Sobotka: Gedenken als Auftrag für “digitale Selbstverteidigung unserer Demokratie”

Parlament erinnert mit Gedenkveranstaltung gegen Gewalt und Rassismus an Opfer des Nationalsozialismus

Am heutigen Jahrestag der Befreiung des KZ Mauthausen erinnerte das Parlament mit dem Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus an die Opfer des Nationalsozialismus. Im Fokus standen die KZ-Gedenkstätte Gusen sowie die Zukunft des Gedenkens. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Bundesratspräsident Günter Kovacs zeigten sich in ihren Eröffnungsworten überzeugt, dass das Erinnern an die Vergangenheit immer eine Auswirkung auf das Handeln in der Gegenwart haben müsse.

NATIONALRATSPRÄSIDENT SOBOTKA: AUS GEDENKEN ECKPFEILER FÜR GEGENWÄRTIGES HANDELN BAUEN

“Soll unser Gedenken nicht zum leeren Ritual verkommen, muss sich Gedenken – begründet in einem klaren Bewusstsein des Geschehenen – mit dem aktuellen Geschehen, mit dem Gegenwärtigen konfrontieren”, betonte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka in seinen Eröffnungsworten. Sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen, falle immer leichter, sagte Sobotka. Doch der heutige, unbequeme Anspruch sei es, aus dem Gedenken an vergangenes Unrecht klare Eckpfeiler für das gegenwärtige Handeln zu bauen.

Als Beispiele für solche Eckpfeiler führte der Nationalratspräsident das Bekenntnis Österreichs zu Israel als jüdischem Staat, die Wertschätzung gegenüber der jüdischen Gemeinde in Österreich und die Wiederherstellung der historischen Gerechtigkeit durch Restitutionen und Entschädigungen an. Als vierten Eckpfeiler und wohl herausforderndste Aufgabe nannte Sobotka eine verbesserungswürdige Pflege der politischen und demokratischen Kultur. Denn oft müsse man sich fragen, ob die Fähigkeit verloren gehe, Zukunft zu verhandeln und einen Konsens herzustellen. Eine kritikwürdige Rolle spielen laut Sobotka auch soziale Medien, indem sie Polarisierung und Verschwörungsmythen befeuern. Es bedürfe einer “digitalen Selbstverteidigung unserer Demokratien” so der Nationalratspräsident. “Wir sehen uns einer neuen Pandemie der Desinformation und Manipulation ausgesetzt. Bis dato gibt es dagegen keine Immunisierung”, sagte er.

Sobotka forderte eine stärkere Regulierung von Künstlicher Intelligenz und Social Media durch Registrierungs- und Zulassungsverfahren in europäischen und nationalen Behörden. Es brauche aber auch einen Fokus auf Demokratiebildung und digitale Bildung. Denn das Problem der Fragmentierung und Polarisierung sei vielschichtig und lasse sich nicht einfach wegregulieren. Auch die Politiker:innen tragen laut Sobotka Verantwortung. In diesem Sinne sprach er sich für mehr gegenseitigen Respekt in der politischen Kultur aus.

BUNDESRATSPRÄSIDENT KOVACS: PARLAMENT ALS RICHTIGER, ABER NICHT EINZIGER ORT DES GEDENKENS

Wie Sobotka zeigte sich auch Bundesratspräsident Günter Kovacs überzeugt, dass Gedenken immer mit einer Botschaft für die Gegenwart verbunden sein müsse. Es gehe um eine klare Ablehnung von Gewalt und Rassismus. In diesem Zusammenhang müsse man auch den Blick auf den Krieg in der Ukraine, auf die Gewalt und die Opfer dieses Krieges richten und alles dafür tun, damit es in Europa wieder Frieden und Sicherheit gebe.

Kovacs erinnerte mit Blick auf den Schwerpunkt des heurigen Gedenktages an die 71.000 Menschen, die aus allen Teilen Europas verschleppt und im KZ Gusen inhaftiert wurden. Mehr als die Hälfte von ihnen habe die Haft nicht überlebt, so der Bundesratspräsident. Dass der in Gusen bestehende Gedenkort erweitert werden soll, bezeichnete Kovacs als wichtigen Schritt für die Zukunft des Gedenkens. “Wir gedenken und erinnern, damit sich die Geschichte nicht wiederholen kann”, betonte er. Damit verbunden sei eine Verantwortung, die richtigen Lehren aus der Geschichte zu ziehen und richtig zu handeln. Es gelte, konsequent gegen Antisemitismus und Rassismus jeglicher Art zu kämpfen, sich gegen Gewalt und Hass in Gesellschaft und Politik einzusetzen und die Demokratie zu verteidigen. Das Parlament sei dafür der richtige, aber bestimmt nicht der einzige Ort, so Kovacs.

KZ GUSEN IM FOKUS DES GEDENKENS

Nach den Eröffnungsworten des Nationalrats- und des Bundesratspräsidenten diente ein kurzer Film über die Geschichte des KZ Gusen und den laufenden Prozess zur Errichtung einer Gedenkstätte als Impuls für eine Podiumsdiskussion. Abschließend lasen junge Gedenkvermittler:innen aus den Biographien dreier Opfer des Nationalsozialismus. Jan Topolewski wurde aus Warschau, Johann Reinhardt aus Sindelfingen bei Stuttgart und Wiktor Ormicki aus Krakau deportiert und ins KZ Gusen gebracht, wo alle drei verstarben.

Die Gedenkveranstaltung wurde musikalisch begleitet vom Oberkantor der Israelitischen Kultusgemeinde Wien Shmuel Barzilai und dem Friedrich-Weinreb-Quartett sowie dem Chor Momentum Vocal Music. Rebekka Salzer führte als Moderatorin durch den Vormittag. (Fortsetzung) kar

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung sowie eine Nachschau auf vergangene Veranstaltungen finden Sie im Webportal des Parlaments.

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