ÖGfE-Schmidt: 20 Jahre EU-Erweiterung – Kaum Skepsis zu Mitgliedschaft der Nachbarn, doch Zurückhaltung bei neuen Beitritten

Für 38 Prozent EU-Erweiterung 2004 „gute Sache“, für 18 Prozent „schlechte Sache“ – dezidierte Ablehnung einer Mitgliedschaft der Westbalkan-Länder rückläufig – Umfrage

_„Am 1. Mai ist es zwanzig Jahre her, dass auch unsere Nachbarn in Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Slowenien der Europäischen Union beigetreten sind. Eine Entscheidung, die heute in Österreich nur noch auf wenig Skepsis stößt und – trotz durchaus unterschiedlicher politischer Sichtweisen und Entwicklungen – für die meisten Menschen hierzulande längst Alltag und Normalität ist. Österreich ist dadurch ins Zentrum der EU gerückt und hat maßgeblich profitiert. Konstante Zurückhaltung herrscht allerdings, was den EU-Betritt künftiger Länder betrifft – auch wenn die dezidierte Ablehnung über die Jahre rückläufig ist“, _kommentiert Paul Schmidt, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE), das Ergebnis einer aktuellen ÖGfE-Umfrage, die österreichweit von 19. bis 25. März 2024 durchgeführt wurde.

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20 Jahre nach der ERWEITERUNG DER EUROPÄISCHEN UNION UM UNSERE NACHBARSTAATEN Slowakei, Tschechien, Ungarn und Slowenien sagen 38 Prozent der Befragten in Österreich, dass die Aufnahme dieser Länder in die EU eine „gute Entscheidung“ gewesen ist. 18 Prozent halten sie hingegen für eine „schlechte Entscheidung“, für 30 Prozent war dieser Erweiterungsschritt „weder gut noch schlecht“. 14 Prozent können dazu keine Stellung beziehen. 

_„Was eine weitere EU-Vergrößerung betrifft, hat sich am schon traditionell zurückhaltenden Meinungsbild in Österreich in den letzten Jahren wenig geändert“ sagt Schmidt. „Weiterhin wird keines der potentiellen Beitrittsländer mehrheitlich als Neuzugang in der EU begrüßt, wobei eine Mitgliedschaft von Bosnien-Herzegowina noch am ehesten, jene der Türkei jedoch am wenigsten befürwortet wird.“_

Ein Beitritt BOSNIEN-HERZEGOWINAS wird von 25 Prozent begrüßt, von 36 Prozent jedoch abgelehnt. 25 Prozent ist die Frage „egal“, 14 Prozent äußern sich nicht dazu. Vor einem Jahr (April 2023) lag der Wert der Zustimmung bei 29 Prozent, jener der Ablehnung bei 41 Prozent. Die Zahl der Indifferenten bzw. der Nichtdeklarierten ist im vergangenen Jahr angestiegen – ein Trend, der sich auch bei allen weiteren Befragungsländer am Westbalkan erkennen lässt. Bemerkenswert ist, dass der Wert der expliziten Ablehnung seit dem Jahr 2012 um 22 Prozentpunkte (PP) gesunken ist.

Eine Mitgliedschaft MONTENEGROS heißen aktuell 20 Prozent gut, 40 Prozent lehnen sie ab, 26 Prozent ist die Frage „egal“, 14 Prozent haben keine Meinung dazu. Seit April letzten Jahres ist die Zustimmung um 3 PP gesunken, ebenso jedoch auch die dezidierte Ablehnung (- 4 PP). Seit 2014 ist die Ablehnung eines montenegrinischen EU-Beitritts um 17 PP zurückgegangen.

20 Prozent treten für die Aufnahme NORDMAZEDONIENS in die EU ein, 40 Prozent lehnen sie ab. 25 Prozent zeigen sich indifferent, 16 Prozent nehmen nicht Stellung. Die Ablehnung ist seit dem letzten Jahr deutlich – um 7 PP – gesunken, die Zustimmung jedoch in etwa gleichgeblieben (- 1 PP). Seit 2014 hat sich die Ablehnung eines Beitritts von Nordmazedonien um 16 PP reduziert.

Dass ALBANIEN Mitglied der EU wird, begrüßen 17 Prozent der Befragten, während es 47 Prozent explizit ablehnen. 21 Prozent antworten „egal“, 15 Prozent deklarieren sich nicht. Der Wert der Zustimmung ist seit der letzten Befragung um 5 PP gesunken, jener der Ablehnung um 4 PP. Im vergangenen Jahrzehnt ist die Ablehnung eines albanischen Beitritts um 14 PP zurückgegangen. 

Ein EU-Beitritt SERBIENS wird von 15 Prozent der Befragten begrüßt, vor einem Jahr waren es noch 24 Prozent. Die Zahl jener, die sich ablehnend äußern, ist um 2 PP auf 50 Prozent gestiegen. 20 Prozent sagen, dass es ihnen egal ist, ob Serbien EU-Mitglied wird, 15 Prozent nehmen dazu nicht Stellung. Seit 2013 ist die Ablehnung eines serbischen EU-Beitritts um 12 PP geringer geworden. 

Die Zustimmung zu einer Mitgliedschaft des KOSOVO liegt aktuell ebenfalls bei 15 Prozent, die Ablehnung bei 51 Prozent. 20 Prozent sind dazu indifferent, 14 Prozent äußern sich nicht. Gegenüber dem Vorjahr hat sich im Meinungsbild zu dieser Frage kaum eine Veränderung ergeben. Der Wert der Zustimmung ist um 1 PP gesunken, jener der Ablehnung um 2 PP. Seit 2012 ist die Ablehnung hingegen um 15 PP zurückgegangen.

Einen EU-BEITRITT DER UKRAINE würden 20 Prozent der Befragten begrüßen, 51 Prozent lehnen einen solchen jedoch ab. 16 Prozent ist diese Frage „egal“, 13 Prozent können dazu nicht Stellung nehmen. Gegenüber April 2023 ist der Wert der Zustimmung um 4 PP gesunken, jener der Ablehnung um 2 PP gestiegen.

Eine EU-MITGLIEDSCHAFT DER REPUBLIK MOLDAU begrüßen aktuell 16 Prozent der Österreicher:innen, was einen Rückgang um 6 PP gegenüber dem Vorjahr bedeutet. 46 Prozent zeigen sich ablehnend (- 1 PP), die Zahl der Indifferenten ist seit April letzten Jahres auf 23 Prozent gestiegen (+ 5 PP). 15 Prozent geben keine Antwort (+ 3 PP). Ein BEITRITT GEORGIENS erfährt von 14 Prozent explizite Zustimmung (- 3 PP), 49 Prozent legen gegenwärtig ihr Veto ein (- 1 PP), während 21 Prozent „egal“ antworten (+2 PP) und 16 Prozent nicht Stellung beziehen (+ 3 PP). 

Am Ende der Skala liegt die TÜRKEI, deren Beitritt von 6 Prozent der Befragten in Österreich begrüßt wird, was einen Rückgang um 2 PP entspricht. 69 Prozent lehnen eine EU-Mitgliedschaft des Landes ab, im letzten Jahr waren es 71 Prozent. 13 Prozent ist diese Frage „egal“, 12 Prozent äußern sich nicht. Den Höchstwert der Zustimmung erreichte ein türkischer EU-Beitritt im Jahr 2015 (13 Prozent), der höchste Wert der Ablehnung datiert auf 2014 mit 84 Prozent.

_„Der russische Krieg gegen die Ukraine hat die Entscheidungsfindung in der EU massiv beschleunigt. Mit der Zuerkennung des Beitrittsstatus für die Ukraine, Moldau und Georgien und dem grünen Licht für Beitrittsgespräche mit Bosnien-Herzegowina wurde dem Erweiterungsprozess neues Leben eingehaucht. Trotzdem bleiben die Hürden hoch: Die Beitrittskandidaten müssen ihre Reformanstrengungen weiter intensivieren und die EU selbst muss fähig und willens sein, Neumitglieder aufzunehmen. Greifbare Perspektiven zu bieten, ohne die Aufnahmekriterien zu verwässern, bleibt jedenfalls eine Riesenherausforderung.“_
_Hintergrund:_

Mag. Paul Schmidt
Österreichische Gesellschaft für Europapolitik
Tel.: (+43-1) 533 49 99
E-Mail: paul.schmidt@oegfe.at
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