipierte Hanno Loewy – Direktor des Jüdischen Museum Hohenems, das im Vorjahr mit dem Österreichischen Museumspreis ausgezeichnet wurde – mit seinem Team die Ausstellung „Ende der Zeitzeugenschaft“, die seither schon in München und Berlin zu sehen war und ab 27. Jänner im Haus der Geschichte Österreich gastiert. Primär geht es darin nicht um den Inhalt von KZ-Überlebenden-Interviews, sondern die Entstehung und die gesellschaftliche Rolle der Zeugendokumente im Lauf der Geschichte. Es sind unterschiedliche Zeugnisse von Überlebenden: Augenzeugen, die direkt nach der Befreiung der NS-Konzentrationslager befragt wurden; Tatzeugen, die in den NS-Prozessen der 1960er Jahre aussagten; Zeitzeugen, die schon in fortgeschrittenem Lebensalter versuchten, die Erinnerung wachzuhalten. Die Ausstellung versucht auch, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen: Wie wurden die Menschen befragt, wie wurden die Gespräche präsentiert, ganz oder in Ausschnitten? Ist das Erinnern mit Zeitzeugen ein Mosaik, ein Puzzle unterschiedlicher Eindrücke? Welche Rolle spielen Institutionen, wenn Zeitzeugen nicht mehr vorhanden sind? Wie wichtig ist Aufklärungsarbeit in einer Zeit, in der der Antisemitismus stark ansteigt und die Demokratien fragil geworden sind?

„Petro-Melancholie – Das Erdölzeitalter im Spiegel der Kunst“ (23.15 Uhr)

Erdöl treibt Maschinen an, befeuert menschliche Sehnsüchte und hat wie kaum ein anderer Rohstoff die moderne Gesellschaft geprägt und verändert. Begriffe wie Wachstum, Konsum, Wohlstand und Freiheit sind eng mit dem schwarzen Gold verknüpft. Seiner Energiedichte und Wandelbarkeit sind Treibstoffe, Asphalt, Plastik, Farben, Kerzen, Vinyl und vieles andere zu verdanken.
Nun neigt sich das Erdöl-Zeitalter seinem Ende zu und die Abkehr von diesem fossilen Energieträger sowie seiner gesamten Produktpalette nimmt allmählich Formen an. Und erst jetzt wird der Welt bewusst, in welche Abhängigkeit von diesem Stoff sie sich gebracht hat. Das Erdöl ist zu einem schwarzen Spiegel der vergangenen 150 Jahre Menschheitsgeschichte geworden.
Regisseur Mathias Frick hat sich gemeinsam mit den Kulturwissenschaftern Alexander Klose und Benjamin Steininger auf die Reise zurück in die Petro-Moderne gemacht. Der Film erzählt von den Erdölfeldern in Baku, die um 1900 die Hälfte des Weltbedarfs lieferten, von der Geburtsstunde des „American Way of Life“, als die massive Steigerung des Konsums als ein Akt des Patriotismus gepredigt wurde, von der Ölkrise in den 1970ern sowie vom Ölfluch im Niger Delta und Venezuela.
Kunstwerke aus verschiedenen Teilen dieser Welt illustrieren, wie das Erdöl Kunstschaffende zu eindrucksvollen, provokanten und politischen Arbeiten inspiriert. Es ist ihr besonderer Blick, der das ambivalente Verhältnis der Menschheit zu diesem Rohstoff schonungslos vor Augen führt und vielleicht als Beginn eines Diskurses dienen kann, mit dem diese sich in die Lage versetzt, sich langsam vom Erdöl zu lösen. Es ist ein schmerzlicher Abschied von den Träumen der Nachkriegsmoderne, in einem trotzigen Aufbäumen werden noch hemmungslos Flugreisen gebucht und große Autos gefahren. Verzicht und Veränderung passen nicht ins Konzept – was bleibt ist „Petro-Melancholie“.

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