Der Windpark Grafenschlag II – ein beschämend negativer Meilenstein

Schwarzstorch – Pärchen im Waldviertel vertrieben

Für Samstag, den 10.September, lädt die WEB zu einem „Windparkfest“ in unmittelbarer Nähe der im letzten Jahr errichteten Windkraftanlagen in Grafenschlag, um diesen „Meilenstein“ im Bezirk Zwettl zu feiern. Die Umweltorganisation PRO THAYATAL hat dazu eine ganz andere Sichtweise und weist auf folgende Tatsachen hin: Wie das LG Krems im Zuge einer Einschüchterungsklage gegen den Sprecher der IG Waldviertel feststellte, ist die Äußerung, die WEB hätte beim Windpark Grafenschlag II rechtswidrig Bautätigkeiten durchgeführt, zulässig. Für die Errichtung der Windräder in diesem ökologisch sensiblen Waldgebiet liegt bis heute keine Artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung vor. Laut Gutachten der Amtssachverständigen wurde eine Brutstätte und damit der Lebensraum des streng geschützten Schwarzstorchs durch die Bautätigkeiten gestört. Diese Beurteilung wurde auch von der Behörde in einem Bescheid vom Jänner 2022 übernommen. Die Tiere wurden durch die Bautätigkeiten im Jahr 2021 daran gehindert, ihren Horst zu besetzen und mit einer Brut zu beginnen. Alle später eingeleiteten Ausgleichsmaßnahmen haben bisher nicht die gewünschte Wirkung erzielt. Die WEB hat damit in Grafenschlag offenbar gegen das NÖ Naturschutzgesetz verstoßen, da sie laut aktueller Auskunft der Behörde aufgrund ihres Vorgehens vom Fachgebiet Naturschutz bei der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde angezeigt wurde.

„Wir haben in den Jahren vor der Errichtung der Windräder immer wieder Schwarzstörche mit ihren Jungen beobachten können und diese auch mit Fotos dokumentiert und die Beobachtungen registriert und gemeldet. Im Vorjahr kam es während der Bauarbeiten nur mehr zu einigen Balzflügen. Seither sind die Störche weg“ weiß der örtlich ansässige Jäger Günther Maier zu berichten.

Die BH Zwettl wurde als zuständige Naturschutzbehörde immer wieder von Bürgern, den Bürgerinitiativen und der Umweltorganisation PRO THAYATAL darauf hingewiesen, dass die Errichtung des Windparks in Grafenschlag aus mehreren Gründen nicht europarechtskonform ist. Außerdem ist eine wichtige Frage noch nicht abschließend entschieden: ist es zulässig, die Errichtung des Windparks von der durch ein Natura 2000 Gebiet führenden Netzableitung zu trennen und deren Genehmigung separat zu beantragen? Das LVwG hat zwar dem Betreiber Recht gegeben, aber die Entscheidung des VwGH ist noch ausständig. „Wir haben frühzeitig den Projektstopp bis zur Entscheidung eingefordert. Es liegt nahe, dass die unserer Meinung nach unzulässige Auftrennung von Windkraftanlagen und der für den dort produzierten Strom notwendigen Netzableitung erfolgt ist, um eine sonst notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung zu umgehen und eine Beteiligung der Bürger zu vermeiden“, berichtet Dr. Manfred Maier, Obmann der Umweltorganisation PRO THAYATAL. Der Betreiber WEB hat inzwischen vollendete Tatsachen geschaffen- der Windpark ist in Betrieb. Für PRO THAYATAL ist es auffällig, dass sich bei der Erneuerung des Windparks Japons durch die EVN eine ähnliche Entwicklung abzeichnet. Dort wird ebenfalls gebaut, obwohl auch dieses Verfahren noch beim VwGH auf eine Entscheidung wartet. „Es scheint sich um eine systematische Vorgangsweise der Betreiber zu handeln, dem die Behörde und die Landespolitik tatenlos zusehen“- so Dr. Maier.

Das ungenierte und rücksichtslose Vorgehen der WEB in Grafenschlag entlarvt ihre Propagandabegriffe wie „sauberer Strom für das Waldviertel“ als für das Waldviertel und seine einzigartige Natur und Artenvielfalt umwelt-, natur- und landschaftsschädlich. Für Maier fallen dieser und ähnliche Begriffe wie „nachhaltig“, „umweltfreundlich“, „grün“ oder „Energieunabhängigkeit des Waldviertels“ unter die Unternehmensstrategie des Framings und des Greenwashings zur Verbesserung der Akzeptanz und zur Gewinnoptimierung des Industriebetriebs.

Der Windkraftausbau zu Lasten des gesetzlich verankerten Naturschutzes und der gefährdeten, gesetzlich geschützten Tierarten hat in Grafenschlag seinen absoluten moralischen, wirtschaftsethischen, juristischen und umweltpolitischen Tiefpunkt erreicht. Ein negativer „Meilenstein“, wie PRO THAYATAL meint.

Dr. Manfred Maier, Umweltorganisation Pro Thayatal
manfred.maier@meduniwien.ac.at, Tel 06643081884

OTS-ORIGINALTEXT PRESSEAUSSENDUNG UNTER AUSSCHLIESSLICHER INHALTLICHER VERANTWORTUNG DES AUSSENDERS. www.ots.at
© Copyright APA-OTS Originaltext-Service GmbH und der jeweilige Aussender