27. Wiener Gemeinderat (4)

GR Dr. Peter Sittler (ÖVP) warf der Wiener SPÖ vor, „das Leben in der Stadt durch Erhöhung der Gebühren und der Fernwärme immer teurer zu machen“. Etwa 440.000 Haushalte würden durch die Wien Energie mit Fernwärme versorgt werden, die Preiserhöhung bei der Fernwärme werde also „sehr viele“ Menschen in Wien treffen. Der Bund hingegen werde auch weiterhin die Gebühren nicht erhöhen, so seien Österreichs Bürger*innen seit 2011 knapp 90 Millionen Euro an Kosten erspart worden. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) würde hingegen die Valorisierung in Wien weiter verteidigen, „so schaut Entlastung nicht aus“, sagte Sittler und vermutet: „Will der Bürgermeister seiner Parteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner mit der Gebührenerhöhung eins auswischen?“ Zu Wohnungsneubauten in Wien vernehme er „nur Ankündigungen“. So sei der Baubeginn für einen Gemeindebau in Simmering für 2024 angekündigt worden, bis zum Bezug der Wohnungen würde es „wohl noch einige Jahre dauern“. Die Wiener SPÖ habe es in der Hand, die Wiener*innen zu entlasten, „tun Sie es endlich“, forderte Sittler. Wasser-, Kanal- und Müllgebühren seien nicht die einzigen Kostensteigerungen, die auf die Menschen in Wien 2023 zukommen würden. Insgesamt würde ein durchschnittlicher Mehrpersonenhaushalt mit knapp 1.400 Euro pro Jahr durch Energie und Fernwärmekostensteigerungen zusätzlich belastet werden. Der Bund hingegen habe mit der Stromkostenbremse eine Entlastung von 500 pro Jahr und Haushalt geschaffen. „Stoppen Sie die Gebühren und Mieterhöhungen im Gemeindebau; fordern Sie nicht immer den Bund auf zu handeln, sondern handeln Sie selbst“, verlangte Sittler von der Stadtregierung.

GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP) unterstellte der SPÖ bei der Daseinsvorsorge, auf welche die SPÖ „so stolz“ sei, eine „Lebenslüge“ zu leben. Bereits in der Kreisky-Ära in den 1970er- und 1980er-Jahren habe es den „Fetisch der verstaatlichten Industrie“ mit Milliarden-Unterstützungen etwa für die VÖEST gegeben, „der es hier in Wien ins nächste Jahrhundert geschafft hat“. Bei der Preisgestaltung der Wien Energie sei nichts von „der sozialen Wärme der Sozialdemokratie zu spüren gewesen“, sagte Juraczka. Während vor einigen Monaten noch über die Energieunterstützung debattiert wurde, habe das Management der Wien Energie und „vermutlich auch die Stadtkoalition bereits über die Schieflage des Unternehmens Bescheid“. Mitte August habe ein Rundruf des Finanzministeriums unter Österreichs Energieunternehmen zu keiner Reaktion seitens Wien Energie geführt, dass Finanzierungsbedarf bestehe. Die Versorgungssicherheit in Wien sei dem Finanzministerium und dessen Geldern zu verdanken, dass die Stadt Wien jetzt einen Antrag einbringe, einen österreichweiten Schutzschirm zu errichten, bezeichnete Juraczka als „zynisch und soll wohl vom eigenen Versagen ablenken“. Die kommunale Daseinsvorsorge werde im Regierungsprogramm zwar „breit“ erwähnt, doch die letzten Wochen und Monate ließen an der Krisenresistenz und Widerstandsfähigkeit des Systems der öffentlichen Daseinsvorsorge in Wien Zweifel aufkommen. Juraczka brachte zwei Anträge ein: den ersten betreffend Sicherstellung der Daseinsvorsorge und den zweiten betreffend Aussetzung der Gebührenerhöhungen.

GR Harald Zierfuß (ÖVP) sprach zur Anpassung des Semestertickets für Studierende nach einem entsprechenden Höchstgerichtsurteil. Er befürchtete, dass die Kosten für die Studierenden in Wien im Zuge der Anpassung „noch einmal“ erhöht werden würden. Zierfuß sprach den Wunsch aus, dass es – ebenso wie für andere Bevölkerungsgruppen – ein einziges Jahresticket pro Jahr gäbe und nicht, so wie derzeit, vier. Zu beiden Anliegen brachte Zierfuß Anträge ein.

GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) sagte, in Niederösterreich seien ebenfalls die Preise für Strom und Gas erhöht worden – „wie erklären Sie das der Bevölkerung“, fragte Gara. Die Ursache für die Preissteigerung sei der völkerrechtswidrige Angriff Putins auf die Ukraine, die Konsequenzen hätten jetzt alle Wiener*innen zu tragen. Die Unterstützungen der Stadt seien „sozial relativ treffsicher“, und zwar im Gegensatz zu den „gigantischen Ausgaben“ im Bund, wo jede und jeder den Klimabonus bekomme und die Strompreisbremse „null Anreiz“ zum Stromsparen gebe. Der Krieg in Europa verlange Opfer von sehr vielen Menschen, die Abhängigkeit von russischem Erdgas müsse beendet werden – „daran führt kein Weg vorbei“. Gara brachte den Antrag von SPÖ und NEOS betreffend Maßnahmen, um den Energiemarkt zu stabilisieren, ein. Darin werden unter anderem die Entkoppelung des Strom- und Gaspreises und die Überarbeitung des „Merit Order Prinzips“, ein gebündelter europäischer Einkauf von Gas und Energie, ein österreichweiter Schutzschirm für Energieversorger, die Schaffung von Allianzen mit alternativen Energielieferanten, der Ausbau der erneuerbaren Energien – auch in den Bundesländern, die sich bisher weigerten, Wind- und Solarparks zu bauen – und ein bundesweiter Notfallplan für den Krisenfall verlangt.

Abstimmungen: Der Antrag von SPÖ und NEOS betreffend Maßnahmen, um den Energiemarkt zu stabilisieren, wurde mehrheitlich angenommen. Alle Anträge, die von der Opposition eingebracht wurden, fanden nicht die erforderliche Mehrheit.

Die 27. Sitzung des Wiener Gemeinderates auf Verlangen der ÖVP endete um 12:49 Uhr. (Schluss) nic

PID-Rathauskorrespondenz
Stadt Wien Presse- und Informationsdienst
Service für Journalist*innen, Stadtredaktion
01 4000-81081
www.wien.gv.at/presse

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender