Oö. Volksblatt: “Nullzinsjunkies” (von Manfred MAURER)

Ausgabe vom 24. Juli 2021

Linz (OTS) – Die segensreiche Wirkung von Schmerzmitteln ist untrennbar verbunden mit dem Fluch ihres Suchtpotenzials. Europa (und die USA) kennen das Problem. In der Finanzkrise 2008 verordneten EZB und FED den Niedrigzins (kombiniert mit exzessiven Anleihekäufen) zur Schmerzlinderung. Die Krise wurde überwunden — und abgelöst von einer Suchtkrise. Während gut haushaltende Staaten wie Österreich eine allmähliche Leitzinssteigerung vertragen hätten, musste die EZB unseriös wirtschaftende Länder wie Griechenland und Italien mit Nullzins und Anleihekäufen (= Gelddrucken) über Wasser halten.
Und dann kam die Pandemie, die wegen überall steigender Schulden zur weiteren Einnahme des fatalen Schmerzmittels führte. Die EZB hat uns gerade mitgeteilt, dass sich daran so bald nichts ändern wird. Die Nullzinspolitik hat jedoch auch eine positive Nebenwirkung: jetzt kommt die lehrbuchmäßig schon länger zu erwartende Inflation, welche die Schuldenberge (leider auch die Ersparnisse der Bürger) schmelzen lässt. Das ermöglicht den Regierungen einen schleichenden Schuldenabbau ohne schmerzhafte Einschnitte. Und weil Geld im EZB-Garten auf den Bäumen wächst, werden sie weiter aufs bequeme Schuldenmachen setzen.
Bleibt zu hoffen, dass diese Sucht nicht mit einem Goldenen Schuss endet.

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