Anfragenanstieg bei Gleichbehandlungsanwaltschaft

Gleichbehandlungsausschuss debattiert Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft 2020 und 2021

Der aktuelle Stand des Diskriminierungsschutzes und mögliche Verbesserungspotenziale standen heute im Mittelpunkt der Debatte zum Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft 2020 und 2021 im Gleichbehandlungsausschuss. Arbeitsminister Martin Kocher, die Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft Sandra Konstatzky und die Geschäftsführerin des Senats I der Gleichbehandlungskommission Claudia Hillebrand standen den Abgeordneten für ihre Fragen zur Verfügung. Frauenministerin Susanne Raab war krankheitsbedingt verhindert. Der Bericht wurde vom Ausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen. Ebenso einstimmig sprachen sich die Abgeordneten auf Initiative der SPÖ dafür aus, den Bericht auch im Nationalratsplenum zu debattieren.

4.962 ANFRAGEN AN GLEICHBEHANDLUNGSANWALTSCHAFT

Die Gleichbehandlungsanwaltschaft verzeichnet einen starken Anstieg an Diskriminierungsfragen. So wurden 2020 und 2021 fast 1.000 Anfragen mehr bearbeitet als im vorangehenden Berichtszeitraum, geht aus dem aktuellen Gleichbehandlungsbericht für die Privatwirtschaft 2020 und 2021 (III-785 d.B.) hervor. Konkret hat die Gleichbehandlungsanwaltschaft 4.962 Mal im Berichtszeitraum zu Diskriminierung und Gleichbehandlung informiert, beraten und individuell unterstützt (2018/2019: 4.017 Anfragen). 69 % aller Diskriminierungsfälle wurden von Frauen herangetragen. Am häufigsten (1.975) betreffen die Anfragen Geschlechterdiskriminierung in der Arbeitswelt, ein Drittel davon sexuelle Belästigung. Viele Anfragen drehen sich außerdem um Diskriminierungen wegen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder um den sozioökonomischen Status von Frauen. 1.024 Anfragen gab es hinsichtlich rassistischer Diskriminierung.

In jedem zehnten Diskriminierungsfall nach dem Gleichbehandlungsgesetz kommt es zu einem Verfahren vor der Gleichbehandlungskommission. So betrafen 116 Anträge Gleichbehandlung von Männern und Frauen in der Arbeitswelt, 52 Anträge ethnische Zugehörigkeit, Religion, Weltanschauung, Alter und sexuelle Orientierung sowie 31 Anträge Diskriminierungen außerhalb der Arbeitswelt.

ARBEITSMINISTER KOCHER: NULL TOLERANZ GEGENÜBER SEXUELLER BELÄSTIGUNG UND GEWALT AM ARBEITSPLATZ

Es gebe null Toleranz gegenüber sexueller Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz, betonte Arbeitsminister Kocher gegenüber Sabine Schatz (SPÖ) und verwies auf Initiativen des Ressorts. Man lehne das Ziel der Lohntransparenz-Richtlinie nicht grundsätzlich ab, es gebe aber noch offene technische Fragen und hoffe auf eine Klärung im Zuge der Trilog-Verhandlungen, meinte Kocher zur Ausschussvorsitzenden Eva Maria Holzleitner (SPÖ). Hinsichtlich der nationalen Umsetzung der Vereinbarkeitsrichtlinie zeigte sich Kocher gegenüber Meri Disoski (Grüne) zuversichtlich, dass ein Entwurf spätestens Anfang 2023 in Begutachtung gehen werde. Bezüglich eines “Leveling Up” des Diskriminierungsschutzes auf Güter und Dienstleistungen verwies Kocher gegenüber Yannick Shetty (NEOS) auf laufende Verhandlungen auf EU-Ebene, stellte aber auch in den Raum, dass eine nationale Lösung vorstellbar sei, wenn diese Verhandlungen zu wenige Fortschritte zeigen würden. Zu Diskriminierungen am Arbeitsplatz aufgrund des Alters werde das Ressort einen Schwerpunkt – insbesondere zur Qualifizierungsförderung von Frauen – setzen, beantwortete der Arbeitsminister eine Frage von Henrike Brandstötter (NEOS).

TÄTIGKEIT UND FORDERUNGEN DER GLEICHBEHANDLUNGSANWALTSCHAFT

Sandra Konstatzky, Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft, gab Auskunft über die Tätigkeit ihrer Organisation. Die Gleichbehandlungsanwaltschaft sei durch die Erhöhung der Ressourcen seit 2021 massiv gestärkt worden, hob Konstatzky gegenüber Werner Saxinger (ÖVP) und Meri Disoski (Grüne) hervor. Damit konnten die Regionalstellen ausgebaut und so die Erreichbarkeit verbessert werden. Mit dieser hohen regionalen Zugänglichkeit sei die Gleichbehandlungsanwaltschaft EU-weit eine Vorreiterin. Als Problem identifizierte Konstatzky, dass der Diskriminierungsschutz in Österreich auf viele Stellen aufgeteilt sei. So müsse man eine große Zahl der Anfragen zu anderen Stellen weiter verweisen. Gegenüber Mario Lindner (SPÖ) plädierte Konstatzky für ein “Leveling Up” und das Schließen von Lücken des Diskriminierungsschutzes wie im Bereich von Alter und sexueller Orientierung. Diese Lücken seien oft nicht nachvollziehbar. So sei etwa die Diskriminierung von Familien mit mehreren Kindern eine Altersdiskriminierung, die nicht im Gleichbehandlungsgesetz vorgesehen ist und damit nicht in die Zuständigkeit der Gleichbehandlungsanwaltschaft fällt, wies sie Norbert Sieber (ÖVP) hin. Künftig wolle man Zugangshemmnisse junger Menschen zur Gleichbehandlungsanwaltschaft abbauen, um mehr von ihnen zu erreichen. Ebenso lege man einen Fokus auf die Vernetzung mit der LGBTIQ-Community. Potenzial ortete Konstatzky auch für mehr Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit.

GLEICHBEHANDLUNGSKOMMISSION: VERFAHRENSDAUER KONNTE VERKÜRZT WERDEN

Über die Gleichbehandlungskommission informierte die Geschäftsführerin des Senats I der Gleichbehandlungskommission Claudia Hillebrand. Im Senat I der Gleichbehandlungskommission, der für die Gleichbehandlung von Männern und Frauen in der Arbeitswelt zuständig ist, seien im Berichtszeitraum 116 Anträge eingebracht worden. Der Senat II ist für Gleichbehandlungsfragen in Bezug auf ethnische Zugehörigkeit, Religion, Weltanschauung, Alter und sexuelle Orientierung in der Arbeitswelt zuständig und erhielt 2020 und 2021 52 Anträge. Diskriminierungen außerhalb der Arbeitswelt behandelt der Senat III, wo 31 Verfahren eingeleitet wurden. Die Verfahren fanden vermehrt virtuell statt, wodurch die durchschnittliche Verfahrensdauer verkürzt werden konnte, erläuterte Hillebrand gegenüber Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP) und Rosa Ecker (FPÖ). Das habe auch zu Synergien geführt, wodurch Personen leichter an Befragungen teilnehmen konnten und sich damit insgesamt die Chancen auf einen Vergleich erhöht haben. (Fortsetzung Gleichbehandlungsausschuss) pst

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