Anschober: Gesundheitsressort ist auf COVID-19-Impfungen ab Jänner 2021 vorbereitet

Nationalratsdebatte über Anstieg der Gesundheitsausgaben um 49% aufgrund der Corona-Maßnahmen

Wien (PK) – Bei der heutigen Nationalratsdebatte über das Gesundheitsbudget informierte Minister Rudolf Anschober die Abgeordneten über die aktuellen Corona-Zahlen. Mit 7.091 Neuinfektionen gebe es eine Stabilisierung auf hohem Niveau, aber noch nicht die notwendige Trendwende. Die Situation in Österreich werde ernster und ernster, betonte er, derzeit müssen bereits 682 PatientInnen mit schwersten COIVID-19-Erkrankungen auf Intensivstationen betreut werden, und die schwierigste Woche stehe wohl noch bevor. Sein Ressort habe jedenfalls schon ein umfassendes Maßnahmenpaket für die Zeit nach dem Lockdown geschnürt und sei für die mögliche Durchführung eines Impfprogramms gegen COVID-19 ab Jänner 2021 bestens vorbereitet.

Österreich verfüge ein sehr gutes Gesundheitssystem, das auch noch weiter ausgebaut werden soll, versicherte der Minister. Anschober zeigte sich auch sehr zuversichtlich, dass bei den Gesprächen über die coronabedingten Finanzierungslücken bei der Österreichischen Gesundheitskasse und den Krankenanstalten bald ein gutes Ergebnis erreicht werde. Der Haushaltsentwurf 2021 sieht im Konkreten Auszahlungen von insgesamt 1,83 Mrd. € vor, was einer Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 48,9% entspricht. Für den enormen Anstieg um 602,8 Mio. € sind vor allem die Aufwendungen für Maßnahmen zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie verantwortlich, für die im Zusammenhang mit dem Epidemiegesetz insgesamt 425,8 Mio. € veranschlagt wurden. Der Großteil davon entfällt auf Kosten für Tests, Screening-Programme und Gebühren für ÄrztInnen.

Zusätzlich wurden für das nächste Jahr noch Auszahlungen für einen COVID-19-Impfstoff in der Höhe von 120 Mio. € und das COVID-19-Zweckzuschussgesetz (150 Mio. €) eingepreist, mit dem Ausgaben der Länder insbesondere für Schutzausrüstungen, die 1450-Hotline oder Ersatzstrukturen für Spitäler kompensiert werden sollen. Weitere Steigerungen ergeben sich durch die Einführung von Influenza-Impfprogrammen (+8,6 Mio. €) sowie zusätzliche Mittel für die AGES (+6 Mio. €). Der Beitrag des Bundes zur Krankenanstaltenfinanzierung soll hingegen infolge des geringeren Abgabenaufkommens aufgrund der Pandemie um 128,6 Mio. € sinken. Laut Bundesfinanzrahmen wird aufgrund des Wegfalls der Mittel zur Bewältigung der COVID-19-Krise im Jahr 2022 mit einem Rückgang der Auszahlungen zunächst auf 1,23 Mrd. € gerechnet, danach soll es bis 2024 wieder zu einem Anstieg auf 1,26 Mrd. € kommen.

SPÖ fordert Garantie für budgetäre Deckung der Finanzierungslücken bei ÖGK und Krankenanstalten

SPÖ-Vertreter Philip Kucher zeigte sich empört darüber, dass hunderte Millionen Euro im Gesundheitsbudget “vergessen” worden seien. So wurden etwa für die finanzielle Absicherung der Krankenanstalten sowie der Österreichischen Gesundheitskasse keine entsprechenden Vorsorgen getroffen. Seine Fraktionskollegin Verena Nussbaum forderte daher die Regierung in einem Entschließungsantrag auf, die durch die Pandemie sowie durch die Kassenfusion entstandenen Verluste der ÖGK auszugleichen, um mögliche Kürzungen, Beitragserhöhungen oder die Einführung von weiteren Selbstbehalten zu verhindern. Außerdem drängte sie im Sinne des Leistungsausbaus auf die Ausschüttung der von Bundeskanzler Kurz versprochenen Patientenmilliarde. Auch Abgeordneter Rudolf Silvan stellte fest, dass mit Stand von heute rund 170 Mio. € im Budget fehlten. Mit Bedauern habe er zudem feststellen müssen, dass die dringend notwendige Sanierung des Hanusch-Krankenhauses vonseiten der ÖGK abgelehnt wurde. Abgeordneter Dietmar Keck befasste sich kritisch mit den Verordnungen des Gesundheitsministeriums, die oft zu praxisfern ausfallen und die Bevölkerung verunsichern würden.

Schwerpunkte der Grünen: Primärversorgungseinheiten, Digitalisierung, Pflege und Tierschutz

Der Gesundheitsminister habe schon mehrfach zugesagt, dass der Bund bezüglich der Sicherstellung der Finanzierung der ÖGK sowie der Krankenanstalten einspringen werde, erinnerte Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne). Derzeit würden aber noch die Gespräche zwischen den betroffenen Stakeholdern laufen. Was die konkreten Budgetzahlen betrifft, so erachtete es Schallmeiner für wichtig, dass ausreichend Mittel für den Schwerpunkt Digitalisierung vorgesehen sind; damit könne der Gesundheitssektor ins 21. Jahrhundert transferiert werden. Fragen müsse man sich jedoch, warum ein Teil der Gelder für Primärversorgungseinheiten oder wohnortnahe Gesundheitsausstattung durch die Kommunen noch nicht abgeholt wurden. In der Bringschuld seien die Länder seiner Meinung nach auch bei der Frage des Ärztemangels, zumal nur 30% der Ausbildungsplätze für AllmeinmedizinerInnen an den Krankenhäusern belegt sind. Weiters machte er sich für die Anliegen des Pflegepersonals stark, die noch mehr in den Mittelpunkt gestellt werden müssten.

Auf die Zusammenhänge zwischen dem Entstehen von Pandemien und der Massentierhaltung machte Abgeordnete Faika El-Nagashi (Grüne) neuerlich aufmerksam. Sie gab zu bedenken, dass Zoonosen wie COVID-19, aber auch Ebola und die Vogelgrippe, meist durch den Fleischverzehr von Tieren auf Menschen übertragen werden. Der Ausbruch einer mutierten Form des Corona-Virus bei Nerzen in Dänemark mache deutlich, dass die EU generell die Haltung von Tieren zur Pelzproduktion verbieten müsse. Außerdem brauche es eine zukunftsfähige, kleinteilige und biologische Landwirtschaft, die sorgsam mit den Ressourcen umgehe.

ÖVP: Solidarisches Gesundheitssystem soll noch weiter ausgebaut werden

Die Pandemie habe eindrücklich gezeigt, dass sich alle ÖsterreicherInnen auf ein hervorragendes Gesundheitssystem verlassen können, betonte ÖVP-Abgeordnete Gabriela Schwarz. Den Regierungsfraktionen sei es daher ein großes Anliegen, den Gesundheitssektor noch weiter zu stärken und auszubauen. Sichergestellt werde zudem die Finanzierung der ÖGK, hob Schwarz hervor, die diesbezüglichen Gespräche zwischen dem Gesundheits- und dem Finanzminister seien auf einem guten Weg. Ebenso wie dem Gesundheitsminister sei ihr die psychische Gesundheit ein großes Anliegen; hier soll es zusätzliche kassenfinanzierte Angebote geben. Darüber zeigte sich auch Abgeordnete Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP) besonders erfreut, die näher auf kreative digitale Projekte in diesem Bereich einging. Um für die Zukunft noch besser gerüstet zu sein, setze man auf den weiteren Ausbau der Primärversorgungseinheiten und der Community Nurses sowie auf eine Digitalisierungsoffensive, kündigte Abgeordneter Josef Smolle (ÖVP) an. Er hob zudem die deutliche Erhöhung des Gesundheitsbudgets um ca. 50% hervor, was vor allem auf Aufwendungen für Corona-Maßnahmen zurückzuführen sei. Insgesamt betrachtet gebe Österreich aber 11,2% des BIP für diesen Sektor aus, wobei mehr als drei Viertel davon von der öffentlichen Hand stammen. Diesen Ausführungen schloss sich Alexandra Tanda (ÖVP) an, die überdies die Berücksichtigung von Gender-Aspekten in verschiedenen Programmen und generell beim Zugang zur Gesundheitsversorgung thematisierte.

Aus aktuellem Anlass befasste sich Abgeordneter Werner Saxinger (ÖVP) vor allem mit der dramatischen Situation in den Krankenhäusern. Er arbeite selbst als Spitalsarzt und sehe daher täglich, wie immer mehr COVID-19-PatientInnen mit heftiger Atemnot, Fieber und in einem katastrophalen Allgemeinzustand in die Kliniken eingeliefert werden. Er sehe auch bereits völlig erschöpfte ÄrztInnen und Pflegekräfte, die in dicken Schutzanzügen bis zu fünf Stunden ohne Pausen im Einsatz seien. Es sei daher wirklich angebracht, sich bei all diesen Menschen ausdrücklich zu bedanken. Da es in den nächsten Tage “ums Eingemachte gehe”, appellierte er an alle, sich an die Vorschriften im Lockdown zu halten, der aus seiner Sicht alternativlos sei.

NEOS: Ineffizientes Steuerungssystem und unzureichende Versorgung von chronisch kranken Menschen

NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker gab zunächst zu bedenken, dass sich das heute zur Debatte stehende Budgetkapitel auf nur einen kleinen Teil der österreichischen Gesundheitsausgaben beziehe. Wichtig war ihm vor allem, welche Lehren aus der COVID-19-Krise gezogen werden, zumal in den letzten Monaten zahlreiche Problemfelder erkennbar wurden. Handlungsbedarf gebe es zweifellos hinsichtlich der Datenlage, da etwa die Informationen über die PatientInnen im niedergelassenen Bereich und in den Spitälern noch immer separiert seien. Weitestgehend ungesteuert würden auch die Finanzströme im Gesundheitswesen laufen, gab Loacker zu bedenken, der die Anknüpfung an das Erreichen bestimmter Ziele oder Qualitätskriterien einforderte. Seine Parteikollegin Fiona Fiedler bezeichnete das Gesundheitsbudget, das phantasie- und ziellos sei, als “reinen Durchlaufposten für die Bundesländer”. Abermals plädierte sie für die Durchführung von Impfungen in den Apotheken, um rasch möglichst viele Personen erreichen zu können, sowie für eine bessere strukturierte Versorgung von chronisch kranken Menschen.

FPÖ: Zu wenig Geld für die Gesundheit, keine Planungssicherheit für AGES

Obwohl die Zahlen im Gesundheitsbudget für das Jahr 2021 auf den ersten Blick gar nicht so schlecht aussehen würden, ergebe sich bei näherer Betrachtung eine andere Beurteilung, konstatierte FPÖ-Mandatar Gerhard Kaniak. So seien nicht nur die Zweckzuschüsse für die Länder zur Bewältigung der Krise zu gering angesetzt, es fehle auch ein klar definiertes Wirkungsziel für den mit immerhin 200 Mio. € dotierten Posten “COVID-19-Impfstoff”. Für die AGES, die in der Krise eine sehr gute Arbeit geleistet habe, gebe es weiterhin keine langfristige Finanzierungsperspektive. Außerdem sollte man die Relationen nicht aus den Augen verlieren: Während das Gesundheitsbudget nicht einmal 1,9% der Bundesausgaben ausmache, werden allein für die Umsatzentschädigung der Betriebe für die ersten drei Wochen des Lockdowns light mehr als das doppelt so viele Mittel ausgeschüttet. Abgeordnete Rosa Ecker (FPÖ) ortete dringenden Handlungsbedarf bei der Versorgung von chronischen und psychischen Krankheiten, was sich durch die COVID-Krise noch verschärft habe. Sie befürchtete zudem, dass die Anliegen des Gesundheitspersonals nach der Krise wieder in Vergessenheit geraten werden. FPÖ-Vertreter Gerald Hauser schloss sich der Aussage von Anschober an, wonach der Gesundheitskrise keine Sozialkrise folgen dürfe. Dann verstehe er aber nicht, warum das Epidemiegesetz, das allen UnternehmerInnen ihren durch die behördlichen Betriebsschließungen verursachten Verdienstentgang ersetzt hätte, ausgehebelt wurde.

Anschober kündigt umfassendes Maßnahmenpaket für die Zeit nach dem zweiten Lockdown an

Angesichts der schwersten Pandemie seit 100 Jahren hätten viele Menschen kein Verständnis für parteipolitisches Hick-Hack, da man nur gemeinsam die Krise gut überstehen könne, war Bundesminister Rudolf Anschober überzeugt. Der hohe Anstieg bei den Neuinfektionen habe aus Sicht aller ExpertInnen einen zweiten Lockdown erforderlich gemacht. Außerdem hätten dadurch die überaus belasteten MitarbeiterInnen in den verschiedenen Bereichen des Gesundheitssystems, die eine großartige Arbeit leisten, eine Perspektive, dass sich die Situation in absehbarer Zeit entspannen werde. Wenn nun die Zahlen deutlich gesenkt werden können, sollte dies Anfang Dezember der Fall sein.

Für die Zeit danach werde an einem umfassenden Programm gearbeitet, das u.a. die Beschleunigung des Kontakt-Personen-Managements, zusätzliche Schutzmaßnahmen für SeniorInnen und einen Ausbau der Testungen auf bis zu 50.000 pro Tag (derzeit: 30.000 bis 40.000) beinhaltet. Weiters sollen die Screening-Maßnahmen für jene Personengruppen, die viele Kontakte haben, intensiviert werden. Genau anschauen werde man sich auch, wo, wann und in welcher Form Massentestungen einen Sinn machen. Bezüglich der Impfung gegen CO VID-19 zeigte sich Anschober optimistisch, dass diese bereits im Jänner zur Verfügung stehen könnte. In seinem Ressort sei man jedenfalls sehr gut auf diesen Termin vorbereitet. Um eine Durchimpfungsrate von 50% zu erreichen, werde man im Rahmen eines Vier-Phasen-Plans zunächst in die Alten- und Pflegeheime gehen, und dann aktiv an die Wirtschaft, die Arbeiterkammern und Gewerkschaften herantreten, um Impfungen in den Betrieben vor Ort zu ermöglichen. Gut gefallen ihm auch die Angebote im öffentlichen Raum wie z.B. die Impfstraßen, die österreichweit ausgerollt werden sollen.

Im Gegensatz zu vielen anderen Nachbarstaaten verfüge Österreich über ein sehr starkes Gesundheitssystem, von dem die Bevölkerung nun profitiere. Er hoffe daher, dass es in den nächsten Jahren keine Debatten mehr über Bettenkürzungen, Einsparungen etc. geben werde. Auf Fragen bezüglich der Finanzierungslücke bei der ÖGK führte Anschober aus, dass er zuversichtlich sei, dass bei den Gesprächen mit dem Finanzminister ein gutes Ergebnis erzielt werden könne. Es werde daher weder zu Einbußen bei der Qualität, Verschlechterungen bei der Versorgung noch zur Einführung von neuen Selbstbehalten kommen. Ähnliches gelte für die Beiträge für die Krankenanstalten, wo Bund, Länder und Gemeinden eine gemeinsame Lösung finden werden, zeigte sich der Minister zuversichtlich.

Ebenso wie bei der Diskussion im Budgetausschuss in der vorigen Woche kündigte er eine Verbesserung der psychosozialen Versorgung an, die ihm sehr am Herzen liege. Es könne nicht angehen, dass es in manchen Bereichen noch immer Wartezeiten von einem halben Jahr gebe. Die diesbezüglichen Vorarbeiten seien schon weit gediehen. Was den Tierschutzsektor angeht, so soll in der Frage der Zoonosen ein Schwerpunkt gesetzt werden, teilte Anschober mit. Er werde sich mit großem Engagement dafür einsetzen, dass es auf europäischer Ebene zu einem Ausstieg aus der “brutalen Pelztierproduktion” komme. (Fortsetzung Nationalrat) sue

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