45. Wiener Gemeinderat (17)

Beratung der Geschäftsgruppe Kultur und Wissenschaft

GRin Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE) äußerte zu Beginn Ihren Dank an die Mitarbeiter*innen der MA 7 und anderer Dienststellen sowie an alle Künstler*innen der Stadt. Angesichts des Kulturbudgets zeigte sie sich „nicht ganz begeistert“ über „more of the same“, bei dem wenig Platz für Innovationen bleibe. 67 Millionen Euro gäbe es mehr an Budget, jedoch reiche dies nur, um die bestehenden Löcher zu stopfen. Es würden weiterhin Mainstream-Angebote wie die Vereinigten Bühnen gefördert, die in anderen Städten ohne Subventionen auskämen. Auch sei das Bekenntnis zu Fair Pay zwar da, jedoch sei nicht klar, woher die Ressourcen dafür herkommen sollten. Bühnen würden zwischen der Forderung nach Fair Pay und den gedeckelten Fördersummen „aufgerieben“, so Berner. Es bräuchte mehr Kulturbudget – etwa in Richtung zwei Prozent. Als Beispiel für Fehler in der Kulturpolitik der Stadt nannte Berner das Nordwestbahngelände. Dieses werde die Größe von Krems haben, jedoch keine einzige Kultureinrichtung beherbergen. Darüber hinaus sei zwar zeitgemäße Erinnerungskultur Teil der Kulturstrategie, jedoch würde – etwa beim Lueger-Denkmal – kaum darauf eingegangen und sich nicht kritisch genug mit der Vergangenheit auseinandergesetzt. Berner nannte als weiteren wichtigen Punkt eine Restrukturierung des Theaters der Jugend. Dieses erreiche „nur noch die Kinder von wohlhabenderen Eltern“. Es müsse ein Angebot geschaffen werden, wo „wirklich alle Kinder der Stadt“ einen Bezug zum Theater aufbauen könnten. Ihr fehle es an konkreten Maßnahmen und praktischer Unterfütterung der Kulturstrategie, etwa in der Frage, wie die Theaterlandschaft 2030 aussehen solle. Transparenz bei der Verteilung von Großsubventionen sei ebenfalls ein Punkt, der ihr abgehe. Daher werde die grüne Fraktion das vorliegende Budget ablehnen. 

GRin Mag. Laura Sachslehner, BA (ÖVP) nannte es „grundsätzlich immer positiv“, wenn es mehr Budget für die Kultur gebe. Man müsse jedoch „auch im Detail hinsehen“. Dabei stelle sie fest, dass in der Geschäftsgruppe „einiges im Argen“ liege, so Sachslehner. Sie nannte als Beispiel das Volkstheater, das eine geringe Eigendeckungsquote habe und gering ausgelastet sei. Zudem seien in der Vergangenheit mehr als 30 Beiräte und Jurys ins Leben gerufen worden, die über Förderungen entscheiden würden. Man wisse jedoch nicht, aus welchen Gründen die einzelnen Personen in den Gremien säßen und anhand welcher Kriterien Förderungen vergeben worden seien. Im letzten Jahr seien für Beiräte und Jurys 130.000 Euro ausgegeben worden. „Viel Geld für eine Blackbox“, so Sachslehner. Die Kulturförderungen als solche seien ebenfalls eine „Blackbox“. Millionen Euro würden an Vereine ausgeschüttet, die dieselbe Meldeadresse hätten oder stets die „exakt gleichen Anträge“ abgeben würden. Sachslehner nannte die Gewichtung bei der Verteilung von Fördermitteln „mehr als skurril“. All das habe „nichts mit einer verantwortungsvollen Verwaltung von Steuergeld zu tun“. Sachslehner kritisierte auch den Umgang mit der Antisemitismusstrategie für Wien, die es zwar gebe, jedoch sei zweieinhalb Jahre danach „noch immer nichts passiert“. Man wisse nicht, was seitens der Stadt subventioniert würde. Es sei sicherzustellen, dass nicht unter Umständen Dinge gefördert werden, die in irgendeiner Art antisemitisch seien.

GR Dr. Gerhard Schmid (SPÖ) unterstrich eine Steigerung des Kulturbudgets von 25,04 Prozent. Der Anteil am Gesamtbudget betrage 1,71 Prozent – dies sei eine Steigerung von einem Zehntel Prozent für das Jahr 2024. In einzelnen Positionen, etwa der bildenden Kunst, gebe es einen Anstieg von über 100 Prozent. Schmid nannte als Leuchtturmprojekte des Kulturangebots den Kultursommer und das Impulstanzfestival. Letzteres sei eines der bedeutendsten Tanzfestivals der Welt. Auch die Wiener Symphoniker nannte er als wichtige Kulturinstitution der Stadt. Die Einhaltung des Eröffnungstermins des Wien Museums bewog Schmid zu einer Gratulation an alle Beteiligten. In der Erinnerungsebene sei es wichtig, mit breitem Konsens Lösungen zu finden. Daher sei es gerade bei „sehr sensiblen Fragestellungen“ bedeutsam, eine möglichst umfassende Breite herzustellen. Dies sei bisher auch stets gelungen. Abschließend bedankte sich Schmid bei allen Mitarbeiter*innen im Büro der Stadträtin Kaup-Hasler und bei den gesamten Teams der MA 7, MA 8 und MA 9.  

GRin Mag. Ulrike Nittmann (FPÖ) konnte die „Begeisterung“ ihrer Vorredner*innen über das Kulturbudget nicht nachvollziehen, da es sich angesichts der absoluten Zahlen um eine „de facto Kürzung“ handle. Es sei schade, dass das Kulturbudget sinke. Sie sehe beim Thema Transparenz eine „schwierige Situation“, so Nittmann. Das Büro der Stadträtin lasse den Kulturausschuss „verhungern“. Mehrfach sei etwa vergebens gefordert worden, eine Liste der abgelehnten Projekte zu erhalten. Auch im Bereich der Theaterlandschaft gebe es etwa im Volkstheater Probleme. Ebenfalls habe es aus dem Theater Josefstadt Meldungen gegeben, wonach kaum Besucher*innen kämen und kaum Abonnements verkauft würden. Dies sei nicht verwunderlich, so Nittmann, wenn man sich mit dem Programm immer weiter vom Publikum entferne. Sie zitierte einen Medienbericht, wonach bei der Verleihung des Nestroypreises möglicherweise ein politisches Statement gesetzt worden sei. Ihre Meinung sei es, dass Theater nicht politische Botschaften zu verbreiten habe. Sie frage sich, ob es überhaupt eine Zielvorgabe sei, Publikum in die Theater zu bringen oder ob es um die Selbstdarstellung „von wem auch immer“ gehe. Man müsse versuchen, den Geschmack aller zu treffen und nicht bloß jenen einer bestimmten Minderheit, was sie als „Kunst unter Ausschluss der Öffentlichkeit“ bezeichnete. 

GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) sah in der Abkehr von Gas und Öl einen ähnlichen gesellschaftlichen Prozess wie er es im Jahr 1897 mit der Secession und der Abkehr vom „Althergebrachten“ vollzogen worden sei. Er zeigte sich froh darüber, dass man in Wien einen Ort für die künftige Klimabiennale gefunden habe. Die Zukunft müsse als künstlerische und gemeinsame Gestaltungsaufgabe und als partizipativer Prozess verstanden werden, so Gara. Auch gehe es darum, ein ökologisch-nachhaltiges Bewusstsein als fixen Bestandteil in Kunst und Kultur zu verankern. Darüber hinaus gehe es darum, Standards zu etablieren, etwa das „green producing“. Auch die ökologische Umrüstung von Infrastruktur wie Museen und Theatern gehöre hier erwähnt. Man sehe dies besonders gut am neuen Wien Museum, da dort das Prinzip der ökologischen Nachhaltigkeit umgesetzt worden sei. All das ziele auch auf den Wiener Klimaplan ab, da in diesem diese sektorenübergreifenden Maßnahmen festgeschrieben seien. Im Bereich der Standortpolitik in Zeiten von künstlicher Intelligenz (KI) und Machine Learning habe Wien „wirkliches Potenzial“ und es werde künftig eine stärkere Bündelung aller Kräfte vorgenommen werden müssen, um europa- und weltweit Schritt halten zu können. Vor allem KI sei in vielen verschiedenen Bereichen verankert. Wien könne als Digitalisierungshauptstadt einen Beitrag dazu leisten. Im Bereich der Life Sciences sei es aktuell so, dass Forscher*innen unbedingt Wien in ihren Lebensläufen haben wollen. Man müsse es schaffen, dass dies auch im Bereich der Digitalisierung der Fall sei.

GRin Mag. Mag. Julia Malle (GRÜNE) betonte die Bedeutung von Wissenschaft und Forschung für den Standort Wien und die Gesellschaft im Allgemeinen. Bezogen auf den Regierungsmonitor könne sie sich – obwohl mehr umgesetzt worden sei, mehr als im Bildungsressort – ein „Schmunzeln“ nicht verkneifen. Dieser erinnere sie daran, Eltern die Zeugnisse ihrer Kinder selbst schreiben zu lassen. Sie hob einige Punkte aus dem Regierungsmonitor hervor, die als erledigt markiert seien, und nannte diese „absurd“. In die Wissenschaft gingen nur 7,6 Prozent des gesamten Budgets für Kultur und Wissenschaft, so Malle. Wolle man langfristig nicht bloß durch Einzelleistungen auffallen, müsse man mehr Geld in dieses Budget stecken. In der Schweiz und in Bayern werde es etwa 100 neue KI-Professuren geben – hier dürfe Wien „nicht hinterherhinken“. Ethische und ökologische Fragestellungen seien im Bereich der KI ebenfalls von Bedeutung, jedoch fänden diese keinen Niederschlag in der Politik in Wien. So seien Plattformen wie Chat GPT enorme Ressourcenfresser. Sprachmodelle würden laut Medienberichten so viel Strom verbrauchen wie 100 Haushalte in einem ganzen Jahr. Dies beschleunige auch die Klimakrise. Eine Diskussion über diese ethischen und ökologischen Dimensionen von künstlicher Intelligenz werden sich mit dem aktuellen Wissenschaftsbudget nicht erreichen lassen, schloss Malle.  

GR Dr. Michael Gorlitzer, MBA (ÖVP) hob die Bedeutung von Kunst und Kultur für die soziale, emotionale und intellektuelle Kompetenz des Menschen hervor. Daher sei es wichtig, dass der erste Kontakt zur Kunst- und Kultur bereits im Kindesalter gewährleistet sei. Er sprach hierbei auch die „viel zu wenigen“ Musikschulen an. So gebe es nur in 15 Bezirken öffentliche Musikschulen. Es seien „in den letzten Jahren 4.000 Plätze abgebaut“ worden. Um ein ausreichendes Angebot schaffen zu können, brauche es neben den öffentlichen Anbietern auch ein privates Angebot, so Gorlitzer. Der Kulturkonsum sei für Kinder und Jugendliche nicht zuletzt durch die Teuerung schwierig. Es brauche in Wien ein niederschwelliges Angebot für diese Personengruppe – etwa durch ein eigenes Kinder- und Jugendkultur-Ticket, mit dem man kostengünstig in den Genuss von Kunst und Kultur kommen könnte. Im vorliegenden Budget gebe es zu wenig Handlungsspielraum für sinnvolle Maßnahmen, so Gorlitzer weiter. Dies sei im Bereich der Kultur so, aber vor allem auch im Bereich der Wissenschaft, wo das Budget sogar gesunken sei. Anschließend verlas Gorlitzer eine Botschaft des nicht anwesenden Kultursprechers der Wiener Volkspartei GR Peter L. Eppinger, in dem dieser Fragen zur Verteilung von Geldern, der Auslastung der Wiener Kulturinstitutionen und der Wiener Kulturstrategie behandelte. Er beklagte zudem „das Fehlen von genau ausformulierten Zielen und Benchmarks“ im Kulturbetrieb, „die man auch verfolgen könnte“. Das Volkstheater habe eine Auslastung von etwa einem Drittel und dort würden viele Millionen Steuergeld hineingesteckt, so Gorlitzer. Er wünsche sich abschließend für die Stadt, dass die großen Bühnen gleiche Wertschätzung erhalten wie die kleinen Künstler*innen, dass alle Kinder ein Musikinstrument erlernen könnten sowie eine „starke und visionäre Kulturpolitik“ für Wien.  

(Forts.) jaz

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