Bundesrat genehmigt neue Regelungen zur Elternkarenz und Auslaufen der geblockten Altersteilzeit

Änderungen im Bundes-Gleichbehandlungsgesetz und Klarstellungen zum Kinderzuschuss passieren Länderkammer

Der Bundesrat gab heute grünes Licht für die Umsetzung einer EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige. Damit wird es künftig unter anderem zwei unübertragbare Monate Karenz pro Elternteil, eine Verdoppelung des Familienzeitbonus, eine Erweiterung der Pflegefreistellung und ein Diskriminierungsverbot bei Elternkarenz und Pflegefreistellung geben. Der Bundesrat billigte auch Klarstellungen im Bundes-Gleichbehandlungsgesetz.

Ebenfalls mehrheitlich passierte eine Novelle des Arbeitslosenversicherungsgesetzes die Länderkammer. Damit werden von 2024 bis 2029 die Förderungen für die geblockte Altersteilzeit eingestellt. Außerdem wird mit der Novelle der Bildungsbonus ab 2024 ausgeweitet.

Mehrheitlich genehmigte der Bundesrat auch Anpassungen bei der Abwicklung des besonderen Kinderzuschusses.

NEUE ELTERNKARENZ SOLL GERECHTERE AUFTEILUNG VON BETREUUNGSAUFGABEN ERLAUBEN

Zur gerechteren Aufteilung von Betreuungs- und Pflegeaufgaben zwischen Männern und Frauen sind künftig mindestens zwei Monate der Karenzzeit von jedem Elternteil zu leisten. Nur dann besteht der Anspruch auf die vollen 24 Monate Karenz. Das ist einer der Punkte einer Novelle zur Umsetzung einer EU-Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Damit werden unter anderem das Mutterschutzgesetz und das Väter-Karenzgesetz geändert.

Teil der Maßnahmen ist auch, dass der Familienzeitbonus als finanzielle Unterstützung für Väter, die sich direkt nach der Geburt der Familie widmen, verdoppelt wird. Zur Umsetzung der EU-Richtlinie kommt es auch zu Änderungen bei der Pflegefreistellung. Unter anderem kann es eine Freistellung zur Pflege von Personen im gemeinsamen Haushalt geben, auch wenn diese keine Angehörigen sind.

Der Bundesrat befasst sich auch mit Klarstellungen im Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, mit dem Beschäftigte im öffentlichen Dienst vor Diskriminierungen geschützt werden.

Die Verbesserungen beim Anspruch auf Pflegefreistellung erfüllen eine langjährige Forderung ihrer Fraktion, meinte Korinna Schumann (SPÖ/W). Problemtisch sei aus ihrer Sicht die Art und Weise der Umsetzung der EU-Richtlinie. Faktisch verkürze man die Karenzzeit für Frauen, die damit vor dem Problem stünden, schon nach 22 Monaten in den Beruf zurückkehren zu müssen. Das Problem sei aber, dass nach wie vor, nicht zuletzt aufgrund der Blockadehaltung der ÖVP, nicht ausreichend Kinderbetreuungseinrichtungen zur Verfügung stehen würden. Das sei ein weiteres Beispiel dafür, wie die Bundesregierung Teilzeitkräften, vor allem Frauen, das Leben schwermache und “wirklich unanständig”, meinte Schumann. In Summe werde hier “ein riesiges Belastungspaket für Frauen geschnürt”.

Auch die steirische SPÖ-Bundesrätin Elisabeth Grossmann übte Kritik an der Novelle. So sei der Zeitpunkt des Inkrafttretens ständig geändert worden, was zu viel Verunsicherung geführt habe. Sehr oft sei es der Fall, dass Väter sich zwar gerne an der Kindererziehung beteiligen wollen, sich aber aus finanziellen Gründen nicht zwei Monate Karenz leisten können. Für sie stelle sich die Regelung als Streichung von zwei Monaten Karenzzeit und Verschlechterung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie dar. Damit sei eine Herabsetzung des Schutzniveaus gegeben, was laut Grossmann auch EU-rechtlich fragwürdig ist.

Heike Eder (ÖVP/V) sah in der neuen gesetzlichen Regelung hingegen einen wichtigen Beitrag für einen besseren Ausgleich zwischen Männern und Frauen im Berufsleben und der gerechten Aufteilung der Familienarbeit. Die Bundesregierung nehme über die nächsten Jahre 4,5 Mrd. € für den Ausbau des Kinderbetreuungsangebots in die Hand, damit eine Rückkehr in den Beruf nicht an der Frage der Kinderbetreuung scheitere.

Die niederösterreichischen ÖVP-Bundesrätin Sandra Böhmwalder betonte, die Karenzzeit von 24 Monaten werde nicht verkürzt, es erfolge nur eine neue Aufteilung. Indem der Tagessatz erhöht werde, entsprechen die finanziellen Leistungen für 22 Monate denen von bisher 24 Monaten. Damit gebe es keine finanziellen Einbußen. Das neue Modell gehe in die richtige Richtung und man solle ihm eine Chance geben.

Tatsache sei, dass nur sehr wenige Männer, aber alle Frauen in Karenz gehen, meinte Elisabeth Kittl (Grüne/W). Die Entscheidung, wer in Karenz gehe, werde immer noch von Faktoren wie ungleicher Bezahlung und traditionellen Rollenbildern bestimmt. So würden Familienarbeit, aber auch Sorge und Pflege nach wie vor als Frauendomäne betrachtet werden. Daher sei es gut, dass Lücken in der Pflegefreistellung geschlossen würden. Das Beispiel Islands zeige, dass eine verpflichtende Väterkarenz dazu führe, dass faktisch alle Väter in Karenz gehen. Mit den neuen Regeln setze man einen Schritt in Richtung einer besseren Work-Family-Balance um.

Klemens Kofler (FPÖ/N) betonte, das neue Gesetz sei eine deutliche Verschlechterung und werde “für das System, nicht die Familien gemacht”. Die EU-Richtlinie zwinge Österreich zu einer Verschlechterung der Karenzregelung und wolle erzwingen, dass Kinder möglichst bald in eine Kinderbetreuungseinrichtung gegeben werden müssen. Seine Fraktion werde die Regelung daher ablehnen.

Bundesrätin Andrea Schartel (FPÖ/St) meinte, um eine bessere Beteiligung der Väter an der Kinderbetreuung zu erreichen, sollte man bei den Rahmenbedingungen für Unternehmen ändern, um Wahlfreiheit zu ermöglichen, statt wieder einmal etwas “von oben herab” vorzugeben. Die Umsetzung der EU-Richtlinie sei unausgegoren und führe zu einer problematischen Beschneidung der guten Bestimmungen des österreichischen Arbeitsrechts.

Schartel brachte im Rahmen dieser Debatte auch die Forderungen ihrer Fraktion zu einem umfassenden Kinderschutzpaket ein, die aber keine Mehrheit fanden. Die Freiheitlichen fordern unter anderem ein lebenslanges Tätigkeitsverbot für Täter:innen überall dort, wo sie mit Minderjährigen und allen anderen schutzbedürftigen Personengruppen zu tun haben könnten, eine drastische Verschärfung der Mindest- und Höchststrafen bis hin zu lebenslanger Haft. Außerdem müsse ein Ausbau der Volksanwaltschaft zur zentralen Anlaufstelle für Kindesmissbrauchsopfer und die psychologische Verfahrenshilfe für die Opfer erweitert werden. Die Hürden beim Zugang zu so genannten “Triebhemmern” sollten abgebaut werden.

BLOCKVARIANTE DER ALTERSTEILZEIT LÄUFT BIS 2029 AUS

Seit dem Jahr 2000 wird die Altersteilzeit, die kontinuierlich oder geblockt in Anspruch genommen werden kann, gefördert. Nun soll die geblockte Variante, nicht weiter aus Mitteln der Versichertengemeinschaft finanziert und die Förderung ab 1. Jänner 2024 schrittweise bis 2029 eingestellt werden. Darauf haben sich die Koalitionsparteien geeinigt. Die mit einem Initiativantrag von ÖVP und Grünen angestoßene Novellierung gestaltet auch den Bildungsbonus neu und führt ihn ins Dauerrecht über. Er steht Arbeitslosen für eine mehr als viermonatige Umschulung oder Weiterbildung zu.

Horst Schachner (SPÖ/St) sah die Abschaffung der geblockten Altersteilzeit als falschen Schritt, der viele Arbeitnehmer:innen, aber auch ihre Arbeitergeber:innen schwer treffe. Die Bundesregierung habe offenbar “das Gespür für die Menschen draußen komplett verloren”. Das zeige sich immer wieder an Beschlüssen, die die Arbeitnehmer:innen belasten würden.

Margit Göll (ÖVP/N) betonte, dass nur ein sehr geringer Prozentsatz der Personen, die Altersteilzeit in Anspruch nehmen könnten, dies tatsächlich tun. Zweck der Altersteilzeit sei es, die Arbeitsbelastung zu verringern und die Menschen so lange wie möglich im Berufsleben zu halten. Die geblockte Arbeitsteilzeit sei eigentlich als arbeitsmarktpolitische Maßnahme geschaffen worden und sei ein nicht mehr aktuelles Frühpensionskonzept. Parallel zur Abschaffung der geblockten Altersteilzeit baue man die kontinuierliche Altersteilzeit aus, das sei der richtige Weg, um Arbeitnehmer:innen länger im Arbeitsleben zu halten. Der steirische ÖVP-Bundesrat Ernest Schwindsackl kritisierte die Opposition dafür, dass sie den falschen Eindruck erwecke, die Altersteilzeit werde abgeschafft. Tatsächlich werde sie nur sinnvoll an geänderte Umstände angepasst.

Auch Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/O) betonte, dass mit dem allmählichen Auslaufen der geblockten Altersteilzeit auch die kontinuierliche Altersteilzeit ausgebaut werde. Das entspreche der aktuellen Situation am Arbeitsmarkt. Mit dem Gesetz führe man den Bildungsbonus, der sich während der COVID-19-Pandemie sehr bewährt habe, in Dauerrecht über. Die Unterstützung von Ausbildungen sei ein wichtiger Schritt, um auf ein sich veränderndes Arbeitsumfeld zu reagieren.

FPÖ-Bundesrätin Andrea Schartel sagte, die Abschaffung der geblockten Altersteilzeit nehme vielen Arbeitnehmer:innen einen Teil der Wahlfreiheit, wie sie ihren Pensionsantritt gestalten wollen. Sie unterstrich mit einem Entschließungsantrag die Forderung nach einer Beibehaltung der beiden Modelle “Altersteilzeit kontinuierlich” und “Altersteilzeit geblockt”. Zudem solle eine Garantie der bisher bestehenden Altersteilzeitmodelle für die Zukunft erfolgen. Für den Antrag fand sich keine Mehrheit.

KLARSTELLUNGEN ZUR ABWICKLUNG DES KINDERZUSCHUSSES

Anpassungen erfolgen auch in den Bestimmungen über das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz (LWA-G), bekannt unter dem Titel “Kinderzuschuss”. Die Sonderzahlungen sind ein Teil der Maßnahmen gegen die Teuerung, um armutsgefährdete Haushalte zu unterstützen. Die Abwicklung dieses Kinderzuschusses wurde nun auf Basis einer Gesetzesinitiative von ÖVP und Grünen präzisiert, um unter anderem Doppelförderungen zu vermeiden.

Der oberösterreichische FPÖ-Bundesrat Günter Pröller übte scharfe Kritik an den ausbleibenden Maßnahmen zur Entlastung der Bevölkerung angesichts der nach wie vor anhaltenden Teuerungswelle. Der freiheitliche Bundesrat legte eine umfassende Liste von Maßnahmen vor, die aus Sicht seiner Fraktion geeignet sind, die Kostenlawine zu stoppen und echte Entlastungen für Österreich zu schaffen.

Schließlich wählte der Bundesrat noch ein Mitglied und ein Ersatzmitglied zum Ständigen gemeinsamen Ausschuss des Nationalrats und des Bundesrats, der auf Basis des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 eingerichtet ist. Neues Mitglied im Ausschuss ist die Bundesrätin Margit Göll, neues Ersatzmitglied ist Bundesrätin Bernadette Geierecker. Beide vertreten als Mitglieder der ÖVP-Fraktion Niederösterreich im Bundesrat. (Fortsetzung Bundesrat) sox

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.

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