PRAEVENIRE Expert:innen sehen weiteren Reformbedarf im Gesundheitsbereich

Die Politik muss Gesundheitsreform rasch fortsetzen und drängende Probleme lösen.

Die 2023 von der Bundesregierung durchgesetzte Gesundheitsreform war ein erster Schritt, dem unmittelbar noch weitere folgen müssen, so der Tenor der Speaker bei der heutigen Pressekonferenz „Gesundheitspolitik braucht mehr Expertise” der Gesundheitsplattform PRAEVENIRE – Gesellschaft zur Optimierung der solidarischen Gesundheitsversorgung. Anhand der drei Themenkreise: chronische Krankheiten, Arzneimittelversorgung und Digitalisierung zeigten sie auf, wo der Schuh im Gesundheitsbereich weiter drückt. 

NEUE VERSORGUNGSSTRUKTUREN BEI DIABETES NÖTIG

“Einen gut geschulter niedergelassener Bereich könnte über 80 Prozent der Leistungen übernehmen, die derzeit von den Spitälern und Ambulanzen erbracht werden”, erklärte Peter Fasching, Präsident ÖDG und Primar am Klinikum Ottakring. Hierzu sei es notwendig, neben der wohnortnahen Basisversorgung durch die Hausärzte eine weitere, spezialisierte Versorgungsebene im niedergelassenen Bereich zu etablieren, die sich um jene Fälle kümmert, die auf Grund der Komplexität nicht durch die Allgemeinmedizin abgedeckt werden kann. Dies würde diese hochwertigen Ressourcen im Spitalsbereich deutlich entlasten. Wesentlich für eine gute Behandlung von Diabetes Typ-2 sei eine entsprechende Schulung der Betroffenen in der Erkrankung und Ernährung sowie eine Führung der Patienten im Disease Management Programm “Therapie aktiv”, das derzeit durch die Österreichische Diabetesgesellschaft überarbeitet wird und dadurch attraktiver und serviceorientierter für Ärzte- und Patientenseite werden soll. Grundvoraussetzung, damit Ärzte in der ersten und zweiten Versorgungsebene eine aktivere Rolle spielen können, sei eine Abrechenbarkeit von Beratungszeit durch die Sozialversicherungen, so Fasching. 

MANGELNDE INFORMATION ZU BEWERTUNGSBOARD INNOVATIVER THERAPIEN

Die Grundidee das Therapieangebot in den Spitälern zu harmonisieren sei prinzipiell zu begrüßen, erklärte Gunda Gittler, Leiterin Anstaltsapotheke und öffentlichen Apotheke der Barmherzigen Brüder Linz. Allerdings werfe der derzeitige Informationsstand zu dem Bewertungsbord noch einige Fragen auf. So sei bislang weder definiert welche Medikamente unter den Begriff “hochpreisig“ fallen noch, wie die tatsächliche Vorgehensweise mit den Entscheidungen dieses Boards aussehen soll. Bekannt sei, dass man für das Board mit einem jährlichen Verwaltungsaufwand von 3 Mio. Euro rechne, aber in der Neuregelung keine Finanzierung der Medikamente erwähnt werde.

SEKTORGRENZEN FÜR EINE OPTIMALE VERSORGUNG ÜBERWINDEN

“Durch die Zusammenführung und gemeinsame Nutzung von Ressourcen, Daten und Expertisen können wir eine ganzheitlichere Versorgung gewährleisten und die Patienten bestmöglich versorgen”, erklärte Karl Lehner, Geschäftsführer Oberösterreichische Gesundheitsholding. Die Sektoren übergreifende Nutzung von ELGA als elektronische Gesundheitsakte und ein Patientenportal spiele dabei eine entscheidende Rolle, indem sie den nahtlosen Austausch von medizinischen Informationen ermöglichen und die Behandlungskoordination verbessern. “ELGA müsse zum digitalen Backbone der Gesundheitsversorgung werden”, forderte Lehner. 

PATIENT SUMMARY WIRD ELGA PRAXISORIENTIERTER MACHEN

Der auf EU-Ebene letzte Woche beschlossene europäische Gesundheitsdatenraum (EHDS) – ein neues Gesetz, das Gesundheitsdaten europaweit standardisieren und austauschbar machen soll – erfordert eine rasche Weiterentwicklung von ELGA, berichtete Franz Leisch, PRAEVENIRE Chief Digital Officer. Durch den EHDS seien die Mitgliedsländer aufgefordert, einen “Patient Summary” – eine Schnellübersicht über essenzielle Gesundheitsdaten einer Person zu implementieren. In Österreich besteht die Herausforderung, dass zwar der Wunsch groß ist, solch ein “Patient Summary” zu nützen, jedoch ist unklar, wie es erstellt werden soll. “Details zur Erstellung, Speicherung und Finanzierung sind noch offen, obwohl das für eine dringende Erweiterung von ELGA erforderlich wäre”, so Leisch.

PATIENTENMITBESTIMMUNG GESETZLICH VERANKERN

“Wenn man die Einbindung Patientenstimme ernst nimmt, braucht es eine formalisierte Patientenbeteiligung in Form eines Beteiligungsgesetzes, das der Patientenseite Sitz und Stimme in allen relevanten Entscheidungsgremien auf Bundes- und Landesebene einräumt”, erklärte Angelika Widhalm, Präsidentin Bundesverband Selbsthilfe Österreich (BVSHOE). Zwar habe man bei der Gründung des BVSHOE diesem bei seiner Gründung 2018 Parteistellung eingeräumt, allerdings funktioniere dies nur auf Bundesebene. Die Einladung zu Sitzungen erfolgt meist auf Wohlwollen und Gutdünken der jeweiligen Körperschaft und Institution und hat – wenn überhaupt – nur beratende Stimme. Ein Richtmaß für eine gesetzlich verankerte Patientenbeteiligung in Österreich wären all jenen Gremien und Institutionen, in denen Patientenbeteiligung auf EU-Ebene bereits implementiert ist, so Widhalm.

NEUER INPUT ZUR REFORM DES GESUNDHEITSSYSTEMS

Im Rahmen der Pressekonferenz wurde auch die neue Ausgabe des PRAEVENIRE Jahrbuchs der Öffentlichkeit vorgestellt. In Sieben Kapiteln wurden wieder konkrete und umsetzbare Handlungsempfehlungen für die österreichische Gesundheitspolitik auf Bundes- und Landesebene erarbeitet. Das aktuelle PRAEVENIRE Jahrbuch 2023/2024 finden Sie hier.

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