Vor Prozess gegen SOS Balkanroute: Behörden löschen Beweise, KURIER-Journalist fühlt sich von BMI und ICMPD unter Druck gesetzt

Österreich, 2023: Mit Orban-Methoden gegen Journalist:innen und Aktivist:innen. „David gegen Goliath“-Prozess beginnt am 18. Juli am Handelsgericht Wien.

Man dachte, der Skandal um das illegal erbaute Gefängnis für Geflüchtete im bosnischen Lipa-Camp hätte eigentlich mit dem offiziell verkündeten „Aus“ am 8. Juni sein Ende gefunden. Nun kommen aber vor dem ersten Prozesstag am 18. Juli vor dem Wiener Handelsgericht (16 Uhr, Saal 708), über die SLAPP-Klage seitens des ÖVP-nahen Instituts ICMPD gegen SOS Balkanroute und seinen Gründer Petar Rosandić, neue Skandale ans Tageslicht.

Die SOS Balkanroute hat bekanntlich Anfang April das illegale Gefängnis aufgedeckt. Das ÖVP-nahe Institut, unter der Leitung von Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger, stritt zuerst jegliche Verantwortung für den Bau ab und musste später – aufgrund des öffentlichen Drucks durch SOS Balkanroute – die Verantwortung für den Bau eingestehen.

„BMI UND ICMPD SETZTEN MICH UNTER DRUCK“ 

Wie der Ex-KURIER-Journalist Dennis Miskić nun auf Twitter offenbarte, war auch er während seiner journalistischen Recherchen zum illegalen Gefängnis in Lipa mehrfachem politischem Druck ausgesetzt. Einen aktuellen Standard-Artikel, der sich mit der Illegalität des Lipa-Gefängnisses befasst, teilend, schreibt Miskić auf Twitter: „Nachdem mich Bernhard Schragl (ICMPD) und Markus Haindl vom BMI wegen meiner Berichterstattung zu diesem Thema persönlich unter Druck gesetzt haben, freue ich mich, dass nun auch DER STANDARD darüber schreibt“. Schragl war einst ÖVP-Kandidat bei Wiener Landtagswahlen und ist Pressesprecher des ICMPD, Haindl ist als Ministerialrat im BMI zugleich Pressesprecher von Innenminister Gerhard Karner.

In einem Mail an Miskićs Chefitäten in der KURIER-Außenpolitik-Redaktion, welches Haindl in CC auch an Kurier-Chefredakteurin Martina Salomon mitschickte, droht der Sprecher des Innenministers der Redaktion mit juristischen Konsequenzen: „Im Allgemeinen darf ich festhalten, dass hier eine Grenze eines Redakteurs überschritten wurde, die selbstverständlich auch juristisch/medienrechtlich zu prüfen ist“. 

Dabei nimmt er ein von Miskić falsch geschriebenes Datum im KURIER-Bericht für ein tatsächlich im Oktober 2022 (in Miskics Bericht war von November 2021 die Rede) stattgefundes Treffen zwischen BM Karner und dem damaligen bosnischen Sicherheitsminister zum Anlass, um dem KURIER-Journalisten aktivistische Tendenzen vorzuwerfen. Über Miskić selbst schreibt Haindl vorwurfsvoll: „Vielmehr ist anzunehmen, dass es sich bei dem Redakteur um einen Aktivisten, denn um einen Journalisten handelt“.

BOSNISCHE PARTNER VON ICMPD LÖSCHTEN BEWEISE

Doch nicht nur in Wien ist die Panik vor dem „David gegen Goliath-Prozess“ groß. Wie Screenshots zeigen, löschte nun das bosnische Sicherheitsministerium, Partner des ICMPD und des BMI, in einer Aussendung vom 12. Oktober 2022 auf ihrer Webseite einen Satz, der den von SOS Balkanroute geäußerten Verdacht, man wolle Bosnien-Herzegowina zur Abschiebezone machen und aus Lipa ein Abschiebegefängnis machen, zusätzlich zu allen bisher vorgelegten Beweisen belegt. Auf dem Facebook-Auftritt des Sicherheitsministeriums wurde hingegen offensichtlich vergessen, die Inhalte der damaligen Aussendung zu löschen. 
Dabei geht es in der Aussendung um die Treffen des damaligen bosnischen Sicherheitsministers Selmo Cikotić mit Innenminister Karner und ICMPD-Vorsitzendem Michael Spindelegger in Wien. Der gelöschte Satz lautet: „Es wurde über Deportationen illegaler Migranten aus Bosnien-Herzegowina gesprochen, die die Organisation (gemeint ist ICMPD) in der nächsten Periode durchführen wird.“

Petar Rosandić,
06607390819, team@sos-balkanroute.at

Anwältin Dr. Maria Windhager:
Telefon: +43-1-522 63 09
Email: maria.windhager@ra-win.at

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