Nationalrat nimmt einstimmig Entschließung zu Mental Health Jugendvolksbegehren an

Beschlüsse auch zur Gesundheitsvorsorge sowie zu schadhaften Medizinprodukten

Einstimmig hat heute der Nationalrat eine im Familienausschuss gefasste Entschließung angenommen, ein “Soforthilfepaket” sowie mehr Angebote zur Psychotherapie und klinisch-psychologischen Behandlungen bei Kindern und Jugendlichen zu schaffen. Basis dafür war das “Mental-Health-Jugendvolksbegehren”, zu dem der Ausschuss ein Expert:innenhearing abgehalten hatte. Ein in der heutigen Nationalratssitzung eingebrachter Antrag der SPÖ für eine rasche Umsetzung des Nationalen Aktionsplans für die Verringerung von Kinderarmut blieb in der Minderheit. Ebenso abgelehnt wurde ein eingebrachter Antrag der FPÖ. Die Freiheitlichen fordern darin, die in der Gesundheit zur COVID-19-Krisenbewältigung vorgesehenen Mittel in Höhe von 1,2 Mrd. €, etwa für COVID-19-Impfstoffe, umzuschichten und zur Finanzierung von sofortigen psychologischen und psychotherapeutischen Behandlungen für alle mit negativen Folgen von Corona betroffenen Kindern und Jugendlichen zu verwenden.

Einstimmigkeit gab es wie auch schon im Ausschuss für einen Antrag der NEOS, der auf eine umfassende Erhebung der Angebote im Bereich der Gesundheitsvorsorge abzielt. In der Minderheit blieb ein in der Sitzung eingebrachter Antrag der FPÖ für den Ausbau von Krebs-Früherkennungsprogrammen. Eine im Plenum mehrheitlich angenommene Novelle zum Medizinproduktegesetz betrifft unter anderem erweiterte Informationspflichten über schadhafte Medizinprodukte.

MENTAL HEALTH JUGENDVOLKSBEGEHREN

Das “Mental Health Jugendvolksbegehren” setzt sich für Maßnahmen zur Verbesserung der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ein. In den vergangenen Jahren habe sich die Situation massiv zugespitzt und durch COVID-19 einen alarmierenden Höhepunkt erreicht, machen die Unterzeichner:innen der Initiative geltend. Vor diesem Hintergrund werden unter anderem leicht zugängliche, unbürokratische und flächendeckende Angebote zur Prävention und zur Früherkennung psychischer Belastungen gefordert, und zwar sowohl für Lehrer:innen und Erziehungsberechtigte als auch für Kinder und Jugendliche.

Die einstimmige Entschließung zielt auf Maßnahmen zur Soforthilfe sowie auf mehr Angebote zur Psychotherapie und zu klinisch-psychologischen Behandlungen bei Kindern und Jugendlichen ab. Im Austausch mit der Sozialversicherung soll etwa auf die Erhöhung der Kontingentierung der Psychotherapie und klinisch-psychologischen Behandlung bei Kindern und Jugendlichen dem Bedarf entsprechend hingewirkt werden.

Dafür, das Thema zu enttabuisieren und Bewusstsein für den Bedarf zu schaffen, sprachen die Abgeordneten den Initiator:innen des Volksbegehrens ihren Dank aus. Den gemeinsamen Entschließungsantrag bezeichneten etwa Nico Marchetti (ÖVP) und Carina Reiter (ÖVP) als “Soforthilfepaket”. Er habe als Ziel, im ersten Schritt die niederschwelligen Angebote zu erweitern, etwa im Bildungsbereich, so Marchetti. Dazu komme auch die systemische Frage, wo allerdings an großen Schrauben zu drehen sei. Der Gesundheitsminister widme sich dem Thema, dass alle ein Psychotherapieangebot in Anspruch nehmen können, intensiv.

“Sehr dankbar”, dass das Volksbegehren direkt von jungen Menschen kommt, zeigte sich Barbara Neßler (Grüne). Es gebe in den darin geforderten Strukturen massive Defizite und man versuche, ein unterfinanziertes System auf sichere Beine zu bekommen. Ebenso wie die Redner:innen seitens der ÖVP wies sie auf nunmehrige und bereits gesetzte Schritte der Unterstützung hin – wie etwa auf das Projekt “Gesund aus der Krise” sowie auf das Thema mentale Gesundheit als Unterrichtskompetenz in allen Lehrplänen. Auch Ralph Schallmeiner (Grüne) unterstrich, dass “Gesund aus der Krise” eine niederschwellige und schnelle Hilfe für alle Kinder und Jugendliche darstelle. In Zukunft müsse die psychische Gesundheit vermehrt in den Fokus rücken.

Das Thema in den Fokus zu rücken bezeichnete auch Eva Maria Holzleitner (SPÖ) als höchst an der Zeit. Programme wie “Gesund aus der Krise” seien wichtig. Bei den Therapieplätzen für Kinder und Jugendliche gebe es allerdings eine unglaublich große Lücke. Es brauche Psychotherapie auf Krankenschein, einen flächendeckenden Ausbau von Therapieplätzen und einen verstärkten Einsatz von Schulpsycholog:innen. Petra Wimmer (SPÖ) wies auf den Aspekt hin, dass es für Kinder und Jugendliche extrem belastend sei, wenn die Familie finanzielle Schwierigkeiten hat. Es brauche konkrete und nachhaltige Maßnahmen zur Armutsreduktion, kritisierte sie, dass der entsprechende Nationale Aktionsplan immer noch nicht umgesetzt sei.

Yannick Shetty (NEOS) sieht bei aller Zustimmung zum Entschließungsantrag darin großteils einen Bezug zu Themen, die ohnehin schon in Umsetzung seien. Das reiche “von vorne und hinten” nicht aus. Vielmehr gelte es, endlich mehr zu handeln. Ohne Psychotherapie als Leistung der Krankenkasse bleibe der Antrag ein Tropfen auf den heißen Stein.

Grundsätzlich müsse in der Gesellschaft breite Akzeptanz dafür geschaffen werden, dass der Besuch bei der Psychologin bzw. beim Psychologen genauso normal wie bei jeder anderen Ärztin bzw. jedem anderen Arzt sei, meinte Pia Philippa Strache (o.F.). Mentale Gesundheit werde nach wie vor stigmatisiert, zudem gebe es beim Angebot zur Unterstützung noch Ausbaupotenzial.

Gerald Hauser (FPÖ) warf den anderen Fraktionen vor, durch eine “faktenwidrige” Corona-Politik Jugendliche und Kinder massiv geschädigt zu haben. Das betreffe beispielsweise die langen Schulschließungen in Österreich, zog Hauser den Vergleich mit Schweden, wo es keine Lockdowns gegeben habe. Zudem habe man Kinder und Jugendliche “in die Impfung hineingetrieben”, obwohl ihm zufolge seit August 2021 klar gewesen sei, dass auch geimpfte Personen das Virus weitergeben können.

In Zeiten der vielfältigen Krisen mit Folgen auch für die psychische Gesundheit sei es klar, rasch ins Handeln kommen zu müssen, betonte Gesundheitsminister Johannes Rauch. Das Erfolgsprojekt “Gesund aus der Krise” werde mittlerweile modellhaft in Europa als Best Practice herumgereicht, so Rauch. Neben der psychosozialen Versorgung im niederschwelligen Bereich gelte es aber auch, den kassenfinanzierten Zugang zu Psychotherapie auszubauen. Die Inanspruchnahme von Hilfe müsse auch bei psychischen Schwierigkeiten so selbstverständlich sein wie bei körperlicher Erkrankung, so der Gesundheitsminister.

Ebenso wie Rauch hob Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm das Projekt “Gesund aus der Krise” hervor, das finanziell aufgestockt worden sei und international beachtet werde. Man werde weiterhin alles daran setzen, die ressortübergreifende Zusammenarbeit zu stärken, die es insbesondere für den psychischen Bereich brauche. Erste gute Schritte seien gesetzt, um die psychische Gesundheit von jungen Menschen zu stärken, so Plakolm. Die konkreten Forderungen des Volksbegehrens würden heute bereits in einem Entschließungsantrag münden, etwa im Hinblick auf Prävention und in weiterer Folge auf die passenden Therapiemöglichkeiten, strich sie positiv hervor.

ERWEITERTE INFORMATIONSPFLICHTEN ÜBER SCHADHAFTE MEDIZINPRODUKTE

Erweiterte Informationspflichten über schadhafte Medizinprodukte hat eine von der Regierung vorgeschlagene Novelle zum Medizinproduktegesetz unter anderem zum Inhalt. Liegen behördliche Informationen über gesundheitliche Gefährdungen durch Implantate vor, so müssen die Patient:innen in Hinkunft “nachweislich” und “ohne unnötigen Aufschub” von den behandelnden Ärzt:innen oder den Krankenanstalten benachrichtigt werden, wie etwa Josef Smolle (ÖVP) in der Debatte hervorhob. Damit reagiert man nicht zuletzt auf schadhafte Verhütungsspiralen eines spanischen Herstellers, die auch in Österreich vielen Frauen eingesetzt worden seien. Außerdem wird mit der Novelle einer seit Mai 2022 geltenden EU-Verordnung Rechnung getragen, die unter anderem In-vitro-Diagnostika betrifft. Weiters werden Anpassungen, die sich aus der bisherigen Vollzugspraxis ergeben haben, vorgenommen.

Gerhard Kaniak (FPÖ) kritisierte, dass Bedenken aus dem Begutachtungsverfahren nicht berücksichtigt worden seien, etwa in datenschutzrechtlicher Hinsicht. Ein “Gold Plating” im Sinne einer Übererfüllung der EU-Vorgaben, wie Kaniak es vermutete, sieht demgegenüber Smolle nicht. Die Novelle bringe vielmehr eine nunmehrige klare gesetzliche Regelung, die im Interesse der Patient:innen sei.

Beim Anlassfall der schadhaften Verhütungsspiralen seien mehr als 1.500 Frauen betroffen gewesen, bedauerte Ralph Schallmeiner (Grüne). In Zukunft werde es nun zumindest die eindeutige Verpflichtung geben, Betroffene umgehend zu informieren, unterstrichen neben Schallmeiner auch Dietmar Keck (SPÖ) und Katharina Werner (NEOS). Werner sieht darin allerdings nur einen ersten Schritt, das Gesetz zu verbessern. Etwa der Punkt Nachhaltigkeit der Produkte müsse aus ihrer Sicht noch eingearbeitet werden.

ANGEBOTE ZUR GESUNDHEITSPRÄVENTION

Einstimmig angenommen wurde ein Antrag der NEOS, der auf eine umfassende Erhebung der Angebote im Bereich der Gesundheitsvorsorge abzielt. Begründet wird der Antrag damit, dass der Prävention im heimischen Gesundheitswesen noch immer zu wenig Beachtung geschenkt werde. Zudem verweisen die NEOS auf einen Rechnungshofbericht, dem zufolge es Ineffizienzen im System sowie unklare Zuständigkeiten gibt.

Was die Anzahl an gesunden Jahren betrifft, schneide Österreich im Vergleich nicht so gut ab wie gewünscht, räumte etwa Ralph Schallmeiner (Grüne) ein. Das gemeinsame Ziel müsse sein, ein gemeinsames Verständnis für Prävention für ganz Österreich herzuleiten. Auch Werner Saxinger (ÖVP) ortet Nachholbedarf. Im Antrag gehe es genau darum, einen besseren Überblick zu schaffen. 

Ebenso ist aus Sicht von Mario Lindner (SPÖ) ein entsprechend umfassender Überblick zu dem Thema wichtig. Es gelte aber, hier die Sozialversicherungen und Länder gemeinsam zu analysieren. Gerhard Kaniak (FPÖ) warf auf, dass speziell während Corona die Vorsorgeuntersuchungen in Österreich viel zu wenig in Anspruch genommen worden seien.

Gesundheitsprävention sei ein Thema, das die NEOS seit Jahren “trommeln”, so Fiona Fiedler (NEOS). Umso mehr freue es sie, dass man nun einstimmig an dem Thema arbeiten wolle. Ein erster Schritt sei für sie, einen Überblick zu bekommen, was bei den Versicherungsträgern passiere. Es gelte, das gesamte Thema genau anzuschauen, um es dann bestmöglich weiterentwickeln zu können. (Fortsetzung Nationalrat) mbu

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