TIROLER TAGESZEITUNG, Leitartikel: “Späte Einsicht”, Ausgabe vom 6. März 2022 von Mario Zehnhäusern.

Sollte Russland oder wer anderer den Gashahn tatsächlich zudrehen, droht es rasch kalt zu werden.

Innsbruck (OTS) – Österreich hat sich bei der Erdgasversorgung Russland ausgeliefert. Ein schwerer Fehler, der sich jetzt bitter rächt. Die Rechnung müssen wir nämlich alle bezahlen.

Ranghöchste Vertreter der Bundesregierung, angeführt von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), reisen am Sonntag in die Golfregion. Ziel der Gespräche in den Vereinigten Arabischen Emiraten und in Katar ist die Sicherstellung der heimischen Gasversorgung. Die nämlich ist in Gefahr, seit Russland, das 80 Prozent des österreichischen Erdgases liefert, in der Ukraine einen durch nichts zu rechtfertigenden Krieg führt und auch der westlichen Welt droht. Die Regierung hat offensichtlich erkannt, dass sich das Land mit der Abhängigkeit vom russischen Erdgas ins Abseits manövriert hat. Die Einsicht kommt reichlich spät. So viel steht jetzt schon fest: Dieser wirtschaftspolitische Bauchfleck wird uns alle hart treffen. Über die steigende Inflation oder direkt über die Energiekosten. Experten gehen davon aus, dass sich der Gas verdoppeln wird. Im günstigsten Fall! Was das für die nach zwei Jahren Pandemie ohnehin chronisch klammen Haushaltsbudgets bedeutet, kann sich jeder ausrechnen. Sollte Russland oder wer anderer den Gashahn tatsächlich abrupt zudrehen, droht es rasch kalt zu werden. Nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland, das sein Erdgas zu mehr als 50 Prozent aus Russland bezieht. Und damit auch in Tirol, das mehrheitlich am deutschen Netz hängt.
Es ist absehbar, dass angesichts dieser düsteren Aussichten der Ruf nach dem Ausbau alternativer Energieformen lauter wird. Abhilfe könnte die vielzitierte Energiewende schaffen. Die aber stößt an unüberwindbare Grenzen, solange zwar Konsens darüber besteht, die Atomkraft nicht zu nutzen und fossile Brennstoffe wie Öl, Gas sowie Kohle durch erneuerbare Energieformen zu ersetzen, gleichzeitig aber die für die Erzeugung so genannter „sauberer Energie“ auch benötigten Wasserkraftwerke und Windräder blockiert werden.

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