Trotz gleichwertiger Arbeit: 14,5 Prozent weniger Einkommen für weibliche Lehrlinge

Gender Pay Gap schon in Ausbildung – ÖGB Schumann und ÖGJ-Tiefenbacher fordern Neubewertung von Arbeit: „Faire Entlohnung und berufliche Gleichstellung jetzt!”

Am morgigen 8. November ist in Österreich Equal Pay Day der Lehrlinge. Weibliche Lehrlinge arbeiten rechnerisch die letzten 53 Tage dieses Jahres gratis. Denn am Equal Pay Day hat ein männlicher Lehrling durchschnittlich bereits so viel verdient, wie ein weiblicher Lehrling am Ende des Jahres verdient haben wird. „Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit muss über alle Branchen und Berufe gelten“, so Korinna Schumann, Vizepräsidentin und Bundesfrauenvorsitzende des ÖGB, und Richard Tiefenbacher, Bundesvorsitzender der Österreichischen Gewerkschaftsjugend (ÖGJ), unisono.

Der Gender Pay Gap bei österreichischen Lehrlingen liegt bei 14,5 Prozent. Er vergleicht die durchschnittlichen Brutto-Jahreseinkommen von Lehrlingen in männer- und frauendominierten Branchen. Das Lehrlingseinkommen bei Männern liegt bei 15.460 Euro, das von Frauen bei 13.211 Euro. Gerade in den frauendominierten Branchen sind die Lehrlingseinkommen also vergleichsweise gering. „Das heißt, die Ungerechtigkeit beginnt schon in der Ausbildung und setzt sich nach der Lehre fort. Es ist wirklich beschämend, wie Frauen egal welchen Alters schlechter gestellt werden. Wir müssen endlich über die Bewertung von Arbeit sprechen“, sagt Gewerkschafterin Schumann und fordert 2.000 Euro kollektivvertraglichen Mindestlohn in allen Branchen.

Auch Junggewerkschafter Tiefenbacher ist empört. „Es ist wichtig, dass wir uns für die Gleichbehandlung aller Lehrlinge starkmachen, unabhängig von ihrem Geschlecht. Wenn weibliche Lehrlinge für gleiche Arbeit weniger verdienen, müssen wir uns fragen, wie wir bestehende Lücken schließen können. Deshalb fordern wir 1.000 Euro für alle Lehrlinge im 1. Lehrjahr – das ist mehr als eine Geste – es ist ein fundamentales Bekenntnis zu fairer Entlohnung und beruflicher Gleichstellung.”

„Wenn es mit der Gleichstellung von Mann und Frau in Österreich in dem Tempo weitergeht, verdienen Frauen erst in 31 Jahren für gleiche Arbeit so viel Geld wie Männer. Das ist beschämend für Arbeitgeber, die hier nicht von selbst reagieren, sondern arbeitsrechtliche Konsequenzen in Kauf nehmen“, verweist Richard Tiefenbacher auf den Equal Pay Day in Österreich, der heute auf den 31. Oktober gefallen ist.

„Es ist kein Naturgesetz, dass Frauen für gleiche Arbeit weniger verdienen als Männer. Länder wie Island zeigen vor, wie es anders geht. Dort muss jedes Unternehmen vorweisen, dass sie gleichwertige Arbeit auch gleich bezahlen. Wenn es das nicht tut, drohen hohe Strafen. Österreich hinkt auch im internationalen Vergleich hinsichtlich Gleichstellung von Mann und Frau stark hinterher“, so Korinna Schumann. „Es schaut so aus, als ob die österreichische Bundesregierung hier bewusst nichts unternimmt. Denn wir weisen darauf seit Jahren hin. Neben Lohntransparenz braucht es auch dringend Maßnahmen, die Vollzeitarbeit erleichtern. Es gibt zu wenig Kinderbetreuung, die auch Vollzeitarbeit möglich macht. Da hilft es dann auch nicht, wenn die Regierung 4,5 Milliarden Euro ankündigt, die dann aber verpuffen. Es müssen auf Worte endlich Taten folgen.“ Immerhin leisten Frauen nach wie vor einen Großteil der unbezahlten Arbeit und verdienen gleichzeitig weniger als Männer. „Frauen fordern Gleichstellung! Ein gerechter Lohn zählt zu den wichtigsten Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes Leben und für eine faire Pension“, schließen Schumann und Tiefenbacher.

Aufgrund der Lohnschere entgehen Frauen über 9.000 Euro pro Jahr, in einem Arbeitsleben von 40 bis 45 Jahren ist das rund eine halbe Million Euro. Wir fordern ein Maßnahmenpaket, um diese Ungerechtigkeit so rasch wie möglich zu beseitigen. Es braucht bundesweit mehr Mittel für die Kinderbetreuung. Wien kann hier – mit Gratis-Kindergarten und Gratis-Ganztagsschule – als Vorbild dienen. Ein gutes Instrument für Transparenz sind Einkommensberichte, die aber verbessert und ausgeweitet werden müssen, etwa durch spürbare Sanktionen bei Nichterstellung.

ÖGB Kommunikation
Martin Mandl
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