Bundesrat widmet Aktuelle Stunde dem Gewaltschutz

Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen sowie Kinderschutz im Zentrum der Debatte

Über das Thema “Gewaltschutz als gesellschaftlicher Auftrag: Wie wir die Gewaltspirale durchbrechen” diskutierte heute im Rahmen einer Aktuellen Stunde im Bundesrat Justizministerin Alma Zadić mit den Mandatar:innen. Die zentralen Themen in der Debatte waren dabei der Schutz von Frauen vor Gewalt sowie der Kinderschutz.

Zuvor wurden am Beginn der Sitzung infolge der Landtagswahl in Niederösterreich zwei Bundesrätinnen angelobt. Margit Göll (ÖVP/N) hatte bereits zuvor einen Sitz in der Länderkammer und wurde wiedergewählt. Bernadette Geieregger (ÖVP/N) nimmt den Platz der nunmehrig aus dem Bundesrat ausgeschiedenen Marlene Zeidler-Beck (ÖVP/N) ein. Außerdem gedachte die Länderkammer in einer Schweigeminute dem kürzlich verstorbenen früheren ÖVP-Bundesrat und Rechtswissenschafter Herbert Schambeck.

ZADIĆ: VIELE SCHRAUBEN AUF ALLEN EBENEN GEGEN GEWALTSPIRALE

Gewalt an Frauen sei nach wie vor traurige Realität, bedauerte Justizministerin Zadić. Um die schreckliche Gewaltspirale – etwa im Hinblick auf bereits 16 Femizide heuer – zu unterbrechen, müsse an vielen Schrauben gedreht werden. So dürfe es etwa nicht sein, dass zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft kein Informationsfluss stattfindet. Daher sei etwa im Justizministerium zusätzlich zu den Fallkonferenzen jährlich ein strukturierter Dialog eingeführt worden. Ausgebaut worden sei auch die psychosoziale und juristische Prozessbegleitung. Antigewalttrainings würden nun bereits bei einer Wegweisung oder einstweiligen Verfügung ermöglicht, erörterte die Justizministerin. Das Frauenbudget sei verdoppelt worden, und juristisch habe man Gewalt im sozialen Nahraum endlich definiert, um Fälle einordnen und daraus strukturell Lehren ziehen zu können. Besonders wichtig sei hinsichtlich der viel zu niedrigen Verurteilungsquote die Umsetzung der Gewaltambulanzen, um zu sichern, dass Beweise tatsächlich gerichtsfest gemacht werden können. Es seien nun für diesen Schritt alle beteiligten Ministerien an Bord, unterstrich Zadić. Um die Gewaltspirale nachhaltig zu durchbrechen müsse so früh wie möglich angesetzt werden. Echte Gleichstellung stelle außerdem die beste Prävention dar, so die Ministerin. Um diese zu fördern, brauche es eine bundeweite Gesamtstrategie.

Zum Kinderschutz betonte Zadić, kein Kind dürfe Opfer werden. Aktuell sollen ihr zufolge die Strafen für Missbrauchsdarstellungen deutlich erhöht, teils sogar verdreifacht werden – sowohl für den Besitz als auch für die Herstellung solcher Abbildungen. Wichtig sei ihr auch die Prävention in Form von verpflichtenden Kinderschutzkonzepten in Schulen und Vereinen, betonte die Ministerin. Das künftige Tätigkeitsverbot soll zudem auch für eine bedingte Verurteilung gelten, und zwar unabhängig davon, was der/die Täter:in vorher gearbeitet hat.

ÖVP UND GRÜNE: BUNDESREGIERUNG SETZT SICH MASSIV FÜR GEWALTSCHUTZ EIN

Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S) und Elisabeth Kittl (Grüne/W) wiesen wie auch die Justizministerin auf den Umstand hin, dass nach wie vor jede dritte Frau in Österreich von Gewalt betroffen ist. Die Bundesregierung habe etwa das Gewaltschutzpaket auf den Weg gebracht und setze sich weiter massiv dafür ein, die Situation zu verbessern, so Eder-Gitschthaler. So seien etwa Gewaltschutzinterventionsstellen, Beratungsstellen zur Gewaltprävention, Männerberatung und Gewaltschutzambulanzen vorgesehen. Kittl wies etwa darauf hin, dass nunmehr Opferschutzeinrichtungen Gewaltopfer bei Gericht vertreten und ein Annäherungs- und Betretungsverbot beantragen können. Im Verfahren würden allerdings neun von zehn Angeklagte straffrei ausgehen, was auch an den Möglichkeiten der Beweisaufnahme liege. Begrüßenswert seien daher die angekündigten Gewaltambulanzen, um unter anderem Beweise dokumentieren zu können. Als gesamtgesellschaftliche Aufgabe bezeichnete Marco Schreuder (Grüne/W) den Schutz vor Gewalt. Hier gehe es auch darum, historisch gewachsene Strukturen wie etwa Rollenbilder zu hinterfragen. Vor allem auch Männer müssten intensiv darüber sprechen, wie Gewalt überhaupt entsteht.

OPPOSITION FORDERT MEHR MASSNAHMEN UND TEMPO EIN

Die “vermeintlichen Wohltaten” der Bundesregierung seien allerdings offenbar bei den Frauen nicht angekommen, denn die Gewalthandlungen würden steigen, kritisierte Elisabeth Grossmann (SPÖ/St). Bei der Querschnittsmaterie Gewalt brauche es gemeinsame Kraftanstrengungen. Leider habe aber auch der Rechnungshof festgestellt, dass es etwa gegen die Vielzahl an Frauenmorden in Österreich keine gesamtheitliche langfristige Strategie gebe. Manfred Mertel (SPÖ/K) stimmte Schreuder insofern zu, dass Gewaltschutz jedenfalls auch Männersache sei. Es gelte, viel früher ein vorbildhaftes Verhalten von Männern einzubringen, etwa über den Bildungsbereich oder in Sportvereinen.

Isabella Theuermann (FPÖ/K) bezog sich auf den “prominentesten Fall” mit zigtausenden Kindesmissbrauchsdarstellungen und kritisierte, dass er “keinen einzigen Tag ins Gefängnis” gehen müsse. Das Urteil beinhalte keine ernstzunehmenden Strafen für Täter und keinen ausreichenden Schutz für Opfer. Theuermann sieht die Justizministerin in der Pflicht, hier das Recht weiter nachzuschärfen. Marlies Doppler (FPÖ/S) erachtet außerdem die derzeit vorliegende Novelle der Justizministerin als nicht zufriedenstellend, zumal darin die Strafen aus ihrer Sicht nach wie vor zu mild ausfallen würden.

Es müsse jedenfalls mehr Tempo dabei gemacht werden, damit es für Gewalt an Frauen auch breites gesellschaftliches Unverständnis gibt, so Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W). Außerdem passiere Gewaltschutz erst, wenn Gewalt schon passiert sei. Das sei zwar hilfreich für die Betroffenen, aber die tatsächliche Prävention komme zu kurz. Man könne grundsätzlich auch gesamtgesellschaftlich bei dem Thema ansetzen – etwa bei den Rollenbildern – und für eine echte Wahlfreiheit der Frauen die Kinderbetreuungsplätze ausbauen, meinte Arlamovsky. (Fortsetzung Bundesrat) mbu

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