Kinder-Reha muss das gesamte familiäre Umfeld mit einbeziehen

3. PRAEVENIRE Gipfelgespräch „Kinder- und Jugendgesundheit 2030“ im Rahmen der Leadership-Kampagne des Fördervereins Kinder- und Jugendlichenrehabilitation in Österreich

Anlässlich des 3. PRAEVENIRE Gipfelgesprächs „Kinder- und Jugendgesundheit 2030“ am Fuße der Rax im Rahmen der Leadership-Kampagne des Fördervereins Kinder- und Jugendlichenrehabilitation in Österreich trafen am 28. Juni 2023 rund 100 Top-Fachleute aus Medizin und Gesundheitswesen mit Entscheidungsträger:innen zusammen, um vier Themen aus der Kinder- und Jugendmedizin zu diskutieren, mit der Zielvorgabe: Es geht um praktische Lösungen, die auch umgesetzt werden.  

GESETZLICHER MEILENSTEIN

Noch am Tag des Gipfelgesprächs wurde die vom Förderverein Kinder und Jugendlichenrehabilitation in Österreich lang geforderte Ergänzung im „Arbeitsvertragsrechtsanpassungsgesetz“ zur Absicherung von Betroffenen vom Ausschuss für Arbeit und Soziales im Nationalrat behandelt und in Begutachtung geschickt. Die Gesetzesänderung sieht einen Rechtsanspruch für Eltern zur Begleitung der Kinder während des Reha-Aufenthalts und eine finanzielle Absicherung während dieses Zeitraums vor. Diese erfreulichen News aus dem Parlament konnte Markus Wieser, Gründer und Obmann des Fördervereins gestern noch vor Beendigung des PRAEVENIRE Gipfelgesprächs den Teilnehmenden mitteilen.

SEIT FÜNF JAHREN EIGENE ZENTREN

Die Keynote von Dr. Gudrun Seiwald, Reha-Zuständige der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), berichtete über die jüngsten Entwicklungen in der Kinder- und Jugendlichenrehabilitation. Seiwald betonte, dass Kinder keine kleinen Erwachsenen sind und daher einen spezialisierten Zugang und Umgang in der stationären, aber auch ambulanten und mobilen Rehabilitation benötigen. Viele erfolgreiche Konzepte aus der Erwachsenenrehabilitation werden übernommen, es zeigte sich aber die sogenannte familienorientierte Reha (FOR) am zielführendsten.

Seit 2018 wurden sechs Kinder- und Jugend-Reha-Zentren in Österreich eröffnet, knapp 7.800 Kinder konnten bis dato rehabilitiert werden. Insgesamt stehen 343 Betten zur Verfügung, das Durchschnittsalter der stationär aufgenommenen Kinder liegt bei knapp über zehn Jahren. Dabei gibt es deutliche Unterschiede hinsichtlich der Indikationen, beispielsweise werden psychische Gesundheitsprobleme bei Kindern über 14 Jahren häufiger.

ZEITFAKTOR ENTSCHEIDEND

Seiwald erwähnte eine soeben veröffentlichte Studie des Fördervereins Kinder- und Jugendlichenrehabilitation in Österreich, bei der die Patientenerfahrungen in der Reha abgefragt wurden. Das Ergebnis zeigt ein sehr positives Feedback. Ein Problemfeld ist die Freizeit- und Beschäftigungssituation am Wochenende, die noch nicht optimal gelöst werden konnte. Seiwald besucht die Einrichtungen regelmäßig und betont aus ihrer Perspektive seitens der Antragsprüfung die Notwendigkeit umfangreicher Vorbefundung, um sicherzustellen, dass die Kinder und Jugendlichen in die für sie passenden Einrichtungen zugeteilt werden. Der Unterschied zwischen akuter Behandlung und Rehabilitation ist allen Beteiligten oft unklar und es vergeht viel Zeit, bis Kinder in die stationäre Reha aufgenommen werden. Es ist wichtig, sicherzustellen, dass Kinder zur richtigen Zeit rehabilitiert werden, damit ein zumeist dreiwöchiger Aufenthalt auch erfolgreich abgeschlossen werden kann.

EMOTIONALE FAKTOREN BERÜCKSICHTIGEN

Nach der Rehabilitation ist die Vernetzung zwischen Zuweisern, Behandlern und Eltern wichtig, um eine nachhaltige Versorgung sicherzustellen. Hinsichtlich psychischer Gesundheit werden Zuweisungen oft erst dann vorgenommen, wenn bereits viel passiert ist und Jugendliche und Kinder als nicht mehr rehafähig gelten. Daher sind die Diagnostik, Zuweisung und Abstimmung vor dem stationären Reha-Aufenthalt entscheidend für den Erfolg. Es ist wichtig, dass Jugendliche und Eltern gut informiert sind, da Abbrüche häufig auftreten, wenn Erwartungen nicht erfüllt werden.

Die Anwesenheit von Begleitpersonen gilt mittlerweile als entscheidend für den Therapieerfolg. In der onkologischen Rehabilitation gibt es bereits die Familienorientierte Rehabilitation (FOR), bei der Begleitpersonen freigestellt und Geschwisterkinder gegebenenfalls mitbehandelt werden. Dies ist wichtig, da Geschwisterkinder oft weniger Beachtung finden, da das erkrankte Kind im Mittelpunkt steht.

GEMEINSAME REHAZENTREN FÜR ELTERN UND KINDER

Es gibt einen Mangel an Personalressourcen, um den individuellen Bedürfnissen jedes Kindes gerecht zu werden. Die Überlegung besteht darin, spezielle seltene Erkrankungen aufzuteilen oder Untergruppen zu spezialisieren, um die Expertise zu verbessern. Es werden oft Anträge gestellt, die nicht in bestehende Kategorien passen. Es ist notwendig, über erweiterte Rehaformen nachzudenken. Beispielgebend wäre die gemeinsame Rehabilitation von Familienmitgliedern, wenn sowohl das Kind als auch seine Eltern psychische Erkrankungen haben. Für die gemeinsame Reha von Erwachsenen und Kindern gibt es zurzeit in Österreich keine Einrichtungen. 

Seiwald appelliert abschließend an alle Beteiligten, sich weiterzuentwickeln, sich miteinander zu vernetzen und neue Wege aufzuzeigen. Es ist wichtig, den Bedarf in Österreich zu erkennen, beispielsweise in Bezug auf die Betreuung von Kindern mit chronischen Erkrankungen, bei denen sich die Eltern erholen können. Die Messung des Rehabilitationserfolgs ist nur möglich, wenn die Nachversorgung berücksichtigt wird. Die Zulassung von Kindern zur Reha muss rascher gehen, gemeinsame Reha von Eltern und Kindern soll für alle Indikationen möglich werden. 

Am Nachmittag präsentierten der Ärztliche Leiter des Reha-Zentrums St. Veit Prim. Univ-Doz Gustav Fischmeister, MSC und Sabrina Gerhartl, MA, Käufmannische Direktorin der Reha-Einrichtung kokon – Reha für junge Menschen die Ergebnisse aus der Arbeitsgruppe zum Thema.  

ALLE KEYNOTES IM ÜBERBLICK:

Thema 1: Aktuelle Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen

Prim. MedR. Ass. -Prof. DDr. Peter VOITL, MBA | Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde

Thema 2: Von der Krise zur Pille? Psychopharmakaverschreibungen bei Kindern und Jugendlichen!

Univ.-Prof. Dr. Paul PLENER | Leiter Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der MedUni Wien

Thema 3: Plötzlich erwachsen! Transitionsmedizin als Begleitung in die Erwachsenenmedizin

Prim. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang HOLTER | Ärztlicher Direktor des St. Anna Kinderspitals

Thema 4: Aktuelles aus der Kinder- und Jugendlichenrehabilitation

Dr. Gudrun SEIWALD | Österreichische Gesundheitskasse

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PRAEVENIRE – Gesellschaft zur Optimierung der solidarischen Gesundheitsversorgung
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