Fünf-Parteien-Entschließung: Einsatz für internationale Regulierung KI-gestützter Waffensysteme

Außenpolitischer Ausschuss spricht sich zudem mit breiter Mehrheit für Beitritt zum Internationalen Impfstoffinstitut aus

Die fünf Parlamentsfraktionen halten die Bundesregierung dazu an, sich multilateral für eine internationale Regulierung im Zusammenhang mit der Nutzung von künstlicher Intelligenz (KI) bei autonomen Waffensystemen inklusive Nuklearwaffen einzusetzen. Eine entsprechende Entschließung wurde in der heutigen Sitzung des Außenpolitischen Ausschusses einstimmig gefasst. Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS befürworteten die Abgeordneten außerdem einen Staatsvertrag für Österreichs Beitritt zum Internationalen Impfstoffinstitut (IVI). Eine Reihe von Oppositionsanträgen zu unterschiedlichen außenpolitischen Themen wurden in der Sitzung vertagt.

ALLPARTEIENANTRAG ZUR REGULIERUNG KI-GESTÜTZTER WAFFENSYSTEME

Mit dem Allparteien-Entschließungsantrag betreffend KI-gestützte Waffensysteme verweisen die Fraktionen auf Expert:innen, wonach die zunehmende Automatisierung von Waffensystemen, das Risiko des Verlusts der menschlichen Kontrolle darüber und die Verbreitung von Waffen mit autonomen Funktionen als äußerst gefährliche Entwicklungen eingestuft werden, da es etwa zu unbeabsichtigten Konflikteskalationen kommen könnte. Hinzu kämen Gefahren durch die Unvorhersehbarkeit im Verhalten von KI-gestützten Waffen und mögliche Fehler der Systeme. Es dürfe aus rechtlichen, humanitären und ethischen Gründen nicht möglich sein, die Entscheidung über Leben und Tod ohne ausreichende menschliche Kontrolle Algorithmen zu überlassen. Aus diesem Grund brauche es eine internationale Regulierung von autonomen Waffen, die klare Verbote für Waffensysteme vorsieht, die nicht im Einklang mit internationalem Recht wie dem humanitären Völkerrecht sowie ethischen Grundsätzen stehen und unter ausreichender menschlicher Kontrolle eingesetzt werden können (3923/A(E)).

Aus Sicht von Reinhold Lopatka (ÖVP) ist das Thema hochaktuell. Umso wichtiger sei hier die Einhelligkeit, meinte er ebenso wie Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne). Österreich könnte hier eine Vorreiterrolle einnehmen, so Ernst-Dziedzic. Ausdrückliche Unterstützung kam von Volker Reifenberger (FPÖ), zumal – so hilfreich KI manchmal sei – deren Fehleranfälligkeit “brandgefährlich” werden könne, vor allem auch bei atomaren Waffen. Petra Bayr (SPÖ) sieht in einer ersten Resolution der UNO-Vollversammlung zum Thema KI vom Vortag einen ersten kleinen Schritt. Es sei aber noch ein weiter Weg zu gehen. Außenminister Alexander Schallenberg betonte, dass jede Bemühung wichtig sei, die Öffentlichkeit zu diesem Thema wachzurütteln, was auch immer an diesbezüglicher Arbeit auf parlamentarischer Ebene möglich sei.

BEITRITT ZUM INTERNATIONALEN IMPFSTOFFINSTITUT

Österreichs Beitritt zum Internationalen Impfstoffinstitut (IVI) soll vom Nationalrat als Staatsvertrag genehmigt werden. In der Regierungsvorlage (2410 d.B.) dazu heißt es, man sehe Österreichs Teilnahme an einem globalen Netzwerk wie dem IVI als Vorteil bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten und von zukünftigen Pandemien. Das Internationale Impfstoffinstitut mit Hauptsitz im südkoreanischen Seoul und europäischen Dependancen in Stockholm und Wien wurde 1997 auf Betreiben der UNO zum Zweck der Verbesserung der weltweiten öffentlichen Gesundheit gegründet.

Als unabhängige, gemeinnützige und politisch neutrale Organisation hat sich das Institut der Erforschung, Entwicklung und Bereitstellung sicherer, wirksamer und erschwinglicher Impfstoffe verschrieben. Seine zu Evaluierungs- und Forschungszwecken hergestellten Testimpfstoffe darf das Institut nicht gewerblich nützen. Österreichs jährlicher Mitgliedsbeitrag an das IVI beträgt laut Regierung voraussichtlich rund 800.000 €, wobei die Ministerien für Forschung und für Gesundheit je die Hälfte tragen sollen. Das Außenministerium zahlt die Miete für das Wiener IVI-Büro von 60.000 € pro Jahr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) erachtet den Beitritt für Österreich als Amtssitzstaat passend und kann sich vorstellen, dass Österreich hier eine wichtige Rolle als Drehscheibe etwa für den Wissenstransfer übernehmen könne.

SPÖ: “CONVENTION AGAINST TRAFFICKING IN HUMAN ORGANS” RATIFIZIEREN

Für eine rasche Ratifizierung der “Convention against Trafficking in Human Organs” setzt sich die SPÖ in einem Entschließungsantrag ein. Laut einer parlamentarischen Anfrage hat die Bundesregierung bereits 2021 unter Federführung des Justizressorts an der Ratifizierung der Konvention gearbeitet. Deshalb erwarte sie sich eine zeitnahe Befassung des Nationalrats und eine entsprechende Beschlussfassung, macht SPÖ-Antragstellerin Petra Bayr geltend. Geht es nach der Abgeordneten, soll Österreich die internationale Zusammenarbeit im Bereich des Organ- und Menschenhandels etwa mit der Weltgesundheitsversammlung, dem UNODC, dem Büro des Hochkommissars für Menschenrechte sowie mit dem Europarat verstärken (3878/A(E)).

Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) meinte, dass die Ratifizierung nach der Unterzeichnung von 2015 schon längst erfolgen hätte können. Seitens des Justizministeriums werde nunmehr daran gearbeitet. Sie hoffe, dass die Konvention noch heuer mit der aktuellen Regierung ratifiziert werden kann.

SPÖ: GENDERBASIERTE APARTHEID VERBIETEN

Insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Situation von Frauen in Afghanistan und der massiven Gefahr, der dort Frauen ausgesetzt seien, sei es scharf zu kritisieren, dass die systematische Unterdrückung und Diskriminierung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts derzeit kein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstelle, heißt es in einem Antrag der SPÖ. Petra Bayr (SPÖ) fordert daher die Bundesregierung auf, sich nachdrücklich für eine Erweiterung des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs einzusetzen, damit geschlechtsbasierte Apartheid als eigenständiger Straftatbestand im Rahmen von Verbrechen gegen die Menschlichkeit verfolgt werden kann (3803/A(E)). Die Vertagung dieses Antrages seitens ÖVP und Grünen begründete Faika El-Nagashi (Grüne) damit, dass man sich zwar nicht gegen eine Erweiterung des Römerstatuts verwehre, zumal es wichtig sei, auf Unterdrückung hinzuweisen. Es stelle aber ein komplexes Unterfangen dar, die politische Dimension juristisch zu erfassen; dazu brauche es noch intensive Diskussionen. 

SPÖ: GLOBALES MORATORIUM KOMMERZIELLEN TIEFSEEBERGBAUS

Außerdem setzt die SPÖ mit einem Antrag eine Initiative für ein globales Moratorium kommerziellen Tiefseebergbaus. Die Sozialdemokrat:innen fordern, dass sich Österreich zumindest solange gegen den Beginn von Tiefseebergbau auf internationalem Meeresboden aussprechen soll, bis der effektive Schutz der Meeresumwelt garantiert werden könne, ausreichend wissenschaftliche Erkenntnisse dazu vorliegen, die Rechte lokaler Gemeinschaften und indigener Bevölkerungsgruppen gewahrt werden und der Erhalt sowie die nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt des Meeres in den Gebieten außerhalb der nationalen Gerichtsbarkeit auch für künftige Generationen sichergestellt sei. Zudem solle sich Österreich für den Anstoß einer Debatte über die “General Policy” der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) einsetzen (3862/A(E)). Auch dieser Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt. Österreich werde als Mitglied der Meeresbehörde bei der Generalversammlung im Sommer einen ökosystembasierten Ansatz vertreten, hieß es dazu etwa von Johannes Schmuckenschlager (ÖVP).

FPÖ FORDERT JÄHRLICHEN NEUTRALITÄTSBERICHT

Die Freiheitlichen fordern von der Regierung die jährliche Vorlage eines Neutralitätsberichts an den Nationalrat. In diesem solle sie etwa Rechenschaft ablegen, inwiefern die von ihr gesetzten Handlungen das verfassungsrechtlich verankerte Neutralitätsgebot tangierten. Konkret wirft die FPÖ der Regierung vor, direkt und aktiv in den Ukraine-Krieg einzugreifen, indem sie etwa bilateral und über EU-Finanzierungsmechanismen “Milliardenzahlungen” an die “Kriegspartei Ukraine” tätige. Zudem wird vonseiten der Abgeordneten bemängelt, dass Österreich Sanktionen gegen Russland mitträgt (3924/A(E)). Zur Vertagung dieses Antrags seitens der Koalitionsparteien hielt Jakob Schwarz (Grüne) fest, dass es zur militärischen Neutralität Österreich keine Interpretationen gebe. Eine Verantwortung bestehe aber, sich einzubringen, wenn Völkerrecht verletzt werde.

FPÖ: ÜBERPRÜFUNG DER ÖSTERREICHISCHEN ENTWICKLUNGSHILFE AUF TERRORISMUSFINANZIERUNG

In einem weiteren Vorstoß beantragt FPÖ-Abgeordnete Susanne Fürst, sämtliche Vergaben von Entwicklungshilfe durch die Austrian Development Agency (ADA) sowie sämtliche Mittel Österreichs an die Vereinten Nationen in den vergangenen 20 Jahren daraufhin zu untersuchen, ob mit diesen Geldern terroristische Gruppierungen finanziert wurden. Hintergrund der Forderung sind die Berichte über eine mutmaßliche Beteiligung mehrere Mitarbeiter:innen des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA an dem Terror der Hamas in Israel im Oktober 2023. Vonseiten Österreichs sei es zu wenig, die Zahlungen auszusetzen und die Vereinten Nationen zu einer Untersuchung aufzufordern. Es sei zu prüfen, ob österreichische Gelder in den Händen von Terrorist:innen gelandet seien oder weiterhin landeten (3937/A(E)).

Martin Engelberg (ÖVP) wies im Zusammenhang mit der Vertagung dieses Antrags seitens der Koalitionsparteien auf eingehende Prüfung der Projekte in palästinensischen Gebieten seitens des Außenministers sowie auf einen entsprechenden Kriterienkatalog hin, welche Projekte von der Entwicklungszusammenarbeit ausgeschlossen würden. Zur UNRWA sei die UNO gefordert und eine umfassende Aufklärung im Gange. Es gelte, die Verwendung der Gelder weiterhin zu überprüfen, aber nicht aus den Augen zu verlieren, wer vor Ort imstande sei, Hilfe zu leisten, meinte Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne). Aus Sicht von Henrike Brandstötter (NEOS) wäre eine umfassendere Kontrolle wünschenswert. Alle Gelder der letzte 20 Jahre anzuschauen wäre aber aus ihrer Sicht “absurd aufwändig”. Auch Petra Bayr (SPÖ) sprach sich für spezifischere Kontrollen aus.

NEOS: HILFSGELDER-QUOTE FÜR DIE UKRAINE ERREICHEN

Zwar bekenne sich Österreich zur Unterstützung der Ukraine gegen den Angriffskrieg Russlands, die tatsächlich gewährte Hilfe hinke den rhetorischen Ausführungen der Bundesregierung jedoch hinterher, bemängelt NEOS-Abgeordneter Helmut Brandstätter. Er beantragt deshalb, die Mittel für die Ukraine im humanitären und finanziellen Bereich für das Budgetjahr 2024 so weit aufzustocken, dass Österreich die im Regierungsprogramm vorgesehene ODA-Quote von 0,7% des Bruttonationaleinkommens (BNE) erreicht (3888/A(E)). Es gehe hier um eine moralische Dimension, meinte Henrike Brandstötter (NEOS) gegenüber Petra Bayr (SPÖ), die darauf hinwies, dass die Ukraine kein Entwicklungsland sei und Gelder daher nicht auf die Quote angerechnet werden könnten. Bayr sprach sich aber ebenso dafür aus, die Hilfe für die Ukraine zu erhöhen. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt. Aus Sicht von Martin Engelberg (ÖVP) befinde sich Österreich in der humanitären Hilfe pro Kopf gesehen weltweit ganz vorne, insofern gehe der Vorwurf ins Leere.

NEOS TRETEN GEGEN ZWANGSASSIMILIERUNG IN TIBET EIN

In einem weiteren Entschließungsantrag, der ebenso seitens der Koalitionsparteien vertagt wurde, thematisieren die NEOS Zwangsassimilierung in Tibet. 2023 seien etwa eine Million tibetische Schüler:innen zwangsweise von ihren Familien getrennt und in staatliche Einrichtungen gebracht worden, die zum Ziel haben, Kinder von ihrer Kultur zu entfremden und sie in die “offizielle” chinesische Kultur Han umzuerziehen. Geht es nach den NEOS, soll die Bundesregierung eine vom Europäischen Parlament verabschiedete Resolution, in der das Ende des kinder- und völkerrechtswidrigen Vorgehens Chinas gefordert wird, entsprechend unterstützen (3840/A(E)). Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) meinte, die Grünen seien angesichts der Situation offen für Diskussionen, sobald die konkreteren Überlegungen auf EU-Ebene vorliegen.

NEOS: ISLAMISCHE REVOLUTIONSGARDE DES IRAN AUF EU-TERRORLISTE SETZEN

Außerdem setzen sich die NEOS dafür ein, dass die Islamische Revolutionsgarde des Iran auf die Terrorliste der EU gesetzt wird. Das iranische Regime gehe im Inneren rigoros gegen jede Kritik vor und schrecke nicht vor Folter, Mord und Hinrichtungen zurück, machen die NEOS geltend. So unterstütze die Islamische Revolutionsgarde Russland militärisch mit Drohnen und Ausbildungen für den Angriffskrieg gegen die Ukraine. Das Regime habe zudem die Zerstörung Israels als einzigen jüdischen Staat als oberstes Ziel und unterstütze Terrororganisationen wie die Hamas, die Hisbollah oder die Houthi-Rebellen. Gegen Dissident:innen und Kritiker:innen des Regimes, gegen Jüd:innen und Israelis würden Anschläge zudem auch auf europäischem Boden verübt (3861/A(E)). Auch dieser Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt. Henrike Brandstötter (NEOS) zufolge existiere zu dem Thema ein Rechtsgutachten, aus dem medial kolportiert worden sei, dass eine Aufnahme in die Liste nach einer Entscheidung einer nationalen Behörde möglich sei. Martin Engelberg (ÖVP) und Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) zufolge gebe es bereits eine solche – allerdings noch nicht rechtskräftige – Entscheidung in Deutschland. Es gelte abzuwarten, wie sich die Situation diesbezüglich entwickle. (Schluss Außenpolitischer Ausschuss) mbu

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