Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka im Perspektivenaustausch mit seiner montenegrinischen Amtskollegin Danijela Đurović

Gespräch über die EU-Annäherung Montenegros und politische Polarisierung in Krisenzeiten

Im Rahmen der Wintertagung der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE-PV) kam es gestern zu einem bilateralen Gespräch zwischen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und der Parlamentspräsidentin von Montenegro, Danijela Đurović. Thematisiert wurde dabei die parlamentarische Zusammenarbeit beider Länder sowie die Annäherung Montenegros an die EU, bei der Sobotka die Unterstützung Österreichs zusagte. Ausgetauscht wurden auch die Perspektiven auf die gegenwärtigen Krisenerscheinungen – allen voran den Krieg in der Ukraine – und die damit zusammenhängende Polarisierung des Meinungsklimas in Politik und Gesellschaft.

Im Zusammenhang mit der OSZE-Wintertagung sprach Sobotka gestern auch mit dem Leiter der US-Delegation Senator Benjamin Cardin über den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und den Kampf gegen Antisemitismus. In einem weiteren bilateralen Gespräch mit der Chefin der Demokratiebewegung und Leiterin des Übergangskabinetts von Belarus Swetlana Tichanowskaja drückte Sobotka die Unterstützung Österreichs für die belarussische Zivilgesellschaft gegen das dortige autoritäre Regime aus.

PARLAMENTARISCHE ZUSAMMENARBEIT UND EU-ANNÄHERUNG

Nationalratspräsident Sobotka äußerte eingangs seine Freude über die langjährige enge Verbindung zwischen Österreich und Montenegro. Diese erstrecke sich über den kulturellen und wirtschaftlichen Austausch bis hin zur polizeilichen Zusammenarbeit und parlamentarischen Kooperation. So gratulierte Sobotka seiner Amtskollegin zum zehnjährigen Jubiläum der im montenegrinischen Parlament nach österreichischem Vorbild eingerichteten Barbara-Prammer-Demokratiewerkstatt, das heuer begangen wurde. Für die Entsendung einer österreichischen Delegation zu den Feierlichkeiten bedankte sich Parlamentspräsidentin Danijela Đurović. Sie sah es als “besonderes Privileg” an, sich mit jungen Menschen und ihren Lehrer:innen über Fragen der Demokratie auszutauschen, denn diese seien die Entscheidungsträger:innen der Zukunft.

Von Sobotka auf die Thematik der EU-Annäherung angesprochen, betonte Đurović, dass an die 80 % der Bürger:innen Montenegros dieser positiv gegenüberstünden. Der Krieg in der Ukraine habe diese Zustimmung noch weiter wachsen lassen. Doch der mittlerweile zehnjährige Prozess der EU-Annäherung ihres Landes verlange nach einer klareren Beitrittsperspektive. Sobotka versicherte, dass die EU-Integration der Westbalkan-Staaten für Österreich Priorität habe. Beide Parlamentspräsident:innen unterstrichen die Wichtigkeit der Bemühungen, alle Voraussetzungen dafür zu erfüllen.

Diese Voraussetzungen betreffen unter anderem das politische und das Justizsystem. Diese befänden sich in Montenegro derzeit in einer herausfordernden Situation, wie Đurović berichtete, da es noch nicht gelungen sei, eine parlamentarische Zweidrittelmehrheit für die ausreichende Besetzung des Verfassungsgerichtes herzustellen. Diese benötige es jedoch, um bereits vorliegende und noch anstehende Wahlergebnisse, wie jenes der Präsidentschaftswahlen im März, zu verifizieren. Đurović zeigte sich optimistisch, dass es sehr bald gelingen werde, diesen Missstand zu bereinigen.

POLARISIERUNG DES POLITISCHEN KLIMAS IN KRISENZEITEN

Angesichts multipler Krisenphänomene wie der COVID-19-Pandemie, des Kriegs in der Ukraine und der Inflation attestierte Nationalratspräsident Sobotka eine “Polarisierung und Emotionalisierung” des politischen Diskurses. Im österreichischen Parlament versuche man dem konfrontativen Klima entgegenzuwirken und respektvoller miteinander umzugehen, was sich zuweilen schwierig gestalte. Auch eine auf Überschriften fixierte Medienlandschaft trage zum Vertrauensverlust in Institutionen wie Demokratie oder Medien bei, was die richtige Ansprache der Bürger:innen zunehmend erschwere, so Sobotka.

Parlamentspräsidentin Đurović pflichtete Sobotkas Befund einer durch die Krisen veränderten politischen Atmosphäre bei und sah darin die Grundlage für einen wachsenden Populismus. Vor allem die Pandemie habe den “einfachen Antworten” einen starken Aufwind beschert. Diese Antworten könnten jedoch laut Đurović den Anforderungen der Wahrheit und Machbarkeit nicht gerecht werden. Hierbei handle es sich um einen globalen Prozess, der durch die Angst vor dem Unbekannten und durch “unprofessionelle Medienbetriebe” genährt werde. Traditionelle Parteien und klassische Werte wie die Gemeinwohlorientierung würden zugunsten eines gesteigerten Egoismus zurückweichen.

Einig zeigten sich beide auch in der Frage der Regulierung von Social-Media-Plattformen. Hier würde unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit immer öfter auch Hassreden eine Plattform geboten, was dringend zu unterbinden sei. (Schluss) wit

HINWEIS: Fotos von diesem Gespräch finden Sie im Webportal des Parlaments.

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