Odessas Bevölkerung leidet wieder unter heftigen Angriffen

Jugend Eine Welt-Nothilfekoordinator in ukrainischer Hafenstadt: Hilfe für Menschen weiter dringend nötig

„Springt der Raketenalarm an, bleiben gerade zwei Minuten, um in Deckung zu gehen“, schildert Wolfgang Wedan sichtlich gezeichnet von seinen Erlebnissen. Keine 24 Stunden lang hat sich der internationale Nothilfekoordinator der österreichischen Hilfsorganisation Jugend Eine Welt jüngst in der ukrainischen Hafenstadt Odessa aufgehalten. Dabei musste er sich mehrfach nur mit den Händen über dem Kopf auf den Boden werfen, da sich eine Flucht in den sicheren Bunker nicht mehr ausgegangen ist. Glücklicherweise war das Grollen der Detonationen dann nur aus der Ferne zu hören.

Die Menschen in Odessa und Umgebung leider wieder verstärkt unter russischen Drohnen- und Raketenangriffen. Speziell nach dem fürchterlichen Terroranschlag in Moskau hat deren Anzahl nochmals deutlich zugenommen. „Nervosität und Angst in der Bevölkerung und unter den vielen hier weilenden Binnenvertriebenen ist jetzt noch viel deutlicher zu spüren“, erzählt Wedan über die Stimmung in der Stadt während seines Besuches. Er war vor Ort, um mit den Partnern weitere dringend benötigten Hilfsmaßnahmen für die Menschen in der Ukraine zu organisieren. Jugend Eine Welt unterstützt seit Beginn des Krieges die humanitäre Hilfe im Land, insbesondere in der Region Odessa.

KINDERSPITAL FAST VON RAKETE GETROFFEN

„Selbst unter den Einwohnern, die bisher eher gelassen reagiert haben, steigt der Wunsch, aus der Stadt zu flüchten“, so Wedan. Aufgrund der permanenten Alarme und Raketeneinschläge ist an ein halbwegs normales Alltagsleben langsam nicht mehr zu denken. Die auf die kritische Infrastruktur abzielenden Angriffe sorgen mittlerweile fast täglich für längere Stromausfälle, auch die Wasserversorgung ist immer wieder unterbrochen. Generell steigt die Angst, dass es den russischen Truppen in absehbarer Zeit gelingen könnte, an der Front im rund 100 Kilometer entfernten Cherson durchzubrechen und dann Odessa sowie die umliegende Region bis zur Grenze nach Moldau zu besetzen.  

„In der Babystation im von uns unterstützten Kinderspital hat die Zahl an Schwangeren schon abgenommen, viele Frauen verlassen noch vor der Geburt ihres Kindes das Land“, berichtet Wedan. Neben dem Spital – dessen Frühgeborenen-Station in den vergangenen beiden Kriegsjahren wiederholt von Jugend Eine Welt mit lebensnotwendigen medizinischen Gerätschaften versorgt worden ist – sind kürzlich zwei Raketen eingeschlagen. Die zweite wohlgemerkt erst, als die Rettungskräfte vor Ort waren. Im Kinderspital wurden daraufhin alle Verletzten rasch versorgt. Um mit den langsam überall schwindenden Personal- und Materialressourcen besser das Auslangen zu finden, wird das Haus in den kommenden Wochen am Standort mit einem zweiten Spital zusammengelegt.

„WIR BLEIBEN, UM ZU HELFEN“

Trotz aller kriegsbedingten Widrigkeiten ist die kleine Gemeinschaft der Don Bosco Schwestern in Odessa – die Jugend Eine Welt-Partnerinnen hier – weiter bemüht, wo es nur geht zu helfen. Sie kümmern sich vorwiegend um die vielen Binnenflüchtlinge in Odessa und Umgebung. Diese erhalten etwa die aus Österreich angelieferten  Lebensmittelpakete, Kleidung, Sanitärartikel und das jetzt im Winter sehr gefragte Feuerholz. Wedan: „Das Lagerhaus der Schwestern, wo all die Hilfsgüter vor deren Verteilung aufbewahrt werden, wurde kürzlich durch die Druckwelle einer Explosion schwer beschädigt, alle Fenster und Türen sind rausgeflogen.“ Die Fenster wurden nur mit Brettern vernagelt – denn wer weiß, wann es das nächste Mal hier kracht.

„Wir bleiben trotz allem hier, um zu helfen“, erklärt die Leiterin der Gemeinschaft, Sr. Theresa. Besonders froh sind die Schwestern jetzt um die ebenfalls aus Österreich antransportierten Stromgeneratoren. Damit konnten etwa während der Stromausfälle die für die Verteilung der Hilfsgüter wichtigen Kommunikationskanäle aufrecht gehalten werden.

AUF NEUE FLUCHTWELLE VORBEREITET

Abenteuerlich gestaltete sich für Wolfgang Wedan die etwa 80 Kilometer lange Rückfahrt von Odessa zurück in Moldaus Hauptstadt Chişinău. Das Passieren zahlreicher Checkpoints machte aus der normal rund einstündigen Autofahrt eine achtstündige, mit viel Warterei verbundene Reise. Nur mit viele Mühe gelang es am Grenzübergang, den jungen Fahrer des Autos – ein Mitarbeiter der Don Bosco-Projektpartner in Chişinău – vor der Zwangsrekrutierung durch das ukrainische Militär zu bewahren.

Im Nachbarland Moldau geht man jedenfalls davon aus, dass spätestens Anfang Mai generell die Zahl der aus der Ukraine flüchtenden Menschen wieder stark steigen wird. Die Projektpartner in Chişinău bereiten sich schon darauf vor: wie schon zu Beginn des Krieges sind die Don Bosco-Einrichtungen geöffnet, um vor allem Frauen und ihren Kindern eine sichere Unterkunft bieten zu können.

_Aus Sicherheitsgründen wurden während des aktuellen Odessa-Aufenthaltes keine Fotoaufnahmen gemacht. Mitgeschicktes Foto mit Nothilfekoordinator Wolfgang WEDAN stammt von einem Liefer-Einsatz im Jahr 2023_

i.V. Johannes Wolf
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