Ö1-„Hörbilder Spezial“ am 1.11.: „Neun Minuten – Die Folgen des Terroranschlags in Wien“

Wien (OTS) – Sahel Zarinfard, Journalistin bei der Rechercheplattform „Dossier“, hat die Hinterbliebenen des Anschlags vom 2. November 2020 in Wien mehrere Monate begleitet. In den Ö1-„Hörbildern Spezial“ am Montag, den 1. November (10.05 Uhr) und in der Podcast-Serie „Neun Minuten – Die Folgen des Terroranschlags in Wien“ dokumentiert sie deren Trauer und ihre Wut auf Österreichs Behörden.

Die Hinterbliebenen sehen die Politik in der Pflicht, für behördliche Fehler im Vorfeld des Anschlags Verantwortung zu übernehmen. Zarinfard rekonstruiert das Netzwerk des Täters und geht der Frage nach: Hätte der Anschlag verhindert werden können? Für diese investigative Recherche für Ö1 in Kooperation mit Dossier wurde Zarinfard beim heuer erstmals vergebenen Ö1-Feature-Podcastpreis „moving_audio“, in dessen Rahmen auch das „Hörbild“ und die Podcast-Serie entstanden sind, mit einer Lobenden Anerkennung gewürdigt.

Für die Schwestern Kexin (22) und Kewen (20) L. ist nichts mehr so, wie es war. Am 2. November 2020 haben sie ihren Vater bei dem Anschlag in der Wiener Innenstadt verloren. Und mit ihm die wichtigste Einnahmequelle der Familie: Das Chinarestaurant am Schwedenplatz, in dem ihr Vater ums Leben kam, wurde als Familienbetrieb geführt und ist seither geschlossen. Aus gerade noch Jugendlichen wurden über Nacht zwei erwachsene Frauen, die sich um die Belange der Familie kümmern müssen: um ihre Mutter, die therapeutische Hilfe braucht; um die mögliche Wiedereröffnung des Restaurants; und um die mühsamen, bürokratischen Wege, die ein Todesfall nach sich zieht. Die Spuren des hierzulande ersten jihadistisch motivierten Anschlags sind auch ein Jahr danach sichtbar, allen voran als große Lücke im Leben der Hinterbliebenen samt der für sie quälenden Frage, ob der Anschlag hätte verhindert werden können. Schließlich war der Attentäter amtsbekannt. Nachdem er 2018 versucht hatte, nach Syrien auszureisen, um sich dem sogenannten Islamischen Staat anzuschließen, verbüßte er eine Haftstrafe in Wien. Zum Zeitpunkt seiner bedingten Entlassung im Dezember 2019 galt er nicht als deradikalisiert – im Gegenteil. Seine Bewährungshilfe und Betreuer des Deradikalisierungsvereins DERAD sowie die für Terrorismusbekämpfung zuständigen Behörden beobachteten und dokumentierten, wie sich der Attentäter stetig weiter radikalisierte. Angefangen bei seinem Aussehen, den regelmäßigen Besuchen einer Hinterhofmoschee bis hin zur polizeilichen Überwachung eines Islamistentreffens in Wien, bei dem er mutmaßliche Mitglieder eines Terrornetzwerks vom Flughafen abholte und bei sich wohnen ließ. Just am nächsten Tag fuhr er in die Slowakei, um Munition für ein Sturmgewehr zu kaufen. Dieses Netzwerk, das ihm bei der Planung und Ausführung des Anschlags geholfen haben soll, steht im Fokus der laufenden Ermittlungen: Ein Blick auf die Beschuldigtenliste und deren Geschichten zeigt, wie weitreichend die Kontakte des Attentäters zu anderen Extremisten waren. Seit dem Anschlag wird aber nicht nur gegen potenzielle Mittäter ermittelt, sondern auch gegen Verfassungsschützer. Das Bundesministerium für Inneres hat nach dienstrechtlichen Erhebungen sowie den Ergebnissen der unabhängigen Untersuchungskommission mehrere Beamte wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch angezeigt. Der Ausgang der Ermittlungen der zuständigen Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ist noch offen. Das „Hörbild“ und die Podcast-Serie „Neun Minuten“ begleitet Hinterbliebene und Opfer zu Gerichtsterminen, spricht mit ihren Anwälten und jenen der Gegenseite, um die Frage nach der Verantwortung zu klären. Denn auch wenn das Attentat nach neun Minuten vorbei war, so dauern seine Folgen ein Leben lang – für den Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft.

ORF Radio Öffentlichkeitsarbeit
Claudia Zinkl
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