Amnesty Bericht zur 24-Stunden-Betreuung negiert wesentliche Fakten

Ca. 3,2 Milliarden Euro für Anstellung der 24-Stunden-Betreuerinnen ist eine unfinanzierbare Illusion

Wien (OTS) – „Wir sind Amnesty International für die Unterstützung nach mehr Geld für die 24-Stunden-Betreuung dankbar. Das sagt heute die Präsidentin der ÖBAP – der Bundesinteressensgemeinschaft für Organisationen von Personenbetreuung – Karin Hamminger . Die ÖBAP versteht sich als unabhängige Dachorganisation für Agenturen in der Personenbetreuung.

Hamminger bekräftigt diese Forderung. Da hat sich bisher das dafür zuständige Sozialministerium seit Jahren taub gestellt, denn seit 2008 wurde die Förderung kein einziges Mal erhöht – im Gegenteil, durch die jährliche Inflation kam es sogar zu einer Abwertung dieses Betrages. Alle zu betreuenden KlientInnen bezahlen die Betreuung selbst. Das dafür notwendige Geld stammt aus deren Pension, dem Pflegegeld und einer staatlichen Förderung. Die Erhöhung dieser Förderung von 550 Euro pro Klienten (für zwei Betreuer/Innen pro Monat) auf künftig 1650 Euro wäre der erste Schlüssel zur Verbesserung der Situation der 24-Stunden-BetreuerInnen.“

Auch die Gleichstellung der Kostenübernahmen der Selbstbehalte im Rahmen der jeweiligen Sozialhilfegesetze für die betroffenen Betreuungsbedürftigen – egal in welchem Bundesland sie zu Hause sind bzw. betreut werden – würde eine Verbesserung bedeuten, so wie dies teilweise schon in Vorarlberg, Burgenland und in der Steiermark der Fall ist.

Hoffnung auf Unterstützung durch Minister Mückstein

Die ÖBAP hofft, dass nun endlich im Sozialministerium unter Bundesminister Mückstein rasche Verbesserungsmaßnahmen gesetzt werden. Bisher hat die 24-Stunden-Betreuung im Rahmen der Gespräche zur Pflegereform ein völliges Schattendasein geführt. Eine Anstellung der 24-Betreuerinnen, wie das zuletzt auch im Rahmen der Berichterstattung zu Amnesty verlangt wurde, verweist Hamminger ins Reich der Illusionen. „Derzeit werden 30.000 KlientInnen von 60.000 Betreuerinnen rund um die Uhr versorgt. Würde man diese Arbeit im gleichen Ausmaß von Angestellten erledigen lassen, entstünden für die 30.000 KlientInnen österreichweit 3,2 Milliarden Euro Kosten. Derzeit liegen diese Kosten – die KlientInnen ihren Betreuungskräften bezahlen müssen – bei etwa 900 Mio. Euro, darin sind etwa 198 Mio. Euro staatliche Förderung enthalten.

Richtigstellung einiger Unkorrektheiten in den AI
Darstellungen

Hamminger erwähnt auch unkorrekte Angaben im Bericht von Amnesty:

* So wird dort auf fehlenden Zugang zu sozialen Leistungen
verwiesen. „Das ist Unsinn, alle BetreuerInnen sind als selbständige Gewerbetreibende bei der Sozialversicherung der Selbständigen (SVS) versichert und haben jeden Zugang zu Sozialleistungen wie alle anderen selbständigen erwerbstätigen Personen in Österreich auch!

* Weiter wird von AI kritisiert, dass es keine Qualitätskontrolle
der 24-Stunden-Betreuung gäbe. Hamminger stellt richtig: Es gibt Qualitätskontrollen durch das Sozialministerium vor Ort, in den Wohnungen der betreuten KlientInnen. Zuletzt haben unangekündigte Kontrollen durch das Sozialministerium eine 98% Zufriedenheit der Kontrollore dokumentiert! Auch ÖQZ24-zertifizierte Agenturen sind verpflichtet, eine regelmäßige Qualitätskontrolle durch eine Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegefachkraft durchführen zu lassen, wonach diese Betreuungssettings sogar einer doppelten Kontrolle unterliegen.

* Auch die Vermittlungsagenturen fordern seit langem eine – weit über die Bezahlung hinausgehende Verbesserung für die Betreuungskräfte. Daher begrüßen wir auch, dass sich die BetreuerInnen an, die von AK und Wirtschaftskammer ins Leben gerufenen Schlichtungsstelle wenden können. Die AK, die Fachgruppe Personenberatung und Personenbetreuung in der Wirtschaftskammer Wien und die Verbraucherschlichtung Austria haben im Sommer 2020 eine enge Kooperation als Hilfe für alle jene vereinbart, die Betreuung brauchen, die Betreuung leisten oder Betreuung organisieren. Hilfesuchende können sich an eine dieser Stellen wenden, die entweder die notwendige Hilfe gibt oder über die dafür zuständige Stelle informiert. Ein wesentliches Element der Kooperation ist auch die Einrichtung eines Fachbeirates für Personenbetreuung bei der Verbraucherschlichtung Austria, die im Verbraucherbereich Streitigkeiten zwischen betreuten Personen, BetreuerInnen und Agenturen schlichtet.

Verwunderung über Engagement von Amnesty in einem rechtlich geregelten und funktionierenden Betreuungssystem

Abschließend wundert sich Hamminger auch über Amnesty selbst. Eine Organisation, die sich von ihrem Selbstverständnis her mit Menschenrechtsverletzungen durch Folter, politische Verfolgung, Vergewaltigung, Mord und vielen weiteren schweren Vergehen befasst, rückt eine Betreuungsform in Österreich in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. Wir leben in einem Land mit einem funktionierenden Rechtsstaat, wo sich BetreuerInnen, wenn sie das Gefühl haben, rechtswidrig behandelt zu werden, an Gerichte wenden können. Ihnen steht auch die Wirtschaftskammer als ihre gesetzliche Interessenvertretung zur Verfügung.

Pauschale Vorverurteilungen, bei dem KlientInnen und deren Angehörige ständig unter Generalverdacht – BetreuerInnen wie Sklaven zu halten – gestellt werden , helfen bestimmt nicht die Situation nachhaltig zu verbessern. Ein wesentlicher Schlüssel zur Verbesserung der Situation der 24-Stunden-Betreuerinnen ist in einem ersten Schritt die rasche Erhöhung der staatlichen Förderung auf 1650 Euro monatlich, fasst Hamminger abschließend zusammen.

ÖBAP
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