42. Wiener Gemeinderat (3)

GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP) nahm anfangs Stellung zur Mitteilung des Gemeinderatsvorsitzenden Thomas Reindl (SPÖ) zum Überfall auf Israel. In Österreich herrsche nach seiner – Wöbitschs – Ansicht der Grundkonsens, dass die palästinensische Bevölkerung schon mit dem Hamas-Regime zu tun hätte. Wenn Palästinenser hier auf die Straßen gehen, um zu demonstrieren, dann erwarte er sich von den Demonstrierenden eine klare Distanzierung von den Gräueltaten der Hamas. Zum Thema: Aus seiner Sicht gebe es zwei „Skandal-Stränge“: Zum einen den Flächenwidmungsskandal, der vom Stadtrechnungshof und der WKStA geprüft werde. Das zweite sei der Glaubwürdigkeitsskandal der SPÖ, die in der Vergangenheit bei Reden keinen Wert auf Eigentum gelegt habe. Die einzigen, die aber Eigentum gebildet hätten, sei aber die SPÖ selber. „Wenn ich Sonntagsreden hören, man muss mit Eigentum vorsichtig sein, und gleichzeitig werden die Kleingärten gecheckt, dann hat die SPÖ ein Glaubwürdigkeitsproblem“, meinte Wölbitsch. Der Zugang der SPÖ zur Problematik sei, dass die Optik nicht in Ordnung sei und eine Aufarbeitung intern erfolge. „Leider wurde ich davon enttäuscht, denn nicht einmal irgendein ein Gutachten wurde präsentiert, das die Vorgänge in Ordnung gewesen waren. Alles was SPÖ-Landesparteisekretärin Novak gesagt hat: Es war nichts“, sagte Wölbitsch. Mit dieser „Pseudo-Entlastung“ habe sich Novak selbst und auch ihrer Partei keinen Gefallen getan. Eine wesentliche Konsequenz für Wölbitsch für die Zukunft sei die verpflichtende „Offenlegung der Betroffenheit“, so wie es die geltende Regelung bei Politik-Mitgliedschaften bei Vereinen sei. Eine weitere zu diskutierende Forderung von Wölbitsch ist die höhere Transparenz bei der Vergabe von Kleingärten. „Alle Menschen in Wien sollen die schönen Plätze in der Stadt genießen können. Die Stadt gehört allen Wienerinnen und nicht nur dem SPÖ-Freundeskreis“, schloss Wölbitsch.

Auch GRin Barbara Novak, MA (SPÖ) nahm zuerst Bezug auf die einleitenden Worte des Gemeinderatsvorsitzenden Reindl (SPÖ). Die Stadt und die Sozialdemokratie würden sich zu 100 Prozent solidarisch mit Israel zeigen und die Attacken der Hamas und anderer Organisationen auf Israel im Nahen Osten verurteilen. Die Menschenrechtsstadt Wien sei für die verfolgen Menschen da und werde immer Hilfe leisten – „dazu gibt es ein klares Bekenntnis von unserer Seite“, sagte Novak. Zur Sache: Sie sei in der Aufarbeitung sehr sorgfältig und akribisch vorgegangen, es sei ihr aber auch bewusst, dass sie nicht letzte Instanz zur Beurteilung sei. Novak nehme es auch nicht persönlich, wenn ihr nicht alle im Gemeinderat Vertrauen entgegenbrächten. „Alle mir bekannten Fälle habe ich mir sehr, sehr genau angesehen und mit den Betroffenen sowie Expertinnen und Experten gesprochen. Die Feststellung war eine sehr klare: Zu keinem Zeitpunkt hat es rechtlich Verfehlungen gegeben“, sagte Novak. Sie werde sich nicht an „Namedropping“ beteiligen, denn das würde in der Diskussion keinen Effekt haben. Wichtiger sei es aus den diskutierten Fällen zu lernen und mit einem externen Beratungsunternehmen zu untersuchen und dann einen verpflichtenden Wertekompass für Mandatare zu erarbeiten. Bei Kleingärten müsse es in Zukunft eine transparentere Vergabe geben, allerdings sei der Zentralverband der Kleingärten keine Einrichtung der Stadt, womit eine Durchsetzung von Bestimmungen dem Verband obliege. Das Widmungsverfahren Breitenlee sei bereits 2006 gestartet, und es sei nicht von einer Sozialdemokratin freigeben worden, sagte Novak. „Warum sollte einen Nicht-rote Stadträtin einem roten Bezirksvorsteher einen Gefallen tun?“, fragte Novak. Richtig sei, dass die Widmung bereits 2019 in einer TV-Sendung von einem städtischen Beamten publik gemacht geworden sei. Und auch der Kleingartenverein habe sich durch die Einholung von Voranschlägen für den Umbau der Infrastruktur auf die bevorstehende Umwidmung vorbereitet. Gemeinderätin Rompolt (SPÖ) habe sich bei der Abstimmung zur Umwidmung als befangen erklären wollen, das sei aber durch die Geschäftsordnung des Gemeinderats nicht möglich gewesen. In dieser Angelegenheit zeigte sich Novak für künftige Änderungen gesprächsbereit.

GR Wolfgang Kieslich (Klubungebundener Mandatar) sagte, der Kleingarten-Skandal sei rechtlich „vermutlich okay“ abgelaufen, es bleibe aber eine schiefe Optik. Denn eine „Normalbürgerin ohne Vitamin B“ müsse lange auf ihren Kleingarten warten, daher mute es in seinen Augen „seltsam“ an, dass die SPÖ diesen „Skandal“ mit einer Prüfung durch die SPÖ wegwischen wolle. „Glücklicherweise“ habe es in dieser Causa keinen großen finanziellen Schaden für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gegeben, im Gegensatz zu vielen anderen SPÖ-Skandalen, so Kieslich. Auch die Einberufung dieser Gemeinderatssondersitzung durch die schwarz-grüne „Teuerungskoalition“ mute „seltsam an, wenn man auf die Causa Alfred Riedl blickt“, meinte Kieslich.

GR Ömer Öztas (GRÜNE) meinte, während für viele Familien in der Stadt, Mieten nicht mehr bezahlbar geworden seien, „gehen SPÖ-Funktionäre mit der Stadt um, als ob sie Ihnen gehören würde“. So habe seien am Christine Nöstlinger Campus die Stunden, in denen der dortige Sportplatz genutzt werden könne, von 37 Stunden deutlich reduziert worden, „weil sich Anrainerinnen und Anrainer über den Lärm beschwert haben, darunter auch SPÖ-Bezirksfunktionäre“. Die „rote Struktur“ in der Stadt würde sich gegenseitig füttern, es gehe nur mehr um „unsere Leut‘“. Öztas bezeichnete das als eine „egoistische, und keine soziale Politik“. Statt wirklich Aufklärung in der Sache Kleingärten zu betreiben, werde nur parteiintern geprüft. „Und dann kommt raus: Wir haben alles richtig gemacht“, sagte Öztas.

GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP) bezeichnete die Abhaltung des Gemeinderates, als notwendig und sinnvoll, da er die Sorgen der Wienerinnen und Wiener betreffen würde. Die Thematik könne man nach ihrer Ansicht in drei Stränge einteilen: Einerseits die moralische Komponente, andererseits der Umgang mit Grund und Boden in der Stadt und wie der in Zukunft geregelt sein solle. Drittens gebe es die Thematik der Flächenwidmung, die die Nutzung eines Grundstücks regle und rechtliche festlege. Die fachlichen Vorschläge einer Flächenwidmung würden zuerst in den Bezirken diskutiert, und anschließend im Ausschuss und im Gemeinderat beschlossen werden. Die Bezirke seien also bereits von Anfang an in die Gestaltung der Widmung einbezogen – „natürlich gibt es da einen Wissensvorsprung einer Bezirksvorsteherin oder eines -vorstehers“. Wie ein Flächenwidmungsprozess in Gang käme, habe sie noch nicht erfahren können. Transparent sei der Vorgang nicht, da dieser in Wien nicht öffentlich gemacht werde. Als betroffene Anrainerin und Anrainerin müsse man sich „auf die Lauer legen“, um Informationen über Umwidmungen in der eigenen Umgebung zu erhalten. In Niederösterreich gebe es hingegen eine umfassende Information an die Anrainer*innen. „Die Transparenz in Wien ist also ausbaufähig – und das ist wichtig, weil die aufeinandertreffenden Interessen bei Umwidmungen sehr vielfältig sind. Eine Widmung ändere den Wert eines Grundstücks – „oft geht es also um sehr viel Geld“. Transparenz sei nach ihrer Ansicht das einzige Mittel um Freunderlwirschaft und Korruption zu verhindern. Es gebe aber kein Bewusstsein in der Stadt, mehr Transparenz zu ermöglichen. Ein Rechnungshofbericht im Sommer habe gezeigt, dass neben der Transparenz auch die Kontrolle fehlen würde. Was ist die Mission der Stadt bei Stadtplanung, Flächenwidmung und Stadtentwicklung sei ihr – Olischar – weiterhin unklar. Zwar gebe es einen Stadtentwicklungsplan, doch der sei eine reine politische Willenskundgebung, die sich in kürzester Zeit ändern könne – „das ist in meinen Augen recht problematisch“. Verpflichtende Raumordnungskonzepte gebe es in anderen Bundesländern, Überlegungen dazu seien wohl auch in Wien möglich, forderte Olischar. In Wien würde sich die Gemeinde selbst kontrollieren, während in anderen Gemeinden, die eine Flächenwidmungsplan erstellen, diesen an das jeweilige Bundesland zur Kontrolle herangetragen würden. Wien hingegen sei seine eigene Kontrollinstanz. „Es braucht umfassenden Reformen der Stadtentwicklung und der dazu gehörenden Instrumente“, verlangte Olischar.

GR Mag. Gerhard Spitzer (SPÖ) sagte, er sei in seiner Funktion als Vorsitzender des Wiener Kleingartenbeirates viel unterwegs, „mit vielen spannenden Begegnungen mit Menschen, darunter natürlich auch welche aus der Wiener Politik“. Nach Ansicht Spitzers seien viele Umstände bei der Diskussion um die Kleingartenanlage Breitenlee „vermischt“ worden. Denn es gehe in dieser Sache nur um private Ver- und Ankäufe von Gründstücken. „Ist das Grundstück in Breitenlee nach der Umwidmung wirklich mehr wert?“, stellte Spitzer in den Raum, denn „Widmungsgewinne“ seien zur jetzigen Zeit nur theoretisch, nicht lukriert worden und könnten sich durch verschiedene äußere Umstände noch ändern. Zum zweiten Diskussionspunkt: Politikerinnen und Politiker kaufen Kleingärten mit Abschlägen – „das haben weitere 6.000 Wienerinnen und Wiener auch gemacht“, sagte Spitzer. „Wenn ich so eine Regelung einführe, muss das für alle gelten, und es sollte nicht passieren, dass Einzelne vor den Vorhang geholt werden“, sagte Spitzer. Zum Verkaufs-Stopp von Kleingärten im Besitz der Stadt Wien im Jahr 2021: Damals seien noch 200 Kleingärtenverkäufe getätigt worden, im Jahr davor seien es nur etwas mehr als 150 gewesen. Eine statistische Häufung habe sich nach dem Verkaufs-Stopp-Beschluss gezeigt, da seien es in einem Monat knapp 200 gewesen. Spitzer brachte einen Antrag ein, der drei Punkten umfasst: einen Verhaltenskodex von Politiker*innen, die Klärung der Befangenheit von Politiker*innen und eine noch transparentere Vergabe von Pachtverträgen in Wiener Kleingärten. (Forts.) nic

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