Nationalrat stimmt mit breiter Mehrheit für Reform des Verbotsgesetzes

Paket bringt zudem höhere Strafen für Verbreitung verbotener Symbole, auch “gehässige” Herabwürdigung einer Fahne wird künftig bestraft

Der Nationalrat hat heute mit breiter Mehrheit für eine Reform des Verbotsgesetzes gestimmt. Damit können künftig auch Österreicher:innen, die vom Ausland aus NS-Propaganda im Internet verbreiten, zur Verantwortung gezogen werden. Zudem wird jegliches – und nicht nur “gröbliches” – Verharmlosen des Holocaust unter Strafe gestellt und das Einziehen von NS-Devotionalien erleichtert. Für Beamt:innen und Vertragsbedienstete bedeutet eine Verurteilung nach dem Verbotsgesetz künftig den sofortigen Amtsverlust. Gegen das Gesetz stimmte die FPÖ, ihr gehen die neuen Bestimmungen in einigen Punkten zu weit.

Neu ist auch die Herabsetzung des Strafrahmens für “Grunddelikte” auf sechs Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe. Damit wird im niederschwelligen Bereich, etwa für Schmierereien, eine Diversion ermöglicht, wobei dafür spezielle Sensibilisierungsprogramme – mit Kostenbeteiligung der Beschuldigten – in Aussicht genommen sind. Demgegenüber wird der Strafrahmen für die Verwendung bzw. Verbreitung von in Österreich verbotenen Symbolen auf 10.000 € bzw. 20.000 € im Wiederholungsfall hinaufgesetzt. Das gilt nicht nur für nationalsozialistische Symbole, sondern etwa auch für jene der Hamas, der Grauen Wölfe, der Identitären und der PKK.

Kurzfristig hat der Nationalrat auf Basis eines Abänderungsantrags der Koalitionsparteien außerdem beschlossen, die “gehässige” tätliche Herabwürdigung einer Fahne oder eines Hoheitszeichens unter Strafe zu stellen. Das betrifft sowohl die österreichische Fahne als auch die Fahnen anderer Staaten, der Bundesländer und zwischenstaatlicher Einrichtungen. Damit wolle man eine Strafbarkeitslücke schließen, heißt es dazu in der Begründung. Derzeit kann das Verbrennen oder das Herunterreißen einer Fahne nur unter bestimmten Voraussetzungen strafrechtlich geahndet werden. Alleinige Unmutsäußerungen wie etwa das bloße Zeigen einer durchgestrichenen Fahne als Zeichen der Meinungsbekundung ohne zusätzliche Tathandlungen sind vom neuen Verwaltungsstraftatbestand laut Erläuterungen nicht umfasst, das gilt auch für “bloße geschmacklose Verunglimpfungen”. Klargestellt werde auch, dass künstlerische Aktionen nicht umfasst seien, erläuterte Michaela Steinacker (ÖVP). Bei dem Abänderungsantrag stimmten die NEOS in der Zweiten Lesung gegen jenen Punkt, der die Herabwürdigung der Fahnen betrifft.

FPÖ: GESETZ GEHT AN REALEN PROBLEMEN VORBEI

Harald Stefan und Susanne Fürst (beide FPÖ) stoßen sich in der Vorlage etwa am automatischen Amtsverlust von Staatsdiener:innen und an der erleichterten Beschlagnahme von NS-Devotionalien. Damit könne möglicherweise auch ein Familienfoto aus der Zeit des Nationalsozialismus eingezogen werden, kritisierte Stefan. Zudem ortet er im Amtsverlust eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Verurteilungen. Insgesamt gehe das Gesetz an den realen Problemen vorbei, wies Stefan etwa auf eine Angst vor radikalisierten muslimischen Jugendlichen hin. Auch Fürst meinte, das Gesetz wolle die Realität auf den Straßen nicht wahrhaben, wenn dort in manchen Kundgebungen das Existenzrecht Israels geleugnet würde.

BREITE ZUSTIMMUNG ZUM GESETZ

Eva Blimlinger (Grüne) sieht im Beispiel der FPÖ betreffend ein altes Foto eine “Verkehrung der Situation”. Es gehe im Gesetz um eine Ausweitung der inländischen Gerichtsbarkeit und dass am Flohmarkt kein Geschäft mit NS-Devotionalien gemacht werde, so Blimlinger. Selbstverständlich müsse es außerdem auch einen Amtsverlust geben, zumal die Republik nicht dulden könne, in ihren Reihen Verurteilte nach dem Verbotsgesetz zu haben, verdeutlichte sie ähnlich wie Sabine Schatz (SPÖ), Michaela Steinacker (ÖVP) und Johannes Margreiter (NEOS). Schatz hob unter anderem hervor, dass Holocaustleugnung künftig schon ab einer Öffentlichkeit von zehn Personen strafbar sei. “Holocaustleugnung hat auch am Stammtisch keinen Platz”, so Schatz. Wichtig seien auch die nunmehr abgesicherten Diversionsprogramme, die mehr als nur einen Besuch in der Gedenkstätte Mauthausen umfassen. Auch das Tragen von NS- sowie von Hamas-Abzeichen werde strafbar, unterstrich etwa Johanna Jachs (ÖVP). In Richtung von Harald Stefan meinte sie zum Thema Fotos, bloße Erinnerungsstücke seien keine Devotionalien, hier gebe es eine klare Abgrenzung. Holocaustleugnung sei der Dreh- und Angelpunkt jeder antisemitischen Betätigung, so Margreiter. Es gehe daher um eine Verschärfung der Strafen. Es gelte, mit aller Macht dem Antisemitismus entgegenzutreten, das Verbotsgesetz sei eines der Mittel dazu.

Justizministerin Alma Zadić bezeichnete es als historische Pflicht, etwa dem erschreckenden Anstieg an antisemitischen Übergriffen in Österreich und den verharmlosenden Aussagen über den Nationalsozialismus im digitalen Raum entschlossen entgegenzutreten. Das Verbotsgesetz werde auf die Höhe der Zeit gebracht, unter anderem indem ein:e österreichische:r Holocaustleugner:in auch dann strafbar werde, wenn er oder sie sich dabei im Ausland befinde. Zum einen drohen höhere Strafrahmen, zum anderen werde auch bei Erwachsenen die Diversion ermöglicht, wenn es sich um einen minder schweren Fall handle und es Einsicht gebe, so Zadić. Auch der genannte Besuch in Mauthausen werde für die Diversion nicht ausreichen, vielmehr werde es Programme dafür geben. Auch ihr sei der Amtsverlust für Staatsdiener:innen wichtig, zumal gerade in diesem Bereich Verurteilungen nach dem Verbotsgesetz nicht geduldet werden dürfen.

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler wies auf die weltweit und auch in Österreich ansteigenden Fälle an antisemitischen Übergriffen hin. Es brauche daher klare Gesetze und strenge Strafen, um das “Niemals wieder” umzusetzen. Zudem haben Menschen, die nach dem Verbotsgesetz verurteilt seien, im öffentlichen Dienst nichts verloren, betonte auch die Verfassungsministerin. Mit dem Abänderungsantrag werde außerdem eine Lücke geschlossen, da etwa gegen das Herunterreißen einer israelischen Fahne von der Synagoge in Wien nicht vorgegangen werden konnte, weil davon kein Amtsgebäude betroffen gewesen sei. (Fortsetzung Nationalrat) mbu/gs

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