Gleichbehandlungsausschuss für Informationsoffensive für Gewaltschutz und Studie zur Menstruationsgesundheit

Oppositionelle Forderungen nach Gender Budgeting, Frauenquoten, Reform des Unterhaltsrechts und Integrationsmaßnahmen vertagt

Im weiteren Verlauf des heutigen Gleichbehandlungsausschusses stimmten alle Fraktionen für die Forderung nach einer umfassenden Informationsoffensive in Sachen Gewaltschutz, die in Form eines Entschließungsantrags von ÖVP und Grünen vorlag. Während sich die Parteien inhaltlich grundsätzlich einig waren, sorgte die Vorgangsweise für Kritik. Sabine Schatz (SPÖ) und Henrike Brandstötter (NEOS) wiesen unter anderem darauf hin, dass die auch im Antrag erwähnte Kampagne “16 Tage gegen Gewalt” bereits vor einigen Tagen gestartet sei. Die Regierung habe diese Aktion wohl “verschlafen”, meinte auch Rosa Ecker (FPÖ).

Einstimmig beschlossen wurde ein weiterer Antrag der Regierungsfraktionen, in dem der Gesundheitsminister ersucht wird, eine Studie zum Thema Menstruationsgesundheit durchzuführen. Auf der Agenda standen zudem noch eine Reihe von oppositionellen Anträgen, die allesamt mit ÖVP-Grünen-Mehrheit vertagt wurden. So wurden die Anliegen der SPÖ bezüglich Weiterentwicklung von Gender Budgeting, der Erstellung eines Aktionsplans zum Thema Endometriose sowie der Umsetzung von EU-Vorgaben zu Frauenquoten in Führungspositionen ebenso in die Warteschleife geschickt wie die FPÖ-Forderungen nach einer Reform des Kinderunterhaltsrechts und der Erstellung einer Statistik über Kinderehen. Ebenso vertagt wurden mehrere NEOS-Initiativen zum Themenkomplex Integration sowie NEOS- und SPÖ-Anträge bezüglich eines dezidierten Verbots von Konversionstherapien.

INFORMATIONSOFFENSIVE FÜR GEWALTSCHUTZ SOLL NOCH WEITER VERSTÄRKT WERDEN

Die Frauensprecherinnen der Regierungsparteien sprachen sich für eine umfassende Medienkampagne aus, um den Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt sowie die Sensibilisierung dafür in der Öffentlichkeit weiter zu fördern (2868/A(E)). Jeder Frau müsse bewusst sein, dass es einen Ausweg aus der Gewaltspirale und Anlaufstellen gibt, an die man sich wenden kann, meinte etwa Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP). Nach den jüngsten Gewaltschutz-Maßnahmen der Bundesregierung – die Stärkung der Gewaltschutzeinrichtungen, die Aufstockung der Familienberatungsstellen und der Ausbau der Kinderschutzzentren – gelte es nun, das Bewusstsein zu schärfen und breit über das Angebot zu informieren.

Die Kampagne “16 Tage gegen Gewalt” laufe schon seit dem 25. November, zeigte Henrike Brandstötter (NEOS) kritisch auf, und der vorliegende Antrag werde erst heute im Ausschuss behandelt. Auch Sabine Schatz (SPÖ) bezeichnete dies als eigenartig und machte darauf aufmerksam, dass ihre Partei einen Ausbau der Gewaltschutzmaßnahmen schon so oft gefordert habe. Generell drückte sie ihr Bedauern darüber aus, dass die vielen konstruktiven Vorschläge der Opposition im Gleichbehandlungsausschuss von den Regierungsparteien nicht aufgegriffen würden. Sie habe den Eindruck, dass die laufende Kampagne von der Regierung “verschlafen” wurde, schloss sich Rosa Ecker (FPÖ) der Kritik an. Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP) wies darauf hin, dass der Antrag bereits Anfang Oktober eingebracht wurde.

Bundesminister Martin Kocher bestätigte die Aussage von Meri Disoski (Grüne), wonach sich die gesamte Bundesregierung auf den verschiedensten Ebenen und Social-Media-Kanälen für die Kampagne gegen Gewalt an Frauen einsetze. Eine Vertreterin des Ressorts informierte zudem darüber, dass dafür ein Budget von rund 500.000 € veranschlagt wurde, das aus einem “Topf” des BKA stamme. Auf der diesbezüglichen Homepage würden sich zudem umfassende Informationen zu den Hilfseinrichtungen und der Frauen-Helpline finden.

GESUNDHEITSMINISTER WIRD MIT UMFASSENDER STUDIE ZUM THEMA MENSTRUATIONSGESUNDHEIT BEAUFTRAGT

Wie viele Mädchen und Frauen leiden während ihrer Periode unter Schmerzen? Wie fundiert ist das Wissen von Jugendlichen und Erwachsenen zu Menstruation und ihren möglichen begleitenden Beschwerden? Wie gut weiß die Bevölkerung über Menstruationshygiene Bescheid? Antworten auf all diese Fragen soll laut einem – einstimmig beschlossenen – Entschließungsantrag von ÖVP und Grünen eine Studie zur Menstruationsgesundheit geben (2867/A(E)). Nachdem ein Frauengesundheitsbericht in Auftrag gegeben und 2021 die Steuer für Menstruationsprodukte auf 10% gesenkt wurde, soll nun mit der Studie zur Menstruationsgesundheit ein nächster, wichtiger Schritt gesetzt werden, betonten die Antragstellerinnen. Es ergeht daher das Ersuchen an den Gesundheitsminister, alle Fakten zur Menstruation, inklusive all ihren Nebenerscheinungen wie Endometriose, Myome, Menstruationshygiene etc. zu erheben und Handlungsempfehlungen auszuarbeiten.

Für Abgeordnete Meri Disoski (Grüne) gab es einen klaren Handlungsbedarf, da keine systematischen Daten zu Fragen rund um die Menstruation vorliegen würden. Der von Verena Nussbaum (SPÖ) eingemahnte Frauengesundheitsbericht werde ihrer Information nach im Jänner 2023 veröffentlicht werden. Auch wenn darin das Thema Menstruationsgesundheit vorkommen werde, halte sie die Erstellung einer detaillierteren Studie für sinnvoll, meinte Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP). Wichtig sei vor allem, dass es zu einer Enttabuisierung des Themas komme, zumal auch heutzutage über 60 % der Mädchen eine negative Einstellung zur Periode hätten. Wenn schon so viele Daten bekannt seien, dann sollte man doch gleich handeln und die Forderungen etwa im Schulunterricht umsetzen, führte Rosa Ecker (FPÖ) ins Treffen.

Mehrheitlich vertagt wurde hingegen ein Wunsch der SPÖ nach einem “Aktionsplan Endometriose”. Dabei handle es sich um eine eher unbekannte und dennoch häufige gynäkologische Erkrankung mit schmerzhaften Wucherungen der Gebärmutterschleimhaut, von der ungefähr 10 % bis 15 % aller Frauen betroffen seien, erläuterte Eva-Maria Holzleitner (SPÖ). Die Ursachen seien noch immer ungeklärt und Frauen würden im Stillen leiden. Da die Krankheit nicht ausschließlich mit der Regelblutung zusammenhänge, brauche es einen eigenen Aktionsplan sowie mehr Geld für die Forschung, zeigte sich die Abgeordnete überzeugt (2976/A(E)).

SPÖ FÜR WEITERENTWICKLUNG DES GENDER BUDGETING UND RASCHE UMSETZUNG VON EU-VORSCHLÄGEN BETREFFEND FRAUENQUOTEN

Obwohl Österreich bei der Einführung und Verankerung des Gender Budgetings eine Vorreiterrolle eingenommen hatte, sieht SPÖ-Abgeordnete Eva-Maria Holzleitner Verbesserungsbedarf bei der Gesamtausrichtung des Budgets hinsichtlich der Gleichstellung von Frauen und Männern. Sie schlägt vor, den diesbezüglichen Empfehlungen des parlamentarischen Budgetdiensts nachzukommen und “Gender Budget Statements” zur gesamthaften Analyse gleichstellungsrelevanter budgetärer Maßnahmen einzuführen (2872/A(E)). So wäre es etwa wichtig zu wissen, welche konkreten Auswirkungen die Hilfspakete der Regierung auf Frauen und Männer gehabt haben.

In einem weiteren Entschließungsantrag (2620/A(E)) fordert Eva-Maria Holzleitner die Umsetzung der aktuellen EU-Vorgaben zu Frauenquoten bei Leitungspositionen in börsennotierten Firmen. Erst kürzlich gab es dazu eine Einigung auf EU-Ebene, merkte Petra Oberrauner (SPÖ) an, nun sollte rasch gehandelt werden. Es handle sich bei dem Beschluss um einen Meilenstein, urteilte auch Meri Disoski (Grüne), ihre Fraktion hätte dazu auch einen Vorschlag ausgearbeitet.

Die Analyse der Richtlinie habe ergeben, dass für Österreich kein direkter Umsetzungsbedarf bestehe, stellte Bundesminister Martin Kocher unter Hinweis auf die erreichten Vorgaben fest. Er zeigte sich aber aufgeschlossen für etwaige Verbesserungsmöglichkeiten.

FPÖ: REFORM DES KINDERUNTERHALTSRECHTS UND STATISTIK ÜBER KINDEREHEN

Ebenfalls vertagt wurden zwei wieder aufgenommene Entschließungsanträge der Freiheitlichen, in denen einerseits um eine Reform des Kindesunterhaltsrechts (301/A(E)) und andererseits um die Erstellung einer Statistik über Kinderehen in Österreich ging (1461/A(E)). 

Es sei beschämend, dass der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss noch immer nicht rechtlich verankert sei, stellte Henrike Brandstötter (NEOS) mit Bedauern fest. Auch Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ) bemängelte, dass seit mittlerweile fünf Jahren an einer Reform “gebastelt” werde; es gebe aber noch immer kein Ergebnis. Fast 370.000 Kinder seien mittlerweile von Armut betroffen, zeigte Sabine Schatz (SPÖ) die Dringlichkeit aufgrund der schwierigen sozialen Lage vor allem von Alleinerzieher:innen auf. Im Regierungsprogramm sei enthalten, dass die Anhebung des Ehealters auf 18 Jahre angestrebt werde, erinnerte Meri Disoski (Grüne). Auch in der Unterhaltsfrage arbeite man mit Hochdruck an einer Lösung.

FORDERUNGSKATALOG DER NEOS ZUM THEMENKOMPLEX INTEGRATION

Mehrere Entschließungsanträge lagen von Seiten der NEOS zum Thema Integration vor. So forderte Yannick Shetty (NEOS), die aktuell gültige Integrationsvereinbarung um individuelle Fördermaßnahmen wie Coachings und Beratungen zu ergänzen (2694/A(E)). Auf deren Basis soll in Folge ein verbindlicher und maßgeschneiderter Bildungs- und Integrationsplan für jede in Österreich rechtmäßig niedergelassene Person erstellt werden. Zudem trat er für eine “Wiederbelebung” des 2017 von ÖVP und SPÖ eingeführten Integrationsjahres mit entsprechender Finanzierung ein, weil es sich dabei de facto um “totes Recht” handle (2917/A(E)). Im Konkreten soll das AMS mit ausreichenden Mitteln ausgestattet sowie Deutschkurse für Asylwerber:innen mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit ermöglicht werden. Ein weiteres Anliegen ist den NEOS eine Überarbeitung des aus ihrer Sicht “sehr bürokratischen” Integrationsgesetzes (2918/A(E)). Da das Angebot an Werte- und Orientierungskursen in Österreich im europäischen Vergleich “mager” sei, sollte dieses ausgeweitet und aufgewertet werden, lautet eine weitere Forderung (2922/A(E)). Die Kursstunden sollten von derzeit 24 auf mindestens 40 erhöht werden.

Diese Anträge müssten vielmehr im Innenausschuss behandelt werden, regte Sabine Schatz (SPÖ) an, die dementsprechende Zuweisungsanträge stellte. Es könne nicht sein, dass der Gleichbehandlungsausschuss, der sich um ganz viele “offene Baustellen” kümmern müsse, ein “Sammelsurium” für alle Initiativen werde, die man nicht klar zuordnen könne. Yannick Shetty (NEOS) wünschte sich einen eigenen Integrationsausschuss, zumal es auf Regierungsseite eine eigene Zuständigkeit für diesen Bereich gebe.

Faika El-Nagashi (Grüne) sprach von sehr wichtigen Anliegen und plädierte für eine sachliche Diskussion über Integration unter Einbeziehung von Expert:innen. Generell glaube sie nicht, dass Werte gelernt oder gelehrt werden könnten. Dafür brauche es den Austausch und das Miteinander, wie z.B. in Form des ehrenamtlichen Engagements. Es sei auch gut, Anreize zu setzen, stellte sie unter Bezugnahme auf die NEOS-Anliegen fest, eine Verpflichtung zur Umsetzung des “Wiener Modells” halte sie für weniger sinnvoll. Für Abgeordnete Gudrun Kugler (ÖVP) standen die Prinzipien “Fördern und Fordern”, die Selbsterhaltungsfähigkeit sowie die Bereitschaft zu einem guten Zusammenleben im Vordergrund. Wer sich nicht integrieren wolle, sollte sich überlegen, ob er in Österreich richtig sei, gab Rosa Ecker (FPÖ) zu bedenken. Es gebe nämlich auch eine Bringschuld von Seiten der Zuwanderer:innen.

ENDGÜLTIGER STOPP FÜR KONVERSIONSTHERAPIEN

Schließlich wurden noch zwei wieder aufgenommene Initiativen der SPÖ und der NEOS mit den Stimmen von ÖVP und Grünen erneut vertagt. Darin fordern die Sozialdemokrat:innen (2231/A(E)) als auch die NEOS (943/A(E)) das Verbot von Konversionstherapien und kritisieren damit die nicht erfolgte Umsetzung zweier einstimmig beschlossener Entschließungen. Laut Auskunft der Kinder- und Jugendanwaltschaft würde es noch immer Fälle geben, zeigte Yannick Shetty (NEOS) auf, und zwar in klerikalen Vereinen. Auch für Abgeordneten Mario Lindner (SPÖ) gibt es noch Lücken, die geschlossen werden müssten. (Schluss Gleichbehandlungsausschuss) sue/pst

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