Unterrichtausschuss spricht sich für Maßnahmenpaket zur Prävention vor Extremismen aus

Programm zum kostenlosen Nachholen von Basisbildung und Pflichtschulabschlüssen soll verlängert werden

Im heutigen Unterrichtsausschuss stimmten ÖVP, Grüne, SPÖ und NEOS für ein Maßnahmenbündel zur Prävention vor Extremismen. Zudem sprachen sie sich für die Verlängerung einer Bund-Länder-Vereinbarung zum Nachholen von Basisbildung und Pflichtschulabschlüssen sowie die neuerliche Vergabe des Staatspreises Erwachsenenbildung aus. Bundesschüler:innensprecher Marius Hladik berichtete den Abgeordneten über die Schwerpunktthemen in der Arbeit der Bundesschüler:innenvertretung (BSV).

MASSNAHMENPAKET ZUR PRÄVENTION VOR EXTREMISMEN

Vor dem Hintergrund “besorgniserregender Entwicklungen, namentlich im Nahen Osten, aber auch der ganzen Welt” treten NEOS, ÖVP und Grüne in einem gemeinsamen Entschließungsantrag für die Ergreifung von Maßnahmen an Schulen ein, die eine zielgerichtete und wirksame Bekämpfung von Antisemitismus vorantreiben sowie Extremismus von linker, von rechter oder von islamistischer Seite präventiv entgegenwirken (3717/A(E)). Der Antrag wurde mehrheitlich, ohne den Stimmen der FPÖ, angenommen.

Die Schule sei einer der wichtigsten Orte, um junge Menschen zu erreichen, daher müsse dort Präventionsarbeit gegen Extremismus geleistet werden, betonte Sibylle Hamann (Grüne). Die Liste der im Antrag enthaltenen Maßnahmen sei umfangreich und beinhalte unter anderem, dass Lehrkräfte mit zusätzlichen Unterrichtsmaterialien sowie Handlungsanleitungen zu aktuellen Themen unterstützt werden, thematisch passende Schulveranstaltungen und Exkursionen weiterhin ausdrücklich empfohlen und gefördert werden und bestehende Workshops zur Demokratiebildung und Extremismusprävention an den Schulen intensiviert und deutlich ausgeweitet werden.

Die Schule müsse ein “Ort der Aufklärung sein”, sagte Rudolf Taschner (ÖVP), es müsse den Schüler:innen vermittelt werden, dass extreme Meinungen ein Irrweg seien und “niemand glauben dürfe, im Besitz der alleinigen Wahrheit zu sein”. Bei Extremismus und Gewalt handle es sich um gesamtgesellschaftliche Probleme, sagte Nico Marchetti (ÖVP), welche “nicht allein vom Bildungsminister” gelöst werden könnten. Daher solle auch ein Fokus auf den Freizeitbereich von Kindern und Jugendlichen beispielsweise mit Sozialarbeit und Parkbetreuung gesetzt werden. Zudem müsse darauf geschaut werden, welche Inhalte in religiösen Einrichtungen gelehrt werden.

Petra Tanzler (SPÖ) wollte wissen, wer die Vereine akkreditiere, die Workshops zu diesen Themen an Schulen abhalten und betonte, dass Workshops allein zu wenig seien. Es brauche an Schulen mehr Zeit und Raum für diese Themen, daher fordere sie Ethikunterricht für alle Schüler:innen. Christian Oxonitsch (SPÖ) sagte, dass das intendierte Maßnahmenpaket nur bestehende Programme intensiviere, jedoch zusätzliche Angebote angebracht wären. Dazu würden konkrete Vorschläge bereits vorliegen, beispielsweise die Einführung des Fachs Demokratiebildung oder, wie bereits erwähnt, der Ethikunterricht für alle.

Katharina Werner (NEOS) begrüßte das Maßnahmenpaket und betonte die Wichtigkeit, bereits in der Volksschule mit Extremismusprävention zu beginnen. Workshops von externen Organisationen seien wichtig, da sie einen “anderen Blick” ermöglichten und die Inhalte von Personen vermittelt würden, welche die Schüler:innen nicht mit Noten beurteilen. Dennoch würden Workshops nicht eine kontinuierliche Ressource im Klassenzimmer ersetzen können, so Werner.

Der Einsatz von schulfremden Organisationen, die Workshops an Schulen abhalten, komme für die FPÖ generell nicht in Frage, sagte Hermann Brückl (FPÖ). Zudem seien die intendierten Maßnahmen “in Zeiten wie diesen nicht effektiv genug”, so Brückl. Die FPÖ habe daher schon vor längerer Zeit einen “Neun-Punkte-Maßnahmenplan zur Verringerung des Konflikt- und Gewaltpotenzials an Schulen” vorgelegt (217/A(E)) und diesen Antrag erneut auf die Tagesordnung der heutigen Ausschusssitzung gesetzt. Gerald Hauser (FPÖ) warf die Frage auf, wer darüber entscheide, was “eine Falschinformation” sei und forderte dafür Kriterien.

Die Workshops zu diesen Themen werden über den OeAD (Österreichs Agentur für Bildung und Internationalisierung) ausgeschrieben und abgewickelt, die Auswahl treffe das Institut für angewandte Rechts- und Kriminalsoziologie der Universität Innsbruck, sagte Bildungsminister Martin Polaschek. Die Mittel für die Finanzierung der Workshops seien aufgestockt worden, doch es werde zusätzliche Maßnahmen, beispielsweise den Einsatz von pädagogischem Unterstützungspersonal brauchen. Im Bezug auf die Frage, woran man Falschinformationen erkennen könne, verwies Polaschek auf die Erkenntnisse der Wissenschaft.

Der FPÖ-Antrag zum “Neun-Punkte-Maßnahmenplan zur Verringerung des Konflikt- und Gewaltpotenzials an Schulen” wurde neuerlich vertagt.

KOSTENLOSES NACHHOLEN VON BASISBILDUNG UND PFLICHTSCHULABSCHLÜSSEN

Zur Förderung von Personen ohne ausreichende Basisbildung sowie um Personen das Nachholen eines Pflichtschulabschlusses zu ermöglichen, wurde im Jahr 2012 ein österreichweit einheitliches, zwischen dem Bund und den Ländern abgestimmtes Förderprogramm beschlossen und diese Vereinbarung seither mehrmals verlängert. Auch in den Jahren 2024 bis 2028 soll dieses Programm weitergeführt werden. Für den Zeitraum von 2024 bis 2028 sind dafür insgesamt 117,2 € Mio. an Fördermitteln (ohne Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds) vorgesehen, die jeweils zur Hälfte vom Bund und von den Ländern zur Verfügung gestellt werden (2311 d. B.). Dies wurde mehrheitlich, ohne die Stimme der FPÖ, angenommen.

Mit dieser Maßnahme, die das kostenlose Nachholen von Bildungsabschlüssen ermögliche, werde ein Beitrag geleistet, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, sagte Bildungsminister Martin Polaschek. Bis Ende 2028 sollen damit weitere 23.000 Personen die Möglichkeit haben, Basisbildungsangebote in Anspruch zu nehmen und weiteren 11.000 Personen soll ermöglicht werden, Angebote zum Nachholen des Pflichtschulabschlusseses zu absolvieren.

Sie freue sich über die Fortführung dieser Maßnahme, Bund und Länder hätten sich auf “eine gute Summe” dafür geeinigt, sagte Romana Deckenbacher (ÖVP).

Dieses Programm sei wichtig, denn es trage dazu bei, dass alle Talente und Ressourcen im Land gefördert und genutzt werden, betonte Sibylle Hamann (Grüne). Das Programm stehe allen Menschen in Österreich offen.

Die SPÖ befürworte diese Maßnahme, welche jedoch nicht immer nur befristet verlängert werden, sondern in einen Rechtsanspruch übergehen sollte, sagte Petra Tanzler (SPÖ).

Die Ursache, warum diese Maßnahme notwendig sei, wollte Hermann Brückl (FPÖ) wissen und stellte die Frage, von wem diese Bildungsangebote abgewickelt werden.

In jedem Schulsystem der Welt gebe es die Bemühung, gute Bildung bereitzustellen, sagte Bildungsminister Polaschek. Dennoch komme es vor, dass Menschen beispielsweise aufgrund von Krankheit oder eines schwierigen sozialen Umfelds Grundkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen nicht erlernen konnten. Diesen Menschen wolle man einen zweiten Bildungsweg ermöglichen. Damit erhalten sie die Möglichkeit, Grundkompetenzen zu erwerben oder gegebenenfalls “neu zu erlernen”, betonte Polaschek. Die Abwicklung des Programms erfolge zum Großteil über die Länder, auf Basis von Ausschreibungen werde Bildungsanbietern der Zuschlag für die Durchführung erteilt. Evaluierungen würden im 3-Jahres-Zyklus erfolgen, so Polaschek.

Katharina Werner (NEOS) erkundigte sich bei Bildungsminister Polaschek nach der angekündigten Spendenbegünstigung für Social Start-ups im Bildungsbereich. Dazu werde es eine Information an die Schulen geben, derzeit würden dazu die Gespräche mit dem Finanzministerium laufen, so der Bildungsminister.

STAATSPREIS ERWACHSENENBILDUNG SOLL 2024 WIEDER VERLIEHEN WERDEN

Der letzte Staatspreis für Erwachsenenbildung wurde 2017 vergeben. Dies sei viel zu lange her, um diesen wichtigen Bereich in der Bildung entsprechend zu würdigen, kritisierte die SPÖ und forderte den Staatspreis für Erwachsenenbildung schnellstmöglich wieder zu vergeben (3641/A(E)). Auf Basis eines Abänderungsantrages sprach sich der Ausschuss mit den Stimmen von ÖVP, Grünen, SPÖ und NEOS dafür aus, den Staatspreis für Erwachsenenbildung ab 2024 wieder alle zwei Jahre zu verleihen. Vertreter:innen dieser vier Fraktionen drückten ihre Freude darüber aus, dass es im kommenden Jahr wieder eine Preisverleihung geben werde.

Warum dieser Preis seit 2017 nicht mehr vergeben wurde, wollte Hermann Brückl (FPÖ) wissen. Es sei durch die Pandemie zu einer Verzögerung gekommen und das Thema danach nicht priorisiert worden, antwortete Polaschek und betonte, dass es sehr wichtig sei, den Preis nun wieder zu vergeben, da dies ein klares Signal für die Erwachsenenbildung sei.

Katharina Werner (NEOS) erkundigte sich in diesem Zusammenhang nach der schon länger angekündigten Life-Long-Learning-Strategie (LLL-Strategie). Diese sei derzeit noch in Arbeit, sagte Polaschek.

BUNDESSCHÜLER:INNENVERTRETER ZU KI IN DER SCHULE, ANTIDISKRIMINIERUNG UND ABSCHAFFUNG DER MATURA

Einstimmig zur Kenntnis genommen wurde der Jahresbericht 2022/23 der Bundesschüler:innenvertretung (BSV) (III-1046 d. B.). Bildung international, Demokratiebildung, Wirtschafts- und Finanzbildung – das waren im vergangenen Schuljahr drei der Schwerpunkte, die sich die BSV gesetzt hatte. Der neue Bundesschüler:innensprecher Marius Hladik nahm als Auskunftsperson im Ausschuss dazu Stellung und berichtete den Abgeordneten von den im vergangenen Schuljahr behandelten Anträgen im Schülerparlament zu den Themen “Bildung ohne Vorurteile”, leistbare Internatspreise für alle, künstliche Intelligenz, psychische Erkrankungen, “EU bist auch du” und der Forderung nach einem Gratis-Zeitungskiosk für Schüler:innen. Als Schwerpunkte der Bundesschüler:innenvertretung für das laufende Jahr nannte er die Themen Lehrplanoptimierung, Öffis und Umweltbewusstsein, Digitalisierung und Individualisierung.

Bei der anschließenden Debatte erkundigte sich Nico Marchetti (ÖVP) bei Bundesschüler:innenvertreter Hladik nach seiner Position zum Thema Lehrer:innenausbildung, den Erfahrungen mit künstlicher Intelligenz (KI) im Unterricht sowie seiner Wahrnehmung zu Gewalt und Extremismus in der Schule. Sibylle Hamann (Grüne) bedankte sich bei der Bundesschüler:innenvertretung für ihre Arbeit, insbesondere für den Fokus auf die Themen künstliche Intelligenz in der Schule sowie psychische Gesundheit. Katharina Kucharowits (SPÖ) fragte Hladik nach seiner Einschätzung bezüglich der Zunahme von Diskriminierung an Schulen und seiner Position zum Thema Kleiderordnungen. Zudem erkundigte sie sich nach den Erfahrungswerten mit dem Fach “Digitale Grundbildung” und wollte wissen, wie er zur Debatte über die Abschaffung der Matura stehe. Katharina Werner (NEOS) fragte Hladik nach seinen Erfahrungen mit dem Lehrkräftemangel und Quereinsteiger:innen im Lehrberuf. Gerald Hauser (FPÖ) erkundigte sich nach den Forderungen der Bundesschüler:innenvertretung im Hinblick auf den Unterricht über die Europäische Union.

Er würde eine Verkürzung der Lehrer:innenausbildung unterstützen sowie Theorie und Praxis während der Ausbildung stärker verbinden, sagte Hladik. Das Thema künstliche Intelligenz sei leider noch nicht richtig in der Schule angekommen und werde “Tod geschwiegen”. Die Schüler:innen würden KI zwar nutzen, aber nicht darüber reden, weil die Nutzung als “schummeln” abgestempelt werde, so Hladik. Im Hinblick auf das Thema Gewalt- und Extremismusprävention sprach er sich für die Einführung der Unterrichtsfächer Demokratiebildung und Medienkunde aus. Um Diskriminierung in den Schulen entgegenzuwirken, müssten Kinder bereits sehr früh, also bereits in der Volksschule, für die Themen Mobbing und insbesondere Cybermobbing sensibilisiert werden, sagte Hladik. Kleiderordnungen an Schulen sollten auf den jeweiligen Schultyp abgestimmt sein, meinte er. Das Unterrichtsfach “Digitale Grundbildung” halte er für wichtig, es sollte jedoch nicht nur bei einer Basisbildung bleiben, sondern auch vertiefende Kenntnisse vermittelt werden. Er sei gegen die Abschaffung der Matura, betonte Hladik, denn die Matura sei die größte Prüfung, die Schüler:innen während ihrer Schullaufbahn zu absolvieren haben und bei der Vorbereitung darauf “nehme man sehr viel mit”. Dieser “große Lerneffekt sollte nicht dezimiert werden.” Das Quereinsteiger:innenmodell zur Bekämpfung des Lehrermangels sei keine langfristige Lösung, es brauche mehr fertig ausgebildete Lehrer:innen, forderte Hladik. Im Hinblick auf den Unterricht über die Europäische Union solle auch über die Konfliktlinien in Europa eingegangen und thematisiert werden, wenn und weshalb bei bestimmten Themen auf europäischer Ebene nichts weitergehe, so der Bundesschüler:innenvertreter.

GRATIS-MITTAGESSEN IN BILDUNGSEINRICHTUNGEN UND AUSBAU DER ELEMENTARPÄDAGOGIK

In zwei wiederaufgenommenen Anträgen forderte die SPÖ von Bildungsminister Polaschek, budgetär sicherzustellen, dass Kindergartenkindern und Schüler:innen in ihren jeweiligen Bildungseinrichtungen ein kostenfreies, qualitativ hoch- und vollwertiges Mittagessen angeboten werden könne (2845/A(E)) sowie einen Rechtsanspruch auf einen ganztägigen, kostenfreien Kinderbildungs- und -betreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr (3565/A(E)).

Beide Anträge wurden neuerlich vertagt. Sibylle Hamann (Grüne) sagte, dass ein kostenloses Mittagessen in Kindergärten und Schulen sinnvoll sei, das Thema allerdings in die Kompetenz der Länder falle, beispielsweise in Wien passiere in diesem Bereich schon viel. Der Ausbau der Kinderbetreuung werde in den kommenden Jahren mit Mittel aus dem Zukunftsfonds stark forciert. Ein Rechtsanspruch könnte auf Länderebene jederzeit beschlossen werden, so Hamann.

Katharina Werner (NEOS) betonte, dass ein gemeinsames gesundes Mittagessen für Kinder nicht nur Armut bekämpfe und der Gesundheitsvorsorge diene, sondern auch das soziale Lernen fördere. Das im Zukunftsfonds vorgesehene Geld für den Ausbau der Kinderbetreuung werde nicht reichen, kritisierte sie. (Schluss Unterrichtsausschuss) bea

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